Der Boden kommt verdammt schnell näher, stellte Pancho fest. Sie hatte das Raumboot in eine ballistische Flugbahn gesteuert, denn sie wusste, dass es in der Nähe der Astro-Basis in der Malapert Range herunterkommen würde. Wie nah, war ihr mittlerweile ziemlich egal. Ihre größte Sorge — ihre einzige Sorge — war nun die, den Vogel wieder auf den Boden zu bekommen, ohne sich dabei den Hals zu brechen.
Jede Landung, nach der du noch auf zwei Beinen gehen kannst, ist eine gute Landung, sagte sie sich, als der kahle, geröllübersäte Boden auf sie zuraste. Such eine freie ebene Stelle. Wie Armstrong in der alten Apollo 11. Such eine freie ebene Stelle.
Leichter gesagt als getan. Der vorbeiziehende hügelige Boden war mit Kratern aller Größen übersät und so dicht mit Steinen und Felsbrocken bedeckt, dass Pancho an einen pickligen Jüngling erinnert wurde, mit dem sie einmal ein Date gehabt hatte.
Schon komisch, welche Assoziationen manchmal geweckt werden, sagte sie sich.
»Konzentrier dich lieber auf die richtige Welt«, murmelte sie.
Sie unterdrückte einen Brechreiz, als der Boden auf sie zuschoss. Es wäre soo schön, sich einfach hinzulegen und einzuschlafen. Die Beine waren weich wie Gummi, und der ganze Körper schmerzte. Ohne eine bewusste Überlegung fuhr sie mit der Zunge über die Zähne, um sie auf Blutgeschmack zu prüfen. Sie wusste, dass es ein schlechtes Zeichen war, wenn der Gaumen blutete. Ein Symptom der Strahlenkrankheit — viel Vergnügen.
»Pass auf!«, schrie sie sich an.
»Wiederholen Sie«, ertönte die Stimme des Flugcontrollers von Malapert.
»Nichts«, erwiderte Pancho. Sie haben mich noch immer auf dem Radar, sagte sie sich. Gut. Sie werden wissen, wo die Leiche begraben liegt.
Dort! Zur Rechten. Ein halbwegs flaches Gelände mit nur ein paar kleinen Felsen. Es ist aber abschüssig. Auf einem Hang. Nicht so schlimm. Wenn ich es bis dahin schaffe.
Pancho betätigte das T-förmige Steuerelement, und die Hilfsdüsen des Raumboots stießen ein paar Wölkchen Kaltgas aus — genug, um das plumpe kleine Fluggerät zu dem freien Abschnitt zu manövrieren, den sie entdeckt hatte.
Scheiße! Sind doch mehr Felsen, als ich dachte. Aber einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Hoffentlich genug Saft für eine Landung.
Sie gab die Sequenz für die automatische Landung auf der Tastatur ein, denn eine manuelle Landung traute sie sich nicht mehr zu. Ein Ruck ging durchs Raumboot, als das Haupttriebwerk zündete und die Geschwindigkeit aufgezehrt wurde. Das kleine Fluggerät fiel wie ein Kinderspielzeug auf den steinigen, abschüssigen Boden zu. Alles in völliger Stille.
Pancho war die Astronautenausbildung noch so präsent, dass sie die Knie beugte und sich mit den Armen an der Steuerkonsole abstützte. Das Raumboot prallte auf den Boden und stieß dabei mit einem Landeteller gegen einen Felsen, sodass es sich gefährlich neigte. Pancho befürchtete im ersten Moment, dass das Raumboot umkippen würde. Es blieb zwar stehen, doch wurde durch die Wucht der Bruchlandung die Schlaufe weggerissen, die den rechten Fuß auf dem Gitterrost der Plattform fixierte. Das Bein wurde nach oben gerissen und brachte sie so abrupt aus dem Gleichgewicht, dass der Knöchel des linken Fußes — der noch immer in der Schlaufe steckte — brach.
Pancho biss bei dem plötzlichen Schmerz die Zähne zusammen, während sie in ›Mondzeitlupe‹ auf das Plattformgitter fiel.
Sie spürte, wie kalter Schweiß aus jeder Pore ihres Körpers brach, und sagte sich, wenigstens bin ich noch nicht tot.
Es wird aber nicht mehr lang dauern, fügte sie hinzu.