Beim Aufwachen lag sie mit dem Rücken an seinem warmen Körper. Licht sickerte rings um die Tür herein. Sie setzte sich auf, rieb sich den Schlaf aus den Augen und betrachtete Richard.
Er lag auf dem Rücken, starrte an die Decke und atmete mit langsamen, flachen Zügen. Die angenehme Vertrautheit seines Gesichts brachte sie zum Lächeln. Er sah so gut aus, daß es ihr fast weh tat.
Plötzlich wurde ihr schockartig bewußt, was ihr an ihm so vertraut vorkam. Richard sah aus wie Darken Rahl. Wenngleich seinem Gesicht diese unfaßbare Perfektheit fehlte — der makellos glatte, durch nichts unterbrochene Schwung seiner Züge, die viel zu genau stimmten, wie die einer perfekten Statue –, Richard war derber, rauher, wirklicher.
Vor ihrem Sieg gegen Darken Rahl war ihnen Shota, die Hexe, als Richards Mutter erschienen, und Kahlan hatte ihre Züge in Richards Augen und Mund wiedererkannt. Es war, als hätte Richard das Gesicht von Darken Rahl und dazu einige Züge seiner Mutter, die es über Darken Rahls grausame Perfektheit erhaben machten. Rahls Haar war dünn, glatt und blond, Richards dagegen war kräftiger und dunkler. Außerdem waren Richards Augen grau, im Gegensatz zu Darken Rahls blauen Augen, doch beide besaßen die gleiche durchdringende Intensität — den gleichen Raubvogelblick, der Stahl zerschneiden zu können schien.
Sie hatte zwar keine Ahnung, wie das möglich war, trotzdem wußte sie, daß Richard Rahls Blut in den Adern hatte. Aber Darken Rahl stammte aus D’Hara, und Richard war aus Westland — zwei Gegenden, die nicht weiter hätten auseinanderliegen können. Die Verbindung, entschied sie schließlich, mußte in ferner Vergangenheit liegen.
Richard starrte noch immer an die Decke. Sie legte ihm die Hand auf die Schulter und drückte sie. »Wie geht es deinem Kopf?«
Richard fuhr erschrocken hoch. Er sah sich um, blinzelte sie an und rieb sich die Augen. »Was …? Ich habe geschlafen. Was hast du gesagt?«
Kahlan runzelte die Stirn. »Du hast nicht geschlafen.«
»Doch, hab’ ich. Tief und fest.«
Kahlan überkam eine düstere Vorahnung. »Deine Augen waren weit geöffnet. Ich habe dich beobachtet.« Sie verschwieg, daß ihres Wissens nur Zauberer mit offenen Augen schliefen.
»Tatsächlich?« Er sah sich um. »Wo sind die Blätter?«
»Hier. Tut es immer noch so weh?«
»Ja.« Er setzte sich auf. »Aber nicht mehr so schlimm.« Er stopfte sich einige Blätter in den Mund und fuhr sich mit den Fingern durch das Haar. »Zumindest kann ich sprechen.« Er lächelte sie an. »Und ich kann lächeln, ohne das Gefühl zu haben, mein Gesicht zerspringt.«
»Vielleicht solltest du heute nicht zum Bogenschießen gehen, wenn du dich nicht gut genug fühlst.«
»Savidlin meinte, ich könne unmöglich kneifen. Ich werde ihn nicht enttäuschen. Außerdem bin ich wirklich auf den Bogen gespannt, den er für mich angefertigt hat. Es ist … ich weiß nicht mal mehr genau, wie lange her, daß ich mit einem Bogen geschossen habe.«
Nachdem er eine Weile ein paar von Nissels Blättern gekaut hatte, falteten sie die Decken zusammen und machten sich auf die Suche nach Savidlin. Sie fanden ihn in seinem Haus. Er hörte zu, wie Siddin Geschichten über seinen Drachenritt erzählte. Savidlin hörte sich gern Geschichten an. Einem kleinen Jungen lauschte er mit der gleichen Aufmerksamkeit wie einem Jäger, der von einem Jagdausflug zurückkehrt. Mit Stolz bemerkte Kahlan, daß der kleine Junge eine bemerkenswert genaue Schilderung ohne phantasievolle Ausschmückungen lieferte.
Siddin wollte wissen, ob er einen Drachen als Spielkameraden haben konnte. Savidlin erklärte ihm, der rote Drache sei kein Spielzeug, sondern ein Freund ihres Volkes. Er sagte ihm, er solle sich ein rotes Huhn suchen, das könne er behalten.
Weselan war damit beschäftigt, eine Art Haferbrei mit Eiern zuzubereiten. Sie lud Richard und Kahlan zum Frühstück ein und reichte jedem der beiden eine Schale, während sie auf einem auf dem Boden liegenden Fell Platz nahmen. Sie reichte ihnen flaches Tavabrot, das man zusammenfalten und mit dem man den Brei löffeln konnte.
Richard bat Kahlan, Savidlin zu fragen, ob er irgendeine Art Bohrer besäße. Savidlin lehnte sich weit zurück und zog mit Daumen und Zeigefinger einen dünnen Stab aus einer Tasche unter einer Bank. Er gab ihn Richard, der seinen Drachenzahn hervorgeholt hatte. Richard drehte den Stab mit fragendem Blick in der Hand, setzte ihn auf den unteren Rand des Zahns und drehte ihn probeweise.
Savidlin lachte. »Du willst ein Loch dort hinein machen?« Richard nickte. »Gib ihn mir. Ich zeige dir, wie man das macht.«
Savidlin bohrte mit der Spitze seines Messers eine kleine Vertiefung, dann packte er den Zahn mit den Zehen und setzte sich auf den Boden. In das Loch streute er ein paar Sandkörner, dann drückte er den Stab hinein. Er spuckte in die Hände und zwirbelte den Stab rasch zwischen seinen Händen hin und her, wobei er gelegentlich eine kleine Pause einlegte, um ein paar Sandkörner nachzulegen und ein wenig Speichel in die Vertiefung zu schmieren. Es dauerte nicht lange, und er hatte den Zahn vollständig durchbohrt. Mit dem Messer säuberte er die rauhe Öffnung, wo der Bohrer auf der anderen Seite des Zahns durchgedrungen war, dann hielt er ihn grinsend in die Höhe, so daß alle das Loch sehen konnten. Richard lachte und bedankte sich bei ihm. Dann zog er ein Lederband durch den Zahn und hängte ihn sich um den Hals — neben die Pfeife des Vogelmannes und den Strafer der Mord-Sith.
Er hatte schon einiges beisammen. Wenn ihm auch nicht alles gefiel.
