4

Zedd stützte sich mit einer Hand auf sein Knie und erhob sich. Er half Jebra auf. Wie erwartet, konnte sie nicht stehen, ohne sich kräftig auf ihn zu stützen. Sie entschuldigte sich dafür, so eine Last zu sein. Dann mußte sie lächeln, als er ihr erzählte, das würde ihm gar nichts ausmachen, weil er so nämlich seinen Arm um die Hüften eines hübschen Mädchens legen könnte.

Allmählich kehrten die Menschen wieder an ihre Arbeit zurück. Ihre Blicke schweiften hektisch im Palast herum, der ihnen plötzlich nicht mehr ganz so sicher erschien. Den Verletzten hatte man fortgeholfen, die Toten weggeschafft. Dienstmägde in schweren Röcken wischten unter Tränen das Blut auf und klatschten Mops in das sich rot verfärbende Wasser. Überall hatten Soldaten der Ersten Rotte Stellung bezogen. Zedd winkte Kommandant Trimack auf der anderen Seite der Halle zu sich.

»Ich bin jedenfalls froh, von hier fortzukommen«, meinte Jebra. »Ich habe Auras hier gesehen, bei denen mir im Schlaf der Schweiß ausbricht.«

Während der Offizier zu ihnen herüberkam, fragte Zedd: »Hast du irgend etwas von diesem Mann gesehen, der jetzt auf uns zukommt?«

Sie betrachtete ihn einen Augenblick, während er sich ihnen mit großen Schritten näherte und dabei die Aufstellung seiner Männer überprüfte. »Eine schwache Aura. Pflichtgefühl.« Sie starrte ihn stirnrunzelnd an. »Es war ihm immer eine Last. Jetzt hofft er darauf, daß es ihn mit etwas Stolz erfüllt. Hilft Euch das weiter?«

Zedd lächelte zögernd. »Das tut es. Irgendwelche Visionen?«

»Nein. Bloß die schwache Aura.«

Der Zauberer nickte gedankenverloren, dann hellte sich seine Miene auf. »Wieso hat eine derart entzückende Frau wie du eigentlich noch keinen Mann gefunden?«

Sie sah ihn schräg von der Seite an. »Drei haben um meine Hand angehalten. Sie knieten schon vor mir nieder, als ich in einer Vision von ihnen sah, wie sie bei einer anderen Frau lagen.«

Zedd grinste. »Haben sie dich gefragt, warum du nein gesagt hast?«

»Ich habe gar nicht nein gesagt. Ich habe ihnen nur eine derart deftige Ohrfeige verpaßt, daß es ihnen in den Ohren geklingelt hat wie eine Glokke.«

Zedd lachte, und schließlich fiel sie in sein Lachen ein.

Dann stand Trimack vor ihnen. »Kommandant General Trimack, darf ich Euch Lady Bevinvier vorstellen?« Trimack verbeugte sich zackig. »Diese Lady gehört wie Ihr und wie ich zu denen, deren Aufgabe es ist, zu verhindern, daß das Unheil einen Blick auf Lord Rahl werfen kann. Ich möchte, daß man ihr eine ständige Leibwache zuteilt, wann immer sie sich im Palast aufhält. Lord Rahl braucht ihre Hilfe, und ich möchte, daß ihr Leben nicht, wie heute geschehen, noch einmal in Gefahr gerät.«

»Solange sie sich im Palast aufhält, wird sie so sicher sein wie ein Säugling in den Armen seiner Mutter. Bei meiner Ehre.« Er machte kehrt und trommelte einen Code auf seine Schulter. Gut zwei Dutzend Männer der Ersten Rotte stürzten sofort herbei und erstarrten, kaum außer Atem, in Habtachtstellung. »Diese Dame hier ist Lady Bevinvier. Jeder von euch steht mit dem Leben für sie ein.«

Wie ein Mann schlugen sich alle mit der Faust vor die gepanzerte Brust, daß es nur so knallte. Zwei von ihnen nahmen Zedd seine Last ab. Jebra hielt den Stein fest mit einer Hand umklammert. Der Beutel mit dem Gold lag sichtlich schwer in einer Tasche ihres langen, grünen Rocks, welcher über und über mit inzwischen getrocknetem Blut besudelt war.

Zedd wandte sich an die Männer, die sie stützten. »Sie benötigt ein angemessenes Quartier, außerdem müssen ihr die Mahlzeiten gebracht werden. Bitte sorgt dafür, daß niemand außer mir ihre Ruhe stört.« Er sah Jebra in die müden blauen Augen und legte ihr die Hand sachte auf den Arm. »Ruh dich gut aus, mein Kind. Ich werde morgen früh bei dir vorbeischauen.«

Sie lächelte schwach. »Ich danke Euch, Zedd.«

Die Soldaten halfen ihr fort, und Zedd wandte sich an Trimack. »Hier im Palast wohnt eine Frau, eine gewisse Lady Ordith Condatith de Dackidvich. Lord Rahl wird es nicht gefallen, ihresgleichen um sich zu haben. Ich möchte, daß sie noch vor dem Abend von hier verschwunden ist. Sollte sie sich weigern, stellt sie vor die Wahl zwischen einer Kutsche und dem Strick.«

