24

Nur ein einziges Mal, kurz bevor er zwischen die Bäume gelangte, war Richard im Laufen stehen geblieben, um sich nach ihr umzusehen. Sie hatte in ihrem weißen Konfessorkleid und ihrem langen, über die Schulter fallenden Haar in der Tür gestanden, ihre Formen ein Sinnbild weiblicher Anmut, und genauso bezaubernd ausgesehen wie bei ihrer allerersten Begegnung. Einen kurzen Moment hatten sie sich in die Augen geblickt. Er war zu weit entfernt, um das Grün in ihren Augen zu erkennen, eine Farbe, die er noch bei keinem anderen Menschen gesehen hatte, eine Farbe von einer solchen ans Herz gehenden Vollkommenheit, dass sein Atem nicht selten stockte und dann schneller ging.

In Wahrheit aber waren es Herz und Verstand der Frau hinter diesen Augen, die ihn für sie eingenommen hatten. Einem Menschen wie ihr war Richard noch nie zuvor begegnet.

Seine Zeit schien knapp bemessen, das wusste er. So sehr es ihm zuwider war, den Blick von Kahlan zu lösen, ihr Leben stand auf der Kippe. Sein Entschluss stand fest. Richard stürzte in den Wald hinein.

Er war den Pfad oft genug gegangen und wusste, wo er laufen konnte und wo er Acht geben musste. Jetzt, da ihm nur wenig Zeit blieb, konnte er sich keine übertriebene Vorsicht leisten, also versuchte er erst gar nicht, einen Blick auf die Hütte zu erhaschen.

Allein hetzte er durch den Wald, seine Gedanken nichts als Salz in einer offenen Wunde. Zum ersten Mal fühlte er sich in den Wäldern fehl am Platz – machtlos, minderwertig, ohne jeden Mut. Kahle Äste stießen im Wind krachend gegeneinander, während andere wie in geheucheltem Kummer über seinen Fortgang knarzten und ächzten. Er versuchte beim Laufen nicht nachzudenken.

Mit dem allmählichen Ansteigen des Talgrunds gewannen Tannen und Fichten die Oberhand. Richards Atem ging in schnellen Stößen; in der schattigen Kühle des Waldbodens glich der Wind einem fernen Verfolger hoch über seinem Kopf, der ihn hetzte, jagte und von jenem Ort vertrieb, an dem er so glücklich gewesen war wie noch nie zuvor. An den tiefer gelegenen Stellen, wo größtenteils Zedern wuchsen, war der Waldboden mit schwammigen Hügeln aus grünlich gelbem Moos übersät, die aussahen wie in intensivem Grün gehaltene, mit winzigen schokoladenbraunen, schuppengleichen Zedernadeln verzierte Hochzeitstorten.

Auf Zehenspitzen über aus dem Wasser ragende Felsen balancierend, querte Richard einen kleinen Wasserlauf, der auf seinem halsbrecherischen Weg den Hang hinunter an manchen Stellen unter Felsen und Flusssteinen hindurchführte und dabei ein hallendes, trommelndes Geräusch erzeugte, das ihn den mächtigen Eichen auf seinem Weg in die Gefangenschaft ankündigte. Im kontrastarmen, grauen Licht übersah er die rötliche Schlinge einer Zedernwurzel, blieb mit dem Fuß darin hängen und stürzte der Länge nach mit dem Gesicht voran auf den Pfad, die endgültige Demütigung nach seiner Verurteilung und der Strafe der Verbannung.

Richard lag inmitten der klaren, feuchten, abgeworfenen Blätter, der abgestorbenen Zweige und des anderen Waldabfalls und spielte mit dem Gedanken, nie wieder aufzustehen. Er konnte einfach liegen bleiben und alles zu Ende gehen lassen, seine Glieder vom gleichgültigen Wind steif frieren, sich von neugierigen Spinnen, Schlangen und Wölfen zerbeißen lassen und verbluten, bis ihn die teilnahmslosen Bäume mit Laub bedeckten; vermisst von bestenfalls einigen wenigen, wäre sein Verschwinden für die meisten eine Erlösung.

Ein Bote mit einer Botschaft, die niemand hören will.

Ein Anführer vor seiner Zeit.

Warum nicht alles enden lassen, zulassen, dass der stumme Tod ihnen beiden ihren Frieden schenkte, und Schluss?

Voller Verachtung blickten die Bäume auf diesen Unwürdigen herab, gespannt, was er tun würde, ob er den Mut besäße, sich aufzurappeln und sich dem zu stellen, was ihn erwartete. Er wusste es nicht einmal selbst.

Der Tod wäre einfacher und in diesem Augenblick der Hölle eine weniger quälende Vorstellung.

