Von Daumen und Zeigefinger abgesehen, mit denen sie den glatten, runden Knochen an ihrem Halsband spielerisch drehte, stand Kahlan reglos da und betrachtete die ausgedehnte Stadt. Die zerklüfteten Hänge ringsum schienen die Gebäude sanft einzubetten, die das leicht gewellte Tal der Länge und Breite nach fast völlig füllten. Steile Schieferdächer ragten aus dem Gelände innerhalb des langgestreckten Mauerbandes heraus, überragt noch von den höheren Giebeln des Palastes hinten am nördlichen Ende, und doch stieg kein einziges Rauchwölkchen kräuselnd aus den Hunderten von Steinkaminen in die klare Luft. Sie sah keinerlei Bewegung. Die pfeilgerade Südstraße, die zum Haupttor führte, die kleineren, sich windenden Straßen, die von ihr abzweigten, um vor den weniger wichtigen Toren zu enden, sowie jene, die an den Außenmauern vorbeiliefen und allesamt nach Norden führten, waren menschenleer.
Die hügelige Bergwiese vor ihr lag unter einer Schneedecke begraben. Eine leichte Brise befreite den tiefhängenden Ast einer nahen Fichte von seiner weißen Last, die in einer funkelnden Wolke davon wirbelte. Dieselbe Brise fuhr kräuselnd in den weißen Wolfspelz ihres dicken Umhangs, der sich an ihre Wange schmiegte, was sie jedoch kaum bemerkte.
Prindin und Tossidin hatten den Umhang für sie gemacht, um sie auf ihrem Weg nach Nordosten während der Winterstürme, die über das trostlose Land hinwegfegten, warm zu halten. Wölfe hatten Angst vor Menschen und ließen sich nur selten blicken, daher wußte sie nur wenig über ihre Gewohnheiten. Die Pfeile der Brüder hatten ihr Ziel gefunden, wo sie noch nicht einmal etwas gesehen hatte. Hätte sie nicht Richard schießen sehen, sie hätte die Schüsse für unmöglich gehalten. Die Brüder waren fast so gut wie er.
Sie hatte zwar immer schon eine vage Abneigung gegen Wölfe gehegt, war aber noch nie tatsächlich von ihnen angefallen worden. Seit Richard ihr vom Zusammenhalt in den Rudeln erzählt hatte, empfand sie eine gewisse Zuneigung für diese Tiere. Sie hatte nicht gewollt, daß die beiden Brüder Wölfe töteten, um ihr einen warmen Umhang zu machen, doch sie beharrten darauf, und am Ende hatte sie zugestimmt.
Beim Häuten der toten Tiere war ihr schlecht geworden, als das rote Muskelfleisch, das Weiß von Knochen und Sehnen zum Vorschein gekommen waren, jenes Material des Seins, das so elegant wirkte, wenn es angefüllt von Leben und beseelt war, und das plötzlich so gräßlich wirkte, wenn der Tod eingetreten war.
Während die beiden Brüder sich an ihr schauriges Werk machten, mußte sie an Brophy denken, an jenen Mann, den sie mit ihrer Kraft berührt hatte, nur um damit seine Unschuld zu beweisen. Ihr Zauberer, Giller, hatte ihn in einen Wolf verwandelt, um ihn von der Kraft der Magie eines Konfessors zu befreien und ihm den Neubeginn in einem anderen Leben zu ermöglichen. Sie hatte sich gefragt, wie betrübt die Familien dieser Wölfe sein mußten, wenn sie nicht zurückkamen — genau wie Brophys Rudel und seine Gefährtin nach seinem Tod.
Sie hatte so viel Morden gesehen. Sie war es leid, hätte heulen können, weil es, ohne ein Ende in Sicht, weiterzugehen schien. Wenigstens hatten die drei Männer beim Tod dieser prachtvollen Tiere weder Stolz noch Freude empfunden und hatten ein Gebet für die Seelen ihrer Wolfsbrüder gesprochen, wie sie sie nannten.
»Wir sollten das nicht tun«, murrte Chandalen.
Er stand auf seinen Speer gestützt und sah sie an. Das wußte sie, obwohl sie den Blick nicht von der stummen Stadt dort unten wandte, diesem viel zu stillen Anblick. Chandalens Stimme klang nicht so scharf wie sonst. Es war ein Zeichen seiner Ehrfurcht angesichts einer Stadt von Ebinissias Größe.
Er war nie zuvor weit vom Land der Schlammenschen fort gewesen, hatte noch nie so viele Gebäude gesehen, schon gar keine von solcher Pracht. Als er diese Größe zum erstenmal in sich aufnahm, war der Blick seiner braunen Augen in stummem Staunen erstarrt, das er nicht verhehlen konnte, und endlich einmal machte er keine beißenden Bemerkungen. Ihm, der sein ganzes Leben im Dorf draußen in der Ebene gelebt hatte, mußte dies wie das Ergebnis von Magie, nicht wie das Ergebnis schlichten menschlichen Bemühens vorkommen.
Sie war ein wenig besorgt um ihn und seine Brüder, weil sie ihr naives Bild der Außenwelt zerstören mußte. Nun, bevor diese Reise zu Ende wäre, würden sie noch weitere Dinge sehen, die sie in noch größeres Erstaunen versetzen würden.
»Chandalen, ich habe viel Mühe darauf verwendet, fast jeden wachen Augenblick, um dir, Prindin und Tossidin meine Sprache beizubringen. Dort, wo wir hingehen, wird niemand eure Sprache sprechen. Das war nur zu eurem Besten. Es steht euch frei, entweder zu glauben, ich hätte es aus Gehässigkeit getan oder weil ich tatsächlich auf eure Sicherheit außerhalb eures Landes bedacht bin. Aber wie auch immer, ihr werdet mit mir in der Sprache sprechen, die ich euch beigebracht habe.«
Sein Ton wurde schärfer, konnte aber noch immer nicht verbergen, wie sehr ihn der Anblick dieser Riesenstadt demütigte. Es war längst nicht die größte, die er zu Gesicht bekommen sollte. Vielleicht verriet es auch etwas, das sie noch nie bei ihm gespürt hatte: Angst.
»Ich soll dich nach Aydindril bringen, nicht hierher. Wir sollten unsere Zeit nicht an diesem Ort vergeuden.« Sein Tonfall verriet, daß ein solcher Ort für ihn nur böse sein konnte.