Trimack grinste voller Häme. »Ich werde mich persönlich darum kümmern.«

»Wenn Ihr noch andere ihres Schlags im Palast kennt, so fühlt Euch frei, ihnen das gleiche Angebot zu unterbreiten. Ein neuer Herrscher bringt Veränderungen mit sich.«

»Manche Menschen mögen keine Veränderungen, Zauberer Zorander.«

Der Mann hatte mehr gemeint, als seine schlichten Worte ausdrückten. »Habt Ihr innerhalb des Palastes noch Vorgesetzte? Abgesehen von Lord Rahl?«

Trimack verschränkte die Hände hinter dem Rücken und ließ den Blick durch die Halle schweifen. »Es gibt da jemanden namens Demmin Nass, Befehlshaber der Quadrone, dem alle bis auf Darken Rahl unterstanden haben.«

Zedd stieß einen schweren Seufzer aus, als er sich an ihn erinnerte. »Der ist tot.«

Trimack nickte, eine Geste, die man als Erleichterung ansehen mochte. »Unterhalb des Palastes sind in den Kammern der Hochebene vielleicht dreißigtausend Mann der Armee untergebracht. Deren Generäle stehen im Feld über mir, doch im Palast ist das Wort des kommandierenden Generals der Ersten Rotte Gesetz. Einige der Generäle werden die Änderungen begrüßen, wie ich weiß. Andere dagegen nicht.«

»Richard wird es schwer genug haben, Magie gegen Magie — die Magie der Unterwelt — zu setzen, auch ohne daß ihm noch Querelen in der Armee Schwierigkeiten machen. Ihr habt freie Hand, Kommandant, ihn ganz nach eigenem Gutdünken zu beschützen. Jedoch erwarte ich äußerstes Pflichtbewußtsein.«

Trimack brummte etwas zum Zeichen, daß er verstanden hatte, dann fuhr er fort. »Der Palast des Volkes hat zwar nur ein Dach, doch im Grunde ist er eine Stadt für sich. Tausende von Menschen leben hier. Kaufleute mit ganzen Wagenladungen voller Vorräte bis hin zu einfachen Straßenhändlern gehen und kommen in einem niemals endenden Strom aus allen Richtungen, nur nicht aus Osten, von der Azrith-Ebene. Die hereinführenden Straßen sind die Schlagadern, durch die das Herz D’Haras — der Palast des Volkes — durchblutet wird.

Das Innere des Plateaus, auf dem der Palast steht, enthält noch einmal doppelt so viele Räume, wie es oberirdische gibt. Wie bei jeder Stadt dieser Größe kann man unmöglich überprüfen, aus welchen Gründen und mit welchen Hintergedanken die Menschen hier hereinströmen.

Ich werde die großen inneren Tore schließen lassen und den Palast oberirdisch abschotten. Dergleichen ist seit mehreren Jahrhunderten nicht mehr vorgekommen und wird bei den Menschen von D’Hara Anlaß zu einiger Sorge sein, doch das nehme ich in Kauf. Als einziger Zugang zum Palast selbst, abgesehen von den Toren, bleibt dann die Steilwandstraße an der Ostseite. Dort werde ich die Brücke hochziehen lassen.

Damit bleiben uns noch immer Tausende von Menschen im Palast selbst. Jeder einzelne von ihnen könnte Dinge im Schilde führen, die uns nicht behagen. Schlimmer noch, im Bauch des Palastes gibt es Tausende kampferprobter Soldaten, von denen viele von Männern angeführt werden, welche ich nicht in die Nähe von Lord Rahl kommen lassen würde. Meinem Gefühl nach gehört der neue Lord Rahl nicht zu der Sorte Rahl, die sie gewohnt sind, und der Wechsel wird ihnen nicht gefallen.

D’Hara ist ein großes Reich, die Versorgungswege sind lang. Vielleicht ist es an der Zeit, einige dieser Divisionen mit dem Auftrag loszuschicken, für die Sicherheit dieser Wege zu sorgen, besonders jener ganz tief im Süden in der Nähe der Wildnis, wo es Gerüchten zufolge Unruhen und Ärger geben soll. Und vielleicht könnte auch die Erste Rotte aus den Reihen derer, denen ich vertraue, um das Dreifache aufgestockt werden.«

Zedd musterte Trimacks Gesicht, während der Mann weiter den Blick durch die Halle schweifen ließ. »Ich bin zwar kein Soldat, doch Eure Vorschläge erscheinen mir sinnvoll. Der Palast muß so gut wie möglich gesichert werden. Wie Ihr das erreicht, liegt ganz bei Euch.«

»Ich werde Euch morgen früh eine Liste jener Generäle überreichen, denen man vertrauen kann, sowie jener, die man nicht aus den Augen lassen sollte.«

