Beata blinzelte in die strahlend grelle Sonne, als sie ihre Tasche absetzte; erschöpft strich sie sich das windzerzauste Haar aus dem Gesicht. Da sie nicht lesen konnte, vermochte sie auch nicht zu entziffern, was auf dem Schild über dem turmhoch aufragenden Tor stand, davor jedoch befand sich eine Zahl: 23. Mit Zahlen kannte sie sich aus, daher wusste sie, dass sie am richtigen Ort angekommen war.
Sie starrte auf das Wort hinter der Zahl und versuchte es sich einzuprägen, um es eines Tages wieder zu erkennen, es war jedoch unmöglich, daraus klug zu werden. Es schien aus nichts als unverständlichen, in ein Stück Holz geschnitzten Zeichen zu bestehen. Die krakeligen Hühnerspuren im Sand waren nicht weniger unverständlich. Ein solches Gekritzel konnte sie sich unmöglich einprägen; es war ihr unbegreiflich, wie Menschen sich diese scheinbar unentzifferbaren Zeichen merken konnten, und dennoch taten sie es.
Sie nahm den Stoffbeutel wieder in die Hand, der all ihre Siebensachen enthielt. Es war mühselig gewesen, dieses unhandliche Gepäckstück mitzuschleppen, das ihr ständig gegen die Hüfte schlug, aber genau genommen hatte sie ja nicht übermäßig viel eingepackt: ein paar Kleidungsstücke, ihre vom Flickschuster angefertigten Schuhe, die zuvor ihrer Mutter gehört hatten und die Beata nur zu besonderen Anlässen anzog, um sie nicht vorschnell aufzutragen, ein aus Horn geschnitzter Kamm, Seife, ein paar Andenken von ihren Freundinnen, etwas Wasser, ein Stück Spitze, das man ihr geschenkt hatte, und Nähzeug.
Inger hatte ihr jede Menge zu essen mitgegeben; sie hatte eine Unmenge verschiedener Würste aus den unterschiedlichsten Fleischsorten dabei, manche so dick wie ihr Arm, andere lang und dünn, wieder andere zu Ringen gebogen. Sie waren das Schwerste in ihrem Beutel. Obwohl sie unterwegs mehrere an Leute verschenkt hatte, die Hunger litten, eine davon an einen Farmer und seine Frau, die sie auf ihrem Karren zwei Tage lang mitgenommen hatten, schienen ihre Würste noch immer für mindestens ein ganzes Jahr zu reichen.
Darüber hinaus hatte Inger ihr einen Brief mitgegeben. Er war auf ein Stück feinen Pergaments geschrieben und zweimal gefaltet. Lesen konnte sie ihn nicht, er hatte ihn ihr jedoch vor ihrem Aufbruch vorgelesen, damit sie seinen Inhalt kannte.
Unterwegs hatte sie den Brief bei jeder Rast hervorgeholt, behutsam auf ihrem Schoß ausgebreitet und so getan, als lese sie ihn. Sie hatte sich Ingers Worte ganz genau einzuprägen versucht, um unterscheiden zu können, welches Wort zu welchem gehörte. Es gelang ihr nicht, für sie war das alles nichts weiter als bedeutungsloses Gekrakel.
Snip hatte einst ein Zeichen in den Staub geritzt und ihr erklärt, das Wort bedeute ›Wahrheit‹. Snip! Sie schüttelte den Kopf.
Inger hatte sie nicht fortlassen wollen. Er sagte, er brauche sie. Sie erwiderte, es gebe doch genügend andere, die er einstellen könne. Er könne doch einen Mann einstellen, der einen kräftigeren Rücken habe als sie; er sei doch nicht auf sie angewiesen.
Inger hatte jedoch erwidert, sie sei in den Dingen gut, die für ihn wichtig seien. Er sagte, sie sei fast wie eine Tochter für ihn. Dann erzählte er ihr von der Zeit, als ihre Eltern zu ihm gekommen seien, um zu arbeiten, und sie noch nicht einmal richtig habe laufen können. Als er sie bat zu bleiben, hatte er ganz rote Augen gehabt.
Fast hätte Beata abermals losgeheult, doch sie unterdrückte ihre Tränen. Sie erklärte ihm, sie liebe ihn wie einen Lieblingsonkel, und eben deshalb müsse sie fortgehen – wenn sie bliebe, würde es Ärger geben, der ihn nur verletzen würde. Er meinte, damit würde er schon fertig werden. Sie meinte, wenn sie bliebe, würde man ihr etwas antun oder sie sogar töten, außerdem habe sie Angst. Darauf hatte auch er keine Antwort mehr gewusst.
Inger hatte sie stets hart arbeiten lassen, war dabei aber gerecht gewesen. Stets hatte er dafür gesorgt, dass sie zu essen bekam. Er hatte sie nie geschlagen. Den Burschen hatte er gelegentlich eine Ohrfeige verpasst, wenn sie ihm freche Antworten gaben, den Mädchen dagegen nie. Allerdings gaben ihm die Mädchen auch gar nicht erst freche Antworten.
