29

Kahlan ließ sich von ihm bereitwillig ein Stück durch das feuchte Gras führen. Sie war eher bereit, mit ihm allein zu diskutieren, als vor all den anderen; Richard seinerseits hatte ebenfalls keine Lust, ihr vor allen anderen zu erklären, was er zu sagen hatte.

Über seine Schulter sah Richard Chandalens Jäger, die wie beiläufig dastanden, auf ihre Speere gestützt, Speere, die in Gift getaucht waren. Sie schienen träge darauf zu warten, daß Richard und Kahlan ihre Unterredung beendeten und zurückkehrten. Doch er wußte, sie hatten nichts Träges an sich. Sie waren, wie er jetzt sah, strategisch postiert, um die Baka Tau Mana genau im Blick zu behalten. Schließlich war dies ihr Land, und die Baka Tau Mana waren, auch wenn sie Richard kannten, Außenstehende.

Die Baka Tau Mana wiederum wirkten vollkommen gleichgültig gegenüber den Jägern der Schlammenschen. Die Meister der Klinge tauschten ein paar unbekümmerte Bemerkungen aus, sahen zu den Unwetterwolken am Horizont hinüber, räkelten sich oder gähnten.

Richard hatte gegen die Meister der Klinge der Baka Ban Mana gekämpft und wußte, daß sie alles andere als gleichgültig waren, denn sie waren jeden Augenblick bereit zu töten. Sie fristeten eine karge Existenz, umringt von Feinden, die entschlossen waren, sie umzubringen, daher lag es in ihrem antrainierten Wesen, jederzeit darauf gefaßt zu sein, töten zu müssen.

Als Richard in Schwester Vernas Begleitung den Meistern der Klinge zum ersten Mal begegnet war, hatte er sie gefragt, ob sie gefährlich seien. Schwester Verna hatte geantwortet, in ihrer Jugend habe sie einen Meister der Klinge der Baka Ban Mana gesehen, der in die Garnison in Tanimura eingedrungen sei und fast fünfzig gut bewaffnete Soldaten getötet habe, bevor man ihn überwältigen konnte. Sie hatte berichtet, sie hätten gekämpft wie unsichtbare Seelen, wofür manche sie sogar hielten.

Richard wollte nicht, daß ein harmloser Irrtum oder ein kleiner Fauxpas dazu führte, daß die Schlammenschen und die Baka Tau Mana übereinander herfielen. Dafür waren sie alle viel zu gute Kämpfer.

Cara, alles andere als kühl, bedachte alle miteinander mit wütenden Blicken.

Den drei Seiten eines Dreiecks gleich waren Schlammenschen, Baka Tau Mana und Cara Teil ein und desselben Ringes. Sie alle waren mit Richard und Kahlan verbündet und hatten sich denselben Zielen verschrieben, obwohl ein jeder von ihnen die Welt mit anderen Augen sah. Sie alle schätzten dieselben Dinge im Leben: Familie, Freunde, harte Arbeit, Ehrlichkeit, Pflicht, Treue, Freiheit.

Kahlan legte ihm die Hand mit sanftem Nachdruck auf die Brust.

»Was immer ich im Augenblick fühle, Richard, ich weiß, du hast das Herz am rechten Fleck. Aber im Augenblick verhältst du dich nicht überlegt. Du bist der Sucher der Wahrheit, du mußt nicht ständig darauf beharren, du seist im Recht und würdest diese Dinge vollkommen durchschauen. Wir können der Magie der Schwestern der Finsternis und ihrem Lauer Einhalt gebieten. Zedd und Ann werden dem Bann entgegenwirken. Wieso benimmst du dich so starrsinnig?«

»Kahlan«, erwiderte er mit gesenkter Stimme, »dieses Huhn war eine Chimäre.«

Gedankenverloren spielte sie, ohne es zu merken, mit dem dunklen Stein an dem feinen Goldkettchen um ihren Hals. »Du weißt, ich liebe dich, Richard, und du weißt, daß ich an dich glaube, aber in diesem Fall bin ich einfach…«

»Kahlan«, fiel er ihr ins Wort. Er wußte, was sie dachte, was sie sagen wollte. Im Augenblick wollte er nichts weiter, als daß sie zuhörte.