»Wozu sollte ich eine solche Liste benötigen?«

Trimack blickte Zedd stur an. »Weil Befehle wie dieser von jemandem kommen müssen, der die Gabe besitzt.«

Zedd schüttelte mißbilligend den Kopf. »Zauberer sollten nicht herrschen. Das ist nicht richtig.«

»In D’Hara ist das so üblich. Magie und Stahl. Ich will Lord Rahl beschützen. Das ist meiner Ansicht nach das, was getan werden muß.«

Zedd starrte ins Leere und spürte die Erschöpfung, die ihm schmerzhaft in den Knochen steckte. »Wißt Ihr eigentlich, Trimack, daß ich gegen Zauberer gekämpft habe, die die Herrschaft an sich reißen wollten, und sie getötet habe?«

Als keine Antwort kam, wandte sich Zedd wieder dem Offizier zu. Trimack musterte ihn. »Wenn ich die Wahl hätte, Zauberer Zorander, dann würde ich eher jemandem dienen, der Herrschaft als Last begreift, als jemandem, der sich diesen Mantel als ein Recht umhängt.«

Zedd seufzte und nickte. »Also bis morgen dann. Da wäre noch eins, das Wichtigste von allem: ich möchte, daß der Garten des Lebens bewacht wird. Dort hat der Screeling zuerst angegriffen. Ob noch weitere kommen, weiß ich nicht. Es gibt eine Tür dort oben, die repariert werden muß. Laßt den Garten mit so vielen Männern umstellen, daß ihnen gerade genug Platz bleibt, eine Axt zu schwingen. Niemand außer mir und Richard — oder jemand auf unseren Befehl — darf hineingelassen werden.

Wer immer versucht, diesen Raum zu betreten, gilt sofort als gefährlich. Auch wenn er behauptet, er wolle nur Unkraut jäten. Und Ihr könnt die Ehre Eurer Mutter darauf verwetten, daß alles, was versucht hinauszugelangen, mit Bestimmtheit gefährlich ist.«

Trimack schlug sich mit der Faust auf den Brustharnisch. »Bis zum allerletzten Mann, Zauberer Zorander.«

»Gut. Vielleicht braucht Lord Rahl das, was sich in dem Raum befindet. Im Augenblick wage ich nicht, diese Dinge fortzuschaffen. Sie sind extrem gefährlich. Nehmt die Bewachung dieses Raumes äußerst ernst, Kommandant. Es könnten weitere Screelings kommen. Oder Schlimmeres.«

»Wann?«

»Ich hätte nicht gedacht, daß wir den ersten hier vor Ablauf eines Jahres zu Gesicht bekommen. Oder zumindest erst in ein paar Monaten. Daß der Hüter seine Mörder so schnell losläßt, gibt Anlaß zu großer Sorge. Ich weiß nicht, auf wen das Ungeheuer angesetzt war. Möglicherweise sollte es einfach jeden töten, der ihm in die Quere kommt. Der Hüter braucht zum Töten keinen besonderen Grund. Ich muß morgen den Palast verlassen, um soviel wie möglich in Erfahrung zu bringen, bevor wir noch einmal überrascht werden.«

Trimack dachte mit einem besorgten Blick in den Augen darüber nach. »Wißt Ihr, wann Lord Rahl zurückkehrt?«

Zedd schüttelte den Kopf. »Nein. Ich dachte, ich hätte Zeit, ihm einige Dinge beizubringen, die er wissen muß, jetzt jedoch muß ich ihn umgehend benachrichtigen, mich in Aydindril zu treffen, damit wir herausfinden können, was unternommen werden muß. Er ist in großer Gefahr und ahnt nichts davon. Die Ereignisse haben mich überrollt. Ich weiß nicht, was der Hüter als nächstes plant, aber offensichtlich waren sie schon vor dem Reißen des Schleiers in Darken Rahls Nähe, was bedeutet, daß ich mich bei dieser Geschichte wie ein dummer Narr benommen habe.

Sollte Richard unerwartet zurückkehren oder sollte mir etwas zustoßen … dann helft ihm. Er sieht sich als Waldführer und nicht als Lord Rahl. Er wird sehr mißtrauisch sein. Sagt ihm, ich hätte gesagt, er soll Euch vertrauen.«

»Wenn er so mißtrauisch ist, wie soll ich ihn dann dazu bringen, mir zu vertrauen?«

Zedd lächelte. »Sagt ihm, ich hätte gesagt, es sei die Wahrheit. Die Wahrheit der gerösteten Kröte.«

Trimack riß die Augen ungläubig auf. »Ihr wollt, daß der kommandierende General der Ersten Rotte dem Lord Rahl etwas derart Kindisches sagt?«

Zedds Gesicht wurde wieder ernst. Er räusperte sich. »Es handelt sich um eine Losung, Kommandant. Er wird es verstehen.«