Ein-, zweimal war er wütend auf sie gewesen, aber geschlagen hatte er sie nie. Wenn sie etwas so Dummes tat, dass er wütend wurde, ließ er sie bis spät in die Nacht junge Hühnchen ausnehmen und von den Knochen lösen. Sehr oft hatte sie das allerdings nicht tun müssen; stets gab sie sich größte Mühe, alles richtig und keine Scherereien zu machen.
Wenn Beata etwas als wichtig erachtete, dann das, stets zu tun, was man von ihr verlangte, und keine Scherereien zu machen. Sie wusste, dass sie genau wie alle anderen Hakenier auch mit ihrem schändlichen hakenischen Wesen auf die Welt gekommen war, und hatte sich vorgenommen, ihre Natur Lügen zu strafen.
Zuweilen, wenn auch überaus selten, zwinkerte ihr Inger zu und meinte, sie habe gute Arbeit geleistet. Für dieses Augenzwinkern hätte Beata alles getan.
Bevor sie aufbrach, hatte er sie lange in die Arme genommen und sich dann hingesetzt, um den Brief für sie aufzusetzen. Als er ihn ihr vorlas, glaubte sie zu sehen, wie er feuchte Augen bekam. Sie konnte sich gerade noch zusammennehmen, um nicht selber wieder in Tränen auszubrechen.
Beatas Eltern hatten ihr beigebracht, nicht in Gegenwart anderer zu weinen, da man sie sonst für schwach und töricht halten könnte. Beata war sehr darauf bedacht, nur nachts zu weinen, wenn niemand sie hörte. Sie konnte ihre Tränen stets bis zum Abend zurückhalten, wenn es dunkel war und sie allein.
Inger war ein liebenswürdiger Mann, den sie sehr vermissen würde – selbst wenn sie sich bei ihm die Hände hatte wund schuften müssen. Arbeit machte ihr keine Angst.
Beata putzte sich die Nase und trat zur Seite, um für einen Karren Platz zu machen, der auf das Tor zurollte. Die Anlage wirkte riesig, dabei gleichzeitig einsam, so ganz abgeschieden draußen im windumtosten Nirgendwo, auf einer flachen Bodenerhebung ganz für sich. Das Tor durch das Bollwerk schien der einzige Weg nach drinnen zu sein, wenn man nicht geradewegs die steilen, erdenen Schutzwälle erklimmen wollte.
Gleich nachdem der Karren sie passiert hatte, folgte Beata ihm durch das hohe Tor und in den Burghof. Überall liefen geschäftig Menschen umher, hinter den Toren ging es zu wie in einer Stadt. Sie war überrascht, so viele Gebäude zu sehen, mit Straßen und Gassen dazwischen.
Ein Wachposten unmittelbar hinter dem Tor beendete seine Unterhaltung mit dem Fahrer des Karrens und winkte ihn weiter. Er richtete sein Augenmerk auf Beata, musterte sie kurz von Kopf bis Fuß, ohne sich im Geringsten anmerken zu lassen, was er von ihr hielt.
»Guten Tag.«
Er bediente sich desselben Tonfalls wie schon gegenüber dem Fahrer – höflich, aber sachlich, nüchtern. Sie erwiderte den Gruß auf die gleiche Weise.
Sein dunkles, anderisches Haar war im Nacken feucht von Schweiß; wahrscheinlich war es heiß unter seiner schweren Uniform. Er zeigte auf die gegenüberliegende Straßenseite.
»Dort drüben. Zweites Gebäude rechts.« Er zwinkerte ihr zu. »Viel Glück.«
Sie bedankte sich mit einem Nicken und eilte zwischen einigen Pferden hindurch, bevor diese zusammenrückten und sie ganz um sie herumlaufen musste; um ein Haar wäre sie mit ihren nackten Füßen in frischen Pferdemist getreten. Scharen von Menschen waren unterwegs in alle Richtungen. Pferde und Karren schoben sich in beiden Richtungen durch die Straßen. Es roch nach Schweiß und Pferden, nach Leder, Staub, Mist und nach dem jungen Weizen, der rund um die Anlage wuchs.
Beata war zuvor noch nie aus Fairfield herausgekommen. Es hatte etwas Einschüchterndes, gleichzeitig aber auch Aufregendes.
Das zweite Gebäude rechts war nicht schwer zu finden. Drinnen saß eine Anderierin hinter einem Schreibtisch und schrieb etwas auf ein zerknittertes, abgegriffenes Stück Papier. Auf der einen Seite ihres Schreibtisches hatte sie einen ganzen Stapel Papiere liegen, einige abgegriffen, andere neu aussehend. Als die Frau aufsah, machte Beata einen Knicks.
»Guten Nachmittag, meine Liebe.« Sie musterte Beata von Kopf bis Fuß, genau wie zuvor der Wachposten. »Weit gelaufen?«
»Von Fairfield aus, Ma’am.«
Die Frau legte ihre Schreibfeder fort. »Von Fairfield aus! Dann bist du allerdings weit gelaufen. Kein Wunder, dass du von Kopf bis Fuß mit Staub bedeckt bist.«
Beata nickte. »Sechs Tage, Ma’am.«
Ein missbilligender Ausdruck stahl sich auf das Gesicht der Frau. Sie schien zu der Sorte Frau zu gehören, die oft missbilligend die Stirn runzelte. »Wieso bist du ausgerechnet hierher gekommen, wenn du aus Fairfield bist? Es gibt jede Menge Stützpunkte, die näher liegen.«
Das war Beata bekannt. Sie wollte keinen näheren Stützpunkt, sie wollte weit fort von Fairfield, weit weg von allen Scherereien. Inger hatte ihr gesagt, sie solle hierhin gehen, zu Nummer 23.