Die Augen gegen die strahlend grelle Sonne auf dem weißen Schnee zusammenkneifend, erkannte sie die beiden Gestalten, die sich tief unten an den Aufstieg machten. Sie ließ den runden Knochen aus ihren Fingern gleiten. »Ich bin die Mutter Konfessor. Es ist meine Pflicht, alle Völker der Midlands zu beschützen, genau wie ich alles tue, damit die Schlammenschen in Sicherheit leben können.«
»Du bringst meinem Volk keine Hilfe, sondern nichts als Ärger.«
Sein Protest schien eher einer Gewohnheit zu entspringen als einem tiefempfundenen Bedürfnis. Sie murmelte leise zur Antwort: »Das reicht, Chandalen.«
Zum Glück verfolgte er das Thema nicht weiter, sondern lenkte seinen Zorn auf etwas anderes. »Prindin und Tossidin sollten nicht so offen den Hügel heraufkommen. Ich habe ihnen beigebracht, nicht so dumm zu sein. Wenn es kleine Jungen wären, würde ich ihnen den Hintern versohlen. Jeder kann sehen, wo sie hingehen. Tust du jetzt endlich, was ich sage, und zeigst dich nicht so offen?«
Sie ließ sich von ihm zurück in den Schutz der Bäume führen. Nicht, weil sie es für nötig hielt, sondern weil sie ihm zeigen wollte, wie sehr sie sein Bemühen um ihre Sicherheit respektierte. Er hatte, bei aller Feindseligkeit, weil man ihn zu dieser Reise gezwungen hatte, seine Pflicht getan, hatte ständig über sie gewacht, genau wie seine Brüder — die beiden mit einem Lächeln auf den Lippen und voller Sorge, er mit finsterer Miene und voller Argwohn. Alle drei gaben ihr das Gefühl, eine wertvolle, zerbrechliche Last zu sein, um die man sich jederzeit kümmern mußte. Die Brüder meinten es ernst, das wußte sie. Chandalen sah in dieser Mission mit Sicherheit nur eine Aufgabe, die erledigt werden mußte, wie lästig sie auch sein mochte.
»Wir sollten schnell von hier verschwinden«, drängte er sie erneut.
Kahlan zog eine Hand unter ihrem Pelzumhang hervor und strich sich eine verirrte Strähne ihres langen Haars aus dem Gesicht. »Es gehört zu meiner Pflicht, in Erfahrung zu bringen, was dort unten vorgefallen ist.«
»Du hast gesagt, es ist deine Pflicht, nach Aydindril zu gehen, wie Richard mit dem Zorn es von dir verlangt hat.«
Kahlan wandte sich ab, ohne zu antworten, und ging tiefer unter die schneebedeckten Bäume. Sie vermißte Richard mehr, als sie ertragen konnte. Jedesmal, wenn sie die Augen schloß, sah sie vor sich seinen Gesichtsausdruck, als er geglaubt hatte, sie hätte ihn verraten. Sie wollte sich auf die Knie fallen lassen und den Schrei ausstoßen, der die ganze Zeit in ihrer Kehle zu lauern schien und hervorbrechen, ihre Beherrschung überwinden wollte. Ein Schrei, geboren aus dem Entsetzen über ihre Tat.
Aber was hätte sie sonst tun können? Wenn es stimmte, was sie gehört hatte, wenn der Schleier zur Unterwelt zerrissen und Richard tatsächlich der einzige war, der ihn wieder schließen konnte, wenn der Halsring das einzige Mittel war, ihm das Leben zu retten und ihm eine Chance zu geben, den Schleier zu schließen, dann hatte sie keine andere Wahl gehabt. Wie hätte sie eine andere Entscheidung treffen können? Wie sollte Richard sie jemals respektieren, wenn sie sich ihrer Verantwortung einer größeren Sache gegenüber nicht gestellt hätte? Der Richard, den sie liebte, würde das irgendwann erkennen. Es blieb ihm gar nichts anderes übrig.
Doch wenn irgend etwas davon nicht stimmte, dann hatte sie den Mann, den sie liebte, seinem schlimmsten Alptraum ausgesetzt — ohne Grund.
Sie fragte sich abermals, ob Richard oft an sie dachte und die Locke ihres Haars betrachtete, die sie ihm geschenkt hatte. Hoffentlich würde er eines Tages verstehen, wieso sie auf diese Weise gehandelt hatte, und ihr dann verzeihen. Sie hätte ihm so gern gesagt, wie sehr sie ihn liebte. Sie sehnte sich danach, ihn an sich zu drücken. Sie wollte nur nach Aydindril, zu Zedd, um Hilfe zu holen.
Doch sie mußte wissen, was hier vorgefallen war. Entschlossen drückte sie ihren Rücken durch. Sie war die Mutter Konfessor.
Eigentlich hatte sie Ebinissia umgehen wollen, doch während der letzten zwei Tage waren sie immer wieder auf gefrorene Leichen von Frauen gestoßen. Niemals Männer, immer nur Frauen, von jung bis alt, von Kindern bis hin zu Großmüttern. Die meisten waren halb nackt, einige gänzlich unbekleidet. Und das mitten im Winter. Die meisten hatten allein dagelegen, einige jedoch lagen zusammen, dichtgedrängt im Kältetod, zu erschöpft, zu verängstigt oder orientierungslos, um Schutz zu suchen. Sie waren in hastigem Durcheinander aus Ebinissia geflohen, voller Panik, waren lieber erfroren, als dort zu bleiben.
Die meisten waren zudem schwer mißhandelt worden, bevor sie sich in alle Richtungen des bergigen Geländes verstreut hatten. Kahlan wußte, was man ihnen angetan hatte, wußte, warum sie diese Wahl getroffen hatten. Die drei Männer wußten es auch, doch niemand wagte, es laut auszusprechen.
Sie zog den warmen Umhang fester um sich. Diese Greueltaten konnten nicht von den Armeen aus D’Hara begangen worden sein, dafür waren sie zu frisch. Die Truppen aus D’Hara waren heimbeordert worden. Bestimmt hätten sie dies hier nicht getan, nachdem man ihnen erzählt hatte, der Krieg sei zu Ende.
Sie hielt die Ungewißheit über das Schicksal von Ebinissia nicht länger aus, schob sich den Bogen höher auf die Schulter und machte sich auf den Weg den Hang hinab. Ihre Beinmuskeln hatten sich zu guter Letzt an die breitbeinige Art zu gehen gewöhnt, welche das Laufen in den Schneeschuhen erforderte, die die Männer aus Sehnen und Weiden gefertigt hatten. Chandalen stürzte ihr hinterher.
»Du darfst nicht dort runter. Dort könnten gefährlich lauern.«
»Gefahren«, verbesserte sie ihn und schob ihren Rucksack höher hinauf. »Wenn es dort Gefahren gäbe, würden Prindin und Tossidin nicht so offen herumlaufen. Du kannst mitkommen oder hier warten, aber ich gehe dort runter.«
Er wußte, Widerspruch war sinnlos, und folgte in einem seltenen Anflug von Schweigen. Die helle Nachmittagssonne brachte keine Wärme in den bitterkalten Tag. Gewöhnlich ging am Rand des Rang’Shada-Gebirges immer ein Wind, doch zum Glück war er an diesem Tag zur Abwechslung nur schwach. Es hatte seit mehreren Tagen nicht mehr geschneit, und in der klaren Witterung waren sie schneller vorangekommen. Doch noch immer fühlte sich die Luft bei jedem Atemzug so an, als könnte sie die Innenwand ihrer Nase in Eis verwandeln.
Auf halbem Weg nach unten trafen sie auf Prindin und Tossidin. Die beiden blieben vor ihr stehen und stützten sich schwer atmend auf ihre Speere, was für sie ungewöhnlich war, da nichts sie zu ermüden schien. Allerdings waren sie die Höhe nicht gewöhnt. Ihre Gesichter waren blaß, und das nette Zwillingslächeln war längst verschwunden.
