Kommandozentrale der Astro Corporation

Ich könnte genauso gut ein Feldbett hier reinstellen, sagte sich Jake Wanamaker, als er die Konsolenreihe abschritt. Jeder Platz war mit einem Techniker besetzt. Sie überwachten Bildschirme, die die Kommandozentrale mit Astro-Schiffen und Stützpunkten vom Mond bis zum Asteroidengürtel verbanden. Der nur vom geisterhaften Glühen der Schirme erhellte Raum war heiß und stickig und wurde vom Summen elektrischer Ausrüstung und der nervösen Anspannung besorgter Männer und Frauen erfüllt.

Es waren vor allem zwei Anzeigen, für die Wanamaker sich interessierte: die Malapert-Basis in der Nähe des Mond-Südpols und die Cromwell, die sich auf dem Zielanflug auf den Asteroiden Vesta befand.

Wanamaker beugte sich über die Technikerin, die mit der Cromwell Kontakt hielt. In der Wolke aus energiereichen Partikeln war ein Funkkontakt unmöglich. Jedoch hatte der Kapitän des Schiffes vor über einer halben Stunde eine Bündellasernachricht gesendet. Sie wurde gerade vom Astro-Teleskop auf der Oberfläche des Mondes aufgefangen.

Der Schirm zeigte nichts als bunte Schlieren.

»Die Decodierung läuft, Sir«, murmelte die Technikerin. Sie spürte den Atem des Admirals im Nacken.

Das Kaleidoskop löste sich auf und enthüllte das besorgte Gesicht des Kapitäns der Cromwell. Der Mann vermochte kaum geradeaus zu schauen.

»Wir haben den Zielanflug eingeleitet«, meldete er knapp. »Die Strahlenwolke löst sich schneller auf als vorhergesagt, sodass wir die Nutzlast vor dem geplanten Punkt freisetzen werden.«

Der Bildschirm wurde dunkel.

Die Technikerin drehte sich zu Wanamaker um. »Das ist die vollständige Nachricht, Sir«, sagte sie.

Sein erster Impuls war, sofort eine Antwort an die Cromwell zu senden und den Kapitän anzuweisen, sich an den ursprünglichen Plan zu halten und die Nanomaschinen bis zum festgelegten Freisetzungspunkt zu befördern. Bis er sich bewusst wurde, dass eine Nachricht das Schiff erst in mehr als einer Stunde erreichen würde. Ich kann nichts machen, sagte er sich und richtete sich auf. Er streckte die Arme über den Kopf und sagte sich, der Kapitän ist an der Front. Wenn er glaubt, dass er die Ladung vorzeitig freisetzen muss, wird er einen guten Grund dafür haben. Aber Wanamaker glaubte selbst nicht so recht daran. Der Kapitän macht es sich zu leicht, sagte er sich. Er führt den Angriff nicht konsequent durch.

Er drehte sich langsam und suchte den düsteren Raum nach Tashkajian ab. Sie war an ihrem Schreibtisch auf der anderen Seite der Kommandozentrale. Es ist ihr Plan, sagte Wanamaker sich. Sie hat ihn mit dem Kapitän ausgearbeitet. Wenn die frühe Freisetzung der Ladung ein Fehler ist, wird sie es mir schon sagen.

Aber was würde das bringen? Ein anders lautender Befehl von mir käme ohnehin zu spät.

Tashkajian erhob sich von dem kleinen Rollenstuhl, als er sich ihrem Schreibtisch näherte.

»Sie haben den Bericht von der Cromwell gesehen?«, fragte Wanamaker.

»Ja, Sir.«

»Und?«

Sie zögerte für einen Moment. »Er handelt wahrscheinlich richtig. Die Raketen sind klein, zumal Vestas Radar noch von der Strahlung blockiert wird.«

»Aber er sagte doch, dass die Wolke sich wieder auflöst.«

»Unsere Berichte von den IAA-Kontrollstationen …«

Ein Jubelruf von einer der Konsolen unterbrach sie. »Sie haben sie gefunden!«, rief ein männlicher Techniker mit strahlendem Gesichtsausdruck. »Sie haben Pancho gefunden! Sie lebt!«


Dass sie das Bewusstsein verloren hatte, erkannte Pancho erst, als der quälende Schmerz sie wieder weckte. Sie blinzelte mit verklebten Augen und sah, dass jemand in einem bauchigen Hartschalen-Raumanzug sie aufhob, ohne auf den gebrochenen Knöchel zu achten.

»Jesus Christus auf einer Harley!«, stöhnte sie. »Seien Sie vorsichtig, um Himmels willen.«

»'tschuldigung«, sagte die Gestalt im Raumanzug. Pancho hörte die Stimme in den Helm-Ohrhörern.

»Das Bein ist gebrochen«, sagte sie — oder schluchzte sie beinahe, so sehr schmerzte es.

»Ich pass schon auf«, sagte der Typ im Raumanzug. Pancho, vom Schmerz benebelt, wurde sich bewusst, dass sie zu dritt waren. Einer hielt sie an den Schultern, ein anderer an den Beinen und der Dritte schwebte an ihrer Seite, als sie sie vom Wrack des Raumboots wegbrachten.

»Ich werde den Knöchel ruhig stellen, sobald wir Sie zu unserem Raumboot gebracht haben«, sagte der Mann. »Ich bin Sanitäter, Ms. Lane.«

»Das habe ich schon spitzgekriegt«, schimpfte sie. »Totale Schmerzunempfindlichkeit — gegenüber den Schmerzen anderer Leute.«

»Wir wussten nicht, dass Ihr Knöchel gebrochen ist, Ma'am. Sie waren bewusstlos, als wir Sie fanden. Sauerstoff hatten Sie auch fast keinen mehr.«

Klugscheißer, sagte Pancho sich. Aber sie hielt an sich. Ich sollte diesen Pinguinen dankbar sein, dass sie sich auf die Suche nach mir gemacht haben. Bei jedem Schritt schoss ihr ein stechender Schmerz durchs Bein.