»Ich hab bei einem Mann namens Inger gearbeitet, Ma’am. Er ist Metzger. Als ich erzählte, was ich vorhatte, meinte er, er sei schon hier gewesen und wisse, dass hier freundliche Menschen sind. Ich bin auf seinen Rat hierher gekommen, Ma’am.«
Sie verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. »An einen Metzger namens Inger kann ich mich nicht erinnern, aber er muss wohl hier gewesen sein, denn was er über die Menschen hier sagt, stimmt.«
Beata setzte ihren Beutel ab und holte den Brief hervor. »Wie gesagt, er hat mir geraten, hierher zu gehen, Ma’am.«
Er hatte ihr geraten, Fairfield weit hinter sich zu lassen, und das traf auf diesen Ort zu. Sie hatte Angst, näher an den Schreibtisch heranzutreten, daher beugte sie sich vor und streckte sich, um der Frau ihren kostbaren Brief zu überreichen.
»Er hat mir dieses Empfehlungsschreiben mitgegeben.«
Die Frau faltete den Brief auseinander und lehnte sich zurück, um ihn zu lesen. Während sie beobachtete, wie ihre Augen über die Zeilen wanderten, versuchte Beata sich Ingers Worte ins Gedächtnis zurückzurufen. Zu ihrem Leidwesen musste sie feststellen, dass der genaue Wortlaut zunehmend verblasste. Nicht mehr lange, und sie würde sich nur noch an den groben Inhalt von Ingers Worten erinnern können.
Die Frau setzte den Brief ab. »Nun, Meister Inger scheint große Stücke auf dich zu halten, junge Frau. Warum solltest du eine Arbeitsstelle aufgeben, wo du dich so wohl gefühlt hast?«
Beata hatte nicht damit gerechnet, dass jemand sie fragen könnte, warum sie dies wollte. Sie überlegte kurz und beschloss dann rasch, die Wahrheit zu sagen, wenn auch nicht die ganze.
»Ich hab immer schon davon geträumt, Ma’am. Ich denke, manchmal muss man versuchen, seine Träume in die Tat umzusetzen. Es hat doch keinen Zweck, sein Leben zu leben, ohne es wenigstens einmal zu versuchen.«
»Und warum ist dies dein Traum?«
»Weil ich Gutes tun möchte. Und weil der Mi … der Minister dafür gesorgt hat, dass Frauen hier geachtet werden. Und dass sie gleichgestellt sind.«
»Der Minister ist ein großartiger Mann.«
Beata unterdrückte ihren Stolz. Stolz stand niemandem gut zu Gesicht; er behinderte einen nur.
»Ja, Ma’am. Der Minister wird von jedermann respektiert. Er hat ein Gesetz erlassen, das es hakenischen Frauen ermöglicht, Seite an Seite mit anderischen Männern und Frauen in der Armee zu dienen. Das Gesetz besagt auch, dass alle den hakenischen Frauen, die unserem Land dienen, Respekt zollen müssen. Die Hakenierinnen stehen tief in seiner Schuld. Minister Chanboor ist der Held aller hakenischen Frauen.«
Die Frau musterte sie ohne Regung. »Und außerdem hattest du Ärger mit einem Mann. Hab ich Recht? Irgendein Kerl konnte die Finger nicht von dir lassen, bis du schließlich genug davon hattest und den Mut aufbrachtest, fortzugehen.«
Beata räusperte sich. »Ja, Ma’am, das ist wahr. Aber was ich Euch erzählt habe, dass dies immer schon mein Traum war, stimmt auch. Der Mann hat mich in meinem Entschluss nur bekräftigt, weiter nichts. Es ist nach wie vor mein Traum, vorausgesetzt, man nimmt mich hier auf.«
Die Frau lächelte. »Sehr gut. Wie lautet denn dein Name?«
»Beata, Ma’am.«
»Sehr gut, Beata. Wir versuchen hier, Minister Chanboors Beispiel zu folgen und Gutes zu tun.«
»Deswegen bin ich ja hergekommen, Ma’am, um Gutes zu tun.«
»Ich bin Lieutenant Yarrow Du kannst mich mit Lieutenant ansprechen.«
»Yes, Ma … Lieutenant. Dann darf ich also der Armee … beitreten?«
Lieutenant Yarrow deutete mit ihrer Feder auf einen Sack. »Heb den Sack dort drüben hoch.«
Beata wuchtete den leinenen Sack hoch; er schien lose mit Brennholz gefüllt zu sein. Sie schob eine Hand darunter und hielt ihn mit einem Arm auf ihrer Hüfte fest.