Savidlin wischte seine Schale mit einem Stück Tavabrot aus und fragte: »Geht es deinem Kopf schon besser?«
»Ein wenig, aber es tut noch immer höllisch weh. Nissels Blätter helfen. Es ist mir peinlich, daß man mich gestern abend zurücktragen mußte.«
Savidlin lachte. »Ich wurde auch einmal böse verwundet, hier.« Er zeigte auf eine bogenförmige Narbe an seiner Seite. »Ich wurde von Frauen nach Hause getragen.« Er beugte sich vor und hob eine Braue. »Frauen!« Weselan warf ihm einen tadelnden Blick zu. Er tat, als würde er es nicht bemerken. »Meine Männer haben herzlich darüber gelacht, als sie herausfanden, daß Frauen mich nach Hause getragen hatten.« Er stopfte sich den letzten Bissen Tavabrot in den Mund und kaute einige Minuten. »Dann habe ich ihnen erzählt, welche Frauen mich nach Hause getragen haben, und sie hörten auf zu lachen und wollten wissen, wie sie sich auch so eine Wunde holen konnten, um von denselben Frauen nach Hause getragen zu werden.«
»Savidlin!« wies sie ihn empört zurecht. An die anderen gewandt, meinte sie: »Wenn er nicht schon eine Wunde gehabt hätte, ich hätte ihm eine verpaßt. Und zwar eine ordentliche.«
»Und woher hattest du diese Verwundung?« erkundigte sich Richard.
Savidlin zuckte mit den Achseln. »Wie ich meinen Männern gesagt habe: es war ganz einfach. Man braucht nur wie ein erschrockenes Kaninchen dazustehen, während ein Eindringling einen mit einem Speer durchbohrt.«
»Und wieso hat er dich nicht getötet?«
»Weil ich ihm ein paar Zehnschrittpfeile verpaßt habe.« Er deutete auf seine Kehle. »Und zwar hier.«
»Was ist ein Zehnschrittpfeil?«
Savidlin griff neben sich und zog einen spitzen, mit Federn versehenen Pfeil aus seinem Köcher. »Das ist einer. Siehst du den dunklen Fleck? Das ist Gift. Zehnschrittgift. Wirst du davon getroffen, hast du nur noch zehn Schritte, dann bist du tot.« Er lachte. »Daraufhin beschlossen meine Männer, sich etwas anderes zu überlegen, damit die Frauen sie auf Händen tragen.«
Weselan beugte sich vor und stopfte ihrem Gatten den Rest des Tavabrotes in den Mund. An Kahlan gewandt, meinte sie: »Männer erzählen sich gern die schrecklichsten Geschichten.« Sie setzte ein verlegenes Lächeln auf. »Aber ich habe mich um ihn gekümmert, bis er wieder gesund war. Ich wußte, daß es soweit war, als er zu mir kam und Siddin zeugte. Danach brauchte ich mir keine Sorgen mehr zu machen.«
Kahlan hatte übersetzt, bevor ihr die Bedeutung der Worte bewußt wurde. Sie fühlte, wie ihr die Ohren brannten. Anstatt Richard ins Gesicht zu sehen, konzentrierte sie sich ganz auf ihren Brei. Sie war froh, daß das Haar wenigstens ihre Ohren verdeckte.
Savidlin sah Richard mit dem Blick des gekränkten Mannes an. »Auch Frauen erzählen sich gern Geschichten.«
Kahlan bemühte sich verzweifelt, das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken. Ihr fiel nichts ein. Zum Glück gelang das Savidlin. Er lehnte sich zurück und schaute zur Tür hinaus.
»Bald ist es Zeit zum Aufbruch.«
»Woher weißt du, wann wir aufbrechen müssen?«
Savidlin zuckte mit den Achseln. »Ich bin hier, ihr seid hier, einige meiner Männer sind hier. Wenn alle hier sind, dann ist es Zeit aufzubrechen.«
Savidlin ging in eine Ecke und holte einen Bogen, der größer war als der, den Kahlan ihn zuvor hatte benutzen sehen. Größer, weil er für Richard war. Unter Zuhilfenahme seines Fußes gelang es Savidlin, die Sehne des Bogens zu spannen.
Richard strahlte über das ganze Gesicht. Er erklärte Savidlin, dies sei der beste Bogen, den er je gesehen hätte. Savidlin strahlte vor Stolz und überreichte ihm einen Köcher mit Pfeilen.
Richard testete die Spannung. »Woher wußtest du, wie stark du ihn spannen mußtest? Er ist genau richtig.«
Savidlin zeigte auf sein Kinn. »Ich habe mich daran erinnert, wie groß dein Respekt für meine Kraft bei unseren ersten Treffen war. Für mich ist er zu stark gespannt, aber nach meiner Schätzung war er genau richtig für dich.«
Kahlan stand auf und stellte sich neben Richard. »Willst du wirklich mit? Wie geht es deinem Kopf?«
»Schrecklich. Aber ich habe die Blätter, sie helfen ein wenig. Ich denke, es wird gehen. Savidlin freut sich darauf. Ich möchte ihn nicht enttäuschen.«
Sie strich ihm mit der Hand über die Schulter. »Soll ich mitkommen?«
Richard gab ihr einen Kuß auf die Stirn. »Ich glaube, ich brauche niemanden, der mir übersetzt, wie niederschmetternd ich geschlagen werde. Außerdem will ich Chandalens Männern keine Gelegenheit bieten, mich mehr zu demütigen, als sie es ohnehin tun werden.«
»Zedd hat mir erzählt, du seist recht gut. Genaugenommen meinte er sogar, du wärst besser als gut.«
Richard warf Savidlin, der gerade den eigenen Bogen spannte, einen heimlichen Seitenblick zu. »Es ist lange her, seit ich mit dem Bogen geschossen habe. Ich wette, Zedd wollte nur ein wenig mit mir angeben.«
Er gab ihr heimlich einen Kuß, während Savidlin seine Arbeit am Bogen beendete. Dann begleitete er ihn nach draußen. Kahlan lehnte am Türrahmen. Sie spürte seine Lippen noch, als sie ihm hinterhersah.
Chandalen verriet keine Regung, als er von einem seiner Pfeile aufsah, an dem er gerade prüfend entlanggeblickt hatte. Prindin und Tossidin hatten ein verlegenes Lächeln aufgesetzt. Sie freuten sich auf das, was nun folgen würde. Richard sah sich kurz um und blickte im Vorübergehen allen Männern in die Augen. Sie schlossen sich ihm einer nach dem anderen an. Er war einen guten Kopf größer als der größte von ihnen. Sie sahen aus wie eine Gruppe von Kindern, die einem Erwachsenen hinterherliefen. Aber diese Kinder besaßen vergiftete Pfeile, und ein paar von ihnen waren Richard nicht besonders wohlgesonnen. Plötzlich kamen Kahlan Bedenken.
Weselan stand neben ihr und verfolgte den Aufbruch der Männer.
»Savidlin hat versprochen, Richard zu beschützen. Mach dir keine Sorgen. Chandalen wird keine Dummheiten machen.«
»Ich mache mir eher Sorgen, was Chandalen sich unter einer Dummheit vorstellt.«
Weselan wischte sich die Hände an einem Lappen ab und ging zurück, um auf Siddin aufzupassen. Siddin wollte nach draußen. Er hockte auf dem Boden, polkte mit dem Finger zwischen den Dielen und tat beleidigt, weil seine Mutter wollte, daß er drinnen bleibt. Weselan stand lange über ihm und sah ihn an. Er hob den Kopf, das Kinn in eine Hand gelegt. Sie verpaßte ihm einen sachten Klaps mit dem Lappen.