So sehr er Kahlan liebte, selbst sie verlangte etwas von ihm, dessen er nicht fähig war: eine Lüge. Sie verlangte von ihm, etwas zu bestreiten, was er mit Bestimmtheit wusste. Er täte alles für sie, aber Tatsachen konnte auch er nicht ändern. Wenigstens war ihr Glaube an ihn so mächtig, dass sie sich von ihm aus den Schatten der Tyrannei führen ließ, die sich über die Welt zu legen drohten. Selbst wenn sie nicht an ihn glaubte, so war sie vermutlich doch die Einzige, die bereit war, sich ihm aus freien Stücken anzuschließen.

In Wahrheit blieb er nur wenige Sekunden auf der Erde liegen, um nach seinem Sturz wieder zu sich zu kommen und zu verschnaufen, während ihm diese Gedanken durch den Kopf schossen – kurze Sekunden, in denen er sich, als Ausgleich für die bevorstehenden harten Zeiten, erlaubte schwach zu sein.

Eine Schwäche als Ausgleich für die Kraft, die er benötigen würde, ein Gefühl des Zweifels als Gegenstück für die Gewissheit seiner Ziele, Angst als Gegengewicht für all den Mut, den er würde aufbringen müssen.

Noch während er überlegte, ob er es schaffen würde wieder aufzustehen, wusste er, er würde es tun; seine Anwandlungen von Selbstmitleid waren mit einem Schlag vorbei. Er würde alles für sie tun, sogar das. Tausendfach, wenn es sein musste.

Mit neu gewonnener Entschlossenheit befreite Richard seinen Verstand gewaltsam aus dem Reich finsterer Gedanken. So hoffnungslos war es nicht, er würde sich nicht beeindrucken lassen, schließlich hatte er bereits weitaus schwierigere Heimsuchungen überstanden als diese eine Schwester der Finsternis. Einmal hatte er Kahlan sogar aus der Gewalt von fünf Schwestern der Finsternis befreit, hier ging es nur um eine einzige. Er würde sie ebenfalls besiegen. Wut stieg in ihm hoch bei dem Gedanken, Nicci könnte sie in ihrer Selbstsucht dazu bringen, nach ihrer Pfeife zu tanzen.

Seine Verzweiflung wich kaltem Zorn.

Und schon rannte er, Bäumen ausweichend, wann immer er den Pfad abkürzte, weiter. Er sprang über umgestürzte Stämme und setzte, statt den sicheren Weg erst hinunter und dann wieder hinauf zu wählen, über Spalten in Felsplatten hinweg. Mit jeder Abkürzung, mit jedem Sprung gewann er wertvolle Sekunden.

Ein abgebrochener Aststumpf verfing sich in seinem Rucksack und riss ihn von seiner Schulter. Er versuchte noch, ihn im Vorübereilen festzuhalten, doch dann entglitt er seiner Hand, und der gesamte Inhalt verteilte sich über den Boden.

Richard bekam einen Wutanfall, so als hätte der Baum dies absichtlich getan, nur um ihn wegen seiner Hast zu verspotten. Er versetzte dem Übeltäter einen Tritt, der ihn aus seiner vertrockneten Höhlung brach. Dann ließ er sich auf die Knie fallen und schaufelte seine Sachen in den Rucksack zurück, klaubte Moos zusammen mit den Gold- und Silbermünzen auf und einen Fichtensämling mit dem Stück Seife, das Kahlan ihm mitgegeben hatte. Er hatte keine Zeit, beim Hineinstopfen darauf zu achten. Diesmal schnallte er sich den Rucksack auf den Rücken, statt ihn über die Schulter zu nehmen. Er hatte dadurch Zeit sparen wollen, stattdessen hatte es ihn nun unnötig aufgehalten.

Der Pfad, an manchen Stellen kaum mehr als ein Stück Wildwechsel, begann steil anzusteigen, so dass Richard sich gelegentlich beim Klettern mit beiden Händen an Felsen oder Wurzeln festhalten musste. Er war hier oft genug hinaufgeklettert und kannte die zuverlässigsten Griffe. Trotz des kalten Tages musste Richard sich den Schweiß aus den Augen wischen. Wenn er die Finger in Spalten hineinstieß, um sich festzuhalten, schürfte er sich die Knöchel am rauen Granitgestein auf.

Vor seinem inneren Auge sah er Nicci, die viel zu schnell ritt, viel zu rasch vorankam und einen viel zu großen Vorsprung gewann. Sich vor dem Aufbruch so viel Zeit zu lassen, im Glauben, er könne dies auf dem Pfad wettmachen, war geradezu tollkühn gewesen. Trotzdem hätte er Kahlan gerne noch länger in die Arme geschlossen.

Die Vorstellung, wie untröstlich Kahlan war, quälte ihn bis auf den Grund seines Wesens; er konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es für sie schlimmer war. Obwohl sie frei war und er nicht, setzte es ihr mehr zu, weil sie sich trotz ihrer Freiheit zügeln musste, dabei wünschte sie sich doch nichts mehr als ihm hinterher zureiten. Richard, in der Gefangenschaft einer Herrin, hatte es leichter: Er brauchte nur Befehle zu befolgen.