»Ja, Lieutenant? Was soll ich damit machen?«
»Heb ihn auf die Schulter.«
Beata hievte ihn hoch, legte ihren Arm, leicht nach vorne geschoben, um den Sack, damit sich die Muskeln wölbten und das Holz nicht auf ihren Schulterknochen zu liegen kam. Sie wartete.
»Na gut«, meinte Lieutenant Yarrow. »Du kannst ihn wieder absetzen.«
Beata stellte ihn an seinen alten Platz zurück.
»Du hast bestanden«, meinte der Lieutenant. »Meinen Glückwunsch. Soeben hat sich dein Traum erfüllt. Du bist aufgenommen in die anderische Armee. Hakenier können nie vollständig von ihrem Wesen geläutert werden, hier jedoch wird man dich achten, und du wirst Gutes tun können.«
Plötzlich empfand Beata ein Aufwallen von Stolz; sie war machtlos dagegen.
»Vielen Dank, Lieutenant.«
Lieutenant Yarrow deutete mit ihrer Feder fuchtelnd über ihre Schulter. »Nach hinten raus, ganz am Ende des schmalen Ganges, wirst du unmittelbar unterhalb des Festungswalls einen Misthaufen finden. Bring deinen Beutel dorthin und wirf ihn zu dem übrigen Abfall.«
Beata war schockiert und sprachlos. Die Schuhe ihrer Mutter befanden sich darin, sie waren teuer gewesen, ihre Eltern hatten jahrelang auf diese Schuhe gespart. In ihrem Beutel befanden sich Erinnerungsstücke, die Freundinnen ihr geschenkt hatten. Beata kämpfte mit den Tränen.
»Muss ich die Lebensmittel, die mir Inger mitgegeben hat, auch wegwerfen, Lieutenant?«
»Die Lebensmittel auch.«
Beata wusste, wenn eine Anderierin den Befehl zu etwas gab, dann war es richtig, und sie musste es tun.
»Ja, Lieutenant. Würdet Ihr mich dann entschuldigen, damit ich mich darum kümmern kann?«
Die Frau taxierte sie einen Augenblick lang. Ihr Ton wurde ein wenig milder. »Es ist nur zu deinem Besten, Beata. Diese Dinge stammen aus deinem alten Leben. Es wäre nicht gut für dich, an dein altes Leben erinnert zu werden. Je eher du es aus deiner Erinnerung löschst, mitsamt der Lebensmittel, desto besser.«
»Ja, Lieutenant.« Beata nahm all ihren Mut zusammen. »Der Brief, Ma’am. Kann ich den Brief behalten, den Inger mir mitgegeben hat?«
»Da es sich um ein Empfehlungsschreiben und nicht um eine Erinnerung an dein altes Leben handelt, kannst du ihn von mir aus behalten. Du hast ihn dir durch deine vielen Dienstjahre bei diesem Mann verdient.«
Beata berührte die Anstecknadel, die ihren Ausschnitt am Hals zusammenhielt – jene mit dem spiralförmigen Ende, die Snip ihr zurückgegeben hatte. Es war ein Geschenk ihres Vaters, bevor dieser einem Fieber erlegen war.
»Und die Anstecknadel, Lieutenant Yarrow? Soll ich die auch fortwerfen?«
Als sie ihrem Vater bei der Fertigung der schlichten Nadel zugesehen hatte, hatte er ihr erklärt, sie symbolisiere, wie alles miteinander verbunden sei, selbst wenn man das von der Stelle, an der man gerade steht, nicht erkennen könne, und wie alles – folgte man der steten Kreisbewegung – eines Tages auf einen bestimmten Punkt hinauslaufe. Er hatte sie beschworen, sich stets ihre Träume zu bewahren. Und wenn sie Gutes tue, würden diese Träume eines Tages in Erfüllung gehen, selbst wenn dies erst im Leben nach dem Tode geschehe und es die Gütigen Seelen persönlich wären, die ihre Wünsche erfüllten. Es war eine alberne Geschichte für kleine Kinder, sie gefiel ihr trotzdem.
Der weibliche Lieutenant betrachtete die Nadel mit zusammengekniffenen Augen. »Ja. Von jetzt an wird dir das Volk der Anderier alles bereitstellen, was du benötigst.«
»Ja, Lieutenant. Ich freue mich darauf, ihm gute Dienste zu leisten und es für die einmalige Chance zu entschädigen, die mir niemand sonst hätte bieten können.«
Ein Lächeln milderte die Züge der Frau. »Du bist klüger als die meisten Frauen, die hierher kommen, Beata. Klüger als die meisten Männer und Frauen. Du begreifst schnell und du akzeptierst, was man von dir verlangt. Das ist eine wertvolle Eigenschaft.«
Der weibliche Lieutenant erhob sich hinter dem Schreibtisch. »Ich glaube, bei entsprechender Ausbildung könntest du eine gute Anführerin werden – vielleicht als Sergeant. Die Ausbildung ist härter als die eines einfachen Soldaten, aber wenn du die Anforderungen erfüllst, wirst du in ein, zwei Wochen deine eigene Unterabteilung befehligen.«
»Meine eigene Unterabteilung befehligen? In ein, zwei Wochen?«
Der weibliche Lieutenant zuckte die Achseln. »In der Armee zu sein ist nicht schwer. Ganz sicher einfacher als Metzger zu lernen.«
»Müssen wir nicht auch kämpfen lernen?«
»Gewiss, das Kämpfen ist als Grundlage ohne Zweifel wichtig, eigentlich aber eine überholte Funktion der Armee. Früher war die Armee ein Sammellager für alle Extremisten. Der blinde Eifer der Krieger erstickt die Gesellschaft, mit deren Schutz sie beauftragt sind.«
Sie lächelte abermals. »Die wichtigste Eignung ist Köpfchen, und in dieser Hinsicht sind Frauen mehr als ebenbürtig. Dank der Dominie Dirtch ist Muskelkraft eher nebensächlich. Die Waffe ersetzt die Muskelkraft, und in dieser Funktion ist sie unbesiegbar.