Trimack nickte, war aber nicht wirklich überzeugt. »Ich kümmere mich jetzt besser um den Garten des Lebens und das übrige. Betrachtet es nicht als Zeichen der Respektlosigkeit, aber Ihr seht aus, als könntet Ihr ein wenig Schlaf gebrauchen.« Er deutete mit dem Kopf dorthin, wo eine Armee von Dienstmädchen noch immer damit beschäftigt war, das Blut vom Marmorboden zu wischen. »Die Keilerei scheint Euch erschöpft zu haben.«

»Das hat sie auch. Danke, Kommandant Trimack. Ich werde Euren Rat befolgen.«


Trimack schlug sich mit der Faust vors Herz, ein Salut, dem der Anflug eines Lächelns ein wenig von seiner Zackigkeit nahm. Er wollte sich abwenden, zögerte dann aber. Er sah den Zauberer aus seinen stechend blauen Augen an.

»Erlaubt mir die Bemerkung, Zauberer Zorander, daß es eine Freude ist, jemanden mit der Gabe im Palast zu wissen, der eher daran interessiert ist, den Leuten die Gedärme in den Körper zurückzustopfen, als sie ihnen auszureißen. So etwas habe ich noch nie gesehen.«

Zedd lächelte nicht. Seine Stimme war leise. »Tut mir leid, Kommandant, daß ich nichts mehr für den Jungen tun konnte.«

Trimack nickte traurig. »Ich weiß, daß Ihr die Wahrheit sprecht, Zauberer Zorander. Die Wahrheit der gerösteten Kröte.«


Zedd sah dem Kommandanten hinterher, der forschen Schritts die Halle durchquerte und dabei Männer in Rüstungen anzuziehen schien wie ein riesiger Magnet. Der Zauberer hob die Hand und betrachtete die goldene Kette, die sich um seine stöckchendürren Finger schlang. Er stieß einen gequälten Seufzer aus. Das war das Geschäft der Zauberer — sie benutzten Menschen. Und nun auch noch zu ihrem Schaden. Er holte den schwarzen, tränenförmigen Stein aus einer Tasche tief im Innern seines Gewandes. Die Geister sollen verflucht sein für das, zu was ein Zauberer gezwungen ist.

Er hielt die Fassung, in der zuvor der blaue Stein gesessen hatte, und preßte die Spitze des glatten schwarzen Steins dagegen. Elementare Kraft strömte aus den Fingern beider Hände, vereinte sich in der Mitte und verschweißte Stein und Fassung.

In der Hoffnung, sich zu irren, rief sich Zedd eine schmerzhafte Erinnerung an seine vor langer Zeit verstorbene Frau ins Gedächtnis. Was nicht schwer war, so wie Jebra ihn angerührt hatte. Eine Träne kullerte über seine Wange. Er befeuchtete seinen Daumen damit und schloß die Erinnerung unter größten Mühen fort. Die Ironie, daß Zauberer sich jetzt sogar selbst benutzen mußten und daß die fürchterlichen Erinnerungen zum Ausgleich wenigstens eine kleine Freude mit sich brachten, ließ ihn ein wenig schmunzeln.

Er hielt den schwarzen Stein in einer Hand und polierte die Oberfläche mit dem tränenfeuchten Daumen. Der Stein bekam eine klare Bernsteinfarbe, als er mit dem Daumen darüber rieb. Sein Mut sank. Jetzt bestand kein Zweifel mehr, um was es sich handelte.

Zedd fügte sich in das Unabänderliche und warf ein Zaubernetz um den Stein. Mit diesem Zauber würde allen bis auf Richard die wahre Natur des Steins verborgen bleiben. Wichtiger noch, das Netz würde Richards Augenmerk geradewegs auf den Stein lenken.

Er sah hinüber zu Chase, der auf dem Rücken ausgestreckt auf einer Marmorbank am anderen Ende der Halle lag. Einen Fuß hatte er auf den Boden gestellt, und Rachel saß auf der Erde, den Arm um seine Wade geschlungen, den Kopf an seinem Knie. Sein anderer Fuß lag auf der Bank. Mit dem verbundenen Unterarm hatte er die Augen bedeckt.

Zedd seufzte und ging über den polierten Marmorboden zu ihnen hinüber. Einen Augenblick lang fragte er sich, was der Grenzposten jetzt bewachen sollte, nachdem die Grenze verschwunden war. Er blieb stehen und beugte sich über die beiden.

Chase sprach, ohne den Arm von seinen Augen zu nehmen. »Zedd, mein alter Freund, solltest du noch einmal zulassen, daß mir eine skrupellose und gewalttätige Hexe, die sich als Heilerin ausgibt, ein verteufelt faulig schmeckendes Gebräu in die Kehle schüttet, drehe ich dir den Hals um, daß du rückwärts gehen mußt, wenn du sehen willst, wohin du läufst.«

Zedd mußte grinsen. Offenbar hatte er die Richtige ausgesucht.

»Hat die Medizin wirklich so ekelhaft geschmeckt, Chase?« erkundigte sich Rachel.

