39

»Was meint Ihr?« fragte Clarissa.

Sie drehte sich erst ein wenig in die eine, dann in die andere Richtung und versuchte eine möglichst natürliche Pose einzunehmen, dabei kam sie sich alles andere als natürlich vor. Sie wußte nicht recht, was sie mit den Händen anfangen sollte, also verschränkte sie sie hinter ihrem Rücken.

Nathan fläzte sich in einem Sessel, wie sie ihn prächtiger noch nicht gesehen hatte. Sitz und Rückenlehne, beides gepolstert, waren mit einem hellbraunen und goldengestreiften Stoff bezogen. Sein linkes Bein hing bequem über einer der reich verzierten Armlehnen, während sein Ellenbogen lässig auf der anderen lag. Sein Kinn ruhte nachdenklich in seiner Hand. Die fein gearbeitete Silberscheide seines Schwertes hing herab, so daß deren Spitze vor dem Sessel den Boden berührte.

Nathan lächelte das ihm eigene Lächeln, welches verriet, daß er sich aufrichtig freute.

»Meine Liebe, ich finde, Ihr seht wunderbar aus.«

»Bestimmt? Das sagt Ihr nicht einfach so? Es gefällt Euch wirklich? Ich wirke nicht … albern darin?«

Er lachte vergnügt in sich hinein. »Nein, albern ganz bestimmt nicht. Hinreißend vielleicht.«

»Aber ich komme mir … ich weiß nicht … vermessen vor. Ich habe noch nie so elegante Kleider gesehen, geschweige denn anprobiert.«

Er zuckte die Achseln. »Dann wird es allmählich Zeit.«

Der Damenschneider, ein dürrer, gepflegter Mann, dessen kahle, weite Schädeldecke nur eine einzige lange graue Locke zierte, kehrte durch die mit einem Vorhang verhängte Tür zurück. Er packte die beiden Enden des um seinen Hals geschlungenen Maßbandes und zog es nervös hin und her.

»Die Dame findet das Kleid annehmbar?«

Clarissa erinnerte sich, wie sie sich Nathans Anweisungen entsprechend zu benehmen hatte. Sie strich den schweren, blauen Samt an ihren Hüften glatt.

»Es sitzt nicht ganz perfekt –«

Die Zunge des Damenschneiders schnellte zwischen seinen Lippen hervor. »Nun ja, meine Dame, hätte ich gewußt, daß Ihr mein Geschäft beehrt, oder hättet Ihr Eure Maße vorab geschickt, dann hätte ich gewiß die nötigen Änderungen vorgenommen.« Er warf einen Blick zu Nathan hinüber. Seine Zunge zuckte abermals hervor. »Seid versichert, meine Dame, ich bin in der Lage, das auch jetzt jederzeit zu tun.«

Der Mann verbeugte sich vor Nathan. »Was meint Ihr, mein Herr? Immer vorausgesetzt, es würde Euren Wünschen entsprechend geändert, meine ich.«

Nathan verschränkte die Arme und betrachtete Clarissa wie ein Bildhauer sein unfertiges Werk. Er kniff die Augen zusammen und überlegte, rollte seine Zunge in der Wange und gab kehlige Laute von sich, als könne er sich nicht recht entscheiden. Der Schneider spielte nervös mit den Enden des Maßbandes.

»Wie die Dame bereits sagte, um die Hüfte sitzt es ein wenig salopp.«

»Seid unbesorgt, mein Herr.« Der Damenschneider war im Nu hinter ihr und zupfte beherzt am Stoff herum. »Seht Ihr, hier? Ich brauche nur ein, zwei Abnäher zu machen. Die verehrte Dame ist mit einer vortrefflichen Figur gesegnet. Ich habe es hier selten mit Damen von so elegantem Körperbau zu tun, trotzdem kann ich das Kleid in wenigen Stunden ändern lassen. Es wäre mir die größte Ehre, die Arbeit noch heute abend zu erledigen und es Euch liefern zu lassen in das – in das – wo logiert Ihr doch gleich, mein Herr?«

Nathan machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ich werde noch eine angemessene Unterkunft suchen müssen. Gibt es ein Haus, das Ihr guten Gewissens empfehlen könnt?«

Der Damenschneider verneigte sich erneut. »Haus Wildrose wäre das eleganteste Gasthaus in Taniumura, mein Herr. Wenn Ihr wollt, schicke ich rasch meinen Gehilfen hinüber und lasse die entsprechenden Vorbereitungen für Euch und … die Dame treffen.«

Nathan richtete sich im Sessel auf und fischte eine Goldmünze aus seiner Tasche. Er schnippte dem Mann die Münze zu, gefolgt von einer zweiten und schließlich einer dritten.