Er stürzte aus dem dichten Wald auf den am höchsten Punkt des Passes breiteren Pfad. Nicci war nirgendwo zu sehen. Mit angehaltenem Atem blickte er suchend nach Osten und befürchtete, sie just in diesem Augenblick die andere Seite des Passes hinunterreiten zu sehen. Jenseits der leichten Anhöhe, auf der er stand, sah er die sich endlos ausbreitenden Wälder vor sich, einen Baumteppich, der zu beiden Seiten zu den Bergen hin anstieg. In der Ferne schwangen sich noch weit mächtigere Berge, deren Gipfel sowie weite Teile ihrer Hänge sich grellweiß gegen die Düsterkeit des bleigrauen Himmels abhoben, hinauf in Schwindel erregende Höhen.

Richard konnte keine Reiterin auf einem Pferd erkennen; da aber der Pfad unweit der Stelle, wo er stand, sich mäandernd zwischen den Bäumen verlor, hatte das im Grunde nichts zu bedeuten. Der höchste Punkt des Passes bestand aus einem kahlen Stück frei liegenden Felsenriffs, wohingegen sich der Rest des Reiterpfades über weite Strecken durch tiefen Wald wand. Rasch untersuchte er den Erdboden nach Spuren, in der Hoffnung, dass sie noch keinen allzu großen Vorsprung vor ihm hatte und er sie einholen konnte, bevor sie etwas Fürchterliches tat.

Er spähte hinunter in das weit unten liegende Tal, über die strohbraune Wiese bis zu ihrer Hütte. Sie war zu weit entfernt, um jemanden zu erkennen. Hoffentlich blieb Kahlan ein paar Tage dort, wie er ihr geraten hatte. Er wollte nicht, dass sie sich der Armee anschloss, einen aussichtslosen Kampf kämpfte und umsonst ihr Leben riskierte.

Richard hatte Verständnis für Kahlans Wunsch, bei ihrem Volk zu sein und ihre Heimat zu verteidigen. Sie war überzeugt, etwas bewirken zu können, doch das konnte sie nicht, noch nicht, und vielleicht würde sich daran niemals etwas ändern. Im Grunde war Richards Vision nicht viel mehr als die Erkenntnis dieser Tatsache. Man verhinderte den Sonnenuntergang auch nicht dadurch, dass man dem Himmel mit dem Schwert drohte.

Richard warf einen abschätzenden Blick in die Wolken. Seit zwei Tagen war er überzeugt, dass die Zeichen auf den ersten Schnee des Winters hindeuteten, der schon bald bis zu ihrem Zuhause im Tal hinunterfallen würde. Aufgrund des Aussehens des Himmels und des Geruchs, den der Wind herantrug, schloss er, dass seine Vermutung richtig gewesen war.

Er war sich darüber im Klaren, dass er Nicci nicht so bald würde entfliehen können, dass er bereits nach wenigen Tagen zu Kahlan zurückkehren konnte; diese Geschichte hatte er sich aus einem anderen Grund ausgedacht. Wenn das Wetter umschlug und der erste Schnee in diesem gebirgigen Hochland fiel, ging das gewöhnlich mit einem gewaltigen Unwetter einher. Falls der Sturm tatsächlich so gewaltig war, wie er es nach seinen Schätzungen für möglich hielt, würden Kahlan und Cara am Ende bis zum Frühling in ihrer Hütte festsitzen. Die auf Vorrat gelegten Lebensmittel und die Vorräte, die er herangeschafft hatte, würden bequem für beide reichen, und das Feuerholz, das er geschlagen hatte, würde sie warm halten.

Dort wäre Kahlan sicher, bei der Armee wäre sie ständig in Gefahr.

Die Apfelschimmelstute kam, um die nicht weit entfernte Kurve biegend, zwischen den Bäumen zum Vorschein. Vom ersten Augenblick ihres Erscheinens an waren Niccis blaue Augen auf Richard gerichtet.

Damals, als die Schwestern des Lichts ihn in den Palast der Propheten in der Alten Welt gebracht hatten, hatte Richard irrtümlich angenommen, Kahlan wolle, dass man ihn fortschafft. Er wusste weder, dass sie ihn nur fortgeschickt hatte, um ihm das Leben zu retten, noch war er im Stande, das damals zu erkennen; er hatte geglaubt, sie wolle ihn nie Wiedersehen.

Während seiner Gefangenschaft im Palast hatte Richard Nicci für die Verkörperung der Lust gehalten; er brachte in ihrer Gegenwart kaum ein Wort hervor und wollte nicht glauben, dass, außer in Tagträumen, ein körperlich so vollkommenes Geschöpf existierte.

Als er jetzt beobachtete, wie sie, leicht im Sattel schwankend und die stechenden Augen auf seine geheftet, ihr Pferd den Pfad hinaufgehen ließ, schien sie ihre Schönheit mit einer Art wild entschlossener Ergebenheit zur Schau zu tragen. Ihre äußere Erscheinung hatte alles Verblüffende so vollständig eingebüßt, dass er sich nicht einmal mehr vorstellen konnte, warum er damals zarte Gefühle für sie gehegt hatte.