Er hob den Arm ein wenig, der daraufhin über seinen Augen zu schweben schien, und blickte mit finsterer Miene auf sie herab. »Nenn mich noch einmal Chase, und du wirst es am eigenen Leib erfahren.«

»Ja, Vater.« Sie feixte. »Tut mir leid, daß sie dich gezwungen hat, diese schreckliche Medizin zu schlucken.« Sie zog einen Schmollmund. »Aber ich kriege schreckliche Angst, wenn ich all das Blut an dir sehe.« Er brummte etwas.

Sie sah ihn an. »Vielleicht mußt du nicht bluten und brauchst auch keine schreckliche Medizin zu schlucken, wenn du nächstes Mal dein Schwert herausziehst, wenn ich’s dir sage.«

Zedd staunte über die kindliche Unschuld dieser ebenso treffenden wie beißenden Kritik. Chase hob den Kopf ein wenig, während der Arm ein paar Zentimeter über seinen Augen zu erstarren schien, setzte abermals eine finstere Miene auf und sah das kleine Mädchen an. Noch nie hatte Zedd gesehen, wie sich jemand so zusammenreißen mußte, um nicht loszulachen. Rachel rümpfte die Nase und kicherte, als sie sein angestrengtes Gesicht sah.

»Mögen die guten Geister deinem zukünftigen Gatten gnädig sein«, meinte Chase, »und dem armen, verdammten Tor noch ein paar friedliche Jahre gönnen, bevor dein Blick auf ihn fällt.«

Sie runzelte die Stirn. »Was meinst du damit?«

Chase schwang sein Bein herunter und setzte sich auf. Er hob sie hoch und ließ sie auf sein Knie plumpsen. »Ich werd’ dir sagen, was ich damit meine. Ich meine damit, daß es eine neue Regel gibt. Und diese Regel solltest du besser nicht brechen.«

»Bestimmt nicht, Vater. Wie lautet sie?«

»Von jetzt an«, sagte er mit finsterer Miene, das Gesicht ganz dicht vor ihrem, »wenn du mir irgend etwas Wichtiges sagen willst, und ich hör’ dir nicht zu, mußt du mich treten. So fest du kannst. Und zwar so lange, bis ich dir zuhöre. Kapiert?«

Sie grinste. »Ja, Vater.«

»Das ist kein Spaß. Ich meine es ernst.«

Sie nickte feierlich. »Versprochen, Chase.«

Der große Mann verdrehte die Augen, zog sie mit einem Arm an seine Brust und drückte sie, wie sie sonst ihre Puppe drückte. Zedd saß ein dicker Kloß im Hals, und er schluckte ihn hinunter. Was er jetzt tun mußte, gefiel ihm ganz und gar nicht. Doch er hatte keine andere Wahl.

Der Zauberer kniete sich vor ihr hin. Sein Gewand war an den Knien hart von getrocknetem Blut. »Rachel, ich muß dich um einen Gefallen bitten.«

Sie nickte. »Um welchen denn, Zedd?«

Er hob den Arm. Die Goldkette baumelte von seinen Fingern herab. Der Stein pendelte hin und her. »Dies gehört jemand anderem. Würdest du es eine Weile tragen? Und sicher aufbewahren? Vielleicht kommt Richard eines Tages, um die Kette abzuholen und sie dorthin zu bringen, wo sie hingehört, aber wann das sein wird, weiß ich nicht.«

Chase starrte den Zauberer mit einem Ausdruck an, den eine Maus kurz vor ihrem Ende in den Augen eines Habichts sehen mußte.

»Das ist sehr hübsch, Zedd. So etwas Hübsches habe ich noch nie getragen.«

»Es ist auch sehr wichtig. Genauso wichtig wie das Kästchen, das Zauberer Giller dir zum Aufbewahren gegeben hat.«

»Aber Darken Rahl ist doch tot. Das hast du selbst gesagt. Er kann uns nichts mehr tun.«

»Ich weiß, Kind, aber es ist trotzdem wichtig. Du warst so tapfer und mutig bei der Geschichte mit dem Kästchen, daß ich glaube, du bist genau die Richtige, um die Kette zu tragen, bis der rechtmäßige Besitzer sie holen kommt. Bis dahin darfst du sie niemals abnehmen. Laß sie niemand anprobieren, nicht einmal zum Spaß. Das ist kein Spielzeug.«

Ihr Gesichtsausdruck wurde ernst, als er das Kästchen erwähnte. »Ich werde gut darauf aufpassen, Zedd, wenn du sagst, daß es wichtig ist.«

»Zedd«, zischte Chase, zog Rachels Kopf an seinen Körper und hielt ihr die Ohren zu, damit sie nichts mitbekommen konnte. »Was glaubst eigentlich, was du da tust? Habe ich richtig gehört?«

Zedd warf ihm einen drohenden Blick zu. »Ich versuche nur, alle Kinder dieser Welt vor schlimmen Alpträumen zu bewahren. Und zwar für immer.«