»Ja, danke, das wäre sehr freundlich von Euch.« Er runzelte nachdenklich die Stirn, dann warf er dem Mann eine vierte zu. »Es ist schon spät, aber ich bin sicher, Ihr könnt sie überreden, den Gastraum bis zu unserem Eintreffen geöffnet zu lassen. Wir waren den ganzen Tag unterwegs und könnten eine anständige Mahlzeit gebrauchen.« Er drohte dem Mann mit dem Zeigefinger. »Die besten Zimmer, wohlgemerkt. Ich werde nicht zulassen, daß man mich in irgendeinem engen Stall unterbringt!«

»Ich versichere Euch, mein Herr, die Wildrose hat kein einziges Zimmer, das man auch nur im entferntesten als Stall bezeichnen könnte, nicht einmal ein Herr wie Ihr. Und wie lange wünscht Ihr dort zu verweilen – nur damit mein Gehilfe es ausrichten kann?«

Nathan strich über die Rüschen an seiner Hemdbrust. »Bis Kaiser Jagang nach mir verlangt, natürlich.«

»Selbstverständlich, mein Herr. Und möchtet Ihr das Kleid, mein Herr?«

Nathan hakte einen Daumen in die kleine Tasche an der Vorderseite seiner grünen Weste und ließ seine Hand herabhängen. »Für den Alltag wird es genügen müssen. Was hättet Ihr an ein wenig eleganteren Modellen?«

Der Damenschneider verneigte sich lächelnd. »Erlaubt, daß ich Euch einige andere zur Ansicht bringe. Die werte Dame kann dann diejenigen anprobieren, die Euch zusagen.«

»Ja«, erwiderte Nathan. »Ja, das wäre wohl das beste. Ich verfüge über beträchtliche Erfahrung und einen ausgeprägten Geschmack. Ich bin Besseres gewöhnt. Bringt etwas, das mir Bewunderung entlockt.«

»Selbstverständlich, mein Herr.« Er verbeugte sich zweimal und eilte davon.

Nachdem der Mann verschwunden war, schmunzelte Clarissa verwundert. »Nathan! Das ist das eleganteste Kleid, das ich je zu Gesicht bekommen habe, und Ihr verlangt, daß er uns noch etwas Besseres zeigt?«

Nathan sah sie mit gespieltem Erstaunen an. »Nichts ist zu gut für die Konkubine des Kaisers, die Frau, die das Kind des Herrschers in sich trägt.«

Ihr Herz schlug schneller, als der Prophet zum wiederholten Male davon sprach. Wenn sie in seine himmelblauen Augen blickte, glaubte sie dort manchmal etwas Eigentümliches zu erkennen, das bei ihr ein leichtes, unbestimmtes Gefühl auslöste, wenngleich nur für einen Augenblick, daß Nathan weit mehr als wahnsinnig war. Brachte er dann aber das ihm eigene heitere Lächeln auf seine Lippen, schmolz sie angesichts seiner Zuversicht dahin.

Er war wagemutiger als jeder andere Mann, dem sie begegnet war. Seine Tapferkeit hatte sie vor den Rohlingen in Renwold gerettet. Seitdem hatte seine Dreistigkeit ihnen aus Situationen herausgeholfen, die ihr mehr als nur hoffnungslos erschienen waren.

Diese Verwegenheit, die alle Kühnheit so weit übertraf, mußte einen Funken Wahnsinn enthalten.

»Ich vertraue Euch, Nathan. Und ich tue alles, was Ihr von mir verlangt. Aber würdet Ihr mir bitte verraten, ob dies ein Lügenmärchen ist, mit dem wir hier bestehen wollen, oder ob Ihr wirklich eine derart schaurige Zukunft für mich seht?«

Nathan nahm sein Bein herunter und richtete sich zu seiner vollen, alles überragenden Größe auf. Er nahm eine ihrer Hände und legte sie auf sein Herz, als sei sie eine äußerst zarte Blüte. Sein langes silbergraues Haar fiel über seine Schulter nach vorn, während er ganz nah vor ihr stand und ihr in die Augen sah.

»Es ist nur eine Geschichte, um meine Ziele zu erreichen, Clarissa. Sie spiegelt in keiner Weise wider, was ich für die Zukunft sehe. Ich will Euch nicht anlügen und Euch erzählen, uns stünden keine Gefahren bevor, doch seid vorerst unbesorgt und genießt das Leben. Wir müssen eine Weile warten, und ich wollte Euch die Zeit so angenehm wie möglich vertreiben.

Es steht Euch frei, zu tun, was Ihr tun müßt. Ich vertraue auf Euer Wort. Ich wollte Euch in der Zwischenzeit nur eine Gefälligkeit erweisen.«

»Aber sollten wir uns nicht dort verstecken, wo die Menschen uns nicht kennen? Irgendwo, wo uns niemand sieht?«

»So verstecken sich Verbrecher oder unerfahrene Ausreißer. Aus diesem Grund werden sie auch gefaßt. So etwas macht die Menschen mißtrauisch. Wer jemanden verfolgt, sieht in allen dunklen Löchern nach und kommt überhaupt nicht auf die Idee, im Licht zu suchen. Solange wir uns verborgen halten müssen, ist die Öffentlichkeit das beste Versteck.

Die Geschichte ist zu absurd, und niemand wird sie glauben. Kein Mensch käme je auf den Gedanken, jemand besäße die Kühnheit, sich eine solche Geschichte auszudenken, deswegen wird niemand an ihr zweifeln.