»Bitte, Mutter Konfessor«, sagte Prindin und hielt inne, um nach dem anstrengenden Aufstieg Luft zu schöpfen, »du darfst nicht dorthin. Die Ahnenseelen dieser Menschen haben diesen Ort verlassen.«
Kahlan band einen Wasserschlauch von ihrer Hüfte los und zog ihn unter ihrem Umhang hervor, wo die Körperwärme das Gefrieren des Wassers verhinderte. Sie reichte ihn Prindin hin, drängte ihn, einen Schluck zu nehmen, bevor sie ihn befragte.
»Was habt ihr gesehen? Ihr seid doch nicht in die Stadt hineingegangen, oder? Ich hatte euch doch gesagt, ihr sollt nicht hinter die Stadtmauer gehen.«
Prindin reichte seinem keuchenden Bruder den Wasserschlauch. »Nein. Wir sind in Deckung geblieben, wie du uns befohlen hast. Wir sind nicht hineingegangen, das war auch nicht nötig.« Er leckte sich einen Wassertropfen von der Unterlippe. »Von draußen haben wir genug gesehen.«
Kahlan nahm den Wasserschlauch wieder an sich, als auch Tossidin getrunken hatte, und verschloß ihn. »Habt ihr irgend jemanden gesehen?«
Tossidin warf einen verstohlenen Blick über die Schulter, den Hügel hinab. »Wir haben viele gesehen.«
Prindin wischte sich mit dem Handrücken über die Nase und blickte von seinem Bruder zu ihr. »Viele Tote.«
»Wie viele? Woran sind sie gestorben?«
Tossidin zog an dem Band, das seinen Fellumhang am Hals zusammenhielt. »Sie sind im Kampf gestorben. Die meisten sind Männer mit Waffen: mit Schwertern, Speeren und Bogen. Es sind mehr, als ich mit Worten zählen kann. Ich habe noch nie so viele Männer gesehen. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so viele Männer gesehen. Hier hat es Krieg gegeben. Einen Krieg, und die Besiegten wurden abgeschlachtet.«
Kahlan starrte die Männer einen Augenblick lang an. Das Entsetzen drohte ihr die Luft zu nehmen. Sie hatte gehofft, daß einige Menschen aus Ebinissia entkommen waren und hatten fliehen können.
Ein Krieg. Hatten die Truppen aus D’Hara dies getan? Oder steckte etwas anderes dahinter?
Endlich löste sich die Anspannung in ihren Muskeln, und sie lief mit wehendem Umhang den Hang hinab, ließ die eisige Luft hinein. Sie hatte Herzklopfen vor Angst, was den Menschen von Ebinissia zugestoßen sein mochte. »Ich muß dort hinunter und nachsehen, was passiert ist.«
»Bitte, Mutter Konfessor, geh nicht«, rief Prindin ihr hinterher. »Es ist ein schlimmer Anblick.«
Die drei Männer eilten hinter ihr her, als sie den Hügel hinabmarschierte, wobei das Gefalle ihre Schritte noch beflügelte. »Ich weiß, wie Tote aussehen.«
Ein gutes Stück vor der Stadtmauer stießen sie auf die ersten dahingestreckten Leichen — offenbar der Schauplatz kleinerer Scharmützel. Schnee war über sie hinweggeweht und verdeckte sie teilweise. An einer Stelle reckte sich eine Hand aus dem Schnee, als wäre der Mann darunter im Begriff zu ertrinken und greife nach der Luft. Die meisten waren weder von Vögeln noch von Tieren angerührt worden, da sich den Aasfressern ein Übermaß an Nahrung bot. Sie alle waren Soldaten der Armee Galeas, im Tode dort erstarrt, wo sie gefallen waren, ihre blutgetränkte Kleidung steinhart an ihren Leibern festgefroren, die gräßlichen offenen Wunden vereist.
An der Südmauer, wo gewaltige, mit gekreuzten Eisenbändern bespannte Eichentore gestanden hatten, befand sich ein klaffendes Loch im Gemäuer, dessen Ränder verschmolzen und verkohlt waren. Kahlan stand da und starrte auf das Gemäuer, das wie das Wachs einer tropfenden Kerze zerschmolzen war. Sie kannte nur eine Kraft, die dazu imstande war. Zaubererfeuer.
Ihr Verstand hatte Mühe, zu begreifen, was sie sah. Sie wußte, wie die Folgen eines Zaubererfeuers aussahen, aber es gab keine Zauberer mehr. Bis auf Zedd und vermutlich Richard. Aber Zedd zeichnete hierfür bestimmt nicht verantwortlich.
Außerhalb der Mauern, ein Stück entfernt von beiden Seiten des Tores, lagen kopflose Leichen zu gewaltigen gefrorenen Hügeln aufgetürmt. Köpfe starrten aus weniger ordentlichen eigenen Stapeln heraus. Schwerter, Schilde und Speere hatte man auf getrennte Haufen geworfen, die großen, toten Igeln aus Stahl glichen. Dies war eine Massenhinrichtung gewesen, ausgeführt an verschiedenen Stellen gleichzeitig, um die große Anzahl effektiv zu bewältigen. Es waren alle galeanische Soldaten.
Während sie vom Schock wie betäubt auf die verrenkten Glieder starrte, sprach Kahlan mit leiser Stimme zu den drei Männern hinter ihr. »Das Wort, das ihr nicht kanntet, um so viele zu zählen, lautet tausend. Hier liegen vielleicht fünftausend Tote.«
Prindin steckte das untere Ende seines Speeres vorsichtig in den Schnee und drehte es in einer hilflosen Geste. »Ich wußte nicht, daß man ein Wort braucht, um so viele Männer zu zählen.« Er wiederholte die verlegene Geste und senkte seine Stimme zu einem Flüstern. »Das wird ein schlimmer Ort sein, wenn das warme Wetter einsetzt.«
»Es ist jetzt bereits ein schlimmer Ort«, murmelte sein Bruder zu sich selbst in seiner eigenen Sprache.
Kahlan wußte, daß dies längst nicht alle Toten waren. Sie kannte die Verteidigungstaktik von Ebinissia. Die Mauer war keine sichere Befestigungsanlage mehr wie in früheren, lange zurückliegenden Zeiten. Als die Stadt mit dem Wohlstand des Bundes der Midlands gewachsen war, hatte man die älteren, stärker befestigten Mauern niedergerissen und die Steine für die Errichtung dieser neuen Außenmauer benutzt, die eher eine Begrenzungsmauer war und weniger der Befestigung diente. Sie war eher ein Symbol für den Stolz und die Größe des Sitzes der Krone.
Bei einem Angriff waren die Tore mit Sicherheit geschlossen worden, während man die härtesten, erfahrensten Truppen davor plaziert hatte, um die Angreifer aufzuhalten, bevor sie die Mauer erreichten. Die eigentliche Verteidigung von Ebinissia lag in den umliegenden Bergen, deren enge Pässe keinen Angriff auf breiter Front zuließen.