Chase biß die Zähne zusammen. »Zedd, ich will auf keinen Fall…«

Zedd schnitt ihm das Wort ab. »Chase, wie lange kennst du mich?« Chase antwortete nicht. Er sah ihn bloß wütend an. »Hast du in all den Jahren, die du mich kennst, je erlebt, daß ich irgendeinem anderen Schaden zugefügt hätte, noch dazu einem kleinen Mädchen? Hast du je erlebt, daß ich das Leben eines anderen für irgendeinen Unfug aufs Spiel gesetzt hätte?«

»Nein«, gab Chase mit Reibeisenstimme zurück. »Und du solltest auch jetzt nicht damit anfangen.«

Zedd ließ sich nicht beirren. »Du wirst dich darauf verlassen müssen, daß ich weiß, was ich tue.« Sein Blick ging kurz zu der Stelle hinüber, wo der Screeling die Menschen getötet hatte. »Was heute passiert ist, ist nicht mal der Anfang dessen, was uns noch bevorsteht. Wenn der Schleier nicht geschlossen wird, werden Leid und Tod unser aller Vorstellungsvermögen übersteigen. Als Zauberer tue ich, was ich tun muß. Als Zauberer erkenne ich die Kleine hier, genau wie Giller sie erkannt hat. Sie ist ein Kräuseln im Teich. Sie ist dafür ausersehen, wichtige Dinge zu tun.

Als wir im Grabmal von Panis Rahl waren, um uns zu vergewissern, daß es vernünftig zugemauert wird, habe ich mir einige der Runen an den Wänden angesehen. Sie waren noch nicht alle geschmolzen. Es war die Hochsprache von D’Hara, und die verstehe ich nicht sehr gut, doch eins habe ich begriffen: es handelte sich um Anleitungen für den Eintritt in die Unterwelt. Du kennst doch den steinernen Tisch im Garten des Lebens? Das ist ein Opferaltar. Darken Rahl hat ihn dazu benutzt, in die Unterwelt hinabzusteigen, unter den Grenzen hindurch.«

»Aber er ist tot. Was hat…«

»Er hat Kinder umgebracht und ihre unschuldigen Seelen dem Hüter der Unterwelt als Opfer dargebracht, um sich auf diese Weise Zutritt zu verschaffen. Begreifst du nicht, was ich sage? Er hat einen Pakt mit dem Hüter geschlossen. Das bedeutet, daß der Hüter Menschen aus dieser Welt für seine Zwecke eingespannt hat. Wo er einen benutzt, da benutzt er sicherlich noch weitere. Und jetzt hat der Schleier einen Riß. Wofür der Screeling der beste Beweis ist.

Viele der ältesten Prophezeiungen deuten meiner Ansicht nach auf das hin, was jetzt im Augenblick geschieht — und auf Richard. Wer immer sie niedergeschrieben hat, wollte ihm durch die Zeiten hinweg Hilfe schicken. Ich glaube, die Prophezeiungen sollen ihn im Kampf gegen den Hüter unterstützen. Doch in den letzten paar tausend Jahren hat vieles den Sinn dieser Worte verschleiert. Ich fürchte, es ist das geduldige Werk des Hüters, der die Bedeutung dieser Prophezeiungen verdunkelt hat.

Geduld ist seine vornehmlichste Eigenschaft. Er hat die Ewigkeit vor sich. Vermutlich hat er seine Fühler in diese Welt ausgestreckt, um Menschen, Zauberer wie Darken Rahl, dazu zu bringen, seinen Willen zu erfüllen. Im Augenblick benötigen wir die Prophezeiungen dringend, doch es gibt keine Zauberer mehr, die sie verstehen, und das kann kein Zufall sein! Ich habe keine Ahnung, wo die Augen des Hüters lauern oder was er als nächstes plant.«

Chase’ Blick glühte immer noch, doch anders als zuvor. »Sag mir, wie ich helfen kann. Was soll ich deiner Meinung nach tun?«

Zedd lächelte traurig und legte dem großen Mann die Hand auf die Schulter. »Ich möchte, daß du diesem Kind beibringst, so zu sein wie du. Klug ist sie, das weiß ich. Bring es raus in ihr. Mach sie zu deiner Schülerin. Zeig ihr, wie man mit Waffen umgeht. Bring ihr bei, wie man stark ist, und zwar so schnell wie möglich.«

Chase stieß einen Seufzer aus und nickte. »So eine kleine Kriegerin.«

»Ich muß morgen früh aufbrechen, um Adie abzuholen und nach Aydindril zu bringen. Geh zu den Schlammenschen. Reite, so schnell du kannst. Richard, Kahlan und Siddin werden den heutigen Abend bei dem Drachen verbringen, und morgen wird Scarlet sie ebenfalls zu den Schlammenschen bringen. Es wird Wochen dauern, bis du Richard erreichst. Wir dürfen keine Zeit vergeuden. Sag Richard und Kahlan, sie sollen sofort zu mir nach Aydindril kommen. Berichte ihnen von der Gefahr, wie ich sie dir erläutert habe. Anschließend solltest du vielleicht das Kind in Sicherheit bringen. Wenn es noch einen sicheren Ort gibt.«