»Du hast die in den Grußformeln genannten Chimären in diese Welt gerufen. Du hast es weder absichtlich getan, noch weil du Unheil stiften wolltest – kein Mensch würde etwas anderes vermuten. Du hast es getan, weil du mich retten wolltest. Ich war dem Tod nahe und brauchte deine Hilfe, daher trifft mich auch ein Teil der Schuld. Ohne mein Dazutun hättest du nicht zu handeln brauchen.«

»Vergiß unsere Vorfahren nicht. Hätten sie keine Kinder in die Welt gesetzt, wären wir nicht geboren worden und hätten unsere Verbrechen nicht begehen können. Vermutlich möchtest du sie ebenfalls verantwortlich machen?«

Er benetzte seine Lippen und faßte sie sacht bei den Schultern. »Ich wollte nur sagen, ausgelöst wurde dies alles durch deine Bereitschaft zu helfen. Aber damit hast du dich keinesfalls einer bösen Absicht schuldig gemacht. Das mußt du verstehen. Aber du hast die Worte ausgesprochen, die den Bann vollendet haben, und das macht dich ohne dein Wollen verantwortlich. Du hast die Chimären in diese Welt geholt.

Aus irgendeinem Grund wollte Zedd nicht, daß wir davon erfahren. Ich wünschte, er hätte uns die Wahrheit anvertraut, aber das hat er nicht. Gewiß hatte er Gründe, die er für wichtig genug erachtete, uns anzulügen. Nach allem, was ich weiß, waren sie das vielleicht sogar.«

Die Fingerspitzen an die Stirn gelegt, schloß Kahlan die Augen und seufzte nachsichtig. »Ich gebe dir recht, Richard. Zedds Verhalten ist in mancherlei Hinsicht verwirrend, außerdem sind noch viele Fragen offen, das heißt aber nicht, daß wir voreilige Schlüsse ziehen dürfen, nur um überhaupt eine Antwort zu haben. Zedd ist der Oberste Zauberer. Wenn er uns um etwas bittet, müssen wir darauf vertrauen.«

Richard berührte ihre Wange. Liebend gerne wäre er mit ihr allein gewesen, wirklich allein, und hätte versucht, seine dumme Nachlässigkeit wiedergutzumachen. Er hätte es gerne vermieden, ihr all diese Dinge sagen zu müssen, hatte aber keine andere Wahl.

»Bitte, Kahlan, hör dir an, was ich zu sagen habe, und entscheide dann, ja? Ich würde mich gerne irren, wirklich. Entscheide du.

Als die Jäger der Schlammenschen uns im Seelenhaus bewachten, waren die Chimären draußen. Eine von ihnen tötete ein Huhn, aus dem einfachen Grund, weil sie eben gerne töten.

Als Juni, wie ich, den Lärm hörte, sah er nach, konnte aber nichts entdecken. Daraufhin beleidigte er die Seele des Mörders, damit sie sich zu erkennen gab. Sie tat es und brachte ihn um, weil er sie beleidigt hatte.«

»Ich habe dieses Hühnerwesen ebenfalls beleidigt, wieso hat es mich dann nicht auch getötet?« Kahlan wischte sich erschöpft mit der Hand über die Augen. »Beantworte mir das, Richard. Wieso hat es mich nicht getötet?«

Er blickte ihr kurz in ihre wunderschönen, grünen Augen, dann nahm er seinen ganzen Mut zusammen.

»Die Chimäre selbst hat dir die Antwort gegeben, Kahlan.«

»Was?« meinte sie mit zusammengekniffenen Augen. »Wovon redest du?«

»Dieses Hühnerwesen war kein Lauer, es war eine Chimäre, und sie hat dich auch nicht mit deinem Titel Mutter Konfessor angesprochen. Es war eine Chimäre, und sie hat genau das gesagt, was sie meinte, sie nannte dich ›Mutter‹.«

Kahlan starrte ihn schockiert aus weit aufgerissenen Augen an.

»Sie respektieren dich«, fuhr er fort, »zumindest in begrenztem Maß, denn du hast sie in die Welt des Lebendigen geholt. Du hast ihnen das Leben geschenkt. Sie betrachten dich als ihre Lebensspenderin, als ihre Mutter. Daß dieses Hühnerwesen das Wort Konfessor hinzufügen wollte, nachdem es dich mit ›Mutter‹ angesprochen hatte, war lediglich eine Vermutung von dir, da du es gewohnt bist, mit diesem Titel angesprochen zu werden.«

Er konnte förmlich sehen, wie die Wahrheit seiner Worte ihr behutsam errichtetes Vernunftgebäude zum Einsturz brachte. Manche Wahrheiten, hatten sie erst einen bestimmten Punkt überschritten, waren geradezu körperlich spürbar, und an diesem Punkt fiel alles mit der Endgültigkeit eines Schließriegels vor einem Gefängnis der Wahrheit klickend ins Schloß.