Auf Befehl Darken Rahls hatten Truppen aus D’Hara Ebissinia zwei Monate lang belagert, doch die Verteidiger vor der Außenmauer hatten sie auf den umliegenden Pässen zurückhalten, sie dort festnageln und immer wieder attackieren können, bis die Angreifer sich schließlich zurückgezogen hatten, um ihre Wunden zu lecken und sich nach einer leichteren Beute umzutun. Die Ebinissier hatten zwar die Oberhand behalten, allerdings auf Kosten großer Verluste unter den Verteidigern. Wäre Darken Rahl weniger von der Idee besessen gewesen, die Kästchen zu finden, hätte er weitere Truppen schicken und die Verteidiger in den Pässen vielleicht überrennen können, doch das hat er nicht getan. Diesmal jedoch hatte es jemand getan.
Die Männer ohne Kopf gehörten zu eben diesem äußeren Verteidigungsring. Sie waren mit dem Rücken zur Wand besiegt und gefangengenommen und schließlich hingerichtet worden, bevor man eine Bresche in die Mauer geschlagen hatte — offensichtlich als Warnung an alle, die noch drinnen waren, um sie mit Hilfe von Terror und Panik an einer erfolgreichen Verteidigung zu hindern. Was sich im Innern der Mauern befand, war mit Sicherheit noch schlimmer. Soviel verrieten ihr die toten Frauen, auf die sie unterwegs immer wieder gestoßen waren.
Aus Gewohnheit und ohne es recht zu merken, hatte sie die ruhige Miene aufgesetzt, die nichts verriet: das Gesicht eines Konfessors, wie ihre Mutter es ihr beigebracht hatte.
»Prindin, Tossidin, ich möchte, daß ihr außen um die Mauer herumgeht. Ich will wissen, was es sonst noch draußen gibt. Ich will alles wissen über das, was hier geschehen ist. Ich will wissen, wann das getan wurde, woher die Angreifer stammen und wohin sie gegangen sind, als sie fertig waren. Chandalen und ich werden in die Stadt gehen. Kommt wieder hierher zurück, wenn ihr fertig seid.«
Die Brüder machten sich auf ihre Anweisung hin rasch auf den Weg, steckten flüsternd die Köpfe zusammen, während sie mal hier-, mal dorthin zeigten und Spuren und Zeichen begutachteten, die sie nach kaum mehr als einem flüchtigen Blick verstanden hatten. Chandalen ging schweigend neben ihr, den Bogen mit eingelegtem Pfeil und Spannung auf der Sehne bereit, als sie über die Trümmer trat und durch die klaffende Öffnung kletterte.
Keiner der drei Männer hatte etwas gegen ihre Anweisung eingewandt. Sie wußte, daß die Größe der Stadt sie in Erstaunen versetzte, aber noch mehr waren sie von der Ungeheuerlichkeit dessen, was hier geschehen war, überwältigt. Sie respektierten ihre Verpflichtung den Toten gegenüber.
Chandalen übersah die Leichen, die überall herumlagen, und konzentrierte sich statt dessen auf die schattigen Durchgänge und Gassen zwischen den kleinen Häusern aus Lehm und Flechtwerk, die einst das Zuhause der Bauern und Schäfer gewesen waren, welche das Land in der Nähe der Stadt bewirtschaftet hatten. Es gab keine frischen Spuren im Schnee; nichts Lebendiges hatte sich in der letzten Zeit hierher verirrt.
Kahlan entschied sich für die breiteren Straßen, und Chandalen blieb dicht hinter ihrer rechten Schulter, einen halben Schritt zurück. Sie blieb gar nicht erst stehen, um die überall herumliegenden Toten näher zu untersuchen. Sie alle schienen auf die gleiche Weise umgekommen zu sein: in einer bestialischen Schlachterei.
»Diese Menschen wurden von einer großen Übermacht besiegt«, meinte Chandalen ruhig. »Von vielen Tausend, wie du es genannt hast. Sie hatten keine Chance.«
»Wie kommst du darauf?«
»Sie liegen zusammengedrängt zwischen den Gebäuden. Das ist ein schlechter Platz zum Kämpfen, aber in einem abgeschlossenen Ort wie diesem ist das die einzige Möglichkeit. So hätte ich auch versucht, mich gegen eine Übermacht zu verteidigen — indem ich verhindere, daß mich der Feind umzingeln kann. In den schmalen Gassen nützt eine Überzahl nicht so viel. Ich würde versuchen, zu verhindern, daß der Feind sich ausbreitet, sondern ständig fürchten muß, von wo ich als nächstes angreifen werde. Man darf sich dem Feind nicht so stellen, wie er es will, besonders dann nicht, wenn er zahlenmäßig weit überlegen ist.
Unter den Soldaten sind alte Männer und Kinder. Kinder und alte Männer würden nicht an Chandalens Seite kämpfen, es sei denn, der Kampf geht auf Leben und Tod und ich bin zahlenmäßig stark unterlegen. Diese Männer müssen sehr tapfer gewesen sein, daß sie gegen eine große Übermacht gekämpft haben. Alte Männer und Kinder wären solch tapferen Männern nicht zu Hilfe gekommen, wäre der Feind nicht so übermächtig gewesen.«
Sie wußte, Chandalen hatte recht. Jeder hatte die Hinrichtungen draußen vor der Mauer gesehen oder gehört. Eine Niederlage hätte für sie den sicheren Tod bedeutet.
Die Toten gehörten allesamt zu den Verteidigern, keiner von ihnen war ein Angreifer. Kahlan wußte: manche glaubten, wenn man die Toten dort liegen ließ, wo sie bei einem Sieg über einen Gegner gefallen waren, dann prophezeite dies Unglück bei zukünftigen Schlachten, außerdem überließe man deren Seelen der Vergeltung durch die Seelen derer, die man besiegt hatte. Gleichermaßen glaubten diese Menschen, wenn sie ihre Toten am Ort einer Niederlage zurückließen, würden die Seelen ihrer gefallenen Kameraden weiterleben, um ihre Feinde zu verfolgen. Wer immer dies angerichtet hatte, hatte daher seine eigenen Toten von den Leichen des geschlagenen Gegners fortgeholt. Kahlan kannte mehrere Völker, die glaubten, daß der Tod in einer Schlacht derartige Wunderdinge bewirken konnte. Vor allem ein Volk stand ganz oben auf ihrer Liste.
Als sie um einen umgekippten Wagen herumgingen, dessen Ladung Feuerholz als Haufen auf dem Boden lag, blieb Chandalen unter einem kleinen Holzschild stehen, in das man eine blattreiche Pflanze gleich neben einem Mörser und einem Stößel geschnitzt hatte. Mit einer Hand die Augen vor dem Sonnenlicht schützend, linste er in den langen, schmalen Laden, den man um ein paar Fuß hinter die Gebäude rechts und links zurückversetzt hatte. »Was ist das für ein Geschäft?«
Kahlan ging an ihm vorbei und trat durch den zersplitterten Türrahmen. »Ein Kräuterladen.« Die Theke war mit zerbrochenen Glasbehältern und getrockneten Kräutern übersät, alles aufs Geratewohl zu einem unbrauchbaren Durcheinander vermengt. Lediglich zwei Glasdeckel waren in dem blaßgrünen Chaos unbeschädigt geblieben. »Hier haben die Leute ihre Kräuter und Medizin gekauft.«
Der Wandschrank hinter der Theke, der vom Boden bis zur Decke reichte und fast die gesamte Breite des Ladens einnahm, hatte Hunderte kleiner Holzschubladen enthalten, deren Oberfläche von unzähligen Fingern dunkel geworden war. Die meisten Schubladen hatte man mitsamt Inhalt auf dem Boden zertreten, die restlichen mit einer Keule eingeschlagen. Chandalen ging in die Hocke und zog die wenigen Laden dicht über dem Boden auf, die unberührt geblieben waren, und untersuchte kurz ihren Inhalt, bevor er jede einzelne Lade wieder zurückschob.
