Richard tauchte die beiden Wasserschläuche Owens auf der Ladefläche des Wagens in das Faß, in dem sich noch ein letzter Wasserrest befand, während Owen, den Rücken an eines der Wagenräder gelehnt, gelegentlich unter Caras zornigen Blicken erwartungsvoll zu ihm hochschaute. Es war nicht zu übersehen, daß Cara den Burschen nicht leiden konnte, was aber in Anbetracht der ausgeprägten Beschützerinstinkte der Mord-Sith nicht zwangsläufig bedeuten mußte, daß dieses Gefühl berechtigt war.
Aus irgendeinem Grund aber mochte auch Richard den Mann nicht sonderlich. Nicht daß er eine regelrechte Abneigung für ihn empfunden hätte, er konnte sich halt nur nicht so recht für ihn erwärmen. Er war höflich und dem äußeren Eindruck nach alles andere als gefährlich, und doch hatte sein ganzes Auftreten etwas, das Richard ... gereizt stimmte.
Tom und Friedrich zerkleinerten das trockene Holz, das sie gesammelt hatten, und fütterten damit das kleine Lagerfeuer, bis der köstliche Duft von Kiefernharz den intensiven Geruch der nahen Pferde überdeckte.
Ab und zu schielte Owen ängstlich zu Cara, Kahlan, Tom oder Friedrich hinüber – mit Abstand am unwohlsten schien er sich jedoch in Jennsens Gegenwart zu fühlen. Obwohl er sich bemühte, nicht zu ihr hinzusehen, und jeden Augenkontakt mied, wurde sein Blick wie magisch ein ums andere Mal von ihren im Schein des Lagerfeuers leuchtenden Haaren angezogen.
Jennsen ignorierte seine verstohlenen Blicke auf ihr Haar und bot ihm lächelnd ein Stück von ihrem Trockenfleisch an.
Owen starrte sie nur mit großen Augen an, als sie sich zu ihm herabbeugte.
»Ich bin keine Hexe«, versuchte sie ihm klar zu machen. »Die Leute denken oft, mein rotes Haar ist ein Zeichen, daß ich eine Hexe bin, aber das ist Unsinn – das kannst du mir getrost glauben. Ich kann dir versichern, ich besitze keinerlei magische Kräfte.«
Richard war überrascht, wie scharf, fast scheidend ihre Stimme klang, und fühlte sich einmal mehr daran erinnert, daß sich unter ihrer weiblichen Grazie ein überaus robustes Wesen verbarg.
Mit immer noch aufgerissenen Augen erwiderte Owen: »Natürlich nicht. Ich ... ich hab nur noch nie so ... schönes Haar gesehen, das ist alles.«
»Vielen Dank.« Jennsens Lächeln kehrte zurück, und sie bot ihm von neuem ein Stück Trockenfleisch an.
»Es tut mir wirklich leid«, entschuldigte Owen sich höflich, »aber wenn es Euch nichts ausmacht, ziehe ich es vor, auf Fleisch zu verzichten.«
Er langte rasch in seine Jackentasche und holte ein zusammengeknotetes Tuch hervor in dem sich trockener Zwieback befand. Mit einem bemüht wirkenden Lächeln bot er ihn Jennsen an.
»Mögt Ihr vielleicht einen hiervon?«
Tom fuhr hoch und warf Owen einen zornigen Blick zu.
»Vielen Dank, nein.« Jennsen zog ihre bereits ausgestreckte Hand zurück und ließ sich auf einem flachen Stein nieder. »Wenn du kein Fleisch ißt solltest du den Zwieback am besten selbst essen«, sagte sie zu Owen. »Leider haben wir außer Fleisch fast nichts.«
»Und warum ißt du kein Fleisch?«, erkundigte sich Richard.
Owen sah über seine Schulter hoch zu Richard auf der Ladefläche des Wagens. »Weil mir die Vorstellung nicht behagt, Tiere zu töten, nur um mein Bedürfnis nach Nahrung zu stillen.«
Jennsen zwang sich zu einem höflichen Lächeln. »Welch noble Einstellung.«
Ein verlegenes Lächeln zuckte um Owens Mundwinkel, ehe sein Blick erneut wie magisch von ihrem Haar angezogen wurde. »Ich empfinde es halt so«, sagte er, ehe er den Blick schließlich doch von ihr losriß.