»Kann ich sonst nichts tun?«

»Das wichtigste ist, Richard zu finden. Ich war ein Narr, zu glauben, wir hätten genug Zeit. Ich hätte ihn niemals aus den Augen lassen dürfen.« Zedd rieb sich einen Augenblick lang nachdenklich das Kinn. »Du könntest ihm vielleicht sagen, daß ich sein Großvater bin und Darken Rahl sein Vater war. Vielleicht kühlt sich sein Zorn dann ein wenig ab, bevor er mich trifft.«

Zedd zog eine Augenbraue hoch und grinste. »Weißt du, wie die Schlammenschen ihn nennen? Sie nennen ihn ›Richard mit dem Zorn‹. Stell dir vor. Ausgerechnet Richard. Er ist einer der sanftmütigsten Menschen, die ich je kennengelernt habe. Ich fürchte allerdings, das Schwert der Wahrheit hat seine andere Seite zum Vorschein gebracht.«

Chase warf ihm einen seiner seltenen tröstlichen Blicke zu. »Er wird nicht böse sein, wenn er erfährt, daß du sein Großvater bist. Er liebt dich.«

Zedd seufzte. »Kann sein, aber die Nachricht, wer sein richtiger Vater ist, wird ihm nicht gefallen. Und auch nicht, daß ich ihm das verschwiegen habe. George Cypher hat ihn großgezogen, und die beiden haben sich sehr geliebt.«

»Das ist die Wahrheit, und das alles hier wird daran nichts ändern.«

Zedd nickte. Er hielt die Halskette in die Höhe. »Wirst du mir vertrauen?«

Chase sah den Zauberer einen Augenblick lang abschätzend an, dann rückte er Rachel auf seinem Knie zurecht. »Ich will dir den Verschluß einhaken.«

Als Chase ihr die Kette um den Hals gehängt hatte, nahm Rachel den bernsteinfarbenen Stein in ihre kleinen Hände und beugte sich darüber, um ihn zu betrachten. »Ich werde gut auf die Kette aufpassen, Zedd.«

Der Zauberer strich ihr durchs Haar. »Davon bin ich überzeugt.« Er legte seine Zeigefinger auf ihre Schläfen, ließ die Magie in sie hineinströmen und gab ihr eine Vorstellung von der Wichtigkeit der Halskette: daß sie mit niemandem über sie sprechen oder verraten durfte, woher sie stammte, und daß sie sie beschützen mußte wie das Kästchen der Ordnung.

Er nahm seine Hände zurück, und sie öffnete lächelnd die Augen. Chase packte sie mit beiden Händen an den Hüften und stellte sie neben sich auf die Bank. Er suchte in dem Arsenal von Messern an seiner Hüfte herum und suchte das kleinste heraus.

Er löste den Lederriemen, zog die Klinge aus der Scheide und hielt sie ihr vors Gesicht.

»Da du jetzt meine Tochter bist, wirst du genau wie ich ein Messer tragen. Aber ich möchte nicht, daß du es herausnimmst, bevor ich es dir gezeigt habe, wie man damit umgeht. Du könntest dich schwer verletzen. Ich werde dir zeigen, wie man sich vorsieht, damit nichts passieren kann. Einverstanden?«

Rachel strahlte. »Du willst mir beibringen, so zu sein wie du? Das würde mir sehr gefallen, Chase.«

Chase stöhnte, als er ihr den Lederriemen um die Hüfte schnallte. »Ich weiß wirklich nicht, wie gut ich als dein Lehrer bin. Offenbar kann ich dir nicht mal beibringen, mich Vater zu nennen.«

Sie lächelte schüchtern. »Chase und Vater, das ist für mich dasselbe.«

Chase schüttelte den Kopf, ein resigniertes Grinsen auf dem Gesicht. Zedd erhob sich und strich sein Gewand glatt. »Was immer du brauchst, Chase, Kommandant General Trimack wird es dir beschaffen. Nimm so viele Männer mit, wie du willst.«

»Ich werde niemanden mitnehmen. Ich habe es eilig und kann mich nicht zusätzlich belasten. Außerdem wird ein einzelner Mann mit seiner Tochter weniger Aufsehen erregen. Darum geht es doch schließlich, oder?« Er warf einen vielsagenden Blick auf den Stein an Rachels Hals.

Zedd lächelte. Er wußte den scharfen Verstand des Grenzpostens zu schätzen. Die beiden würden ein gutes Paar abgeben. »Ich werde euch bis zu der Straße begleiten, die zu Adie führt. Ich habe morgen früh noch ein paar Dinge zu erledigen, dann können wir aufbrechen.«

»Gut. Du siehst aus, als könntest du noch ein wenig Ruhe brauchen, bevor wir uns auf den Weg machen.«

»Ich denke, da hast du recht.«

Plötzlich wußte Zedd, wieso er so müde war. Er hatte angenommen, es läge daran, daß er seit Tagen nicht geschlafen hatte, aber das war es nicht. Schuld war der monatelange Kampf gegen Darken Rahl. Und als sie glaubten, alles sei vorüber und sie hätten endlich gewonnen, wurde plötzlich deutlich, daß es gerade erst begonnen hatte. Und diesmal hatten sie es nicht bloß mit einem gefährlichen Zauberer zu tun, sondern mit dem Hüter der Unterwelt.