»Nissel wäre … wie sagt man … ›erstaunt‹?«
»Erstaunt«, antwortete Kahlan.
»Sie wäre erstaunt über so viele Heilpflanzen. Es ist ein Verbrechen, Dinge zu zerstören, die Menschen helfen.«
Sie sah zu, wie er die Schubladen öffnete und wieder schloß. »Ganz recht, ein Verbrechen«, stimmte sie zu.
Als er die nächste Lade aufzog, stockte ihm der Atem. Er hockte reglos einen Augenblick lang davor, bevor er ehrfürchtig ein Büschel winziger Pflanzen herausnahm, die an den Stengeln mit einem Stück Bindfaden zusammengebunden waren.
Er stieß einen leisen Pfiff durch die Zähne aus. »Quassin doe«, sagte er leise.
Als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, blickte Kahlan in den dunklen Hintergrund des Ladens. Leichen sah sie keine. Der Besitzer mußte geflohen sein, oder vielleicht hatte er mit der Armee gegen die Invasoren gekämpft. »Was ist Quassin doe?«
Chandalen drehte das Bündel in seiner Handfläche hin und her, den Blick starr darauf geheftet. »Quassin doe kann dir das Leben retten, wenn du aus Versehen Zehnschrittgift zu dir nimmst oder -wenn du schnell genug bist — auch wenn du von einem Pfeil mit diesem Gift getroffen wirst.«
»Wie kann man es aus Versehen nehmen?«
»Viele giftige bandu-Blätter müssen lange Zeit gekaut und im Mund angefeuchtet werden, bevor man sie zu einem dicken Brei verkocht. Manchmal, wenn man aus Versehen ein wenig der Flüssigkeit in seinem Mund verschluckt oder zu lange darauf kaut, kann einem schlecht davon werden.« Er öffnete einen Hüftbeutel aus Wildleder und zeigte ihr eine kleine Schachtel mit Deckel aus geschnitzten Knochen. Im Innern befand sich eine dunkle Paste. »Dies ist das Zehnschrittgift, das wir auf unsere Pfeile schmieren. Wir stellen es aus bandu her. Wenn du sehr wenig davon ißt, wird dir schlecht. Ißt du ein wenig mehr, wirst du ganz langsam sterben. Wenn du noch mehr ißt, dann stirbst du schnell. Doch niemand würde es essen, nachdem es hergestellt und hierin verpackt worden ist.« Er ließ das Kästchen mit dem Gift zurück in seinen Beutel gleiten.
»Du könntest also ein wenig von diesem quassin doe nehmen, und du würdest wieder gesund werden, wenn du beim Kauen der Blätter, um dieses Gift herzustellen, aus Versehen etwas von dem bandu verschluckt hättest?« Er beantwortete ihre Frage mit einem Nicken. »Aber wenn du von einem Zehnschrittpfeil getroffen wirst, würdest du nicht sterben, bevor du das quassin doe nehmen könntest?«
Chandalen drehte das Pflanzenbüschel zwischen seinen Fingern. »Kann sein. Manchmal ritzt sich jemand versehentlich mit seinem eigenen Zehnschrittpfeil, dann kann er das quassin doe einnehmen und wird wieder gesund. Wenn man von einem Zehnschrittpfeil getroffen wird, bleibt einem manchmal noch genug Zeit, sich selbst zu retten. Zehnschrittpfeile wirken nur dann schnell, wenn man in den Hals getroffen wird. Dann bleibt dir keine Zeit mehr, das quassin doe zu nehmen, du stirbst zu schnell. Aber wenn du an einer anderen Stelle getroffen wirst, ins Bein vielleicht, braucht das Gift länger, bis es wirkt, und du hast Zeit, das quassin doe zu nehmen.«
»Und wenn Nissel nicht in der Nähe ist, um es dir zu geben? Dann stirbst du also, solltest du dich draußen im Grasland bei der Jagd aus Versehen mit einem Giftpfeil ritzen?«
»Früher hatten alle Jäger immer ein paar Blätter dabei, damit sie es nehmen konnten, wenn sie sich verletzt hatten oder von einem Pfeil getroffen wurden und ihnen genug Zeit blieb. Ist nicht viel Gift an dem Pfeil, weil er zum Beispiel für die Jagd auf kleine Tiere benutzt wird, hat man mehr Zeit. Vor langer Zeit schluckten unsere Männer, wenn es Krieg gab, quassin doe kurz vor der Schlacht, damit die Zehnschrittpfeile der Feinde sie nicht vergiften konnten.«
Er schüttelte betrübt den Kopf. »Aber es ist sehr schwer zu bekommen. Als wir letztes Mal eine solche Menge eintauschten, mußte jeder Mann im Dorf drei Bogen machen und zwei Fäuste voll Pfeile, und alle Frauen mußten Schalen herstellen. Jetzt ist es schon lange aufgebraucht. Seit Jahren. Die Leute, bei denen wir es eingetauscht hatten, konnten nichts mehr finden. Zwei Männer sind schon gestorben, seit wir nichts mehr haben. Mein Volk würde viel dafür geben, um wieder eine solche Menge zu bekommen.«
Kahlan stand über ihn gebeugt und sah zu, wie er es vorsichtig in die Schublade zurücklegte. »Nimm es, Chandalen. Gib es deinem Volk. Ihr könnt es gebrauchen.«
Er schob die Lade langsam zu. »Das kann ich nicht. Es wäre nicht recht, es einem anderen Volk wegzunehmen, selbst wenn sie alle tot sind. Es gehört nicht meinem Volk, es gehört den Menschen hier.«
Kahlan hockte sich neben ihn, zog die Schublade auf und nahm das kleine Bündel heraus. Auf dem Boden gleich daneben fand sie ein quadratisches Stück Stoff, das zum Verpacken der gekauften Ware benutzt wurde, und wickelte die quassin doe-Pflanzen darin ein. »Nimm es.« Sie drückte ihm das Bündel in die Hand. »Ich kenne die Menschen in dieser Stadt. Ich werde ihnen bezahlen, was ich mir genommen habe. Da ich dafür bezahlen werde, gehört es jetzt mir. Nimm es. Es ist ein Geschenk für all den Ärger, den ich deinem Volk bereitet habe.«
Er starrte auf das Stoffpäckchen in seiner Hand. »Als Geschenk ist es zu wertvoll. Ein Geschenk von solch hohem Wert würde uns dir gegenüber zu etwas verpflichten.«
»Dann ist es eben kein Geschenk, sondern der Lohn für dich und Prindin und Tossidin — dafür, daß ihr mich auf dieser Reise beschützt habt. Ihr drei riskiert euer Leben, um mich zu beschützen. Ich schulde euch mehr als diesen Lohn. Ihr seid mir zu nichts mehr verpflichtet.«
Er betrachtete das Päckchen einen Augenblick lang nachdenklich, dann wog er es zweimal kurz in der Hand, bevor er es in den Wildlederbeutel an seiner Hüfte stopfte. Er verschloß die Lasche mit dem derben Lederband und stand auf. »Dann tauschen wir dies gegen unsere Arbeit ein. Nach dieser Reise sind wir dir nichts mehr schuldig.«
»Nichts«, sagte sie und besiegelte damit den Handel.