Frauen verfügen über das natürliche Einfühlungsvermögen, das man als Offizier braucht – denke zum Beispiel daran, wie ich dir erklärte, du müsstest deine alten Sachen fortwerfen. Männer machen sich nicht die Mühe, ihren Soldaten die Notwendigkeit irgendeiner Handlung zu erklären. Führerschaft bedeutet, diejenigen, die dem eigenen Befehl unterstellt sind, zu erziehen. Frauen bringen in das, was früher nicht viel mehr war als eine wilde Gemeinschaft mit dem Ziel der Zerstörung, Natürlichkeit ein.
Den Frauen, die Anderith verteidigen, wird die Anerkennung zuteil, die ihnen zusteht und die sie verdient haben. Wir helfen der Armee, einen Beitrag zu unserer Kultur zu leisten, statt diese, wie zuvor, einfach nur zu bedrohen.«
Beatas Blick fiel auf das Schwert an Lieutenant Yarrows Hüfte. »Werde ich auch ein Schwert und alles andere tragen dürfen?«
»Und alles andere, Beata. Schwerter dienen dazu, einen Gegner zu verwunden, um ihn abzuschrecken, und man wird dir beibringen, wie man das macht. Du wirst ein wertvolles Mitglied des dreiundzwanzigsten Regiments werden. Wir alle sind stolz darauf, unter Bertrand Chanboor zu dienen, dem Minister für Kultur.«
Das dreiundzwanzigste Regiment. Das war es also, wo Inger ihr geraten hatte, einzutreten.
Das dreiundzwanzigste Regiment bediente und bewachte die Dominie Dirtch. Inger hatte gesagt, Soldaten, die die Dominie Dirtch bedienten, hätten den besten Posten in der Armee und wären am besten angesehen. Er hatte sie als ›Elite‹ bezeichnet.
Beata musste an Inger zurückdenken. Fast kam es ihr vor, als sei das ein anderes Leben gewesen.
Sie hatte seine Metzgerei gerade verlassen wollen, als Inger sie sachte am Arm gefasst und sie noch einmal zu sich umgedreht hatte. Er hatte gesagt, er glaube, ein Mann auf dem Anwesen habe ihr sehr wehgetan, und sie gebeten, ihm zu erzählen, ob das stimme. Sie hatte genickt. Er hatte sie gebeten, ihm zu verraten, wer es gewesen sei.
Beata hatte ihm die Wahrheit gebeichtet.
Daraufhin hatte er sich geräuspert und erklärt, endlich verstehe er, warum sie fortgehen müsse. Inger war vermutlich der einzige Anderier, der ihr geglaubt hatte. Und dem es etwas ausmachte.
Inger hatte ihr ein gutes Leben gewünscht.
»Noch mal«, befahl der Captain.
Beata, die als Erste in der Reihe stand, hob ihr Schwert an und rannte los. Sie stieß ihre Waffe in die an einem Seil hängende Strohpuppe; diesmal bohrte sie ihr das Schwert mitten durchs Bein.
»Ausgezeichnet, Beata!«, meinte Captain Tolbert. Er lobte die Rekrutinnen stets, wenn er guthieß, was sie taten. Für Beata als Hakenierin war dieses Lob eine seltsame Erfahrung.
Sie wäre beinahe gestürzt, als sie der Strohpuppe das Schwert im Vorüberrennen wieder aus dem Bein ziehen wollte. Schließlich gelang es ihr, wenn auch ohne Eleganz. Die anderen schafften sogar das manchmal nicht.
Zum Glück hatte Beata jahrelange Erfahrung mit Messern. Deren Klingen waren zwar kleiner gewesen, aber sie wusste, wie man mit ihnen umging und in die beabsichtigte Stelle stach.
Als Hakenierin durfte Beata Messer angeblich nicht benutzen, weil es Waffen seien, da sie jedoch für einen Metzger gearbeitet hatte, sah man darüber hinweg, denn Metzger waren Anderier und hielten ihre Arbeiter an der kurzen Leine. Metzger ließen die hakenischen Mädchen und Frauen das Fleisch lediglich gemeinsam mit den Anderiern zerteilen. Die hakenischen Burschen und Männer, die für sie arbeiteten, waren hauptsächlich für das Heben und Tragen zuständig – Tätigkeiten, die den Umgang mit Messern nicht erforderlich machten.
