8

Richard ging in die Hocke und besah sich die merkwürdige Stelle auf dem felsigen Untergrund. Er hatte schon wieder pochende Kopfschmerzen, bemühte sich aber nach Kräften, sie zu ignorieren. Mittlerweile kamen und gingen die Kopfschmerzen ohne erkennbaren Anlaß, so daß er gelegentlich schon zu der Annahme neigte, ihre Ursache sei vielleicht doch die unerträglichen Hitze und nicht seine Gabe.

Während er jetzt die Spuren auf dem Boden betrachtete, waren seine Kopfschmerzen schlagartig vergessen. Irgend etwas an dem felsigen Boden kam ihm vertraut vor – nicht einfach nur vertraut, sondern beunruhigend vertraut.

Ein paar halb von langen Strähnen zottigen Fells bedeckte Hufe blieben in erwartungsvoller Haltung neben ihm stehen. Betty, in der Hoffnung, etwas zu fressen oder doch wenigstens ein wenig Zuneigung zu ergattern, stupste ihn behutsam mit dem Kopf an.

Nachdem sie zwei Tage lang leidend im Wagen gelegen und jegliche Nahrung verweigert hatte, schien sich die Ziege allmählich vom Verlust ihrer beiden Jungen zu erholen und zu neuem Leben zu erwachen. Mit ihrem Appetit war offenkundig auch ihre Neugier zurückgekehrt. Ganz besonders liebte sie es, Richard auf seinen Erkundungsgängen zu begleiten.

Auch die Landschaft hatte sich während der letzten Tage verändert. Inzwischen waren wieder die ersten Spuren von Leben zu erkennen. Zunächst waren es nicht mehr als ein paar rostbraune Verfärbungen gewesen, hervorgerufen durch auf dem Trümmergestein wachsende Flechten, aber schon kurz darauf hatten sie in einer Senke den ersten dornigen Strauch entdeckt. Mittlerweile bedeckten diese genügsamen Pflanzen in großen Abständen die gesamte Landschaft. Vor allem Betty schätzte die harten Sträucher, an denen sie sich gütlich tat, als wären sie das köstlichste Grünfutter. Auch die Pferde hatten von dem Gestrüpp gekostet, sich aber rasch wieder abgewendet; offenkundig war es nicht nach ihrem Geschmack.

Die Flechten, die jetzt immer häufiger auf dem Gestein zu beobachten waren, glichen verkrusteten, mit farbigen Stellen durchsetzten Flächen. Mancherorts waren sie dunkel, dick und lederartig, dann wieder wuchsen sie so spärlich, daß sie nicht mehr zu sein schienen als eine hauchfeine Schicht grüner Farbe. Diese grünliche Verfärbung war vor allem in Felsspalten und Bodenrissen oder auf der Unterseite von Steinen zu finden, wo sie nicht der bleichenden Kraft der Sonne ausgesetzt waren. Zog man einen der halb aus dem Boden ragenden Steine heraus, konnte man darunter die feinen Ranken einer dunkelbraunen unterirdisch wachsenden Pilzart erkennen.

Winzige Insekten mit langen Fühlern flitzten von Fels zu Fels, und gelegentlich zockelte ein grünlich schimmernder Käfer mit ausladenden Kieferzangen durch den Sand. Winzige rote Ameisen schichteten dunkelrote Staubhaufen um die Eingänge ihrer Baue. In den Astgabelungen der vereinzelten kleinen, dürren Sträucher hingen an Rohbaumwolle erinnernde Spinnennetze. Auf manchen Felsen saßen schlanke grüne Echsen und wärmten sich in der Sonne, während sie die vorüberziehenden Menschen beobachteten. Kamen diese ihnen zu nahe, huschten die winzigen Geschöpfe in Deckung und waren so blitzartig verschwunden, als hätten sie sich überhaupt nicht bewegt.

Was immer Richard bislang an Spuren des Lebens gesehen hatte, war bei weitem noch nicht üppig genug, um menschliches Überleben zu ermöglichen, trotzdem war es ein ungeheuer erleichterndes Gefühl, wieder in die von Leben bevölkerte Welt zurückzukehren – zumal er wußte, daß sie gleich jenseits des ersten Gebirgszuges auf Leben im Überfluß – und damit endlich wieder auf die ersten Menschen – stoßen würden.