Außerdem verstecken wir uns genaugenommen gar nicht. Niemand verfolgt uns. Wir wollen nur kein Mißtrauen erregen. Genau das täten wir aber, wenn wir uns versteckten.«

Sie schüttelte den Kopf. »Ihr seid unglaublich, Nathan.«

Clarissa betrachtete die Taille des wunderschönen Kleides, zumindest, was sie davon unter ihrem offenherzigen Busen erkennen konnte, der so hoch geschnürt war, daß ihre Brüste fast herausfielen. Sie zupfte an den Stützen, die unter ihrem Busen gegen ihre Rippen drückten. Noch nie hatte sie so seltsame und unbequeme Unterkleider getragen. Wozu sie alle dienen sollten, davon hatte sie keine Ahnung. Sie strich den seidenen Rock des Kleides glatt.

»Steht es mir gut? Ganz ehrlich? Sagt mir die Wahrheit, Nathan. Ich bin nur eine einfache, unscheinbare Frau. Wirkt es an einer unscheinbaren Frau nicht albern?«

Nathan runzelte die Stirn. »Unscheinbar? Glaubt Ihr das wirklich?«

»Natürlich. So dumm bin ich nicht. Ich weiß, daß ich nicht –«

Nathan winkte ihr, sie solle schweigen. »Vielleicht solltet Ihr Euch selbst ein Bild machen.«

Er zog das Tuch vom Standspiegel. Sie befanden sich in einem Vorführzimmer für Herren. Als er sie in Fragen der Etikette und der Schicklichkeit unterrichtet hatte, hatte er ihr erklärt, die Spiegel an einem solchen Ort würden selten benutzt, und sie dürfe in keinen hineinschauen, es sei denn, man bat sie darum. In einem so exklusiven Geschäft zählte der Blick in den Augen des Herrn, nicht der in den Spiegel.

Nathan faßte sie sachte am Ellenbogen und geleitete sie vor den Spiegel. »Vergeßt die Vorstellung, die Ihr selbst von Euch habt, und betrachtet, was andere vor sich haben, wenn sie Euch anschauen.«

Clarissas Finger spielten nervös mit dem gerafften Zierat an ihrer Hüfte. Sie nickte Nathan zu, fürchtete aber, in den Spiegel zu schauen und von jenem Anblick enttäuscht zu werden, den sie nur zu gut kannte. Er drängte sie erneut. Innerlich vor Verlegenheit ein ganz klein wenig zusammenzuckend, drehte sie sich um und betrachtete staunend ihr Konterfei.

Bei dem Anblick, der sich ihr bot, fiel ihr die Kinnlade herunter.

Clarissa erkannte sich nicht wieder. So jung sah sie doch gar nicht aus. Eine Frau – kein junges, launisches Fräulein, sondern eine Frau in voller Blüte, eine elegante Frau von Rang – blickte ihr entgegen.

»Nathan«, hauchte sie, »mein Haar … so lang war mein Haar doch gar nicht. Wie hat die Frau, die es heute nachmittag frisiert hat, es länger machen können?«

»Oh, nun, das hat sie gar nicht. Ich habe dafür ein wenig Magie benutzt. Ich dachte, es sähe so besser aus. Ihr habt hoffentlich nichts dagegen?«

»Nein«, antwortete sie leise. »Es ist wunderschön.«

Man hatte ihr weiches braunes Haar zu Löckchen gedreht und zarte violette Bänder hineingeflochten. Sie wiegte den Kopf hin und her. Die Löckchen hüpften auf und ab und schwangen von einer Seite zur anderen. Clarissa hatte einmal eine Dame von hohem Rang in Renwold gesehen, die ihr Haar so wie sie getragen hatte. Sie hatte noch nie so schönes Haar gesehen. Und jetzt hatte Clarissa die gleiche Pracht auf dem Kopf.

Sie bestaunte sich im Spiegel. Ihre Gestalt war so … Wohlgestalt. All diese harten, engsitzenden Dinger unter ihrem Kleid hatten ihren Körper irgendwie umgeformt. Clarissa errötete, als sie bemerkte, wie ihr Busen sich nach oben drückte, fast unbedeckt, so daß er für aller Augen sichtbar war.

Natürlich war ihr immer klar gewesen, daß Frauen wie Manda Perlin nicht wirklich so gebaut waren, wie es schien. Ohne die Kleider waren deren Körperformen nicht viel anders als die jeder anderen Frau, nur hatte Clarissa nie gewußt, wieviel davon auf das Konto der Kleider ging, die diese attraktiven Damen trugen.

Im Spiegel, in diesem Kleid, das Haar auf diese Weise frisiert und mit der Schminke im Gesicht, war sie jeder einzelnen von ihnen ebenbürtig. Älter vielleicht, doch dieses Alter schien das, was sie vor sich hatte, nur noch zu unterstreichen, und verlieh ihm keineswegs etwas Verbrauchtes, Unansehnliches, wie sie immer geglaubt hatte.