Drei der anderen Rekrutinnen – Carine, Emmeline und Annette – waren ebenfalls Hakenierinnen und hatten vorher nie etwas Gefährlicheres als ein stumpfes Brotmesser in der Hand gehabt. Die vier anderischen Burschen – Turner, Norris, Karl und Bryce – stammten nicht aus wohlhabenden Familien und hatten ebenfalls noch kein Schwert in Händen gehalten, als Jungen jedoch mit Stöcken anstelle von Schwertern gespielt.
Beata war sich darüber im Klaren, dass Anderier den Hakeniern in jeder Hinsicht überlegen waren; trotzdem hatte sie Mühe, Turner, Norris, Karl und Bryce nicht lächerlich zu machen. Ein dümmliches Grinsen aufsetzen, das konnten sie am besten. Soweit sie dies beurteilen konnte, erschöpften sich ihre Fähigkeiten damit auch schon; meist stolzierten sie herum und gaben voreinander an.
Die beiden anderischen Rekrutinnen, Estelle Ruffin und Marie Fauvel, waren im Umgang mit Schwertern ebenfalls völlig unerfahren. Trotzdem machte ihnen das Herumhantieren mit den neuen Schwertern ebenso viel Spaß wie allen anderen. Auch sie waren besser als die vier anderischen Burschen. Was dies anbelangte, waren sogar die hakenischen Mädchen Carine, Emmeline und Annette als Soldaten besser.
Die Burschen konnten fester zuschlagen, die Mädchen trafen dafür häufiger das Ziel. Captain Tolbert strich dies in aller Deutlichkeit heraus, damit die jungen Burschen begriffen, dass sie nicht besser waren als die Mädchen. An die Burschen gewandt meinte er, es sei völlig unerheblich, wie fest man mit einem Schwert zuschlagen könne, solange man nichts traf.
Karl hatte sich gleich am ersten Tag eine klaffende Wunde am Bein beigebracht, die hatte genäht werden müssen. Er humpelte, noch immer grinsend, umher, ganz verwundeter Soldat.
Emmeline zielte im Vorüberlaufen auf das Bein der Strohpuppe. Sie verfehlte das hin und her schwingende Bein, stattdessen verfing sich die Spitze ihres Schwertes im Strick um die Hüfte aus Stroh. Sie landete flach auf ihrer hakenischen Nase.
Die vier anderischen Jungen brachen in schallendes Gelächter aus, die Mädchen nicht, weder die Anderierinnen noch die Hakenierinnen. Leise beschimpften die Burschen Emmeline als tölpelhafte Kuh und bedachten sie mit noch ein paar anderen Nettigkeiten.
Knurrend vor Zorn packte Captain Tolbert den Nächstbesten am Kragen: Bryce. »Ich hab’s dir schon einmal gesagt, in deinem alten Leben magst du andere ausgelacht haben, aber nicht hier! Man lacht nicht über seine Kameraden, auch nicht, wenn sie Hakenier sind! Hier seid ihr alle gleich!«
Er stieß Bryce von sich. »Eine solche Respektlosigkeit gegenüber den eigenen Kameraden verlangt nach Strafe. Ich möchte, dass mir jeder von euch eine gerechte Bestrafung nennt.«
Captain Tolbert zeigte auf Annette und bat sie, eine gerechte Bestrafung zu nennen. Sie überlegte einen Augenblick und meinte schließlich, die Burschen sollten sich entschuldigen. Carine und Emmeline, die beiden anderen Hakenierinnen, sagten, sie seien derselben Ansicht. Dann fragte er Estelle. Sie strich sich das dunkle anderische Haar aus dem Gesicht und antwortete, die Burschen gehörten aus der Armee entfernt. Marie Fauvel pflichtete ihr bei, fügte jedoch hinzu, man könnte sie vielleicht im kommenden Jahr wieder aufnehmen. Nach ihrer Vorstellung von einer Bestrafung gefragt, antworteten die vier jungen Burschen, man solle von ihnen verlangen, dergleichen nie wieder zu tun.
Captain Tolbert wandte sich zu Beata. »Du möchtest gerne Sergeant werden. Was wäre deiner Ansicht nach eine gerechte Bestrafung, wärest du bereits Sergeant?«
Beata hatte ihre Antwort parat. »Wenn wir alle gleichgestellt sind, dann sollten wir auch alle gleich behandelt werden. Da die vier das alles für so komisch halten, sollte der gesamte Trupp anstelle des Abendessens eine neue Latrine ausheben.« Sie verschränkte die Arme. »Wenn einer von uns beim Graben hungrig wird, nun, dann wissen wir wenigstens, dass wir das diesen vier Knaben zu verdanken haben.«
Captain Tolbert lächelte zufrieden. »Beata hat eine gerechte Bestrafung genannt. So soll es also geschehen. Falls jemand etwas dagegen einzuwenden hat, kann er nach Hause zum Rockschoß seiner Mutter zurückkehren, denn dann fehlt ihm der Mumm, den man als Soldat braucht, um sich für seine Kameraden einzusetzen.«
Estelle und Marie, die beiden Anderierinnen, bedachten die anderischen Jungen mit finsteren Blicken. Die Burschen ließen die Köpfe hängen und blickten unverwandt zu Boden. Die hakenischen Mädchen waren auch nicht gerade glücklich über die Lösung, aber die Jungen fürchteten sich mehr vor den bösen Blicken der Anderierinnen.