Auch Vögel wurden allmählich wieder zu einem gewohnten Anblick. Meist handelte es sich um kleinere Exemplare – Erdbeerfinken, aschefarbene Mückenfänger, Felskönige und schwarzkehlige Spatzen. In der Ferne sah Richard einzelne Raubvögel am Himmel ihre Kreise ziehen, während die Spatzen sich zu kleinen unberechenbaren Schwärmen zusammenfanden. Da und dort ließen sich Vögel auf dem dornigen Gestrüpp nieder, wo sie auf der Suche nach Samenkörnern und Insekten munter umherhüpften. Sämtliche Vögel verschwanden sofort, sobald die Riesenkrähen in Sicht kamen.

Richard, den Blick starr auf die endlose Weite aus Felsgestein und offenem Gelände gerichtet, sprang erschrocken auf; plötzlich dämmerte ihm, warum ihm all dies so vertraut vorkam. Im selben Augenblick, da ihm die Erkenntnis kam, klangen seine Kopfschmerzen schlagartig ab.

Rechter Hand sah er Kahlan, begleitet von Cara, sich der Stelle nähern, wo er stand und auf den erstaunlichen Felsstreifen starrte, während der Wagen mit Tom, Friedrich und Jennsen ein gutes Stück entfernt weiter Richtung Süden holperte. Der vom Wagen und den Zugpferden aufgewirbelte Staub stand in der Luft und war meilenweit zu sehen. Verräterischer Staub spielte angesichts der Riesenkrähen, die ihnen in gewissen Abständen einen Besuch abstatteten, vermutlich keine Rolle, trotzdem wäre Richard froh, wenn sie endlich in ein Gelände kämen, wo sie zumindest die Möglichkeit hätten, sich etwas unauffälliger fortbewegen zu können.

»Hast du etwas Interessantes entdeckt?«, erkundigte sich Kahlan und wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn.

Richard verstreute ein paar kleine Steinchen auf dem Streifen felsigen Untergrunds, den er untersucht hatte. »Sag mir, was du darüber denkst.«

»Nun, ich denke, du siehst aus, als ginge es dir wieder besser«, antwortete Kahlan.

Cara ignorierte den innigen Blickwechsel zwischen Richard und Kahlan und beugte sich vor, um die Stelle selbst in Augenschein zu nehmen. »Und ich denke, Lord Rahl hat sich zu viele Steine angesehen. Dies ist einfach nur ein Stück felsigen Bodens, genau wie überall hier.«

»Tatsächlich?« Richard deutete auf das Gelände, das er soeben eingehender betrachtet hatte, dann deutete er auf einen anderen Punkt, unweit der Stelle, wo Kahlan und Cara standen. »Sieht es etwa genau so aus wie dort drüben?«

Cara musterte die beiden Stellen kurz, ehe sie die Arme trotzig vor ihrem Körper verschränkte. »Der Fels dort drüben, den Ihr so eingehend betrachtet habt, ist lediglich von einer etwas helleren braunen Farbe, das ist alles.«

Kahlan zuckte unschlüssig mit den Achseln. »Ich glaube, sie hat Recht, Richard. Bis auf die vielleicht etwas dunklere Farbe sieht der Fels ganz ähnlich aus.« Sie dachte einen Moment nach, während sie den Boden mit den Augen absuchte, ehe sie ihr Urteil ergänzte: »Ich denke, er ähnelt dem felsigen Untergrund, über den wir mehrere Tage lang marschiert sind, ehe wir auf die ersten Gräser und Sträucher stießen.«

Richard stemmte die Hände in die Hüften und betrachtete den auffälligen Felsstreifen, den er entdeckt hatte. »Dann erklär mir doch bitte, was an dem Felsgestein vor einigen Tagen, als wir uns noch in der Nähe der Säulen der Schöpfung befanden, charakteristisch war.«

Kahlan sah zu Cara, die mit ausdrucksloser Miene dastand, ehe sie Richard verständnislos anschaute. »Was daran charakteristisch war? Im Grunde gar nichts, die Gegend war absolut bar jeglichen Lebens. Dort wuchs überhaupt nichts.«

Richard erfaßte das Gelände, das sie derzeit durchquerten, mit einer ausladenden Handbewegung. »Und das hier?«

»Hier wächst ein wenig Gestrüpp.« Caras Interesse an seinen Betrachtungen über die Flora und Fauna dieser Ödnis hatte merklich nachgelassen.