Mittlerweile hatte Richard erfahren, was eine richtige Frau ausmachte, und gelernt, was wahre Erfüllung hieß. In diesem Licht betrachtet, verblasste Nicci zu Bedeutungslosigkeit.

Während er beobachtete, wie sie näher kam, stellte er zu seiner Überraschung fest, dass sie traurig aussah. Fast schien es ihr Leid zu tun, ihn hier anzutreffen, aber eher noch schien ein Anflug von Erleichterung über ihr Gesicht zu huschen.

»Du hast mein in dich gesetztes Vertrauen nicht enttäuscht, Richard.« Ihr Tonfall ließ durchblicken, dass es ohnehin gering gewesen war. »Du bist ganz verschwitzt, möchtest du dich vielleicht ein wenig ausruhen?«

Ihre geheuchelte Freundlichkeit ließ ihm das Blut heiß bis unter die Kopfhaut schießen. Er riss seinen wütenden Blick von ihrem sanftmütigen Lächeln, wandte sich zum Pfad herum und ging vor ihrem Pferd her, denn er hielt es für das Beste, den Mund zu halten, bis er seinen Zorn in den Griff bekam.

Ein kleines Stück den Pfad hinunter trafen sie auf einen schwarzen Hengst mit einer weißen Blesse auf der Stirn. Das groß gewachsene Pferd stand angepflockt auf einer kleinen grasbewachsenen Lichtung inmitten hoch aufragender Föhren.

»Dein Pferd, wie versprochen«, sagte sie. »Ich hoffe, es trifft deinen Geschmack. Nach meiner Einschätzung dürfte es groß und kräftig genug sein, um dich mühelos zu tragen.«

Richard überprüfte die weiche Trense, die seine Billigung fand; wenigstens quälte sie, wie manch eine der anderen Schwestern, die Tiere nicht mit den grausamen Trensen, mit deren Hilfe man ihnen seinen Willen aufzwang. Das übrige Zaumzeug machte einen soliden Eindruck, auch schien das Pferd gesund zu sein.

Richard nahm sich ein paar Augenblicke Zeit, sich mit dem Pferd bekannt zu machen. Er ermahnte sich, dass das Pferd nicht der Grund für seinen Ärger war, und er nicht zulassen sollte, dass sein Verhalten gegenüber Nicci die Art und Weise beeinflusste, wie er dieses prachtvolle Tier behandelte. Ohne sich nach dem Namen des Pferdes zu erkundigen, ließ er das Tier seine Hand mit gerümpfter Schnauze beschnuppern, dann strich er dem Hengst über seinen gestriegelten schwarzen Hals und stellte sich mit einem sachten Klaps auf seine Schulter wortlos vor. Der kräftige schwarze Hengst stampfte mit seinen Vorderhufen; noch war er nicht übermäßig begeistert, Richards Bekanntschaft zu machen.

Vorläufig hatten sie bei der Wahl ihrer Reiseroute keine Alternativen, es existierte nur dieser eine Pfad, und der führte, aus der Richtung jener Hütte kommend, wo Kahlan sich befand, zurück nach Osten. Richard ging voraus, um Nicci nicht ansehen zu müssen.

Er wollte nicht gleich beim ersten Kennenlernen auf dem Hengst aufsitzen und einen schlechten Eindruck hinterlassen, den zu überwinden eine Menge Arbeit kosten würde. Besser, er erlaubte dem Pferd, sich erst einmal langsam an ihn zu gewöhnen, wenn auch nur für vielleicht eine Meile. Die Zügel locker unter dem Kinn des Hengstes haltend, ging er vor ihm her, damit dieser sich daran gewöhnen konnte, dem fremden neuen Besitzer zu folgen. Die Konzentration auf die Arbeit mit dem Pferd half ihm, sich von den Gedanken abzulenken, die ihn in einem Meer von Kummer zu ertränken drohten. Nach einer Weile schien sich der Hengst in Gegenwart seines neuen Herrn wohl zu fühlen, und Richard saß ohne großen Aufhebens auf.

Der schmale Pfad ließ nicht zu, dass Nicci ihr Pferd neben seinem gehen ließ, und ihre Schimmelstute machte ihrem Missfallen darüber, dass sie dem Hengst hinterhergehen musste, schnaubend Luft.

Zufrieden stellte Richard fest, dass er bereits jetzt die Ordnung der Dinge durcheinander gebracht hatte.

Nicci machte keinerlei Anstalten sich zu unterhalten, vermutlich war ihr seine Stimmung nicht entgangen. Er begleitete sie, aber sie konnte nicht erwarten, dass er froh darüber war.