»Na los, geh nach draußen und spiel.« Seufzend sah Weselan ihm nach, wie er freudestrahlend durch die Tür nach draußen jagte. Sie schüttelte den Kopf. »Kinder wissen nicht, wie wertvoll das Leben ist. Und wie zerbrechlich.«
»Vielleicht wollen wir alle deswegen wieder Kinder sein.«
Weselan nickte. »Gut möglich.« Ein freundliches Lächeln überzog ihr sonnengebräuntes Gesicht. Ihre dunklen Augen funkelten. »Welche Farbe möchtest du tragen, wenn du deinen Mann heiratest?«
Kahlan warf sich mit beiden Händen das Haar über die Schultern und dachte einen Augenblick lang nach. Dann kam ein Lächeln aus der Tiefe ihres Inneren hervor. »Richard mag Blau am liebsten.«
Weselan faltete die Hände. »Oh, dann wäre das genau das richtige. Ich habe genau das Passende für dich. Ich habe es für eine besondere Gelegenheit aufgehoben.«
Sie ging in ihr kleines Schlafzimmer und kam mit einem Ballen Stoff zurück. Sie setzte sich zu Kahlan auf die Bank und faltete ihn vorsichtig auf ihrem Schoß auseinander. Das Tuch war fein gewoben, tiefblau und mit einem Blumenmuster in einem helleren Blau bedruckt. Bestimmt ließ sich daraus ein entzückendes Kleid machen.
Kahlan probierte den Stoff zwischen Daumen und Zeigefinger. »Er ist wundervoll. Woher hast du ihn?«
»Ich habe ihn getauscht.« Sie deutete mit einer Handbewegung über ihren Kopf. »Bei Leuten aus dem Norden. Ihnen gefallen die Schalen, die ich mache. Dagegen habe ich ihn eingetauscht.«
Kahlan erkannte einen feinen Stoff, wenn sie ihn vor sich hatte. Weselan mußte viele Schalen dafür eingetauscht haben. »Es wäre mir unangenehm, ihn zu verwenden, Weselan. Du hast hart dafür gearbeitet. Er gehört dir.«
Weselan hielt die Ecken des blauen Tuchs in die Höhe und musterte es kritisch. »Unsinn. Ihr beide kommt zu uns und zeigt unserem Volk, wie man Dächer baut, die kein Wasser durchlassen. Ihr rettet Siddin vor diesen Schattenwesen und befreit uns dabei gleich noch von einem alten Narren, wodurch Savidlin zu einem der sechs Ältesten werden kann. Er war noch nie so glücklich. Als Siddin verschleppt wird, findet ihr ihn und bringt ihn zurück zu uns. Ihr vernichtet den Mann, der uns zu Sklaven gemacht hätte. Ihr beide seid zu Beschützern unseres Volkes geworden. Was ist dagegen ein Stück Stoff?
Ich werde stolz darauf sein, daß die Mutter Konfessor der gesamten Midlands in einem Kleid heiratet, das ich genäht habe. Ich, eine einfache Frau. Für dich, meine Freundin, die aus der Ferne kommt, wo es so großartige Dinge gibt, die ich mir nicht einmal erträumen kann. Du nimmst mir dadurch nichts. Du schenkst mir etwas.«
Kahlan traten die Tränen in die Augen. Ihre Unterlippe bebte. »Du weißt gar nicht, welche Freude du mir damit machst, Weselan. Konfessor zu sein, heißt, gefürchtet zu werden. Mein ganzes Leben lang haben die Menschen mich gefürchtet, sind mir aus dem Weg gegangen. Niemand hat mich einfach nur als Frau behandelt, mit mir als Frau gesprochen. Immer nur als Konfessor. Vor Richard hat mich niemand als Mensch gesehen. Vor dir hat noch keine Frau mich in ihrem Heim willkommen geheißen. Keine Frau hat mich jemals ihr Kind halten lassen.« Sie wischte sich die Tränen von der Wange. »Es wird das allerschönste Kleid sein, das ich je getragen habe, das meistgeliebte Kleid, das ich je besitzen werde. Ich werde voller Stolz sagen, daß eine Freundin es für mich genäht hat.«
Weselan sah sie von der Seite an. »Wenn dein Mann dich in diesem Kleid sieht, wird er dir ein Kind machen.«
Kahlan lachte und weinte und drückte Weselan an sich. Sie hätte sich niemals träumen lassen, daß sie je so etwas erleben würde, daß man sie je anders denn als Konfessor behandelte.
Kahlan und Weselan verbrachten den größten Teil des Vormittags damit, die ersten Vorbereitungen für das Kleid zu treffen. Weselan schien ebenso aufgeregt zu sein, das Kleid zu nähen, wie Kahlan, es zu tragen. Selbst die Näherinnen in Aydindril hätten es nicht besser machen können als Weselan mit ihren feinen Knochennadeln. Sie einigten sich auf einen einfachen Schnitt in der Form eines Miederkleides.
Zu Mittag nahmen sie eine leichte Mahlzeit aus Tavabrot und Hühnerbrühe zu sich. Weselan wollte später an dem Kleid weiterarbeiten und erkundigte sich, was Kahlan am Nachmittag vorhatte. Kahlan meinte, sie würde sehr gern etwas kochen.
Bei ihren offiziellen Besuchen hatte Kahlan niemals Fleisch gegessen, denn sie wußte, daß die Schlammenschen Menschenfleisch aßen, ihre Feinde verspeisten, um deren Wissen zu erlangen. Um sie nicht zu kränken, hatte sie sich immer darauf herausgeredet, daß sie kein Fleisch esse. Am Abend zuvor hatte Richard eigenartig auf Fleisch reagiert, daher war Kahlan einverstanden, als Weselan einen Gemüseeintopf vorschlug.
Die beiden schnitten Tava klein, ein paar andere rostfarbene Wurzeln, die Kahlan nicht kannte, Paprika, Bohnen, etwas nussiges Kuru, dann gaben sie Suppengrün und Trockenpilze in den großen Eisenkessel, der über dem Feuer in der Kochecke hing. Weselan schob ein paar Hartholzäste ins Feuer und erklärte Kahlan, die Männer wären wohl nicht vor Einbruch der Dunkelheit zurück. Sie schlug vor, zusammen mit den anderen Frauen in den Gemeindebereich zu gehen und in den Öfen dort etwas Tavabrot zu backen.
»Sehr gern«, meinte Kahlan.
»Wir werden uns mit ihnen über die Hochzeit unterhalten. Plaudereien über Hochzeiten sind immer unterhaltsam.« Sie lächelte. »Besonders, wenn keine Männer in der Nähe sind.«
Kahlan stellte erfreut fest, daß die jungen Frauen jetzt mit ihr sprachen. Früher waren sie immer zu schüchtern gewesen. Die älteren Frauen wollten sich über die Hochzeit unterhalten. Die jüngeren über ferne Länder. Sie wollten wissen, ob es tatsächlich stimmte, daß Männer ihren Anweisungen folgten, daß sie taten, was immer sie verlangte.