»Und dort?« Richard deutete auf den Felsstreifen.

»Dort wächst noch gar nichts«, antwortete Cara mit einem entnervten Seufzer. »In dieser Gegend gibt es jede Menge Stellen, an denen überhaupt nichts wächst, schließlich sind wir noch immer mitten in der Wüste. Aber nur Geduld, Lord Rahl, schon bald werden wir uns wieder inmitten üppiger Felder und Wälder befinden.«

Kahlan hatte nicht auf Caras Geplapper geachtet und sich statt dessen interessiert vorgebeugt. »Also, wenn das nicht merkwürdig ist.«

»Das meine ich allerdings auch«, sagte Richard.

»Und ich meine, Lord Rahl sollte mehr Wasser trinken«, giftete Cara.

»Hier, stellt Euch hier herüber«, forderte Richard sie schmunzelnd auf. »Stellt Euch neben mich und seht es Euch noch einmal an.«

Caras Neugier war geweckt; sie tat, wie ihr geheißen, und besah sich den felsigen Boden, ehe sie stirnrunzelnd die Stellen musterte, auf denen die ersten Anzeichen von Leben zu erkennen waren.

»Die Mutter Konfessor hat Recht«, meinte sie schließlich – in einem Tonfall, der schlagartig etwas entschieden Sachliches bekommen hatte. »Glaubt Ihr, das hat etwas zu bedeuten? Oder könnte uns womöglich gefährlich werden?«

»Die Antwort – wenigstens auf Eure erste Frage, lautete eindeutig ja.« Richard ging neben Kahlan in die Hocke. »Und jetzt seht euch das an.«

Als Kahlan und Cara neben ihm niederknieten und sich vorbeugten, um den felsigen Untergrund genauer zu betrachten, mußte Richard erst die neugierige Ziege aus dem Weg schieben, ehe er auf eine mit einer gelb durchsetzten Flechte bewachsene Stelle zeigen konnte.

»Seht ihr, hier«, sagte er. »Seht ihr diesen fast kreisrunden Flechtenbewuchs? Er wirkt irgendwie seitenverkehrt – auf der einen Seite ist er abgerundet, zur anderen Seite hin, wo fast nichts mehr wächst, ist er dagegen flacher.«

Kahlan sah zu ihm hoch. »Flechten wachsen in allen möglichen Formen auf dem Felsgestein.«

»Stimmt, aber jetzt sieh, wie der Fels dort, wo Flechten und Gestrüpp wachsen, mit winzigen Stellen von Bewuchs überzogen ist. Hier dagegen, auf der Seite mit der verkümmerten Flechte, wächst nahezu nichts. Fast so, als wäre der Fels blank gescheuert worden. Sieht man genauer hin, kann man ein paar winzige Pflänzchen erkennen, Bewuchs, der sich erst während der letzten paar Jahre gebildet, aber noch keinen rechten Halt gefunden hat.«

»Stimmt«, meinte Kahlan vorsichtig gedehnt, »seltsam ist es schon, nur weiß ich noch immer nicht recht, worauf du hinauswillst.«

»Sieh dir genau an, wo etwas wächst und wo nicht.«

»Nun ja, dort drüben wächst überhaupt nichts, hier dagegen schon.«

»Schau nicht nur senkrecht nach unten.« Richard bog ihr Kinn mit der Hand nach oben. »Laß den Blick an der Grenze zwischen den beiden Stellen entlangwandern, damit du das Bild in seiner Gesamtheit erfassen kannst.«

»Bei den Gütigen Seelen«, entfuhr es ihr leise.

Endlich hatte sie gesehen, worauf er die ganze Zeit hinauswollte. Richard konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.

»Merkwürdig«, meinte nun auch Cara und blinzelte in die Ferne. »Der Bewuchs scheint entlang einer verhältnismäßig geraden Linie einfach zu enden – so als hätte jemand einen unsichtbaren, in östlicher Richtung verlaufenden Zaun errichtet.«

»Genau.« Richard erhob sich und wischte sich die Hände ab. »Und jetzt kommt weiter.« Er marschierte los, Richtung Norden. Kahlan und Cara rappelten sich mühsam auf und folgten ihm über das unbelebte Felsgestein. Betty schloß sich ihnen meckernd an.