Als es dunkel zu werden begann, saß Richard einfach neben einem kleinen Gebirgsbach ab, wo die Pferde trinken konnten, und warf seine Habe auf den Boden. Nicci nahm seine Wahl des Lagerplatzes schweigend zur Kenntnis und band ihr Bettzeug vom Sattel los, den sie zuvor vom Pferd heruntergenommen hatte. Sie wirkte, mehr als alles andere, ein wenig niedergeschlagen, als sie auf ihrem zusammengerollten Bettzeug hockte und ein Stück Wurst verspeiste, zusammen mit einem harten Zwieback, den sie mit Wasser hinunterspülte. Nach ihrem ersten Bissen bot sie ihm die Wurst an und sah ihm dabei fragend in die Augen. Er würdigte das Angebot keines Blicks. Nicci nahm dies als Ablehnung und aß weiter.

Nachdem sie aufgegessen und sich im Bach gewaschen hatte, verschwand sie für eine Weile hinter dem dichten Unterholz. Als sie zurückkam, krabbelte sie ohne ein Wort in ihr Bettzeug, drehte ihm den Rücken zu und schlief ein.

Richard saß, das Kreuz an seinen Sattel gelehnt, mit verschränkten Armen auf dem moosbedeckten Waldboden und machte die ganze Nacht über kein Auge zu. Er saß da und schaute Nicci im Licht des wolkenverhangenen und von der anderen Seite von einem nahezu vollen Mond beschienenen Himmels beim Schlafen zu, beobachtete ihren ruhigen, gleichmäßigen Atem, ihre leicht geöffneten Lippen, den langsamen Puls in ihrer Halsschlagader, und dachte die ganze Zeit darüber nach, wie er das, was sie ihnen angetan hatte, ungeschehen machen konnte. Mehr als einmal spielte er mit dem Gedanken, sie zu erwürgen, besann sich aber eines Besseren.

Er hatte bereits früher Magie benutzt und die unglaubliche Kraft seiner Gabe in der Vergangenheit nicht nur gespürt, sondern selbst entfesselt. Er hatte sich Situationen von ungeheurer Gefährlichkeit gegenübergesehen, in denen Magie auf vielfältige Weise eine Rolle spielte. Mit Hilfe seiner Gabe hatte Richard eine Kraft heraufbeschworen, wie sie kein Lebender je zu Gesicht bekommen hatte, und er hatte zugesehen, wie sie unter seiner bewussten Anleitung zum Leben erwacht war.

Meist war es Wut und Verlangen, die seine Gabe auf den Plan rief, beides besaß er im Übermaß, nur wusste er nicht, wie ihm das helfen konnte. Sein Verständnis dessen, was Nicci getan hatte, reichte nicht aus, um auch nur zu erahnen, wie er dem entgegenwirken konnte. Da Kahlans Leben sich am anderen Ende von Niccis unsichtbarem magischem Strang befand, wagte er nicht, etwas zu unternehmen, bevor er seiner Sache sicher war. Irgendwann würde es jedoch sein, er musste es nur erst verstehen. Die Erfahrung lehrte ihn, dass es vernünftig war, von dieser Annahme auszugehen. Er redete sich ein, es sei nur eine Frage der Zeit; wenn er nicht den Verstand verlieren wollte, musste er daran glauben.

Am nächsten Morgen sattelte er ohne ein einziges Wort zu Nicci die Pferde. Sie saß da, beobachtete, wie er die Sattelgurte festzurrte und sich vergewisserte, dass sie die Pferde nicht kniffen, und nippte an einem Wasserschlauch. Ihrer neben ihr liegenden Satteltasche entnahm sie etwas Brot und fragte ihn, ob er ein Stück wolle. Richard überhörte ihre Frage.

Normalerweise wäre er von der langen, kalten schlaflosen Nacht müde gewesen, doch sein Zorn hielt ihn hellwach. Den ganzen Tag über ritten sie in gemächlichem, aber gleich bleibenden Tempo unter einem bleiernen Himmel durch scheinbar endlose Wälder. Es tat gut, die Wärme eines Pferdes unter sich zu spüren. Während des ganzen Tages setzten sie ihren allmählichen Abstieg aus dem höher gelegenen Gebiet, wo die Hütte stand, bis hinunter ins Tiefland fort.

Mit dem Einbruch der Dunkelheit kam der Schnee.

Zuerst waren es nur ein paar verstohlene, durch die Luft wirbelnde Flocken. Als der Schnee immer heftiger zu fallen begann, schien er sowohl den Bäumen als auch dem Erdboden jegliche Farbe zu nehmen. Schließlich verdichtete sich der Schnee zu einer orientierungslos machenden, treibenden, massiven Wand, und ihre Sicht wurde zusehends schlechter. Er war gezwungen, die dicken Flocken unablässig fortzublinzeln.

Zum ersten Mal seit seinem Aufbruch mit Nicci verspürte Richard so etwas wie Erleichterung.