Mit großen Augen lauschten sie, wie Kahlan ihnen vom Zentralrat erzählte und wie sie die Interessen von Völkern wie dem der Schlammenschen vor der Bedrohung einer Invasion mächtigerer Länder beschützte, damit die Schlammenschen und andere, kleinere Gemeinschaften so leben konnten, wie sie es wollten. Sie erklärte, daß sie zwar Menschen befehligen konnte, sie dies aber nur deshalb tat, weil sie Dienerin sämtlicher Völker war. Als sie gefragt wurde, ob sie Armeen von Männern in der Schlacht befehlige, erklärte Kahlan, so könne man das nicht verstehen. Ihr Tun hatte den Sinn, den verschiedenen Ländern bei der Zusammenarbeit zu helfen, damit es nicht zu Kriegen käme. Sie wollten wissen, wie viele Diener sie hatte und welche phantastischen Kleider sie besaß. Die Fragerei machte die älteren Frauen nervös, und Kahlan wurde zunehmend gereizt.
Sie klatschte einen Teigklumpen auf das Brett und wirbelte eine Mehlwolke auf. Dann sah sie den jüngeren Frauen in die Augen.
»Das schönste Kleid, das ich je besitzen werde, ist das, das Weselan für mich näht, und zwar, weil sie es aus Freundschaft tut und nicht, weil ich es ihr befohlen habe. Es gibt keinen wertvolleren Besitz als Freundschaft. Für einen einzigen Freund würde ich alles geben, was ich besitze.«
Danach waren die jungen Frauen still, und die älteren schienen beruhigt. Der Tratsch kreiste wieder um das Thema Hochzeit, und Kahlan war froh darüber. Sie versuchte, sich herauszuhalten, und überließ den älteren Frauen die Richtung des Gesprächs.
Gegen Ende des Nachmittags bemerkte Kahlan eine Bewegung auf der anderen Seite des Feldes. Sie sah eine größere Gestalt, Richard, der sich mit großen Schritten Savidlins und Weselans Haus näherte.
Selbst aus dieser Entfernung konnte sie erkennen, daß er wütend war. Eine Gruppe Jäger folgte ihm dicht auf den Fersen und verfiel gelegentlich in einen Trab, um Schritt halten zu können.
Kahlan wischte ihre mehligen Hände an einem Lappen ab. Sie warf das Tuch auf einen Tisch, dann verließ sie den Dielenboden unter dem Schutzdach und lief das Stück hinüber zu den Männern. Sie schloß zu ihnen auf, als sie gerade in einem breiten Durchgang verschwanden.
Sie bahnte sich einen Weg zwischen den Jägern hindurch und holte Richard schließlich ein, kurz bevor er den Eingang zu Savidlins Haus erreichte. Dicht hinter ihm ging Chandalen, gefolgt von Savidlin. Chandalens Schulter war blutverschmiert, und eine offensichtliche Wunde war mit einer Schlammpackung verbunden. Er schien in der rechten Stimmung zu sein, Steine zu zermalmen.
Sie packte Richard am Ärmel. Er wirbelte mit hochrotem Kopf herum und beruhigte sich etwas, als er sah, daß sie es war. Er ließ das Heft des Schwertes wieder los.
»Richard, was ist passiert?«
Er drehte sich wütend nach den Männern um, besonders nach Chandalen, dann richtete er den Blick wieder auf sie. »Du mußt für mich übersetzen. Wir hatten heute nachmittag ein kleines … ›Abenteuer‹. Ich habe ihnen bis jetzt nicht recht klarmachen können, was wirklich passiert ist.«
»Mich interessiert nur, wie er es wagen konnte, zu versuchen, mich umzubringen!« übertönte Chandalen Richards Worte.
»Wovon redet er? Er will wissen, wieso du versucht hast, ihn umzubringen.«
»Ihn umzubringen! Ich habe dem Narren das Leben gerettet. Frag mich nicht, warum! Ich hätte zulassen sollen, daß man ihn tötet! Das nächste Mal werde ich das auch!« Er fuhr sich durch das Haar. »Die Kopfschmerzen bringen mich noch um.«
Chandalen zeigte wütend auf die Wunde oben auf seiner Schulter. »Das hast du absichtlich getan! Ich habe dich schießen sehen! Das war niemals ein Unfall!«
Richard warf die Hände in die Luft. »Dieser Idiot!« rief er in den Himmel. Wütend blickte er Chandalen in die wilden Augen. »Ja, du hast mich schießen sehen! Zweifelst du etwa daran, daß du jetzt nicht mehr atmen würdest, hätte ich dich wirklich töten wollen? Natürlich habe ich es absichtlich getan! Es war die einzige Möglichkeit, dich zu retten!« Er reichte über ihre Schulter hinweg, brachte seine Hand dicht vor Chandalens Gesicht und hielt Daumen und Zeigefinger einen guten Zentimeter auseinander. »Das ist der ganze Spielraum, den ich hatte! Höchstens! Hätte ich den nicht genutzt, wärst du jetzt tot!«
»Was soll das heißen?« wollte Chandalen wissen.
Kahlan legte ihm die Hand auf den Arm. »Beruhige dich, Richard. Erzähl einfach, was geschehen ist.«
»Er hat mich nicht verstanden. Keiner von ihnen. Und ich konnte es ihnen nicht erklären.« Er sah sie verzweifelt an. »Ich habe heute einen Mann getötet.«
»Was!« stieß sie leise hervor. »Du hast einen von Chandalens Leuten getötet?«
»Nein! Das ist auch nicht der Grund für ihre Aufgebrachtheit. Sie sind froh, daß ich ihn getötet habe. Ich habe dadurch Chandalen das Leben gerettet! Aber sie glauben…«
Sie faßte sich. »Beruhige dich doch. Ich werde ihnen erklären, was du gesagt hast.«
Richard nickte und rieb sich mit den Handballen die Augen. Er blickte zu Boden, während er sich mit beiden Händen durch die Haare fuhr. Dann hob er wieder den Kopf. »Ich erkläre es dir nur ein einziges Mal, Chandalen. Wenn du es dann nicht in deinen blöden Schädel bekommst, werden wir uns an den gegenüberliegenden Enden des Dorfes aufstellen und so lange mit Pfeilen beschießen, bis wir nicht mehr streiten können. Und ich werde nur einen einzigen Pfeil dafür brauchen.«
Chandalen zog eine Braue hoch und verschränkte die muskulösen Arme. »Dann erkläre es mir.«
Richard holte tief Luft. »Du warst ein gutes Stück entfernt. Aus irgendeinem Grund wußte ich, daß er da war, hinter dir. Ich wirbelte herum. Alles, was ich von ihm sehen konnte … schau her, es war so.« Er packte Kahlan bei den Schultern und drehte sie herum, so daß sie Chandalen ins Gesicht sah. Er hielt ihre Schultern fest und duckte sich hinter sie. »Genau so. Bis auf den oberen Teil seines Kopfes konnte ich nichts von ihm erkennen. Er hatte seinen Speer bereits erhoben. Noch eine Sekunde, und er hätte ihn dir in den Rücken gestoßen. Ich hatte nur eine Möglichkeit, ihn daran zu hindern, dich zu töten. Eine einzige Chance. Ich konnte nicht genug von ihm sehen, von meinem Platz aus bot er kein anderes Ziel, auf das ich hätte schießen können. Nur die Oberseite seines Kopfes. Er hatte eine fliehende Stirn. Hätte ich zu hoch gezielt, wäre der Pfeil abgeprallt, und der Mann hätte dich getötet. Die einzige Möglichkeit, ihn aufzuhalten, ihn zu töten, bestand darin, den Pfeil als Streifschuß durch deine Schulter abzufeuern.«
Wieder hielt er Daumen und Zeigefinger einen guten Zentimeter auseinander. »Das war alles, was ich hatte. Hätte ich den Pfeil um so viel tiefer gehalten, hätte dein Knochen ihn abgelenkt, und er hätte dich erwischt. Hätte ich ihn um so viel höher gehalten, gerade so viel, daß er dich nicht gestreift hätte, hätte er überlebt, und du wärst tot. Ich wußte, Savidlins Pfeil konnte ein Stück deines Fleisches durchdringen und ihn trotzdem töten. Für alles andere war keine Zeit. Ich mußte augenblicklich schießen. Ich glaube, ein Dutzend Stiche sind ein niedriger Preis für dein Leben.«
Chandalens Augen verrieten, daß er seiner Sache nicht mehr ganz so sicher war. »Woher weiß ich, daß du die Wahrheit sprichst?«
Richard schüttelte den Kopf und murmelte etwas. Plötzlich kam ihm ein Gedanke. Er nahm einem von Chandalens Männern den Stoffbeutel ab. Er steckte seine Hand in den Beutel, zog einen Kopf heraus und hielt ihn an dem blutverschmierten, verfilzten Haarschopf in die Höhe.