Die beiden gingen weiter durch die stillen Straßen, vorbei an den Geschäften und Gasthäusern des alten Stadtviertels. Man hatte jede Tür, jedes Fenster zerbrochen. Glassplitter blitzten im Sonnenlicht auf — glitzernde Tränen für die Toten. Die einfallenden Horden waren durch jedes Haus gestürmt und hatten alles Lebendige aufgespürt.
»Wo finden diese vielen Tausend, die alle zusammen an diesem Ort leben, das Land, um ihre Familien zu ernähren? Es kann hier unmöglich für alle genug Wild für die Jagd oder genügend Felder zum Bepflanzen geben.«
Kahlan versuchte, die Stadt mit seinen Augen zu sehen. Sie mußte ein großes Rätsel für ihn darstellen. »Nicht alle jagen oder bestellen das Land. Die Menschen, die hier leben, haben sich spezialisiert.«
»Spezialisiert? Was ist das?«
»Das bedeutet, daß verschiedene Menschen verschiedene Arbeiten verrichten. Jeder hat seine ganz bestimmte Aufgabe. Mit Silber oder Gold kaufen sie die Dinge, die sie brauchen und die sie weder anbauen noch selbst herstellen können.«
»Und woher haben sie dieses Silber oder Gold?«
»Menschen, die von anderen etwas haben möchten, bezahlen diese Sache mit Silber oder Gold.«
»Und woher haben diese anderen das Silber oder Gold?«
»Das haben sie von Menschen, die ihnen damit die Dinge bezahlen, die sie tun.«
Chandalen sah sie skeptisch an. »Wieso tauschen sie nicht. Tauschen wäre einfacher.«
»Na ja, in gewisser Weise ist es ein Tausch. Oft hat jemand, der etwas von dir will, nichts, was du gebrauchen kannst, also gibt er dir statt dessen Geld — Silber oder Gold, zu flachen, runden Scheiben geprägt, die man Münzen nennt. Dann kannst du das Geld dazu verwenden, die Dinge zu kaufen, die du brauchst.«
»Kaufen.« Chandalen ließ sich das fremdartige Wort auf der Zunge zergehen, während er, ungläubig mit dem Kopf schüttelnd, eine Straße zu ihrer Rechten hinabblickte. »Warum sollten die Menschen dann arbeiten? Warum ziehen sie nicht einfach los und besorgen sich dieses Geld aus Silber oder Gold?«
»Manche tun das. Sie suchen Silber oder Gold. Aber auch das ist harte Arbeit. Gold ist schwer zu finden, und man muß es mühsam aus der Erde graben. Deswegen benutzt man es als Geld: weil es selten ist. Wäre es leicht zu finden wie Sandkörner, dann würde es niemand im Tausch annehmen. Wäre Geld leicht zu finden oder herzustellen, wäre es wertlos, und schließlich würde dieser Tauschhandel mit wertlosem Geld zusammenbrechen, und alle würden verhungern.«
Er machte ein nachdenkliches Gesicht und blieb stehen. »Woraus wird dieses Geld gemacht? Was ist dieses Silber oder Gold, von dem du sprichst?«
Sie blieb nicht mit ihm stehen, und er mußte ein paar Schritte laufen, um sie wieder einzuholen. »Gold ist … das Medaillon, die Halskette, die der Bantak dem Volk der Schlammenschen zum Geschenk gemacht hat, als Zeichen dafür, daß sie keinen Krieg wollen, das war aus Gold.« Chandalen nickte und gab ein wissendes Grunzen von sich. Jetzt war es Kahlan, die stehenblieb. »Weißt du, woher die Bantak soviel Gold haben?«
Chandalen ließ den Blick über die Schieferdächer schweifen. »Natürlich. Sie haben es von uns.«
Kahlan packte ihn am Arm, der unter seinem Umhang verborgen war, und riß ihn herum. »Was soll das heißen, sie haben es von euch?«
Auf die Berührung reagierte er nervös. Er mochte es nicht, wenn sie, ein Konfessor, ihn mit der Hand berührte. Daß der Pelzumhang den tatsächlichen Hautkontakt verhinderte, spielte keine Rolle, ihre Haut war nah genug. Wenn sie die Beherrschung über ihre Kraft lockerte, böte dieses dünne Stückchen Fell kein Hindernis. Kahlan hatte schon früher ihre Kraft durch eine Rüstung hindurch freigesetzt. Er war sichtlich erleichtert, als sie den Griff löste. »Chandalen, woher haben die Schlammenschen das Gold?«
Er sah sie an, als wäre sie ein Kind, das wissen wollte, wo man Erde findet. »Aus den Erdlöchern. In unserem Land, im Norden, wo es felsig ist und wo nicht viel wächst und gedeiht, gibt es Löcher in der Erde. Sie enthalten das Gold. Es ist eine schlimme Gegend. Die Luft ist heiß und stinkt. Es heißt, man stirbt, wenn man zu lange in der Erde bleibt. Das gelbe Metall befindet sich in diesen tiefen Löchern. Es ist zu weich, um gute Waffen daraus herzustellen, und daher nutzlos.«
Er machte eine abschätzige Handbewegung. »Die Bantak sagen jedoch, die Seelen ihrer Ahnen mögen den Anblick des gelben Metalls, daher lassen wir sie auf unser Land und zu den Löchern, damit sie es sich holen können und die Seelen ihrer Vorfahren den Anblick genießen können, wenn sie in diese Welt kommen.«
»Chandalen, wissen noch andere von diesen Löchern in der Erde und von dem Gold, das sich darin befindet?«
Er zuckte mit den Achseln. »Wir lassen keine Fremden in unser Land. Aber wie gesagt, es ist zu weich, um Waffen daraus herzustellen, deswegen taugt es nichts. Es gefällt den Bantak, und sie tauschen gern mit uns, also lassen wir sie herausholen, soviel sie haben wollen. Sie holen sich allerdings nicht viel, weil es ein so schlimmer Ort ist. Niemand außer den Bantak würde dorthin gehen, um seinen Ahnen einen Gefallen zu tun.«
Wie sollte sie ihm das klarmachen? Er hatte keine Ahnung, wie es in der Welt draußen zuging. »Chandalen, du darfst dieses Gold niemals verwenden.« Sein Gesicht verriet, daß er bereits erklärt hatte, wie nutzlos es sei und daß niemand es haben wollte. »Du denkst vielleicht, es ist nutzlos, aber andere würden töten, um es zu bekommen. Wüßten die Menschen, daß ihr Gold auf eurem Land habt, würden sie in Schwärmen einfallen, um es sich zu holen. Die Gier nach Gold treibt Menschen in den Wahnsinn, manche würden alles tun, um es zu bekommen. Sie würden die Schlammmenschen töten.«
Chandalen richtete sich auf und zog ein selbstgefälliges Gesicht. Er löste seine Hand von der Bogensehne und schlug sich an die Brust. »Ich und meine Männer, wir beschützen unser Volk. Wir würden die Fremdlinge verjagen.«