Und dann entdeckte sie den Ring in ihrer Lippe.

Er war aus Gold, nicht aus Silber.

»Nathan«, fragte sie leise, »was ist mit dem Ring passiert?«

»Oh, richtig, der Ring. Nun, es wäre unklug, Euch mit einem Silberring in der Lippe als angebliche Konkubine des Kaisers auszugeben und seinen kleinen Kaisererben austragen zu lassen. Jeder weiß, daß der Kaiser nur Frauen mit einem Goldring in sein Bett befiehlt.

Außerdem seid Ihr fälschlicherweise mit einem Silberring markiert worden. Diese Männer waren einfach völlig blind.« Er machte eine großartige Handbewegung. »Ich habe selbstverständlich einen Blick für so etwas.« Er machte eine einladende Geste Richtung Spiegel. »Seht selbst. Diese Frau ist zu schön, um etwas anderes als einen Goldring zu tragen.«

Der Frau, die ihr aus dem Spiegel entgegenstarrte, kamen die Tränen. Clarissa wischte sich mit dem Finger vorsichtig über den unteren Rand des Lids. Sie fürchtete, die Schminke zu verwischen, die die Frau ihr aufgetragen hatte, während ihr Locken gedreht wurden.

»Ich weiß nicht, was ich sagen soll, Nathan. Ihr habt etwas Magisches bewirkt. Ihr habt eine einfache Frau in etwas…«

»… Wunderschönes verwandelt«, beendete er den Satz.

»Aber warum?«

Sein Gesicht nahm einen seltsamen Ausdruck an. »Seid Ihr so schwer von Begriff? Ich konnte es mir schließlich nicht erlauben, daß Ihr schlicht wirkt.« Er deutete mit einer schwungvollen Bewegung auf sich selbst. »Niemand würde glauben, ein so gutaussehender Mann wie ich würde sich mit einer weniger schönen Frau zeigen.«

Clarissa schmunzelte. Sie fand ihn gar nicht mehr so alt wie zu Anfang, als sie ihn kennengelernt hatte. Eigentlich machte er einen eleganten Eindruck. Elegant und vornehm.

»Danke, Nathan, daß Ihr an mich glaubt, und das in mehr als einer Hinsicht.«

»Mit Glauben hat das nichts zu tun, sondern mit dem Blick für das, was andere nicht bemerken. Jetzt werden sie es erkennen.«

Sie sah kurz zu dem Vorhang hinüber, hinter dem der Damenschneider verschwunden war. »Aber das ist alles so teuer. Das Kleid alleine würde mich fast einen Jahresverdienst kosten. Und all die anderen Sachen: die Speisen, Kutschen, Hüte, die Schuhe, die Frauen, die mein Haar und mein Gesicht zurechtgemacht haben. Das ist alles so teuer. Ihr werft mit dem Geld um Euch wie ein Prinz auf einer Urlaubsreise. Wie könnt Ihr Euch das nur leisten?«

Das schlaue Lächeln kehrte auf sein Gesicht zurück. »Im … Geldmachen bin ich gut. Ich kann gar nicht so viel ausgeben, wie ich mache. Zerbrecht Euch deswegen nicht den Kopf, das alles bedeutet mir nicht viel.«

»Oh.« Sie sah noch einmal in den Spiegel. »Natürlich.«

Er räusperte sich. »Was ich damit sagen will, ist, Ihr seid wichtiger als unbedeutende Gold- oder Geldangelegenheiten. Der Mensch ist bedeutender als derartige Überlegungen. Und wenn es meine letzte Kupfermünze wäre, ich würde sie nicht mit weniger Begeisterung oder größerem Bedacht ausgeben.«

Als der Damenschneider schließlich mit einer Auswahl phantastischer Kleider zurückkehrte, wählte Nathan eine Anzahl von ihnen aus, die sie anprobieren sollte. Clarissa ging mit ihnen ins Ankleidezimmer und probierte jedes einzelne mit der Hilfe der Frau des Schneiders an. Sie glaubte nicht, daß sie in der Lage gewesen wäre, auch nur eines von ihnen alleine zu binden, zu schnüren und zu knöpfen.

Nathan bedachte jedes Kleid, mit dem sie herauskam, mit einem Lächeln und erklärte dem Schneider, er werde es kaufen. Eine Stunde später hatte Nathan ein halbes Dutzend Kleider ausgewählt und dem Mann eine Handvoll Goldmünzen in die Hand gedrückt. Solange sie lebte, hatte sie sich keinen Ort vorstellen können, an dem ein solcher Reichtum herrschte, daß Kleider bereits fertig genäht waren. Dies war ein weiterer Anhaltspunkt dafür, wie sehr sich ihr Leben durch Nathan verändert hatte. Nur die sehr Reichen oder die Angehörigen des Königshauses kauften Kleider auf diese Art.