Eine halbe Stunde lang folgten sie seinen forschen Schritten, während er über felsigen Grund und Geröllflächen, auf denen nicht das Geringste wuchs, auf einer geraden Linie nach Norden marschierte. Es war ein drückend schwüler Tag, doch Richard war so auf dieses leblose Gelände konzentriert, das sie durchquerten, daß er die Hitze fast nicht spürte. Obwohl er bislang noch nicht gesehen hatte, was sich jenseits dieses Geländestreifens verbarg, glaubte er sicher zu wissen, was sie dort vorfinden würden.

Schweißgebadet hetzten seine beiden Begleiterinnen hinter ihm her, während die gelegentlich meckernde Ziege die Nachhut bildete.

Als sie schließlich an der gesuchten Stelle anlangten, wo wieder die ersten Flechten und kargen Sträucher zu sehen waren, bat er sie, stehenzubleiben.

»Seht euch das an«, forderte Richard die beiden Frauen auf. »Versteht ihr jetzt, was ich meine?«

Von dem flotten Fußmarsch in dieser Hitze ging Kahlans Atem schwer. Sie nahm ihren Wasserschlauch von der Schulter und trank gierig, ehe sie ihn an Richard weiterreichte. Während er trank, beobachtete er Cara, die die Stelle auf dem Boden einer eingehenden Prüfung unterzog.

»Genau hier setzt der Bewuchs erneut ein«, sagte Cara. »Und zwar augenscheinlich entlang einer ähnlich geraden Linie wie dort drüben auf der anderen Seite, wo wir vorhin gestanden haben.«

»Richtig«, bestätigte Richard und reichte Cara den Wasserschlauch. »Und jetzt folgt mir, bitte.«

Empört warf Cara die Arme in die Luft. »Aus der Richtung sind wir doch eben erst gekommen.«

»Kommt einfach mit«, rief Richard über die Schulter.

Die kleine Gruppe im Schlepptau, steuerte er wieder Richtung Süden, zurück mitten in das felsige Gelände, wo es nicht das geringste Anzeichen von Leben gab. Betty beschwerte sich lauthals meckernd über das Tempo der staubigen Exkursion in dieser Gluthitze. Sofern Kahlan oder Cara derselben Meinung waren, hielten sie sich mit ihrem Protest zurück.

Als sie nach Richards Schätzung wieder ungefähr die Mitte des Geländes erreicht hatten, blieb er mit weit gespreizten Beinen stehen, die Hände in die Hüften gestemmt, und blickte wiederum nach Osten. Von ihrem Standort aus konnten sie die Ränder des leblosen Felsstreifens erkennen, hinter denen der Bewuchs einsetzte.

Blickte man von hier nach Osten, zeichnete sich ein augenfälliges Muster ab – ein sich deutlich hervorhebender, mehrere Meilen breiter Streifen, der sich in der Ferne verlor.

Nichts wuchs innerhalb der Grenzen dieses schnurgeraden Streifens lebloser Wüste, unabhängig davon, ob dieser über Felsen oder Sandboden führte. Das Gelände rechts und links davon mit den weit auseinander liegenden Sträuchern und flechtenbewachsenen Felsen war dunkler, die völlig unbewachsene Stelle dazwischen von etwas hellerem Braun. In der Ferne war der Farbunterschied noch deutlicher zu erkennen.

Der Streifen vollkommen leblosen Bodens erstreckte sich meilenweit bis zu den fernen Bergen, verjüngte sich allmählich zu einer undeutlichen Linie, die dem ansteigenden Gelände folgte, bis sie sich schließlich im fernen Dunst verlor.

»Denkst du dasselbe wie ich?«, fragte Kahlan leise mit sorgenvoller Stimme.

»Was denn?«, fragte Cara dazwischen. »Was denkt Ihr denn?«

Richard betrachtete die Mischung aus Verwirrung und Besorgnis in den Zügen der Mord-Sith. »Was hat Darken Rahls Armeen in D’Hara festgehalten? Was hat ihn all die Jahre daran gehindert, bis in die Midlands vorzudringen und sie zu erobern, obwohl das sein erklärtes Ziel war?«

»Er konnte die Grenze nicht überschreiten«, sagte Cara, so als sei er im Begriff, jeden Augenblick einem Hitzschlag zu erliegen.