»Darken Rahl dachte ähnlich«, fügte Cara mit einem wütenden Seitenblick auf Jennsen hinzu. »Ich habe ihn eine Frau mit der Roßpeitsche zu Tode prügeln sehen, nur weil er sie dabei erwischt hatte, wie sie in den Fluren des Palasts des Volkes ein Stück Wurst verspeiste; er fühlte sich dadurch in seinem Empfinden verletzt.«
Jennsen starrte sie erstaunt an.
»Ein anderes Mal«, fuhr Cara fort, während sie genüßlich ein Stück Wurst hinunterschlang, »stand ich ganz in der Nähe, als er draußen bei den Gärten um eine Ecke bog und einen Kavalleristen eine Fleischpastete essen sah. Darken Rahl schleuderte ihm einen magischen Blitz entgegen, der sein Reittier im nu enthauptete; der Pferdekopf landete mit einem lauten Rascheln in der Hecke. Mit knapper Not schaffte es der Soldat, auf den Beinen zu landen, während sein Pferd unter ihm zusammenbrach. Darken Rahl griff sich das Schwert des Soldaten und schlitzte dem Tier in rasender Wut den Bauch auf. Dann packte er den armen Kerl im Nacken, stieß ihn mit dem Gesicht voran in die Eingeweide des Kadavers und befahl ihm mit sich überschlagender Stimme zu essen. Der Soldat gab sein Bestes, aber am Ende erstickte er schließlich doch an den noch warmen Eingeweiden.«
Owen schlug sich die Hand vor den Mund und schloß entsetzt die Augen.
Cara gestikulierte mit dem Stück Wurst, als sähe sie Darken Rahl vor sich stehen. »Nachdem sich sein Anfall schließlich wieder gelegt hatte, wandte er sich an mich und fragte, wie man nur so grausam sein und Fleisch essen könne.«
Jennsen, völlig entgeistert, fragte: »Und was habt Ihr geantwortet?«
Cara zuckte die Achseln. »Was hätte ich ihm schon antworten können? Ich sagte, ich wüßte es selbst nicht.«
»Aber warum aßen die Leute denn überhaupt Fleisch, wenn er so darauf reagierte?«
»Meistens tat er das ja gar nicht. Es gab Händler im Palast, die Fleisch verkauften und die er für gewöhnlich überhaupt nicht beachtete. Manchmal schüttelte er angewidert den Kopf oder bezeichnete sie als grausam, aber im Allgemeinen nahm er keine Notiz von ihnen.«
Friedrich nickte bestätigend. »Das war ja das Unheimliche an diesem Mann, man wußte nie genau, wie er reagieren würde. Mal lächelte er einen an, dann wieder ließ er jemanden zu Tode foltern. Man wußte nie, woran man war.«
Cara starrte gedankenverloren in die Flammen des heruntergebrannten Feuers. »Es war vollkommen unmöglich abzuschätzen, wie er auf irgend etwas reagieren würde.« Ihre Stimme bekam plötzlich einen bedrückten, gequälten Unterton. »Viele Leute gelangten einfach zu dem Schluß, es sei ohnehin nur eine Frage der Zeit bis er sie ebenfalls tötete, also führten sie das Dasein von zum Tode Verurteilten, die nur noch darauf warteten, daß das Henkersbeil sich senkte. Sie verloren alle Freude am Leben und hatten für die Zukunft keine Hoffnung mehr.«
Tom bestätigte Caras Darstellung des Lebens in D’Hara mit einem grimmigen Nicken, während er ein Kienholz ins Feuer nachlegte.
»Habt Ihr auch so ein Dasein geführt, Cara?«, wollte Jennsen wissen.
