Kommandozentrale der Astro-Corporation

Die Kommandozentrale von Jake Wanamaker bestand aus ein paar Büroräumen, die vom eigentlichen Hauptquartier der Astro Corporation abgeteilt waren. Wanamaker sagte sich mit Sarkasmus, dass Humphries Astro größeren Schaden zu weitaus geringeren Kosten zuzufügen vermochte, indem er diese Büros angriff und den militärischen Stab des Konzerns auslöschte. Doch auch im Krieg gibt es Regeln, und eine der Grundregeln dieses Konflikts besagte, dass Gewalt auf dem Mond tabu war. Die Seite, die gegen diese Regel verstieß, würde sich Selene mit seinen beträchtlichen finanziellen und industriellen Ressourcen in diesem Kampf zum Feind machen.

Also musste Wanamaker trotz der rein symbolischen Wachen, die lediglich mit Handfeuerwaffen an der Doppeltür der Kommandozentrale postiert waren, nicht befürchten, hier in Selene angegriffen zu werden. Er ging durch die Tür und den Hauptgang entlang zu seinem Büro, wobei die Leute ihn im Chor mit »Guten Morgen, Admiral« grüßten und salutierten. Wanamaker erwiderte korrekt jeden Gruß: Disziplin beruht auf gegenseitigem Respekt, fand er.

Wanamakers Büro war spartanisch eingerichtet. Das schlachtschiffgraue Metallmobiliar war streng zweckmäßig. Die einzigen Dekorationen auf den Wänden waren Urkunden, die er im Lauf seiner Dienstjahre erworben hatte. Die Monitore an der Wand waren dunkel, während seine Leute sich allmählich einfanden und ihre Plätze am verschrammten alten Konferenztisch einnahmen, der an Wanamakers Schreibtisch stieß. Er hatte das Inventar von einem Führungsschiff für amphibische Landungsoperationen mitgenommen, auf dem er sein letztes Kommando geführt hatte.

Er verbrachte den Morgen damit, Panchos Idee einer Blockade von HSS-Erzfrachtern in einen konkreten Plan umzusetzen.

»Unbemanntes Schiff?« fragte einer seiner Offiziere.

»Ohne Besatzung«, korrigierte Wanamaker ihn. »Wird von hier aus ferngesteuert.«

»Hier in Selene?«, fragte einer der weiblichen Offiziere. »Werden Stavenger und der Regierungsrat damit einverstanden sein?«

»Solange wir keine Gewalt in Selene ausüben«, erwiderte Wanamaker kalt lächelnd. »Und was sie nicht wissen, macht sie auch nicht heiß«, merkte er an.

»Es wird nicht leicht sein, die kleinen Roboter zu bauen und zu starten, ohne dass Stavengers Leute davon erfahren.«

»Wir können sie ohne weiteres in Astros Fabriken an der Oberfläche bauen und dann mit Astro-Boostern starten. Es besteht keine Notwendigkeit, schlafende Hunde in Selene zu wecken.«

Die Offiziere am Konferenztisch wechselten Blicke, während Wanamaker sie hinterm Schreibtisch beobachtete. Allmählich begreifen sie, worum es geht, sagte er sich. Ich frage sie nicht erst nach ihrer Meinung, sondern ich sage ihnen, dass sie den Plan umsetzen müssen.

»Nun«, sagte sein Leitender Ingenieur, »wir können die kleinen Dinger ohne weiteres bauen. Es ist keine große Sache, einen schweren Laser mit einem Kommunikationssystem und einer Lage- und Bahnregelung zu koppeln.«

»Gut«, sagte Wanamaker.

Allmählich freundeten die restlichen Anwesenden sich mit der Idee an.

»Wie lang wird es dauern?«, fragte er schließlich.

»Die ersten könnten schon in zwei Wochen einsatzbereit sein«, sagte der Ingenieur.

Wanamaker verdoppelte die Schätzung insgeheim.

»Einen Moment«, wandte die Nachrichten-Offizierin, eine pummelige Armenierin mit langem dunklen Haar und noch dunkleren Augen, ein. »Jeder dieser Vögel wird Sensoren brauchen, um potenzielle Ziele zu identifizieren und die Laser auszurichten.«

»Keine Sorge«, sagte der australische Elektronik-Offizier. »Das schaffen wir in Nullkommanix. Ein Kinderspiel.«

»Zumal die Vögel von hier aus mit menschlichen Gehirnen in der Schleife bedient werden«, setzte der Ingenieur hinzu.

Die Nachrichten-Offizierin wirkte noch immer skeptisch, erhob aber keine weiteren Einwände.

»In Ordnung«, sagte Wanamaker schließlich. »Machen wir uns an die Arbeit. Fix. Die Zeit läuft uns davon.«

Damit war die Sitzung beendet. Als die Stabsoffiziere zur Tür gingen, rief Wanamaker die Nachrichten-Offizierin noch einmal zu sich an den Schreibtisch.

»Setzen Sie sich, Willie«, sagte er und wies auf den Stuhl auf der linken Seite des Schreibtisches. Er wusste, dass sie es nicht mochte, bei ihrem richtigen Namen — Wilhelmina — genannt zu werden. Was manche Eltern ihren Kindern antun, sagte sich Wanamaker.

Sie setzte sich mit einem neugierigen, etwas beunruhigten Blick.

Wanamaker holte tief Luft und sagte: »Wir werden ein Ablenkungsmanöver brauchen.«

»Sir?«

»Humphries hat uns im Gürtel vernichtend geschlagen, und es wird Monate dauern, bis wir wieder zu einem Gegenschlag in der Lage sind.«

»Aber Jess sagte doch, dass die ersten Roboter schon in zwei Wochen einsatzbereit wären«, erwiderte die Nachrichten-Offizierin.

»Zwei Wochen plus Murphys Gesetz«, sagte Wanamaker.

Ihre dunklen Augen funkelten verstehend. »Alles, was schief gehen kann, wird auch schief gehen.«

»Besonders im Krieg. Ich weiß, dass die Leute ihr Bestes geben werden, aber ich glaube nicht, dass wir vor Ablauf eines Monats in der Lage sein werden, diese robotischen Systeme gegen HSS einzusetzen.«

»Ich verstehe«, sagte sie.

»In der Zwischenzeit müssen wir ein Ablenkungsmanöver durchführen. Etwas, das die HSS-Leute etwas aufmischt und wachrüttelt und ihnen zeigt, dass wir uns nicht geschlagen geben.«

»Und was für eins?«

Er grinste sie schief an. »Genau darüber sollen Sie sich Gedanken machen, mein Mädchen.«

Sie lächelte nicht. »Ich werde mein Bestes tun, Sir.«

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