»Ich werde die nötigen Änderungen vornehmen, mein Herr, und Euch die Kleider ins Haus Wildrose schicken lassen.« Sein Blick zuckte hinüber zu Clarissa. »Vielleicht wünschen der Herr, daß ich einige von ihnen etwas weiter lasse, damit sie sich der werten Dame anpassen, wenn sie das Kind unseres Kaisers trägt?«

Nathan machte eine wegwerfende Handbewegung. »Nein, nein. Ich mag es, wenn sie so gut aussieht wie irgend möglich. Ich werde eine Näherin beauftragen, sie weiter zu machen, sollte dies erforderlich werden, oder einfach andere kaufen, die ihr passen, wenn es soweit ist.«

Plötzlich war es Clarissa peinlich, daß dieser Damenschneider zu glauben schien, sie sei nicht nur eine Mätresse des Kaisers, sondern auch Nathans. Der Ring durch ihre Lippe, wenngleich er aus Gold war, kennzeichnete sie als Sklavin. Kind oder nicht, Goldring oder nicht, eine Sklavin bedeutete dem Kaiser wenig.

Nathan erklärte jedem dreist, er sei Kaiser Jagangs Generalbevollmächtigter, woraufhin sich alle unablässig verbeugten und ein Bein ausrissen. Clarissa war nichts weiter als ein Besitz, den der vertraute Generalbevollmächtigte des Kaisers mit diesem teilte.

Die Seitenblicke des Schneiders taten endlich ihre Wirkung. In seinen Augen war sie eine Hure. Vielleicht eine in eleganten Kleidern und vielleicht nicht aus eigenem Entschluß, aber nichtsdestotrotz eine Hure. Eine Frau, die Spaß daran hatte, mit eleganten Kleidern ausstaffiert und von einem wichtigen Mann im elegantesten Gasthaus der Stadt ausgehalten zu werden.

Allein die Tatsache, daß Nathan nicht so dachte, verhinderte, daß sie gedemütigt aus dem Geschäft herausrannte.

Clarissa ermahnte sich. Dies war eine Maskerade, die Nathan sich für sie ausgedacht hatte, damit sie in Sicherheit waren. Sie hinderte Soldaten, denen sie an jeder Wegbiegung begegneten, daran, sie in ein Zelt hineinzuzerren. Mißbilligende Blicke auszuhalten, das war in ihren Augen wirklich eine geringe Gegenleistung für das, was Nathan für sie getan, für den Respekt, den er ihr entgegengebracht hatte. Was Nathan dachte, zählte.

Außerdem war sie mißbilligende Blicke gewöhnt – Blicke, die bestenfalls mitleidig und schlimmstenfalls tadelnd waren. Niemand hatte sie je wohlwollend angesehen. Sollten diese Leute doch denken, was sie wollten. Sie wußte, daß sie etwas Lohnendes tat, und zwar für einen verdienstvollen Mann.

Clarissa schritt erhobenen Hauptes zur Tür.

Der Damenschneider verbeugte sich abermals, als sie auf die dunkle Straße hinaustraten und zur wartenden Kutsche hinübergingen. »Ich danke Euch, Lord Rahl. Vielen Dank, daß Ihr mir erlaubt habt, dem Kaiser auf meine bescheidene Art zu dienen. Die Kleider werden noch vor morgen früh geliefert, mein Wort darauf.«

Nathan entließ den Mann mit einem beiläufigen Wink.

Im schummerigen Speisesaal des eleganten Haus Wildrose saß Clarissa Nathan an einem kleinen Tisch gegenüber. Jetzt fielen ihr die verstohlenen Blicke auf, die ihr das Personal zuwarf. Sie setzte sich aufrechter hin, zog die Schultern zurück und lud sie trotzig dazu ein, sich ihren Busen gut anzusehen. Im schummerigen Kerzenlicht und bei all der Schminke würden sie nicht bemerken, wie sie dabei rot wurde.

Der Wein wärmte sie, und der Entenbraten stillte ihren nagenden Hunger. Ständig wurden neue Speisen aufgetragen. Geflügel, Schweine- und Rindfleisch, dazu Bratensäfte und Soßen und eine Vielzahl von Beilagen. Hier und da knabberte sie ein bißchen, wollte jedoch nicht als Vielfraß gelten und war nichtsdestotrotz nach einer Weile satt.

Nathan aß mit Hingabe, aber nicht übermäßig. Er genoß die unterschiedlichen Gerichte, wollte jedes probieren. Das Personal umschwärmte ihn, schnitt Fleisch auf, goß Soßen darüber und schob Teller und Platten hin und her, als wäre er alleine hilflos. Er bestärkte sie, bestellte Dinge, schickte andere fort und erweckte alles in allem den Eindruck, sie hätten es mit einem bedeutenden Mann zu tun.

Vermutlich war er das auch. Er war der Generalbevollmächtigte des Kaisers, ein Mann, dem man nicht in die Quere kam. Alle waren um die vollste Zufriedenheit des Lord Rahl bemüht. Wenn es dazu erforderlich war, sich ebenfalls um Clarissas Wohlergehen zu kümmern, dann nahm man das in Kauf.