Kahlan und Cara, hoch oben in den Bergen, würden am Morgen erwachen, mehrere Fuß Schnee vorfinden und beschließen, dass es töricht wäre aufzubrechen, da es sich doch nur, wie sie vermutlich glauben würden, um einen frühen Schnee handelte, der in wenigen Tagen so weit heruntergeschmolzen sein würde, dass sie leichter vorankämen. Dort oben in den Bergen wäre dies ein Fehler. Es würde kalt bleiben, ein Schneesturm würde auf den anderen folgen, und schon bald würde der Schnee bis an die Fensterläden reichen. Das Warten würde sie nervös machen, trotzdem würden sie vermutlich zu dem Schluss gelangen, dass es derzeit für sie sinnvoller wäre, ihren Aufbruch bis zu einem Wetterumschwung aufzuschieben – schließlich gab es keinen Grund, sich zu beeilen.

Aller Wahrscheinlichkeit nach würden sie den Winter über sicher in der Hütte festsitzen. Wenn er sich dann irgendwann aus Niccis Gewalt befreit hatte, würde er Kahlan geborgen in ihrem Zuhause antreffen.

Er entschied, dass es geradezu eine Dummheit wäre, sich von seinem Zorn vorschreiben zu lassen, auf dem nackten Erdboden zu schlafen, dabei konnten sie leicht erfrieren. Er erinnerte sich nur zu gut, dass im Falle von Niccis Tod auch Kahlan sterben würde. Als er eine hoch gewachsene Launenfichte erspähte, lenkte er sein Pferd vom Pfad herunter. Die Äste, die er dabei berührte, überschütteten ihn mit feuchtem Schnee. Richard klopfte ihn von seinen Schultern und schüttelte ihn sich aus dem Haar.

Nicci sah sich verwirrt um, machte aber keine Einwände. Sie stieg ab und wartete, was er tun würde. Als er einen schweren Zweig für sie zur Seite bog, warf sie ihm, bevor sie den Kopf für einen ersten Eindruck nach drinnen schob, einen misstrauischen Blick zu, dann aber straffte sie sich, und ein Ausdruck kindlichen Entzückens erhellte ihr Gesicht. Richard erwiderte ihr strahlendes Lächeln nicht.

Drinnen unter den dichten, mit pappigem Schnee verklebten Zweigen herrschte eine stille, kalte Welt. Da der Schnee den Baum mit einer Eiskruste bedeckte, war es im Innern nicht sehr hell. Im trüben Licht hob Richard eine kleine Feuergrube aus und brachte bald darauf das über den Spänen aufgeschichtete Totholz zum Brennen.

Als die Flammen einen warmen Feuerschein abzustrahlen begannen, sah Nicci sich verwundert um. Das flackernde Licht überzog die speichenähnlichen Zweige der Launenfichte über ihren Köpfen mit einem sanft orangefarbenen Glanz. Das untere Ende des Stammes war frei von Ästen, so dass der Hohlraum unter dem Baum einen Kegel bildete, in dessen unterem Teil sie genügend Platz hatten.

Nicci wärmte sich schweigend die Hände am Feuer und wirkte zufrieden – nicht so, als freue sie sich hämisch, dass er nachgegeben, einen Unterschlupf gefunden und ein Feuer angezündet hatte, sondern einfach nur zufrieden. Sie sah aus, als habe sie eine schwere Prüfung hinter sich und jetzt endlich ihren Frieden gefunden. Sie sah aus wie eine Frau, die keinerlei Erwartungen hatte, aber dankbar war für das, was sie besaß.

Richard hatte weder mit ihr zusammen gefrühstückt, noch überhaupt tags zuvor etwas gegessen. Sein Hunger gewann die Oberhand über seine grimmige Entschlossenheit, also setzte er aus geschmolzenem Schnee ein wenig Wasser auf und kochte Reis mit Bohnen. Sein Hungertod würde weder ihm selbst noch Kahlan etwas nützen. Wortlos reichte er Nicci die Hälfte der Bohnen mit Reis im Endstück seines Brotlaibs. Sich bei ihm bedankend, nahm sie die Brotschale entgegen.

Sie bot ihm ein luftgetrocknetes Fleischstück an. Richard fühlte sich, als er auf ihre schmalen, feingliedrigen Finger starrte, die ihm das Fleisch hinhielten, an jemanden erinnert, der ein Streifenhörnchen fütterte. Schließlich schnappte er sich das Fleisch aus ihrer Hand und biss herzhaft hinein. Um ihrem Blick zu entgehen, schaute er ins Feuer, während er seine Bohnen mit Reis aus dem Brotkanten verspeiste. Vom Knistern des Feuers abgesehen war das dumpfe Geräusch des Schnees, der in dicken Klumpen von den Ästen fiel, die nicht kräftig genug waren, ihre Last zu tragen, das einzige Geräusch. Schnee machte einen Wald oft zu einem Ort gespenstischer Stille.