Kahlan traten die Tränen in die Augen.

Sie schmiegte sich enger an ihn, in seine tröstenden, verständnisvollen Arme. An seiner Brust entfuhr ihr ein Schluchzen, woraufhin sie sich verärgert ihre Wange abwischte, über die gerade eine Träne rollte.

»Ich glaube, das allein war deine Rettung«, sagte er leise und umarmte sie liebevoll. »Ich möchte dein Leben nicht noch einmal ihrer Barmherzigkeit anvertrauen.«

»Wir müssen sie aufhalten.« Sie unterdrückte einen weiteren Schluchzer. »Bei den Gütigen Seelen, wir müssen ihnen Einhalt gebieten.«

»Ich weiß.«

»Weißt du denn auch, was zu tun ist?« fragte sie. »Hast du eine Idee, wie wir sie wieder in die Welt der Toten zurückjagen können?«

»Noch nicht. Wenn man eine Lösung finden will, muß man zunächst einmal das eigentliche Problem erkennen. Ich denke, das ist uns soeben gelungen, oder?«

Kahlan nickte und trocknete sich die Augen. So schnell, wie die bittere Erkenntnis ihr die Tränen entlockt hatte, so schnell vertrieb ihre Entschlossenheit sie wieder.

»Warum hätten sich die Chimären vor dem Seelenhaus herumtreiben sollen?«

Während sie sich nach ihrer Trauung ihrer Liebe hingegeben hatten, hatte draußen vor ihrer Tür etwas gelauert und den Tod gefeiert. Schon der Gedanke erzeugte bei ihm ein Gefühl der Übelkeit.

»Ich weiß es nicht. Vielleicht wollten die Chimären in deiner Nähe sein.«

Kahlan nickte bloß. Sie hatte verstanden. In der Nähe ihrer Mutter.

Richard mußte an Kahlans niedergeschlagenes Gesicht denken, als Nissel das totgeborene Baby in das Haus der Toten gebracht hatte. Auch das ging auf das Konto der Chimären. Und dies war erst der Anfang.

»Was ist eine verhängnisvolle Huldigung? Du hast schon einmal davon gesprochen, gestern, als wir Zedd und Ann besuchen gingen.«

»Die meisten Geschichten über die Chimären, die ich erzählt habe, stammen aus einem sehr alten Bericht. Weil Kolo Angst hatte, waren seine schriftlichen Kommentare ausführlicher als gewöhnlich. Gegen Ende des von ihm zitierten Berichtes heißt es: ›Merke dir meine Worte gut! Hüte dich vor den Grußformeln und zeichne für dich selbst, sofern es nötig wird, dreifach eine verhängnisvolle Huldigung: auf die nackte Erde, in den Sand und mit Blut‹.«

»Und was bedeutet das?«

»Wenn ich das wüßte. Ich hatte gehofft, vielleicht wüßten es Zedd oder Ann. Er weiß alles über Huldigungen. Ich dachte, vielleicht hätte er etwas über sie gehört.«

»Aber du glaubst, diese verhängnisvolle Huldigung könnte den Chimären Einhalt gebieten?«

»Ich weiß es einfach nicht, Kahlan. Mir kam der Gedanke, möglicherweise handle es sich um eine verzweifelte Aufforderung zum Selbstmord.«

Kahlan nickte gedankenverloren, während sie über die Worte in Kolos Tagebuch nachgrübelte.

»Ich könnte es verstehen, wenn es sich um eine Aufforderung zum Selbstmord handelt. Ich konnte die Bosheit dieses Wesens spüren«, sagte sie, den Blick auf die Visionen vor ihrem geistigen Auge gerichtet. »Als ich mich zusammen mit diesem Hühnerwesen – der Chimäre – in dem Totenhaus der Schlammenschen aufhielt, konnte ich die Bosheit in seinem Innern spüren. Bei den Gütigen Seelen, es war grauenhaft. Dieses Wesen war dabei, Juni die Augen auszupicken. Er war längst tot, trotzdem wollte es ihm noch die Augen auspicken.«