Mit einer ausladenden Geste deutete Kahlan auf die Hunderte und Aberhunderte von Toten ringsum. »Beschützen? Vor so vielen Menschen? Vor Tausenden von Menschen?« Chandalen hatte noch nie so viele Menschen gesehen. Er wußte nicht viel von den Massen, die außerhalb seines Landes lebten. »Tausende, die so lange euer Land überrennen würden, bis ihr vertrieben wärt?«
Sein Blick folgte dem Bogen, den ihr Arm beschrieben hatte. Die Falten auf seiner Stirn verrieten, wie wenig vertraut ihm diese Ängste waren, und seine Überheblichkeit verflog, als er die Toten musterte. »Die Seelen unserer Ahnen haben uns davor gewarnt, über die Erdlöcher mit der ungesunden Luft zu sprechen. Wir lassen nur die Bantak dorthin, sonst niemanden.«
»Sorge dafür, daß das so bleibt«, sagte sie. »Sonst kommen sie und stehlen es.«
»Es wäre nicht recht, einem Volk etwas zu stehlen.« Er spannte den Bogen wieder, während sie ihrer Verzweiflung geräuschvoll Luft machte. »Wenn ich einen Bogen mache, um ihn einzutauschen, dann weiß jeder, daß dies das Werk von Chandalen ist, weil es ein so guter Bogen ist. Wenn ihn jemand stiehlt, weiß jeder, was für ein Bogen das ist und woher er stammt. Man würde den Dieb fassen und ihn zwingen, ihn zurückzugeben. Vielleicht würde er sogar von seinem Volk verjagt. Woher wollen diese Menschen wissen, wem das Geld gehört, wenn es ein Dieb gestohlen hat?«
Kahlan drehte sich der Kopf, so anstrengend fand sie es, Chandalen derartige Dinge zu erklären. Wenigstens hielt es sie davon ab, über all die Toten ringsum nachzudenken. Sie stapfte weiter durch den Schnee und mußte über den Rücken eines Mannes steigen, weil neben ihm kein Platz war, so dicht nebeneinander waren sie gefallen.
»Das ist schwierig. Aus diesem Grund bewachen die Menschen ihr Geld. Wird jemand beim Stehlen erwischt, wird er hart bestraft, um andere Diebe abzuschrecken.«
»Wie werden Diebe bestraft?«
»Wenn sie nicht viel gestohlen und Glück haben, werden sie vielleicht in einer kleinen Kammer eingeschlossen, bis ihre Familie den Schaden wiedergutmachen kann.«
»Eingeschlossen? Was ist das?«
»Mit einem Schloß kann man eine Tür versperren. Die steinernen Kammern, in die man Diebe steckt, haben eine Tür, die sich nicht von innen öffnen läßt. Und damit sie nicht herauskönnen, hat diese ein Schloß, und man braucht einen Schlüssel, den richtigen Schlüssel, um sie zu öffnen.«
Chandalen blickte in eine Seitenstraße hinter dem Geschäft eines Silberschmieds, während sie weiter die Hauptstraße hinaufgingen. »Ich würde lieber getötet, als in eine Kammer gesperrt zu werden.«
»Wenn der Dieb vom Falschen stiehlt oder Pech hat, dann passiert ihm genau das.«
Chandalen brummte etwas in sich hinein. Vermutlich war sie nicht besonders gut darin, ihm Dinge zu erklären. Er schien das Ganze für undurchführbar zu haken.
»Wir machen das besser. Was wir wollen, stellen wir selbst her. Jeder macht, was er braucht. Dieses Spezialisieren ist nichts für uns. Wir tauschen nur ganz wenige Dinge ein. Das ist besser.«
»Ihr tut das gleiche wie diese Menschen, Chandalen. Du magst das vielleicht nicht einsehen, aber es ist so.«
»Nein. Jeder von uns weiß viele Dinge. Wir bringen unseren Kindern bei, wie man alle Dinge macht, die man benötigt.«
»Du hast dich ebenfalls spezialisiert. Du bist Jäger, und mehr noch, du bist ein Beschützer deines Volkes.« Wieder deutete sie mit einem Nicken auf die Toten ringsum. Einige starrten aus stumpfen Augen zurück. »Diese Männer waren Soldaten. Sie haben sich darauf spezialisiert, ihr Volk zu schützen. Sie haben ihr Leben bei dem Versuch gelassen, ihr Volk zu beschützen. Du bist genau wie sie: ein Soldat. Du bist stark, kannst gut mit Speer und Bogen umgehen, und du kannst gut die Pläne anderer aufdecken und vereiteln, die deinem Volk schaden wollen.«
Chandalen dachte einen Augenblick darüber nach, indes er kurz stehenblieb, um einen schweren Klumpen Schnee von der Bindung seines Schneeschuhs abzuklopfen. »Aber das gilt nur für mich. Weil ich so stark und klug bin. Andere aus meinem Volk haben sich nicht spezialisiert.«
»Jeder spezialisiert sich, Chandalen. Nissel, die Heilerin — sie hat sich darauf spezialisiert, Kranken oder Verletzten zu helfen. Sie verbringt die meiste Zeit damit, anderen zu helfen. Und wovon lebt sie?«
»Die, denen sie hilft, geben ihr, was sie braucht, und wenn niemand da ist, dem sie helfen kann, damit sie Lebensmittel von ihnen angeboten bekommt, dann geben ihr andere etwas ab, die genug haben, damit Nissel gut leben und uns helfen kann.«
»Siehst du? Die, denen sie hilft, bezahlen sie mit Tavabrot, aber das ist fast das gleiche wie hier mit dem Geld. Weil sie sich darauf spezialisiert hat, dem Dorf in bestimmter Weise zu dienen, hilft jeder ihr ein wenig, damit sie für das Dorf dasein kann, wenn sie gebraucht wird. Hier nennt man das Steuer, wenn jeder einen kleinen Beitrag für das Gemeinwohl leistet und so all jene unterstützt, die für alle Menschen arbeiten.«
»Bekommst du so dein Essen? Alle Menschen geben etwas für dich? So wie wir, als du zu uns kamst, um Ärger zu machen?«
Sie war erleichtert, weil er es zum erstenmal ohne Feindseligkeit sagte. »Ja.«
Chandalen musterte die Fenster im ersten Stock, als sie zwischen Gebäuden hindurchliefen, die zunehmend größer und prachtvoller wurden. Die doppelten, mit Bandeisen beschlagenen Türen eines Gasthauses zu ihrer Linken waren eingeschlagen. Tische, Stühle, Töpfe, Teller und mit roten Rosen besticktes Leinen — augenscheinlich die Illustration des Namens des Gasthauses, der Roten Rose — waren auf die Straße geworfen worden, wo sie, halb von Schnee bedeckt, noch immer herumlagen. Durch die leere Türöffnung konnte sie die Leiche eines mit einer Schürze bekleideten Küchenjungen sehen, der ausgestreckt auf dem Boden lag und dessen Augen, gefroren im Grauen seines letzten Blicks, an die Decke starrten. Er konnte nicht älter als zwölf gewesen sein.