Als er vor dem heruntergebrannten Feuer hockte und die Wärme der Flammen auf seinem Gesicht spürte und die Erschöpfung sowohl vom langen Ritt als auch seinem Wachsein in der Nacht zuvor, übermannte ihn schließlich die Müdigkeit. Richard schichtete dickere Zweige auf das herunterbrennende Feuer und häufte die Glut darum. Er rollte sein Bettzeug vor dem Feuer aus, Nicci gegenüber, die ihn schweigend beobachtete, krabbelte hinein und fiel, in Gedanken bei Kahlan in ihrer sicheren Hütte, in einen tiefen Schlaf.

Am nächsten Tag waren sie früh auf den Beinen. Nicci sprach kein Wort, drängte ihre Apfelschimmelstute jedoch sofort nach dem Aufsitzen vor den schwarzen Hengst und übernahm die Führung. Der Schnee war in einen kalten, nieselnden Nebel übergegangen. Was vom Schnee noch liegen geblieben war, war zu einem grauen Matsch getaut. Das Tiefland schien noch nicht vollends bereit, sich der Herrschaft des Winters zu überlassen. Weiter oben, wo Kahlan sich befand, war es kälter, dort würde es ernsthaft schneien.

Während sie vorsichtig eine schmale, an einem Berghang vorbeiführende Straße entlang ritten, versuchte Richard zur Ablenkung den Wald im Auge zu behalten, trotzdem konnte er nicht verhindern, dass sein Blick gelegentlich auf die vor ihm reitende Nicci fiel. Es war kalt und feucht; über ihrem schwarzen Kleid trug sie einen schweren schwarzen Überwurf. Mit ihrem durchgedrückten Rücken, dem hoch erhobenen Kopf und dem blonden, sich über den Überwurf breitenden Haar, bot sie einen stattlichen Anblick. Er trug seine dunkle Waldkleidung und war unrasiert.

Niccis Schimmelstute war dunkelgrau, mit helleren, grauen Streifen am Körper. Auch ihre Mähne war dunkelgrau, ebenso wie die mit feinen Haarbüscheln besetzten Beine, der Schwanz dagegen hatte eine milchig weiße Farbe. Es war eines der schönsten Pferde, das Richard je zu Gesicht bekommen hatte. Er konnte es jedoch nicht ausstehen, denn es gehörte ihr.

Gegen Nachmittag querten sie einen in südlicher Richtung verlaufenden Pfad. Nicci, immer noch in Führung, ritt weiter Richtung Osten. Noch bevor der Tag zur Neige ging, würden sie auf einige weitere Pfade stoßen, die hauptsächlich von gelegentlich des Weges kommenden Jägern oder Fallenstellern benutzt wurden. Das Gebirge war unwirtlich, selbst wenn man den Boden rodete, war die Erdschicht dünn und mit Steinen durchsetzt. An einigen, näher an Kernland oder anderen Siedlungszentren gelegenen Orten weiter nördlich oder südlich gab es grasbewachsene Hänge, die spärliche Schaf- und Ziegenherden zu ernähren vermochten.

Das Spiel der Muskeln seines Hengstes unter sich spürend, betrachtete Richard ein Land, das ihm vertraut war und das er liebte. Er wusste nicht, wie lange es dauern würde, bis er wieder nach Hause kommen würde – wenn überhaupt. In der Annahme, Nicci werde es ihm so früh ohnehin noch nicht verraten, hatte er sich gar nicht erst nach ihrem Ziel erkundigt. Dass sie nach Osten ritten, musste im Augenblick noch nicht viel bedeuten, denn ihre Wahl an Strecken war begrenzt.

Eingelullt von den rhythmischen Bewegungen des Reitens, wanderten Richards Gedanken immer wieder zu seinem Schwert und wie er es Kahlan zum Geschenk gemacht hatte. Zu jenem Zeitpunkt schien es die einzige Möglichkeit gewesen zu sein. Die Art und Weise der Übergabe behagte ihm ganz und gar nicht, andererseits hatte er keine andere Möglichkeit gesehen, sie zu beschützen. Er betete, dass sie das Schwert niemals würde benutzen müssen. Sollte dem doch einmal so sein, hatte er ihm ja eine gehörige Portion seines Zornes mitgegeben.

Obwohl er ein hervorragendes Messer im Gürtel trug, fühlte er sich ohne sein Schwert nackt. Die uralte Waffe und ihre Art, seine dunklen Seiten ans Licht zu bringen, war ihm zutiefst verhasst, gleichzeitig aber vermisste er sie. Oft musste er an Zedds Worte denken, es sei lediglich ein Werkzeug.

Doch es war auch mehr als das. Das Schwert war ein Spiegel, obgleich einer, der der Magie verpflichtet und fähig war, entsetzliche Zerstörungen zu bewirken. Das Schwert der Wahrheit zerstörte alles, was ihm in die Quere kam – sei es aus Fleisch oder Stahl –, solange es feindlich war; einen Freund dagegen hätte es nicht einmal verletzen können. Eben darin lag der scheinbare Widerspruch seiner Magie: Das Böse wurde allein durch die Wahrnehmung der Person bestimmt, die das Schwert in Händen hielt, durch das, was diese Person für richtig hielt .