Im Falle Darken Rahls hatte er die meisten Regeln gekannt: wie die Kästchen der Ordnung funktionierten, wieviel Zeit sie hatten. Jetzt wußte er nahezu überhaupt nichts. Der Hüter konnte innerhalb der nächsten fünf Minuten obsiegen. Zedd kam sich hoffnungslos unwissend vor. Er seufzte innerlich. Ein paar Dinge wußte er vermutlich schon. Auf dieses Wissen mußte er einfach aufbauen.

»Übrigens«, meinte Chase, als er das Messer an Rachels Hüfte zurechtrückte, »eine der anderen Heilerinnen — sie heißt Kelly, meinte sie — hat mir eine Nachricht für dich mitgegeben.« Er lehnte sich nach hinten, fischte mit zwei dicken Fingern in seiner Tasche herum und holte ein kleines Stück Papier hervor. Er reichte es dem Zauberer.

»Was ist das?« Auf dem Zettel stand: Westrand, Nordhochlandstraße, Dritte Reihe.

Chase zeigte auf den Zettel, als Zedd ihn vor sich hielt und las. »Sie meinte, dort könntest du sie finden. Ich soll dir von ihr ausrichten, daß du Ruhe brauchst, und wenn du zu ihr kämst, wollte sie dir einen StenadineTee brauen, und zwar einen so schwachen, daß du gut schlafen kannst. Verstehst du das?«

Zedd lächelte sanft in sich hinein, während er den Zettel zerknüllte. »Ein wenig.« Er tippte nachdenklich an seine Unterlippe. »Ruht euch etwas aus. Sollte dich der Wundschmerz am Schlafen hindern, könnte ich dir von einer der Heilerinnen etwas Tee brauen lassen…«

Chase hob abwehrend eine Hand. »Nein! Ich werde bestimmt prächtig schlafen.«

»Um so besser.« Er tätschelte Rachels Arm, klopfte Chase auf die Schulter und wollte gehen. Plötzlich fiel ihm etwas ein, und er drehte sich um. »Hast du Richard jemals eine rote Jacke tragen sehen? Eine rote Jacke mit goldenen Knöpfen und Brokat?«

Chase schnaubte spöttisch. »Richard? Zedd, du hast ihn sein halbes Leben großgezogen. Du solltest wissen, daß Richard keine solche rote Jacke besitzt. Er hat eine Festtagsjacke, aber die ist braun. Richard ist Waldführer. Er hat eine Vorliebe für Erdfarben. Ich habe nicht einmal gesehen, daß er ein rotes Hemd angezogen hätte. Wieso?«

Zedd überging die Frage. »Wenn du ihn siehst, sag ihm, daß er keine rote Jacke anziehen darf.« Er drohte Chase mit dem Finger. »Niemals! Es ist sehr wichtig, vergiß es nicht. Keine rote Jacke.«

Chase nickte. »Schon erledigt.« Er wußte, wann er den alten Mann nicht weiter bedrängen durfte.

Zedd lächelte Rachel zu und nahm sie kurz in den Arm, bevor er sich auf den Weg durch die Halle machte. Er fragte sich in aller Ruhe, ob er noch wußte, wo der Speisesaal war. Die Mittagszeit mußte fast vorüber sein.

Dann wurde ihm plötzlich klar: er wußte gar nicht, wohin er gehen sollte. Er hatte sich noch nicht um einen Schlafplatz im Palast gekümmert. Nun, das machte nichts. Schließlich verfügte der Palast über Gästezimmer. Er hatte Chase von ihnen erzählt. Dort würde er ebenfalls unterkommen.

Er faltete das zerknüllte Papier in seiner Hand auseinander und betrachtete es. Ein vornehmer Herr mit säuberlich gestutztem Bart und mit offiziellem golddurchwirktem Gewand bekleidet kam vorbei. Zedd hielt ihn auf.

»Entschuldigt, aber könntet Ihr mir vielleicht verraten, wo…« Er sah auf den Zettel. »Wo sich ›Westrand, Nordhochlandstraße, Dritte Reihe‹ befindet?«

Der Bärtige neigte höflich seinen Kopf. »Natürlich, Sir. Das liegt im Viertel der Heilerinnen. Es ist nicht weit. Ich werde Euch ein Stück weit begleiten und Euch dann den Rest des Weges beschreiben.«

Zedd konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Plötzlich fühlte er sich nicht mehr ganz so müde. »Danke. Sehr freundlich von Euch.«

Загрузка...