Kahlan stockte der Atem. Sie schlug sich die Hand vor den Mund und wandte sich ab. Doch zuvor sah sie noch den Pfeil, der mitten in seiner Stirn steckte und dessen Spitze aus dem Hinterkopf ragte.
Richard hielt den Kopf hinter Chandalens Schulter und legte ihm die Federn des Schaftes auf die Schulter, gleich neben die Wunde.
»Mehr habe ich nicht gesehen. Wäre es nicht so, wie ich sage, hätte er sich höher aufgerichtet, und ich hätte den Pfeil auf dieselbe Stelle abgefeuert, hätte er dich nicht berührt.«
Die Jäger begannen zu nicken und untereinander zu tuscheln. Chandalen betrachtete den Pfeilschaft, der auf seiner Schulter lag. Er sah nach hinten zum Kopf. Er dachte einen Augenblick lang nach, faltete dann seine Arme auseinander, nahm den Kopf und stopfte ihn zurück in den Sack.
»Ich bin schon einmal genäht worden. Ein paar Stiche mehr werden mir nicht schaden. Ich werde deinen Worten Glauben schenken. Diesmal.«
Richard stemmte die Fäuste in die Hüfte und sah zu, wie Chandalen mit seinen Männern abzog. »Ich bitte darum«, rief er ihnen nach.
Das übersetzte Kahlan nicht. »Wieso habt ihr den Kopf mitgebracht?«
»Frag mich nicht. Meine Idee war es nicht. Und was sie mit dem Rest gemacht haben, willst du mit Sicherheit nicht wissen.«
»Richard, ich finde, das war ein ziemlich riskanter Schuß. Wie weit warst du entfernt, als du den Pfeil abgefeuert hast?«
Die Erregtheit war aus seiner Stimme gewichen. »Er war überhaupt nicht riskant, glaub mir. Und ich war mindestens hundert Schritte weit entfernt.«
»So genau kannst du einen Pfeil auf hundert Schritte schießen?«
Er seufzte. »Ich fürchte, ich hätte es sogar aus der doppelten Entfernung schaffen können. Aus der dreifachen.« Er betrachtete das Blut an seinen Händen. »Ich muß mir das Blut abwaschen. Kahlan, in ungefähr zwei Minuten explodiert mein Schädel. Ich muß mich setzen. Könntest du bitte Nissel holen gehen? Die Brüllerei mit diesem Idioten war das einzige, was mich noch auf den Beinen gehalten hat.«
Sie legte ihm die Hand auf den Arm. »Aber sicher. Geh schon hinein. Ich werde sie holen.«
»Ich glaube, Savidlin ist auch böse auf mich. Bitte sag ihm, es tut mir leid, daß ich so viele von seinen Pfeilen ruiniert habe.«
Stirnrunzelnd verfolgte sie, wie Richard ins Haus ging und die Tür hinter sich schloß. Savidlin sah aus, als wollte er etwas zu ihr sagen. Sie faßte ihn am Arm.
»Richard braucht Nissel. Begleite mich und erzähl mir, was geschehen ist.«
Savidlin warf einen Blick über seine Schulter auf seine Haustür, während sie davoneilten. »Richard mit dem Zorn scheint seinem Namen alle Ehre zu machen.«
»Er ist durcheinander, weil er einen Menschen getötet hat. Damit lebt es sich nicht leicht.«
»Er hat dir nicht die ganze Geschichte erzählt. Das war noch nicht alles.«
»Dann erzähl du es mir.«
Er warf ihr einen ernsten Blick zu. »Wir haben geschossen, Chandalen war verärgert — wegen der Treffer, die Richard landete. Er sagte, Richard sei ein Dämon. Dann verschwand er und stellte sich abseits ins Gras. Wir anderen standen ein Stück in der anderen Richtung und sahen zu, wie Richard schoß. Was er dort tat, schien unmöglich. Er legte einen Pfeil in die Sehne. Plötzlich wirbelte er herum zu Chandalen. Bevor wir auch nur einen Schrei ausstoßen konnten, hatte Richard einen Pfeil auf Chandalen abgefeuert, der mit verschränkten Armen dastand. Er hatte keine Waffe in der Hand. Keiner von uns hatte für möglich gehalten, daß Richard so etwas tun würde.
Noch während der Pfeil durch die Luft auf Chandalen zusegelte, hatten zwei seiner Männer Pfeile eingelegt und die Bogen gespannt. Der erste von ihnen feuerte einen Zehnschrittpfeil ab, noch bevor Richards Pfeil Chandalen erreicht hatte.«
Kahlan war fassungslos. »Er hat auf Richard geschossen und nicht getroffen? Chandalens Männer verfehlen ihr Ziel nicht.«
Savidlins Stimme war leise und bebte leicht. »Er hätte ihn nicht verfehlt. Doch Richard wirbelte herum, zog den letzten Pfeil aus seinem Köcher, einen Pfeil mit Spitze, und schoß. So schnell habe ich das noch nie jemanden machen sehen.« Er zögerte, als könnte er sich nicht vorstellen, daß sie ihm glaubte. »Richards Pfeilspitze traf den anderen in der Luft und teilte ihn. Die beiden Hälften verfehlten Richard.«
Kahlan legte Savidlin die Hand auf den Arm und hielt ihn fest. »Richard hat den anderen Pfeil mitten in der Luft getroffen?«
Er nickte langsam. »Und dann schoß der andere. Richard hatte keine Pfeile mehr. Er stand da, den Bogen in der Hand, und wartete. Auch das war ein Zehnschrittpfeil. Ich konnte hören, wie er durch die Luft pfiff.«
Savidlin sah sich um, als wollte er sich vergewissern, daß niemand zuhörte. »Richard hat ihn einfach mit der Hand aus der Luft gepflückt. Er hielt ihn mit der Faust gepackt. Er legte den Pfeil des Mannes in seinen eigenen Bogen ein und zielte damit auf Chandalens Männer. Er rief ihnen etwas zu. Wir konnten nicht verstehen, was er sagte, doch sie ließen ihre Bogen fallen und streckten ihre Arme zur Seite, um zu zeigen, daß ihre Hände leer waren. Wir alle dachten, Richard mit dem Zorn sei verrückt geworden. Wir dachten, er wollte uns alle umbringen. Wir hatten alle sehr große Angst.