»Aber das sind nur die Jäger und Nissel«, fügte Chandalen nach einigem Nachdenken hinzu. »Die anderen von uns haben mit diesem Spezialisieren nichts zu tun.«
»Jeder tut es auf gewisse Weise. Die Frauen backen das Tavabrot, die Männer stellen die Waffen her. Auch in der Natur ist das so. Einige Pflanzen wachsen dort, wo es feucht ist, andere, wo es trocken ist. Einige Tiere fressen Gras, einige Blätter, andere wieder fressen Käfer und andere Tiere. Jeder spielt seine Rolle. Frauen bekommen Kinder, und Männer…«
Sie blieb stehen, die Fäuste in die Seite gestemmt, und betrachtete die unzähligen Toten, die ringsum gefallen waren. Sie machte eine ausladende Geste.
»Und Männer, so möchte es scheinen, sind auf der Welt, um alle umzubringen. Verstehst du, Chandalen? Die Spezialität der Frauen ist es, Leben zu erzeugen, und die der Männer, es wieder zu vernichten.«
Kahlan faßte sich an ihren Bauch. Sie war gefährlich nahe daran, ihre Beherrschung zu verlieren. Eine Woge von Übelkeit erfaßte ihren Körper. Ihr drehte sich der Kopf.
Chandalen sah sie verstohlen aus den Augenwinkeln an. »Der Vogelmann würde antworten, man sollte nicht alle danach beurteilen, was einige tun. Außerdem erzeugen Frauen das Leben nicht alleine. Männer haben daran auch ihren Anteil.«
Kahlan sog die kalte Luft in sich hinein. Mit Mühe machte sie sich erneut auf den Weg, schlurfte in ihren Schneeschuhen voran. Chandalen ließ zu, daß sie ein schnelleres Tempo anschlug, und ging neben ihr her. Sie bog ab und führte ihn eine mit erlesenen Geschäften gesäumte Straße entlang. Als sie erst eine Schneewehe hinauf- und dann wieder hinunterstieg, zeigte er mit seinem Bogen auf etwas, scheinbar, um das Thema zu wechseln.
»Wozu haben sie hier diese Menschen aus Holz?«
Eine kopflose Kleiderpuppe lehnte schief an einer Fensterbank, ragte halb aus einem Geschäft heraus. Das kunstvolle, blaue Kleid, das die Puppe trug, war mit Perlen verziert, die in mehreren Schnüren um die Hüfte drapiert waren. Froh über die Ablenkung von den düsteren Gedanken, die ihr durch den Kopf gingen, näherte sich Kahlan der blaugekleideten Puppe.
»Dies ist das Geschäft eines Schneiders. Die Besitzer dieses Ladens haben sich darauf spezialisiert, Kleider herzustellen. Dieser Mensch aus Holz soll einfach nur zeigen, was sie herstellen, damit andere wissen, welch gute Arbeit sie leisten. Es soll zeigen, wie stolz sie auf ihre Arbeit sind.«
Sie blieb vor dem großen Fenster stehen. Alle Glasscheiben waren zerschlagen worden. Einige der gelb gestrichenen Mittelpfosten hingen schief am oberen Rand des Fensterrahmens. Der Blauton des wundervollen Kleides erinnerte Kahlan an ihr Hochzeitskleid. Sie spürte, wie ihr das Herz bis zum Hals hinaufschlug. Chandalen suchte in beiden Richtungen die Straße ab, während sie langsam die Hand ausstreckte, um das gefrorene, blaue Tuch zu berühren.
Ihr Blick fiel vorbei an der Kleiderpuppe in den Laden, wo ein Quadrat aus Sonnenlicht auf den schneebestäubten Boden und einen niedrigen Arbeitstisch fiel. Sie zögerte. Ein Toter mit lichtem Haar war mit einem Speer durch seine Brust an die Wand genagelt. Eine Frau lag hingestreckt mit dem Gesicht nach unten über der Ladentheke. Ihr Kleid und Unterrock waren zu einem Wulst auf ihre Hüften geschoben worden, so daß man die bläuliche Haut sehen konnte. Aus ihrem Rücken ragte eine Schneiderschere.
In der Dunkelheit auf der fernen Ladenseite stand eine weitere Kleiderpuppe — in einem eleganten Männerrock. Hunderte kleiner Einstiche hatten die Vorderseite des dunklen Rocks zerfetzt. Offenbar hatten die Soldaten die Puppe beim Messerwerfen als Zielscheibe benutzt, während sie darauf warteten, bei der Frau an die Reihe zu kommen. Als sie der Frau dann überdrüssig geworden waren, hatten sie sie dem Anschein nach mit ihrer eigenen Schere abgestochen.
Kahlan wandte sich von dem Laden ab und fand sich von Angesicht zu Angesicht Chandalen gegenüber. Er war errötet. Sein Blick hatte etwas Bedrohliches.
»Nicht alle Männer sind gleich. Ich würde jedem meiner Männer die Kehle durchschneiden, wenn er so etwas täte.«
Kahlan wußte darauf keine Antwort. Plötzlich war ihr die Lust zu reden vergangen. Im Weitergehen lockerte sie den Umhang am Hals. Sie mußte sich in der kalten Luft abkühlen.
Bis auf das tiefe, unheilvolle Stöhnen des Windes zwischen den Gebäuden war es still, als sie an Ställen vorbeistapften, in denen man allen Pferden die Kehle durchgeschnitten hatte, vorbei an Gasthäusern und Herrschaftshäusern, deren hohe Gesimse sie vor der grellen Sonne schützten. Die gekehlten Holzsäulen zu beiden Seiten einer Eingangstür hatte man mit einem Schwert bearbeitet, scheinbar aus keinem anderen Grund als dem, die Eleganz des Wohnhauses zu verunstalten.
Im Schatten war es kälter, aber das war ihr egal. Sie stiegen über Leichen, die mit dem Gesicht nach unten und Wunden im Rücken im Schnee lagen, und mußten umgekippten Wagen und Kutschen ausweichen, toten Pferden und toten Hunden. Das alles verschmolz zu einem sinnlosen, irrsinnigen Bild der Zerstörung.
Gesenkten Blicks stapfte sie weiter durch den Schnee. Die Luft war schneidend kalt, und sie zog den Umhang wieder fester um sich. Die Kälte entzog ihrem Körper nicht nur die Wärme, sondern auch die Kraft. Mit grimmiger Entschlossenheit setzte sie einen Fuß vor den anderen, immer weiter Richtung Ziel, irgendwie darauf hoffend, daß sie es nie erreichen würde.
Inmitten der gefrorenen Leichen Ebinissias versuchte sie, die alles erdrückende Leere mit einem stummen Gebet zu füllen.
Bitte, geliebte Seelen, haltet Richard warm.