Richard war der wahre Sucher und Erbe der während des Großen Krieges von Zauberern erschaffenen Kraft des Schwertes. Eigentlich sollte er es bei sich tragen und dieses Schwert beschützen.

Eine Menge Dinge waren nicht so, wie sie sein sollten, überlegte er bei sich.

Am späten Nachmittag verließen sie den nach Osten verlaufenden Pfad und wählten stattdessen einen in südöstlicher Richtung. Richard kannte den Pfad; nach einem Tag würde er durch ein Dorf hindurchführen, um schließlich in eine schmale Straße überzugehen. Da Nicci den neuen Weg absichtlich eingeschlagen hatte, war ihr das offenbar ebenfalls bekannt.

Kurz bevor es endgültig dunkel wurde, passierten sie das nördliche Ufer eines Sees von beträchtlichen Ausmaßen. Ein kleiner Schwarm Möwen segelte fast genau über der Mitte der regengepeitschten Wasserfläche. Möwen waren in dieser Gegend nicht alltäglich, allerdings auch nicht völlig ungewöhnlich. Er musste an all die Seevögel denken, die er bei seinem Aufenthalt in der Alten Welt gesehen hatte; das Meer hatte ihn fasziniert.

In einer kleinen Bucht am gegenüberliegenden Ufer konnte Richard gerade eben zwei Männer beim Angeln ausmachen. Auf der dortigen Seeseite gab es einen über viele Generationen von Menschen, die von einem weiter südlich gelegenen, kleinen Weiler zum Fischen heraufkamen, zu einer tiefen Furche ausgetretenen Pfad.

Die beiden auf einem breiten, flachen, in den See hineinragenden Felsen sitzenden Männer winkten ihnen zum Gruß zu; es geschah nicht oft, dass man hier draußen Reitern begegnete. Richard und Nicci waren zu weit entfernt, als dass die Männer sie genau hätten erkennen können, vermutlich hielten sie sie für Fallensteller; Nicci erwiderte den Gruß ganz zwanglos, so als wollte sie sagen: »Viel Glück beim Angeln, wir wünschten, wir könnten euch Gesellschaft leisten.«

Hinter einer Wegbiegung verschwanden sie aus dem Blickfeld der Männer. Richard strich sich das verklebte Haar aus der Stirn, während sie am See entlang ritten und auf das Plätschern der kleinen Wellen am schlammigen Ufer lauschten. Als der Pfad beim Queren eines sachten Hanges anstieg, ließen sie den See hinter sich und drangen in den Wald ein. Nicci hatte gegen den immer wieder einsetzenden Nieselregen, der leise rieselnd durch die Bäume fiel, die Kapuze übergestreift. Eine zunehmende Düsternis senkte sich auf den Wald herab.

Richard hatte nicht die Absicht, Kahlans Leben auf irgendeine Weise zu gefährden; und so war schließlich der Augenblick gekommen, da er sprechen musste.

»Was soll ich sagen, wenn wir jemandem begegnen? Euch dürfte kaum daran gelegen sein, wenn ich den Leuten erzähle, dass Ihr eine Schwester der Finsternis auf Menschenfang seid. Oder wäre es Euch vielleicht lieber, ich übernehme eine stumme Rolle?«

Nicci warf ihm einen versteckten Seitenblick zu.

»Sowie es irgendwelche Außenstehenden betrifft, bist du mein Ehemann«, antwortete sie ohne Zögern. »Ich erwarte, dass du, ganz gleich, was geschieht, an dieser Geschichte festhältst. Von diesem Augenblick an bist du praktisch mein Gemahl, und ich deine Gemahlin.«

Richards Faust schloss sich fester um die Zügel. »Ich habe bereits eine Gemahlin. Die seid Ihr nicht, und ich werde auch nicht so tun, als wäre es so.«

Nicci, sachte in ihrem Sattel schwankend, schien seine Worte und die damit verbundenen Gefühle mit Gleichgültigkeit aufzunehmen. Sie schaute nach oben und betrachtete aufmerksam den dunkler werdenden Himmel.

Unten im Tiefland war es zu warm für Schnee. Hinter den gelegentlich aufreißenden Wolken hatte Richard einen Blick auf die windumtosten, von dichten, weißen Schneeverwehungen verhüllten Berghänge erhascht. Kahlan saß bestimmt sicher und geborgen an einem warmen und trockenen Ort fest.

»Meinst du, du könntest noch einen dieser schützenden Bäume für uns finden?«, fragte Nicci. »Wo es trocken ist, so wie gestern Abend? Ich würde mich wirklich von Herzen gerne trocknen lassen und etwas aufwärmen.«

Suchend ließ Richard den Blick durch die wenigen Lücken zwischen den Fichten und durch das Gewirr der kahlen Erlen- und Eschenäste über den vor ihnen abfallenden Berghang gleiten.

»Ja.«

»Gut, wir haben nämlich miteinander zu reden.«

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