Dann rief Prindin etwas. Er hatte den Mann hinter Chandalens Rücken entdeckt. Dann wurde uns allen klar, daß Richard einen mit einem Speer bewaffneten Eindringling getötet hatte. Wir erkannten, daß Richard den Eindringling und nicht Chandalen hatte töten wollen. Chandalen dagegen war sich da nicht so sicher. Er meinte, Richard hätte ihn absichtlich mit dem Pfeil verletzt. Chandalen wurde noch wütender, als alle seine Männer zu Richard liefen und ihm respektvoll auf die Schulter klopften.«
Kahlan starrte ihn an. Sie konnte nicht glauben, was sie da hörte. »Richard hat mich gebeten, dir zu sagen, es täte ihm leid, daß er deine Pfeile ruiniert hat. Was hat er damit gemeint?«
»Weißt du, was ein Schaftschuß ist?«
Kahlan nickte. »So nennt man es, wenn man einen Pfeil durch einen bereits im Schwarzen der Zielscheibe steckenden schießt und dabei den Schaft des ersten spaltet. Die Gardetruppen in Aydindril haben dafür Ordensbänder vergeben. Ich habe ein paar Männer gesehen, die ein halbes Dutzend davon besaßen. Einen kannte ich, der hatte zehn.«
Savidlin griff nach hinten und zog ein dickes Bündel aus seinem Köcher. Jeder einzelne Pfeil war gespalten. »Es wäre einfacher, Richard mit dem Zorn ein Ordensband zu geben, wenn er endlich einmal danebentrifft. Aber selbst dann hätte er keine. Er hat heute über hundert Pfeile ruiniert. Es dauert lange, einen Pfeil zu machen. Man darf sie nicht einfach vergeuden. Aber die Männer wollten immer wieder, daß er es noch einmal macht, weil sie so etwas nie gesehen hatten. Einmal hat er sechs Pfeile durch den ersten gejagt, einen nach dem anderen. Wir hatten Kaninchen geschossen und brieten sie über dem Feuer. Richard saß bei uns, und als wir anfingen zu essen, wollte er nicht mitessen. Er sah aus, als wäre ihm schlecht, und er ging fort, um allein Pfeile zu schießen, bis wir fertig waren. Später, nach dem Essen, hat er dann den Mann getötet.«
Sie nickte. »Wir sollten uns beeilen und Nissel holen.« Sie sah ihn beim Gehen von der Seite an. »Savidlin, wieso haben die Männer den Kopf mitgebracht? Wie können sie nur etwas so Grausiges tun?«
»Hast du gesehen, daß der Tote einen schwarzen Strich über den Augen hatte? Damit wollte er sich vor unseren Seelen verstecken, um sich an uns anschleichen zu können. Wer mit Schwarz über den Augen unser Land betritt, tut dies aus einem einzigen Grund: um zu töten. Chandalens Männer stecken die Köpfe solcher Männer auf Spieße an den Grenzen unseres Landes, um andere davon abzuhalten, sich über den Augen schwarz zu bemalen. Dir mag das grausig erscheinen, aber am Ende gibt es dadurch weniger Tote. Du solltest nicht schlecht über Chandalens Männer denken, weil sie den Kopf mitgenommen haben. Sie haben das heute nicht zu ihrem Vergnügen getan, sondern damit in Zukunft weniger gemordet wird.«
Plötzlich kam sich Kahlan töricht vor. »Vermutlich urteile ich genau wie Chandalen viel zu schnell. Vergib mir, Ältester Savidlin, daß ich etwas Falsches über dein Volk gedacht habe.«
Er legte ihr den Arm um die Schultern und drückte sie kurz an sich.
Als sie mit der Heilerin zurückkehrten, fanden sie Richard zusammengekauert in einer Ecke liegend vor, die Hände über seinem Kopf verschränkt. Seine Haut war bleich, kalt und feucht. Nissel gab ihm etwas zu trinken. Nach ein paar Minuten gab sie ihm einen kleinen Würfel eines Mittels, das er schlucken sollte. Richard mußte lächeln, als er den Würfel sah. Offenbar kannte er das Mittel. Nissel ließ sich neben ihm auf den Boden nieder und fühlte lange seinen Puls. Nachdem er wieder ein wenig Farbe bekommen hatte, mußte er seinen Kopf in den Nacken legen und den Mund aufmachen. Sie preßte die Zehe irgendeiner zwiebelartigen Frucht über ihm aus und träufelte den Saft in seinen Mund. Richard verzog das Gesicht. Nissels einziger Kommentar war ein Schmunzeln.
An Kahlan gewandt meinte sie: »Ich denke, das wird ihm helfen. Sag ihm, er soll weiterhin die Blätter kauen. Hol mich, wenn er mich braucht.«
»Wird es ihm bald wieder bessergehen, Nissel? Müßte es ihm nicht längst ein wenig bessergehen?«
Die gebückte alte Frau warf einen Blick auf Richard. »Die Seele hat ihren eigenen Willen. Und sie hört nicht immer zu. Ich glaube, seine will gar nicht zuhören.« Plötzlich hellte sich ihr Gesicht auf, als sie die Niedergeschlagenheit in Kahlans Gesicht bemerkte. »Mach dir keine Sorgen, Kind. Notfalls zwinge ich die Seelen, mir zuzuhören.«
Kahlan nickte. Nissel lächelte ihr freundlich zu und tätschelte ihren Arm, bevor sie sich auf den Weg machte.
Richard hob den Kopf und sah Kahlan und Savidlin. »Hast du es ihm erklärt? Hast du ihm gesagt, es tut mir leid, daß ich alle seine Pfeile ruiniert habe?«
Kahlan lächelte zaghaft in Savidlins Richtung. »Er sorgt sich, weil er so viele Pfeile ruiniert hat.«
Savidlin brummte. »Ich bin selber schuld. Ich habe dir einen zu guten Bogen gemacht.« Richard brachte ein Lächeln zustande. »Weselan ist Brot backen gegangen. Ich habe auch noch etwas zu erledigen. Ruhe dich gut aus. Sobald es Zeit zum Essen ist, sind wir zurück. Wir werden zusammen essen. Dem Geruch nach hat meine Frau einen guten Eintopf gekocht.«
Als Savidlin gegangen war, ließ Kahlan sich dicht neben ihm auf den Boden nieder.