Er zog sie abermals in seine Arme. »Ich weiß.«

Sie löste sich von ihm, sie hatte wieder Hoffnung geschöpft. »Gestern bei Zedd und Ann meintest du, Kolo habe geschrieben, anfangs seien sie ziemlich beunruhigt gewesen, bei ihren Nachforschungen hätten sie jedoch herausgefunden, daß die Chimären eine einfache Waffe seien, die leicht zu besiegen wäre.«

»Stimmt, aber Kolo berichtete lediglich über ihre Erleichterung, nachdem sie herausgefunden hatten, daß sie es nicht mit dem anfangs angenommenen Problem zu tun bekommen würden. Über die Lösung hat er sich nicht geäußert. Man sandte einen Zauberer namens ›Berg‹ aus, der sich der Angelegenheit annehmen sollte. Was er offenkundig auch getan hat.«

»Hast du eine Idee, ob es wirkungsvolle Waffen gegen sie gibt? Juni war schwer bewaffnet, doch es hat ihm nichts genützt. Gibt es vielleicht noch andere Waffen?«

»Kolo hat nie eine entsprechende Andeutung gemacht. Pfeile haben das Hühnerwesen jedenfalls nicht getötet, und Feuer kann ihnen mit Sicherheit nichts anhaben.

Allerdings bestand Zedd mit Nachdruck darauf, ich solle das Schwert der Wahrheit wiederbeschaffen. Wenn er bezüglich seines Lauer geschwindelt hat, dann vielleicht nur, um uns vor Schaden zu bewahren. Ich glaube, wenn es um das Schwert geht, würde er nicht die Unwahrheit sagen. Er bestand darauf, daß ich es hole, und meinte, es sei vielleicht die einzige noch funktionierende Magie, die uns beschützen kann. Soweit glaube ich ihm.«

»Warum, glaubst du, ist dieses Hühnerwesen vor dir weggelaufen? Ich meine, wenn die Chimären mich für ihre Mutter halten, könnte ich noch verstehen, daß sie eine Art … Verehrung für mich empfänden und es ihnen widerstrebte, mir ein Leid zuzufügen, aber warum sollten sie vor dir fortlaufen, wenn sie so übermächtig sind? Du hast nur mit einem Pfeil auf sie geschossen, hast aber selbst gesagt, Pfeile könnten ihnen nichts anhaben. Warum sollte es dann vor dir fliehen?«

Richard fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. »Das habe ich mich auch schon gefragt, doch bislang kann ich nur mit einer einzigen Antwort dienen: es handelt sich um Geschöpfe Subtraktiver Magie, und ich bin seit Jahrtausenden der einzige, der mit dieser Seite der Magie geboren wurde. Vielleicht befürchten sie, meine Subtraktive Magie könnte ihnen etwas anhaben – vielleicht kann sie es sogar. Es wäre auf jeden Fall eine Hoffnung.«

»Und das Feuer? Das eine einsame Scheit des Freudenfeuers auf unserer Hochzeit, das immer noch brannte, nachdem du es ausgetreten hattest. Das war auch eine von ihnen, nicht wahr?«

Richard war die Vorstellung zuwider, sie könnten sich in ihr Hochzeitsfeuer eingeschlichen haben. Es kam einer Schändung gleich.

»Ja. Sentrosi – die zweite Grußformel. Sie bedeutet ›Feuer‹. Die erste, Reechani, bedeutet ›Wasser‹. Und die dritte, Vasi, bedeutet ›Luft‹.«

»Aber du hast das Feuer gelöscht. Die Chimäre hat nicht versucht, dich daran zu hindern. Wenn sie Juni getötet haben, weil er sie beleidigt hatte, dann sollte man doch meinen, daß sie das, was du ihnen angetan hast, verärgert. Stattdessen ist dieses Hühnerwesen vor dir ebenfalls fortgelaufen.«

»Ich weiß es nicht, Kahlan. Ich weiß keine Antwort darauf.«

Sie sah ihm tief in die Augen und zögerte einen Moment. »Vielleicht haben sie dir aus dem gleichen Grund nichts angetan wie mir.«

»Sie halten mich auch für ihre Mutter?«

»Für ihren Vater«, sagte sie, unbewußt den dunklen Stein um ihren Hals liebkosend. »Ich benutzte den Bann, um dich am Leben zu halten, um zu verhindern, daß du in die Welt der Toten hinüberwechselst. Der Bann rief die Chimären auf den Plan, weil sie von der anderen Seite stammen und ebendiese Macht besitzen. Vielleicht halten sie uns, da wir beide betroffen sind, für Vater und Mutter – für ihre Eltern.«