»Und woraus bestand die Grenze?«

Plötzlich wich auch aus Caras vom Schwarz des Wüstengewandes eingerahmtem Gesicht jegliche Farbe. »Die Grenze war ein Teil der Unterwelt?«

Richard nickte. »Man muß sich das Ganze wie einen Riß im Schleier vorstellen, durch den die Unterwelt in diese Welt einsickern konnte. Zedd hat uns davon berichtet. Er hat die Grenze damals mit Hilfe eines Banns, den er in der Burg der Zauberer gefunden hatte – eines Banns aus der grauen Vorzeit des Großen Krieges – wieder errichtet. Als sie schließlich wieder stand, wurde die Grenze zu einem Ort im Diesseits, an dem gleichzeitig die Welt der Toten existierte. Und an diesem Ort an dem die beiden Welten einander berührten, konnte nichts wachsen.«

»Aber seid Ihr wirklich vollkommen sicher, daß dort auch später nichts mehr gewachsen ist? Immerhin war es nach wie vor unsere Welt – die Welt des Lebens?«

»Das wäre völlig unmöglich gewesen. Obwohl das betreffende Gebiet nach wie vor der Welt des Lebens angehörte, war dort jegliches Leben unmöglich, da es gleichzeitig Teil des Totenreichs war. Was immer sich dort befand, wäre demnach vom Tod berührt worden.«

Cara blickte an dem schnurgeraden Streifen bar jeden Lebens entlang, der sich flirrend in der Ferne verlor. »Und was denkt Ihr nun? Daß dies eine Grenze ist?«

»Nein, war.«

Caras Blick wanderte von seinem Gesicht zu Kahlan, und von dort wieder in die Ferne »Die was voneinander trennte?«

Am Himmel kam ein Schwarm schwarz gezeichneter Riesenkrähen in Sicht, die sich von den Luftströmungen in großer Höhe tragen ließen und lautlos ihre Kreise zogen.

»Ich weiß es nicht«, mußte Richard zugeben.

Er richtete den Blick wieder nach Westen an dem sacht abfallenden Hang entlang, der von den Bergen zu jenem Ort zurückführte, den sie wenige Tage zuvor verlassen hatten.

»Aber seht doch.« Richard deutete mit einer Handbewegung hinaus in die verbrannte Ödnis, aus er sie gekommen waren. »Er reicht zurück bis zu den Säulen der Schöpfung.«

Wie der Bewuchs in dieser Richtung immer spärlicher wurde, ehe er schließlich ganz aufhörte, so endete auch der vollkommen leblose Streifen. Er war von der umliegenden Wüste nicht mehr zu unterscheiden, weil entlang der ehemaligen Grenzlinie keinerlei Spuren von Leben existierten.

»Wie weit er tatsächlich reicht, läßt sich unmöglich sagen. Soweit ich weiß, könnte er glatt bis ins Tal selbst zurückführen.«

»Jetzt begreife ich überhaupt nichts mehr«, meinte Kahlan. »daß er möglicherweise den Grenzen oben in der Neuen Welt zwischen Westland, den Midlands und D’Hara geähnelt haben mag, kann ich ja noch nachvollziehen. Aber die Seelen mögen mich holen, ich begreife einfach nicht, wieso er ausgerechnet bis zu den Säulen der Schöpfung führen sollte. Das erscheint mir doch mehr als seltsam.«

Richard wandte sich abermals herum; er blickte wieder nach Osten, in die Richtung, auf die sie zuhielten, zu der faltigen, grauen Wand des Gebirges, das sich steil über der endlosen Weite der Wüste erhob, und betrachtete den fernen Einschnitt etwas nördlich jener Stelle, wo die Grenzlinie auf ebenjene Berge traf.

Dann schaute er wieder nach Süden, wo der Wagen noch immer holpernd auf die Berge zusteuerte.

»Wir sollten zusehen, daß wir die anderen einholen«, meinte er schließlich. »Ich muß dringend an der Übersetzung des Buches weiterarbeiten.«

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