»Richard, was ist heute passiert? Savidlin hat mir erzählt, wie du heute Pfeile geschossen hast. So gut bist du doch nicht immer schon gewesen, oder?«
Er wischte sich den Schweiß mit dem Handrücken aus der Stirn. »Nein. Ich habe schon Pfeile gespalten, aber nie mehr als ein halbes Dutzend am Tag.«
»So gut hast du früher schon geschossen?«
Er nickte. »An einem guten Tag, wenn ich das Ziel spüren konnte. Aber heute, das war irgendwie anders.«
»Inwiefern?«
»Na ja, wir sind hinaus in die Steppe gegangen, und mein Kopf fing heftig an zu schmerzen. Die Männer stellten Zielscheiben aus zusammengebundenem Gras auf. Ich dachte, ich könnte nicht einmal die Zielscheibe treffen, weil mein Kopf so schmerzte. Aber ich wollte Savidlin nicht enttäuschen, also versuchte ich es trotzdem. Wenn ich schieße, rufe ich das Ziel zu mir.«
»Was meinst du damit, du rufst das Ziel zu dir?«
Richard zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Früher dachte ich, das macht beim Schießen jeder. Zedd erklärte mir jedoch, das sei nicht der Fall. Ich sehe das Ziel an und ziehe es dabei irgendwie zu mir. Wenn ich es richtig mache, verschwindet alles andere ringsum. Es gibt nur noch mich und das Ziel, so als käme es immer näher. Irgendwie weiß ich ganz genau, daß der Pfeil auf die richtige Stelle zielt, bevor ich die Sehne loslasse.
Nachdem ich herausgefunden hatte, daß ich das Ziel immer treffe, wenn ich dieses bestimmte Gefühl habe, hörte ich auf, Pfeile abzufeuern. Ich zielte bloß noch und versuchte, das richtige Gefühl zu erzeugen. Ich wußte, wenn ich es gefunden hatte, würde ich nicht danebentreffen, deswegen schoß ich auch nicht mehr. Dann legte ich den nächsten Pfeil ein und suchte erneut nach dem Gefühl. Mit der Zeit klappte es immer häufiger.«
»Und was war heute anders?«
»Wie gesagt, ich hatte fürchterliche Kopfschmerzen. Ich sah zu, wie einige der anderen Männer Pfeile abfeuerten. Sie waren sehr gut. Savidlin gab mir einen Klaps auf den Rücken, daher wußte ich, daß ich an der Reihe war. Also gut, dachte ich, bringe ich es eben hinter mich. Mein Kopf fühlte sich an, als wollte er jeden Augenblick platzen. Ich spannte den Bogen und rief das Ziel zu mir.«
Richard fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. »Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll. Ich rief das Ziel zu mir, und augenblicklich waren meine Kopfschmerzen wie weggeblasen. Ich hatte überhaupt keine Schmerzen mehr. Das Ziel kam auf mich zu wie nie zuvor. Es war, als hätte die Luft eine Kerbe, in die ich den Pfeil bloß einzulegen brauchte. So stark war das Gefühl noch nie gewesen. Es war, als wäre das Ziel riesengroß. Mir wurde klar, daß ich nicht danebenschießen konnte. Nach einer Weile ging ich zur Abwechslung dazu über, nicht mehr die bereits vorhandenen Pfeile zu spalten, sondern die rote Außenfeder abzurasieren. Die Männer dachten sofort, ich hätte den bereits im Ziel steckenden Pfeil nicht spalten können. Sie hatten ja keine Ahnung, daß ich noch etwas Schwierigeres vollbracht hatte.«
»Und deine Kopfschmerzen waren völlig verschwunden?« Er nickte. »Hast du eine Ahnung, wie es dazu kommen konnte?«
Richard zog die Knie hoch und legte die Unterarme darauf. Er wandte den Blick ab. »Ich fürchte, ja. Es war Magie.«
»Magie?« hauchte Kahlan. »Wie meinst du das?«
Sein Blick wanderte zu ihr zurück. »Ich habe keine Ahnung, wie sich die Magie bei dir anfühlt, Kahlan, aber ich habe deutlich gespürt, daß es Magie war. Jedesmal, wenn ich das Schwert der Wahrheit ziehe, strömt Magie in mich hinein und wird zu einem Teil von mir. Wie sich diese Magie anfühlt, weiß ich. Ich habe sie oft genug gespürt, auf unterschiedliche Weise, je nachdem, wie ich sie benutzt habe. Aber weil ich eins geworden bin mit dem Schwert, kann ich seine Magie sogar spüren, wenn es in der Scheide an meiner Hüfte steckt. Und jetzt kann ich die Magie herbeirufen, sogar ohne das Schwert zu ziehen. Ich spüre sie wie einen Hund, der mir auf den Fersen ist, bereit, mich anzufallen. Als ich heute den Bogen spannte und das Ziel zu mir rief, habe ich noch etwas anderes herbeigerufen: Magie.
Damals, als Zedd mich berührte, um mich zu heilen, oder du, als du im Con Dar warst, habe ich die Magie gespürt. Ganz ähnlich war es diesmal auch. Ich wußte einfach, es war Magie. Sie fühlte sich anders an als deine oder Zedds, aber ich erkannte ihre Beschaffenheit wieder. Ich spürte das Leben, das in ihr wohnt, wie einen zweiten Atem. Sie war lebendig.« Richard legte seine Faust mitten auf seine Brust. »Ich spürte, daß sie aus meinem Inneren kam und immer stärker wurde, bis ich sie dann freiließ und das Ziel zu mir rief.«
Kahlan kannte die Empfindungen, die er beschrieb. »Vielleicht hat es etwas mit dem Schwert zu tun.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Möglich wäre es schon. Aber ich konnte es nicht kontrollieren. Nach einer Weile verschwand es einfach, wie eine Kerze, die der Wind ausbläst. Es war, als stünde ich plötzlich im Dunkeln, als wäre ich auf einmal blind. Und dann kamen die Kopfschmerzen zurück. Ich traf das Ziel nicht mehr, ich konnte es nicht mehr zu mir rufen, also ließ ich einfach die anderen schießen. Die Magie kam und ging. Ich konnte nie vorhersagen, wann es geschehen würde. Als dann die Männer anfingen, Fleisch zu essen, wurde mir schlecht, und ich mußte fort von ihnen. Ich schoß, während sie aßen, und gelegentlich konnte ich die Magie herbeirufen. Dann waren auch die Kopfschmerzen wieder verschwunden.«
»Und wie war das, als du den Pfeil aus der Luft gefangen hast?«
Er sah sie schräg von der Seite an. »Das hat dir Savidlin also auch erzählt?« Sie nickte. Richard stieß einen tiefen Seufzer aus. »Das war das Merkwürdigste überhaupt. Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll. Irgendwie habe ich die Luft verdichtet.«
Sie beugte sich näher zu ihm und musterte sein Gesicht. »Die Luft verdichtet?«
Er nickte wieder. »Mir war klar, ich mußte den Pfeil verlangsamen, und das einzige, was mir einfiel, war, daß ich vielleicht eine Chance hätte, wenn die Luft dichter wäre — wie damals mit dem Schwert, als die Luft sich verdichtet hatte und das Schwert blockierte. Alles andere wäre mein Tod gewesen. Es schoß mir alles auf einmal durch den Kopf, Gedanke und Tat waren eins, sofort. Ich habe nicht den geringsten Schimmer, wie ich es angestellt habe. Ich hatte nur diesen Einfall, und schon sah ich, wie meine Hand den Pfeil aus der Luft schnappte.«
Er verstummte. Kahlan rieb mit dem Daumen über den Absatz ihres Stiefels. Sie wußte nicht, was sie sagen sollte. Irgendwo im Hinterkopf verspürte sie Angst. Plötzlich hob sie den Kopf und sah ihn an. Er starrte ins Nichts.