Clarissa war erleichtert, als man sie schließlich zu ihren Zimmern führte und Nathan die Tür hinter ihnen schloß. Sie sackte innerlich zusammen. Endlich fiel die Last der Verantwortung, sich wie eine elegante Dame oder eine Hure aufzuführen, von ihr ab. Sie wußte nicht genau, wie sie die Rolle anlegen sollte. Auf jeden Fall war sie froh, den Blicken entkommen zu sein, die ihr ständig folgten.

Nathan lief mit großen Schritten in den beiden Zimmern auf und ab, betrachtete die Wände mit den aufgemalten Goldleisten, die zur Decke hin abgerundet waren. Dicke Teppiche in satten Farben bedeckten nahezu jeden Zoll des Fußbodens. Überall standen Sofas und Sessel. In einem Zimmer gab es mehrere Tische, einen zum Essen, einen anderen mit schräger Fläche zum Schreiben. Auf dem Schreibtisch lagen ordentlich gestapeltes Papier, silberne Federhalter und goldbeschichtete Tintenfässer mit den unterschiedlichsten Tintensorten.

Im anderen Zimmer stand das Bett. So etwas hatte Clarissa nie zuvor gesehen. Vier kunstvoll gedrechselte Pfosten stützten einen Baldachin aus Spitze und schwerem rotem Stoff mit einem großzügigen Goldmuster. Die Tagesdecke zeigte dasselbe Muster. Das Bett war riesig. Es fiel ihr schwer, sich vorzustellen, wozu es so groß sein mußte.

»Nun«, meinte Nathan, als er wieder in das Schlafzimmer geschlendert kam, »ich denke, das sollte wohl genügen.«

Clarissa kicherte. »Nathan, selbst ein König wäre hocherfreut, in einem solchen Zimmer zu schlafen.«

Nathans Gesicht bekam einen gelangweilten Ausdruck. »Mag sein. Aber ich bin mehr als ein König. Ich bin ein Prophet.«

Ihr Lächeln verschwand, und plötzlich wurde sie ernst. »Ja. Ihr seid wirklich mehr als ein König.«

Nathan machte eine Runde durch das Zimmer und löschte die meisten des Dutzends Lampen. Die neben dem Bett und die auf dem Kleiderständer ließ er brennen.

Er drehte sich halb herum und zeigte in das andere Zimmer. »Ich werde dort auf dem Sofa schlafen. Ihr könnt das Bett nehmen.«

»Ich werde mich auf das Sofa legen. Ich würde mich in einem solchen Bett nicht wohl fühlen. Ich bin eine einfache Frau und soviel Luxus nicht gewöhnt. Ihr schon.«

Nathan legte ihr die Hand an die Wange. »Gewöhnt Euch daran. Nehmt das Bett. Der Gedanke, eine so bezaubernde Dame müsse auf einem Sofa schlafen, würde mir Unbehagen bereiten. Ich bin ein Mann von Welt, mir macht das nichts aus.« Er verneigte sich großartig von der Tür aus. »Schlaft gut, meine Liebe.« Die Tür bereits halb geschlossen, hielt er inne. »Ich möchte mich für die Blicke entschuldigen, die Ihr zu ertragen hattet, Clarissa, und für das, was die Leute aufgrund meiner Geschichte von Euch gedacht haben mögen.«

Er war wirklich ein feiner Herr.

»Ihr braucht Euch nicht zu entschuldigen. Eigentlich hat es Spaß gemacht, so zu tun als ob – als wäre ich eine Schauspielerin auf einer Bühne.«

Er hatte dieses Funkeln in den Augen, und er lachte und warf sich sein Cape über die Schultern. »Nicht wahr, es hat wirklich Spaß gemacht, all diese Leute in dem Glauben zu lassen, wir seien eigentlich jemand ganz anderes?«

»Vielen Dank für alles, Nathan. Ihr habt mir heute das Gefühl gegeben, hübsch zu sein.«

»Ihr seid hübsch.«

Sie lächelte. »Das waren nur die Kleider.«

»Wahre Schönheit kommt von innen.« Er zwinkerte. »Schlaft gut, Clarissa. Ich habe einen Schutzschild vor der Tür angebracht, damit niemand hereinkommen kann. Fühlt Euch wie zu Hause, hier seid Ihr sicher.« Leise schloß er die Tür.

Ein warmes Glühen vom Wein auf den Wangen, schlenderte Clarissa gemächlich durchs Zimmer und betrachtete die elegante Einrichtung. Sie strich mit den Fingern über die silbernen Einlegearbeiten auf den kleinen Tischchen neben dem Bett. Sie berührte das geschliffene Glas der Lampen. Sie fuhr mit der Hand über die kunstvoll gewobenen Bettdecken, als sie sie zurückschlug.

Nachdem die Schnüre des Korsetts gelockert waren, konnte sie endlich wieder durchatmen. Sie ließ das Oberteil ihres Kleides von den Schultern gleiten. Die noch immer von unten drückenden Stifte hielten das Kleid über ihrem Busen fest. Sie hockte auf der Bettkante und versuchte, an die Knöpfe an ihrem Rücken heranzukommen. Einige von ihnen saßen zu weit oben. Verzweifelt in sich zusammensinkend, beschloß sie, ihre neuen Schuhe auszuziehen, die aus geschmeidigem, angerauhtem Leder geschustert waren. Sie rollte ihre Strümpfe herunter und bewegte, froh, sie befreit zu haben, ihre Zehen.