Richard sagte nachdenklich: »Schon möglich. Ich will nicht behaupten, es ist völlig ausgeschlossen, aber als ich spürte, daß sie in der Nähe waren, hatte ich das Gefühl, es steckte noch mehr dahinter – etwas, das mir die Haare zu Berge stehen ließ.«

»Noch mehr? Was zum Beispiel?«

»Es war der überwältigende Eindruck ihrer Gier, sobald sie in meine Nähe kamen, verbunden mit einem Gefühl übermächtigen Ekels.«

Kahlan rieb sich die Arme. Die Vorstellung einer derart obszönen Bosheit mitten unter ihnen ließ sie erschaudern. Ein freudloses Lächeln, voller bitterer Ironie, huschte über ihr Gesicht.

»Shota hat immer gesagt, wir würden ein Monster zeugen.«

Richard legte ihr die Hand auf die Wange. »Irgendwann, Kahlan. Irgendwann.«

Den Tränen nahe, ließ sie von seiner Hand ab, wich seinem Blick aus und starrte unverwandt zum Horizont. Sie räusperte sich und versuchte, ihre Stimme in die Gewalt zu bekommen.

»Wenn die Magie schwindet, verliert wenigstens auch Jagang seine Helfer. Er kontrolliert die mit der Gabe Gesegneten, damit sie seine Armee unterstützen. Wenn ihm diese Fähigkeit verlorenginge, hätte das Ganze wenigstens etwas Gutes.

Er hat sich eines dieser Zauberer bedient und versucht uns umzubringen. Er hat sich einer der Schwestern des Lichts bedienen können, um die Pest aus dem Tempel der Vier Winde hervorzuholen. Schwindet die Magie tatsächlich aufgrund der Chimären, dann wenigstens auch für Jagang.«

Richard biß sich auf die Unterlippe. »Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Wenn dieses Hühnerwesen Angst vor mir hatte, weil ich Subtraktive Magie besitze, dann dürfte Jagangs Kontrolle über die mit der Gabe Gesegneten nicht mehr funktionieren, andererseits…«

»Bei den Gütigen Seelen«, sagte sie, wandte sich wieder zu ihm und hob den Kopf. »Die Schwestern der Finsternis. Sie sind vielleicht nicht damit geboren, aber sie wissen, wie man Subtraktive Magie benutzt.«

Richard nickte, widerstrebend. »Ich fürchte, Jagang hat, wenn auch niemanden sonst, noch immer die Schwestern der Finsternis in seiner Gewalt. Ihre Magie wird funktionieren.«

»Dann ruht unsere einzige Hoffnung auf Zedd und Ann. Hoffen wir, daß sie die Chimären aufhalten können.«

Richard konnte sich selbst ihr zuliebe nicht zu einem Lächeln zwingen. »Wie denn? Keiner von ihnen kann Subtraktive Magie anwenden. Ihre Magie wird wie die aller anderen schwächer. Sie werden ebenso hilflos sein wie das ungeborene Kind, das sterben mußte. Ich bin sicher, sie sind fort, aber wohin?«

Sie bedachte ihn mit einem Blick, ein Blick ganz Mutter Konfessor. »Hättest du dich an deine erste Gemahlin erinnert, als es angebracht war, hätten wir es Zedd erzählen können, Richard. Vielleicht hätte das etwas geändert. Jetzt haben wir die Gelegenheit verpaßt. Du hast dir einen sehr ungünstigen Zeitpunkt für deine Nachlässigkeiten ausgesucht.«

Er wollte widersprechen, ihr erklären, es habe sich nichts geändert, ihr erzählen, sie irre sich, brachte es aber nicht über die Lippen. Sie irrte sich nicht. Zedd wäre allein in den Kampf gegen die Chimären gezogen. Richard fragte sich, ob sie zurückgehen und seinen Großvater suchen sollten.

Schließlich ergriff sie seine Hand und liebkoste sie aufmunternd, anschließend führte sie ihn erhobenen Hauptes dorthin zurück, wo die anderen warteten. Ihr Gesicht war das einer Konfessor, bar jeder Gefühlsregung, erfüllt von Autorität.

»Wir wissen noch nicht, was wir gegen sie unternehmen werden«, verkündete Kahlan, »aber eins ist mir über jeden Zweifel hinaus klar: Die Chimären wurden auf diese Welt losgelassen.«

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