»Richard«, sagte sie, »ich liebe dich.«
Es dauerte lange, bis seine Antwort kam. »Ich liebe dich auch.« Er drehte sich zu ihr um. »Kahlan, ich habe Angst.«
»Wovor?«
»Es liegt etwas in der Luft. Ein Screeling taucht auf, ich habe diese Kopfschmerzen, du rufst einen Blitz herbei, und dann das, was ich heute getan habe. Das einzige, was mir einfällt, ist, nach Aydindril zu gehen und Zedd zu suchen. All diese Geschehnisse haben etwas mit Magie zu tun.«
Er mußte nicht unbedingt unrecht haben, trotzdem hatte sie andere Erklärungen für diese Geschehnisse parat. »Daß ich den Blitz herbeirufen konnte, hat etwas mit meinen magischen Fähigkeiten zu tun. Bei dir ist das anders. Ich weiß zwar nicht, wie ich es angestellt habe, aber ich habe es getan, um dich zu schützen. Der Screeling stammt meiner Ansicht nach aus der Unterwelt. Das hat nichts mit uns zu tun. Das ist schlicht das Böse. Die Magie dessen, was du heute getan hast … nun, das könnte allerdings etwas mit der Magie des Schwertes zu tun haben. Aber sicher bin ich mir da nicht.«
»Und die Kopfschmerzen?«
»Ich weiß es nicht«, mußte sie eingestehen.
»Kahlan, vielleicht bringen mich diese Kopfschmerzen um. Ich weiß nicht, woher ich das weiß, aber ich weiß, daß es stimmt. Das sind nicht einfach nur Kopfschmerzen. Es ist etwas anderes. Was, weiß ich nicht.«
»Richard, bitte sag so etwas nicht. Du machst mir angst.«
»Mir macht das auch angst. Ich war doch nur deshalb sauer auf Chandalen, weil ich Angst hatte, er könnte recht haben mit dem, was er über mich gesagt hat. Daß ich nichts als Ärger bringe.«
»Vielleicht sollten wir uns überlegen, wie wir von hier fortkönnen. Zu Zedd.«
»Und was ist mit diesen Kopfschmerzen? Meist kann ich nicht einmal aufrecht stehen. Ich kann doch nicht alle zehn Schritte anhalten und einen Pfeil abfeuern.«
Sie schluckte, trotz des dicken Kloßes in ihrem Hals. »Vielleicht weiß Nissel eine Antwort.«
Er schüttelte den Kopf. »Sie kann nur wenig helfen, und das auch nur vorübergehend. Ich glaube, bald wird sie gar nichts mehr tun können. Ich habe Angst, ich könnte sterben.«
Kahlan fing an zu weinen. Richard lehnte sich an die Wand, legte ihr den Arm um die Schultern und zog sie an sich. Er wollte noch etwas sagen, doch sie legte ihm die Finger auf die Lippen. Sie drückte ihr Gesicht an seinen Körper und weinte, klammerte sich an sein Hemd. Allmählich schien sich alles zu entwirren. Er hielt sie fest und ließ sie weinen.
Dann dämmerte Kahlan, daß sie sich selbstgerecht verhielt. Ihm passierten diese Dinge. Er hatte die Schmerzen, er war in Gefahr. Sie sollte ihn trösten, nicht umgekehrt.
»Richard Cypher, wenn du glaubst, das könnte mich davon abbringen, dich zu heiraten, solltest du vielleicht noch einmal darüber nachdenken.«
»Kahlan, ganz bestimmt nicht … ich schwöre es…«
Sie lächelte und strich ihm sanft über die Wange, gab ihm dabei einen Kuß. »Ich weiß, Richard, wir haben schon weit schwierigere Probleme gelöst als dieses. Uns wird etwas einfallen. Das verspreche ich. Uns bleibt auch gar nichts anderes übrig — Weselan hat schon mit meinem Kleid angefangen.«
Richard stopfte sich ein paar von Nissels Blättern in den Mund. »Tatsächlich? Ich wette, du wirst wunderschön darin aussehen.«
»Wenn du das herausfinden willst, wirst du mich wohl heiraten müssen.«
»Da hast du allerdings recht.«
Kurz darauf kehrten Savidlin, Weselan und Siddin zurück. Richard hatte die Augen geschlossen, ruhte sich aus und kaute die Blätter. Angeblich fühlte er sich schon etwas besser. Siddin war ganz aufgeregt. Seit er auf dem Drachen geritten war, war er im Dorf eine Berühmtheit. Den größten Teil des Tages hatte er damit verbracht, anderen Kindern davon zu erzählen. Jetzt wollte er auf Kahlans Schoß sitzen und ihr davon berichten, wie er im Mittelpunkt des Geschehens gestanden hatte.
Sie hörte lächelnd zu, während alle Eintopf mit Tavabrot aßen. Richard wollte wie sie keinen Käse. Savidlin bot ihm ein Stück geräuchertes Fleisch an. Richard lehnte höflich ab.
Nachdem sie ihr Mahl beendet hatten, erschien ein grimmig dreinblikkender Vogelmann im Türrahmen, umringt von mit Speeren bewaffneten Männern. Alle erhoben sich. Der Ausdruck auf dem Gesicht des Vogelmanns gefiel Kahlan überhaupt nicht.
Richard trat vor. »Was ist? Was ist passiert?«
Der Vogelmann ließ seinen Blick über sämtliche Anwesenden schweifen. »Drei Frauen, Fremde, sind zu Pferd hier eingetroffen.«
Kahlan wunderte sich, daß drei Frauen den Vogelmann dazu veranlaßten, sich mit Speerträgern zu umgeben. »Was wollen sie?«
»Sie sind schwer zu verstehen. Sie sprechen unsere Sprache nur sehr schlecht. Ich glaube, sie wollen zu Richard. Es klang, als wollten sie Richard und seine Eltern sprechen.«
»Meine Eltern! Bist du ganz sicher?«
»Ich glaube, das wollten sie uns sagen. Sie meinten, du solltest nicht länger versuchen davonzulaufen. Wegen dir seien sie gekommen, und du dürftest nicht fortlaufen. Zu mir meinten sie, ich dürfte mich nicht einmischen.«
Richard lockerte, ohne nachzudenken, das Schwert in seiner Scheide, und sein Gesicht bekam einen habichtartigen Zug. »Wo sind sie?«
»Ich habe ihnen gesagt, sie sollen im Haus der Seelen warten.«
Kahlan klemmte sich eine Haarsträhne hinters Ohr. »Haben sie gesagt, wer sie sind?«
Das lange Silberhaar des Vogelmannes leuchtete im Licht der untergehenden Sonne auf, die hinter ihm ins Haus drang. »Sie nannten sich die Schwestern des Lichts.«
Kahlan stockte der Atem. Eine Gänsehaut überzog ihre Arme. Ihr Magen schien sich zu ballen wie eine Faust.
Sie vergaß sogar zu blinzeln.