Clarissa dachte an zu Hause. Sie mußte an ihr gemütliches Bett denken, klein, wie es war. Sie vermißte ihr Zuhause, nicht weil sie dort glücklich gewesen war, sondern einfach, weil es ihr Zuhause war und sie nichts anderes kannte. So prunkvoll hier auch alles sein mochte, auf sie wirkte es kalt. Kalt und beängstigend. Sie befand sich an einem Ort, der ihr fremd war, und nach Hause konnte sie nicht mehr zurück.

Plötzlich fühlte sich Clarissa sehr einsam. Wenn sie mit Nathan zusammen war, gab ihr sein Selbstvertrauen Trost. Er wußte stets, wohin er ging, was er wollte und was er sagen mußte. Er schien nie von Zweifeln geplagt. Clarissa war voll davon, jetzt, da sie im Schlafzimmer alleine war.

Es war seltsam, aber sie vermißte Nathan mehr als ihr Zuhause, dabei befand er sich im Nachbarzimmer. Fast war Nathan jetzt ihr Zuhause.

Der Teppich fühlte sich unter ihren nackten Füßen gut an, als sie zur Tür hinüberging. Leise klopfte sie gegen die weiße Holztäfelung in der goldenen Umrandung. Sie wartete einen Augenblick, dann klopfte sie ein zweites Mal.

»Nathan?« rief sie leise.

Sie klopfte erneut und rief wieder seinen Namen. Da noch immer keine Antwort kam, öffnete sie die Tür einen Spalt breit und spähte hinein. Nur eine einzige Kerze zerriß das stille Dunkel.

Nathan befand sich wieder in einem seiner Trancezustände. Er saß in einem Sessel und starrte ins Leere. Clarissa blieb eine Weile in der Tür stehen und sah zu, wie er gleichmäßig atmete.

Als sie ihn das erste Mal steif und starren Blicks entdeckt hatte, war ihr angst und bange geworden. Er hatte sie jedoch damit beruhigt, er mache dies schon sein ganzes Leben lang. Damals, beim ersten Mal, war er nicht böse geworden, als sie ihn, im Glauben, etwas stimme nicht mit ihm, gerüttelt hatte.

Nathan würde nie böse auf sie sein. Er behandelte sie immer mit Respekt und Freundlichkeit – zwei Dinge, nach denen sie sich stets gesehnt, die sie aber von ihrer Familie nie bekommen hatte. Und dann traf sie einen Fremden, der diese Gefühle bedenkenlos verschenkte.

Clarissa rief ein drittes Mal seinen Namen. Nathan kniff die Augen zusammen und schaute zu ihr hoch.

»Alles in Ordnung?« fragte er.

»Ja. Hoffentlich störe ich Euch nicht in Euren Gedanken?«

Nathan tat ihre Besorgnis mit einer Handbewegung ab. »Nein, nein.«

»Ich dachte, vielleicht könntet Ihr mir helfen … mein Kleid auszuziehen? Ich komme nicht an die Knöpfe an meinem Rücken heran, außerdem hänge ich offenbar fest. Ich wollte mich nicht angezogen hinlegen und das Kleid ruinieren.«

Nathan folgte ihr ins Schlafzimmer. Sie hatte die Lampe auf dem Toilettentisch gelöscht, um nicht in Verlegenheit zu geraten. Nur die Lampe am Bett ließ ihn erkennen, was er tat.

Clarissa hielt ihr Haar mit beiden Händen zur Seite, während seine kräftigen Finger sich an den Knöpfen nach unten vorarbeiteten. Es war ein gutes Gefühl, ihn so nahe bei sich zu wissen.

»Nathan?« fragte sie leise, als er beim letzten Knopf auf ihrer Hüfte angelangt war.

Zur Antwort gab er einen fragenden Laut von sich. Sie hatte Angst, er könne fragen, was das klopfende Geräusch sei, und sie müsse antworten, es sei ihr Herz.

Clarissa drehte sich um. Dabei mußte sie das Kleid, jetzt, da es aufgeknöpft war, über ihrem Busen festhalten.

»Nathan«, sagte sie, nahm allen Mut zusammen und blickte ihm in die wundervollen Augen, »ich fühle mich allein, Nathan.«

Er runzelte die Stirn und legte ihr sachte eine seiner großen Hände auf die nackte Schulter. »Das braucht Ihr nicht, meine Liebe. Ich bin gleich nebenan.«

»Ich weiß. Aber ich meinte es anders. Ich bin allein, weil ich vermisse … ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll. Wenn ich allein bin, fange ich an, darüber nachzudenken, was ich tun muß, um den Menschen zu helfen, von denen Ihr gesprochen habt, und dann kommen mir alle möglichen beängstigenden Dinge in den Sinn. Und bevor ich es merke, bricht mir vor Entsetzen der Schweiß aus.«

»Es ist oft quälender, über etwas zu grübeln, als es tatsächlich zu tun. Denkt einfach nicht daran. Versucht, das große Bett und das prachtvolle Zimmer nach Möglichkeit zu genießen. Wer weiß, eines Tages müssen wir vielleicht im Straßengraben schlafen.«

Sie nickte und mußte seinem Blick ausweichen, um nicht den Mut zu verlieren.