»Wir mussten über einen Kilometer von der Absturzstelle entfernt landen«, sagte der Medizinstudent. »Hier ist zu wenig Platz, um ein Raumboot herunterzubringen.«

»Was Sie nicht sagen.«

»Wir werden in zehn bis fünfzehn Minuten ankommen. Dann kann ich Ihren Knöchel richten.«

»Lasst mich nur nicht fallen«, knurrte Pancho.

»Der Boden ist sehr steinig und uneben. Wir versuchen unser Bestes.«

»Lasst mich nur nicht fallen«, wiederholte sie.

Sie ließen sie nur einmal fallen.


Als Selenes Rettungsmannschaft Fuchs, seine dreiköpfige Besatzung und die Humphries-Sicherheitsleute ins Krankenhaus brachten, hatte Fuchs die Geistesgegenwart, sich als Karl Manstein auszugeben. Medizinisches Personal legte die Überlebenden des Feuers auf Rolltragen und transportierten sie zu Betten, die durch Plastikvorhänge abgetrennt waren.

Fuchs wusste, dass er und seine Mannschaft das Krankenhaus auf schnellstem Weg verlassen mussten. Er lag auf dem sauberen weißen Laken, starrte an die cremefarbene Decke und fragte sich, wie weit die anderen von ihm entfernt waren. Er erinnerte sich, dass Nodon verwundet war. Das wird eine Flucht erschweren.

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Manstein als Deckname und Fiktion enttarnt wird. Und dann?

Und dann kam ihm eine neue Idee, und plötzlich schaute er in seinem abgetrennten Bereich mit einem Lächeln zur Decke empor.

»Ist noch jemand drin?«, hatte der Einsatzleiter gefragt, als Fuchs und der Humphries-Sicherheitschef endlich durch die Luke und die provisorische Luftschleuse wankten, die Selenes Rettungskräfte aufgebaut hatten.

Der Sicherheitschef hatte ernst den Kopf geschüttelt. »Keine Überlebenden«, hatte er gesagt.

Humphries ist tot, triumphierte Fuchs. Er hätte vor Freude lachen mögen, wie er auf dem Krankenhausbett lag — Augen und Lunge noch vom Rauch gereizt. Ich habe es geschafft! Ich habe das mörderische Schwein getötet! Martin Humphries ist tot.


Martin Humphries war jedoch recht lebendig, aber auch schon am Verhungern. Er hatte bisher noch nie Hunger leiden müssen, doch ob er nun auf dem dicken Bodenbelag des Schutzraums ging, saß oder lag — der leere Magen knurrte ihn an. Es schmerzte, dieses hohle Gefühl im Bauch. Es dehnte sich von Minuten zu Stunden, sodass die Gedanken nur noch ums Essen kreisten. Selbst wenn er zu schlafen versuchte, wurde ihm im Traum eine opulente Mahlzeit serviert, die sich dann als Trugbild erwies.

Und der Durst war noch schlimmer. Der Hals wurde trocken, die Zunge schien im Mund anzuschwellen, und die Augen fühlten sich körnig an.

Vielleicht wird das hier mein Grab, sagte er sich. Hundertmal ging er zur luftdichten Platte und berührte sie zaghaft mit den Fingerspitzen. Sie fühlte sich kühl an. Er drückte mit beiden Händen dagegen. Presste die Wange dagegen. Das Feuer muss längst erloschen sein, sagte er sich. Die Armbanduhr sagte ihm, dass über zwanzig Stunden vergangen waren. Das Feuer muss längst aus sein. Aber was ist mit Luft? Gibt es überhaupt noch Atemluft auf der anderen Seite der Platte?

Es wird schon jemand kommen, versuchte er sich zu beruhigen. Mein Sicherheitschef weiß über diesen Schutzraum Bescheid. Wenn er im Feuer nicht umgekommen ist. Wenn er wegen Sauerstoffmangels nicht erstickt ist. Ferrer. Viktoria hat es vielleicht nach draußen geschafft. Sie wird ihnen sagen, dass ich hier bin. Wird sie das wirklich tun, fragte er sich dann. Ich habe ihr den Zutritt zum Schutzraum verwehrt; vielleicht lässt sie mich hier drin verrotten dafür, selbst wenn sie es überstanden hat. Trotzdem wird irgendjemand Leute herschicken, um das Haus zu begehen und den Schaden festzustellen. Selenes Sicherheitsleute.

Die gottverdammten Schadensachverständigen müssen ja früher oder später hier antanzen.

Glaub nur nicht, dass die Versicherungsleute es besonders eilig hätten, hier vorbeizuschauen, sagte eine spöttische Stimme in seinem Kopf.

Das ist nur die Schuld dieses Schwachkopfs von einem Architekten, sagte Humphries sich wutschnaubend. Der Idiot! Baut diesen Schutzraum ohne ein Telefon, um Kontakt mit der Außenwelt herzustellen. Ohne Sensoren, die mir sagen, ob es Luft auf der anderen Seite der Tür gibt. Ich werde dafür sorgen, dass er nie wieder einen Auftrag bekommt. Nie wieder! Er wird an Straßenecken betteln, wenn ich mit ihm fertig bin.

Es gibt hier drin nicht mal einen Wasserhahn. Ich könnte verdursten, bevor man mich findet.

Er sackte auf den Boden und wollte weinen, aber sein Körper war schon zu ausgetrocknet, um Tränen zu produzieren.

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