»Nun«, meinte Captain Tolbert, »beenden wir den Drill, damit ihr, sobald die Glocke zum Abendessen geschlagen wird, gleich mit dem Graben anfangen könnt.«
Niemand wagte aufzumucken. Sie hatten gelernt, dass es besser war, sich nicht zu beschweren.
Beata lief der Schweiß in den Nacken, als sie in Zweierreihen nebeneinander über die schmale Straße marschierten. Eigentlich war es eher ein Pfad – kaum mehr als zwei Fahrrinnen von den Nachschubkarren. Captain Tolbert führte sie an, Beata bildete die Spitze der fünf Soldaten in der linken Fahrrinne, und Marie Fauvel marschierte rechts davon, an der Spitze der fünf Soldaten hinter ihr.
Beata war stolz, an der Spitze ihres Trupps zu marschieren. Während der zweiwöchigen Ausbildung hatte sie hart gearbeitet und war zum Sergeant ernannt worden, genau wie von Lieutenant Yarrow vorhergesagt. Beata trug die Rangabzeichen auf die Schulter genäht. Marie, die Anderierin, war zum Corporal ernannt worden – als stellvertretende Befehlshaberin des Trupps. Die anderen acht hatten sich den Rang des Soldaten erworben.
Ihr einziges Verdienst, vermutete Beata, bestand in Wahrheit wohl eher darin, dass niemand Soldat werden konnte, der vor Ablauf der Ausbildung hinausgeworfen wurde. Allerdings wurde von den Neulingen nie jemand hinausgeworfen.
In der nachmittäglichen Hitze war die Uniform alles andere als bequem, aber sie gewöhnte sich allmählich daran. Alle hatten grüne Hosen an. Darüber trugen sie lange wattierte und gesteppte Uniformjacken, die an der Hüfte von einem dünnen Gürtel gerafft wurden. Über der Jacke trugen sie einen Kettenpanzer.
Da der Kettenpanzer schwer war, brauchten die Frauen nur eine ärmellose Kettenpanzerweste zu tragen. Die Männer mussten Kettenpanzer mit ebensolchen Ärmeln tragen, außerdem war der ihre länger. Darüber hinaus mussten sie eine gepanzerte Kapuze anlegen, die Kopf und Nacken bedeckte. Beim Marschieren rollten sie sie um ihren Hals. Mussten sie sie aufsetzen, trugen sie darüber einen Lederhelm. Lederhelme hatten sie alle.
Beata war froh, dass die Frauen nicht gezwungen wurden, all das übrige Zeug anzulegen. Als Sergeant musste sie den Kettenpanzer der Männer gelegentlich in die Hand nehmen, um ihn zu inspizieren. Den ganzen Tag unter einem solchem Gewicht zu marschieren für sie unvorstellbar. Ihr reichte, was sie zu schleppen hatte. Die Freude, mit einem schweren Schwert zu marschieren, war schnell abgeflaut; mittlerweile war es zu einer lästigen Dauerbelastung geworden.
Sie besaßen jeder einen langen Umhang, der wegen der Hitze jedoch jeweils nur über der rechten Schulter geknöpft war, sodass er seitlich herabhing. Über dem Kettenpanzer trugen sie ihren Schwertgurt. Dazu hatte jeder ein Bündel bei sich und natürlich die beiden Speere sowie, am selben Gürtel, ein Messer an der dem Schwert gegenüberliegenden Seite.
Beata fand, ihr Trupp sehe aus, als sei er auf Draht. Von allen Soldaten hatten die Langspießträger hinten im dreiundzwanzigsten Regiment am besten ausgesehen. Sie boten einen prächtigen Anblick, die Männer wirkten in ihren Lanzenträgeruniformen geradezu elegant. Manchmal träumte sie von diesen Männern. Im Vergleich dazu wirkten die Frauen eher langweilig, obwohl sie die gleichen Uniformen trugen.
Weiter vorn erblickte Beata ein dunkles Etwas, das sich über der Grasebene erhob. Im Näherkommen fand sie, dass es aussah wie sehr altes Gestein. Ein Stück dahinter, näher bei ihnen, standen drei niedrige steinerne Gebäude. Die Dächer waren mit Schindeln gedeckt, möglicherweise aus Schiefer.
Beata durchfuhr ein ängstliches Ziehen, als sie dieses riesige, stumme, Ehrfurcht gebietende Etwas erblickte.
Das waren die Dominie Dirtch!
Die Dominie Dirtch waren das Einzige, was die Anderier von den Hakeniern übernommen hatten. Beata musste an die Lektionen denken, die sie darüber gelernt hatte, wie unzählige Anderier von Hakeniern mit diesen Waffen ermordet worden waren. Es waren Furcht erregende Waffen. Die vor ihnen sah ihrem Alter entsprechend aus, die Kanten waren mit der Zeit von Wind und Wetter und von den Abertausenden von Händen, die sie bedient hatten, rundgeschliffen worden.