»Ich weiß, ich bin eine unscheinbare Frau, Nathan, dennoch gebt Ihr mir das Gefühl, etwas Besonderes zu sein. Kein Mann hat mir je das Gefühl gegeben, ich sei hübsch … begehrenswert.«

»Nun, wie ich bereits sagte –«

Sie legte ihm die Finger auf die Lippen, um ihn zum Schweigen zu bringen. »Wirklich, Nathan…« Sie sah in seine wundervollen Augen. Währenddessen schluckte sie und überdachte abermals, was sie sagen wollte. »Nathan, ich fürchte, Ihr seid ein viel zu fescher Mann, als daß ich widerstehen könnte. Wollt Ihr die Nacht mit mir zusammen in diesem großen Bett verbringen?«

Als sie die Hand fortnahm, spielte ein Lächeln um seine Mundwinkel. »Fesch?«

Sie nickte. »Sehr fesch.« Sie spürte das Wippen ihrer Locken.

Er legte ihr die Arme um die Hüften. Das ließ ihr Herz noch schneller schlagen.

»Ihr seid mir nichts schuldig, Clarissa. Ich habe Euch vor den Dingen, die in Renwold geschahen, gerettet, doch im Gegenzug, habt Ihr mir versprochen zu helfen. Darüber hinaus seid Ihr mir nichts schuldig.«

»Ich weiß. Das ist es nicht –«

Sie wußte, sie drückte sich nicht klar genug aus.

Also stellte sie sich auf die Zehenspitzen, schlang ihm die Arme um den Hals und preßte ihre Lippen auf seine. Er zog sie fest an seinen Körper. Sie überließ sich ganz seinen Armen und Lippen.

Er wich zurück. »Ich bin alt, Clarissa. Ihr seid eine junge Frau. Ihr wollt sicher keinen Mann, der so alt ist wie ich.«

Wie lange hatte sie gelitten, weil sie dachte, sie sei zu alt, um jemanden abzukriegen? Wie oft hatte sie sich verloren gefühlt, weil sie zu alt war? Und jetzt erzählte ihr dieser Mann, dieser wunderbare, lebenssprühende, gutaussehende Mann, sie sei zu jung.

»Nathan, ich möchte auf das Bett geworfen werden, dieses elegante, teure Kleid vom Leib gerissen bekommen, und dann möchte ich, daß Ihr mit mir macht, was immer Ihr wollt, bis ich die Seelen singen höre.«

Er sah sie an. Im Zimmer herrschte absolute Stille. Schließlich schob er ihr einen Arm hinter die Beine und holte sie von den Füßen. Er trug sie zum Bett hinüber, doch statt sie darauf zu werfen, wie sie vorgeschlagen hatte, setzte er sie behutsam darauf ab.

Sein Gewicht versank im Bett, als er sich neben ihr niederließ. Er strich ihr mit den Fingern über die Stirn. Sie sahen sich in die Augen. Er küßte sie zärtlich.

Da ihr Kleid ganz aufgebunden und aufgeknöpft war, ließ es sich leicht über ihre Hüfte streifen. Sie fuhr ihm mit den Fingern durch sein langes silbergraues Haar, während sie ihm dabei zusah, wie er liebevoll ihre Brüste küßte. Seine Lippen fühlten sich warm an auf ihrer Haut. Aus irgendeinem Grund fand sie dies überraschend und erstaunlich. Ein leises Stöhnen entwich ihrer Kehle, als sie spürte, wie ihre Brustwarzen auf so männlich leidenschaftliche Weise geküßt wurden.

Nathan lebte vielleicht schon lange, aber in ihren Augen war er kein alter Mann. Er war fesch, er war draufgängerisch und einfühlsam, und er sorgte dafür, daß sie sich wunderbar fühlte. Sie ertappte sich dabei, wie ihr der Atem stockte, als sie ihn ohne seine Kleider sah.

Kein Mann hatte sie je mit so zielstrebiger Zärtlichkeit berührt, und die Unbeirrbarkeit dieser Berührung ließ ihre Leidenschaft noch heftiger aufglühen.

Seine Küsse wanderten an ihr herab, und bei jedem keuchte sie und hielt in süßem, erstauntem Verlangen den Atem an.

Als er schließlich seinen Platz auf ihr einnahm, gab sie sich ganz und gar und ohne jede Scham ihrer Begierde hin. Sie fühlte sich sicher und geborgen, nicht nur im Himmelbett, sondern auch in seiner feurigen Umarmung. Und dann, als sich ihr Körper unter ihrem erlösenden Schrei anspannte, hörte sie endlich den Gesang der Seelen.

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