Wenigstens dienten diese Waffen jetzt, unter der Kontrolle der Anderier, dem Frieden.
Captain Tolbert ließ sie zwischen den Gebäuden Halt machen. Oben auf der gewaltigen, glockenförmigen steinernen Dominie Dirtch konnte Beata Soldaten ausmachen. Auch in den Gebäuden befanden sich Soldaten. Der Trupp hier hatte den Posten monatelang besetzt gehalten und sollte durch Beatas Trupp ersetzt werden.
Captain Tolbert drehte sich zu ihnen um. »Das sind die Kasernen, eine für die Frauen und eine für die Männer. Sorgt dafür, dass es dabei bleibt, Sergeant Beata. Die anderen Gebäude werden für die Küche und zum Essenfassen gebraucht, für Versammlungen, Reparaturarbeiten und alles Übrige.« Er deutete auf das weiter entfernt gelegene Gebäude. »Das dort drüben ist das Depot.«
Er befahl ihnen zu folgen, als er weiterging. In ordentlichen Zweierreihen marschierten sie hinter ihm her, vorbei an der Dominie Dirtch. Sie ragte turmhoch über ihnen auf, dunkel und bedrohlich. Die drei Frauen und der eine Mann oben auf dem Fundament des glockenförmigen Teils sahen zu, wie sie vorüberzogen.
Ein kleines Stück vor der Dominie Dirtch ließ er anhalten und rühren und befahl ihnen, Aufstellung zu nehmen. Schulter an Schulter bildeten sie eine lockere Linie.
»Dies ist die Grenze. Die Grenze Anderiths.« Der Captain deutete auf das scheinbar endlose Grasland. »Das dort draußen ist die Wildnis. Dahinter liegen die Länder anderer Völker. Wir sind hier, um zu verhindern, dass diese anderen Völker kommen und uns unser Land wegnehmen.«
Beata spürte, wie ihre Brust vor Stolz anschwoll. Sie war es, die die anderische Grenze beschützte. Sie war dabei, Gutes zu tun.
»In den nächsten beiden Tagen werden ich und der hier stationierte Trupp euch alles beibringen, was ihr über die Bewachung der Grenze und die Dominie Dirtch wissen müsst.«
Er schritt die Linie ab, blieb vor Beata stehen und sah ihr in die Augen. Er lächelte stolz.
»Anschließend werdet ihr unter dem fähigen Kommando von Sergeant Beata stehen. Ihr werdet ihre und, sollte sie einmal nicht erreichbar sein, Corporal Marie Fauvels Befehle ausnahmslos befolgen.« Er deutete mit einer Handbewegung hinter sie. »Ich werde mir von dem Trupp, den ich zum dreiundzwanzigsten Regiment zurückführen werde, Bericht erstatten lassen und jeden Soldaten, der die Befehle seines Sergeanten nicht ausnahmslos ausgeführt hat, hart bestrafen.«
Er sah die gesamte Linie durchdringend an. »Merkt euch das. Merkt euch das, dass Sergeant Beata verpflichtet ist, sich ihres Ranges würdig zu erweisen. Versagt sie, erwarte ich, dass ihr darüber Bericht erstattet, sobald ich euch holen komme, wenn ihr an der Reihe seid, abgelöst zu werden.
Einmal alle zwei Wochen werden Nachschubkarren eintreffen. Haltet eure Vorräte in Ordnung und bedenkt, wie lange sie reichen müssen.
Eure oberste Pflicht ist es, die Dominie Dirtch zu warten und zu bedienen. In dieser Hinsicht bildet ihr die Verteidigung unseres geliebten Anderith. Oben von der Beobachtungsstation der Dominie Dirtch aus könnt ihr die Dominie Dirtch rechts und links von euch sehen. Sie erstrecken sich entlang der gesamten Grenze, um diese zu bewachen. Die diensthabenden Trupps werden nicht alle zur selben Zeit abgelöst, sodass ihr auf beiden Seiten stets erfahrene Soldaten haben werdet.«
»Sergeant Beata, sobald Euer Trupp ausgebildet ist und wir abziehen, wird es Eure Pflicht sein, dafür zu sorgen, dass Eure Soldaten auf der Dominie Dirtch Dienst tun und sich anschließend mit den Trupps zu beiden Seiten treffen, um mit ihnen sämtliche die Verteidigung betreffenden Dinge abzusprechen.«
Beata hob eine Hand an die Stirn und salutierte. »Jawohl, Captain.«
Er lächelte. »Ich bin stolz auf euch alle. Ihr seid gute anderische Soldaten, und ich weiß, ihr werdet eure Pflicht tun.«
Hinter ihnen ragte die schreckliche hakenische Mordwaffe in den Himmel, für die sie jetzt verantwortlich war, damit sie einem guten Zweck diente.
Beata spürte einen Kloß in der Kehle. Zum allerersten Mal in ihrem Leben war sie überzeugt, etwas Gutes zu tun. Sie lebte ihren Traum, und das war ein gutes Gefühl.