Cara sah auf, einen finsteren Ausdruck im Gesicht. »Ich bin eine Mord-Sith. Mord-Sith sind allzeit bereit, in den Tod zu gehen. Schließlich möchten wir nicht alt und zahnlos sterben.«
Owen, der lustlos an seinem Zwieback knabberte, so als fühlte er sich aus reiner Geselligkeit verpflichtet, etwas zu essen, hatte die Geschichte sichtlich erschüttert. »Ein Leben in solcher Barbarei, wir ihr es alle offenbar führt, vermag ich mir gar nicht vorzustellen. War dieser Darken Rahl mit Euch verwandt, Lord Rahl?« Fehler! Owen sputete sich, seine Frage zu präzisieren. »Er trägt denselben Namen, deswegen dachte ich ... na ja, ich dachte ... aber ich wollte damit auf keinen Fall andeuten, daß Ihr ihm irgendwie ähnlich seid ...«
Richard kletterte vom Wagen herunter und reichte Owen seinen gefüllten Wasserschlauch. »Er war mein Vater.«
»Die Frage ist mir einfach so herausgerutscht. Ich würde niemals absichtlich jemandes Vaters Ehre in den Schmutz ziehen, erst recht nicht, wenn dieser jemand ...«
»Ich habe ihn eigenhändig getötet.«
Richard war nicht danach zumute, das Thema weiter auszuführen. Schon die Vorstellung, auf die ganze entsetzliche Geschichte näher einzugehen, ließ ihn innerlich erschaudern.
Owen blickte erschrocken um sich wie ein von Wölfen umringtes Kitz.
»Er war eine Bestie in Menschengestalt«, sagte Cara, die offenbar das Bedürfnis verspürte, etwas zu Richards Verteidigung vorzubringen.
»Jetzt kann das Volk D’Haras endlich voller Hoffnung in eine Zukunft blicken, in der es über sein Leben selbst bestimmen kann.«
Richard ließ sich neben Kahlan nieder. »Vorausgesetzt, es gelingt ihm, sich von der Imperialen Ordnung zu befreien.«
Gesenkten Hauptes knabberte Owen an seinem Zwieback, während er die anderen verstohlen beobachtete.
Als niemand etwas sagte, ergriff Kahlan das Wort. »Warum verrätst du uns nicht den Grund, weshalb du hergekommen bist, Owen?«
Richard vermochte ihren Tonfall sofort einzuschätzen; es war die höfliche Art der Mutter Konfessor, einem verängstigten Bittsteller mit einer freundlich klingenden Frage die Befangenheit zu nehmen.
Er senkte respektvoll kurz den Kopf. »Sehr wohl, Mutter Konfessor.«
»Sie kennst du auch?«, fragte Richard.
Owen nickte. »So ist es, Lord Rahl.«
»Woher?«
Owens Blick wanderte von Richard zu Kahlan und wieder zurück. »Ihr und die Mutter Konfessor seid überall in aller Munde. Die Geschichte, wie ihr die Bevölkerung Altur’Rangs von der Unterdrückung durch die Imperiale Ordnung befreit habt ist landauf, landab bekannt. Wer sich nach Freiheit sehnt, weiß, daß Ihr derjenige seid, der sie ihm geben kann.«
Richard runzelte die Stirn. »Was willst du damit sagen – ich sei derjenige, der sie den Menschen geben kann?«
»Nun, früher herrschte hier die Imperiale Ordnung. Es sind brutale Barbaren – verzeiht, aber diese Menschen sind fehlgeleitet und wissen es nicht besser, deswegen ist ihre Herrschaft so barbarisch. Vielleicht liegt der Fehler nicht bei ihnen – es steht mir nicht zu, darüber zu befinden.« Owen wandte den Blick ab und schien nach den passenden Worten zu suchen, wahrend er sich offenbar gleichzeitig, gewissermaßen als Beweis ihrer Barbarei, die Verbrechen der Imperialen Ordnung vor sein inneres Auge rief. »Aber dann seid Ihr auf den Plan getreten und habt den Menschen die Freiheit geschenkt – so wie in Altur’Rang.«
Richard fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Er mußte unbedingt mit der Übersetzung des Buches fortfahren und herausfinden, was sich hinter diesem Gegenstand verbarg, den Cara berührt hatte, und was es mit den schwarz gezeichneten Riesenkrähen auf sich hatte, die sie verfolgten; er mußte zurück zu Victor und den anderen, die den Aufstand gegen die Imperiale Ordnung angezettelt hatten; er hätte sich längst mit Nicci treffen müssen, und er mußte etwas gegen seine Kopfschmerzen unternehmen. Zumindest in dieser Angelegenheit würde ihm Nicci helfen können.
»Ich ›schenke‹ niemandem die Freiheit, Owen.«
»Sehr wohl, Lord Rahl.«
Offenbar wagte Owen nicht, Richards Worten offen zu widersprechen, doch seinen Augen war deutlich anzusehen, daß er sie nicht glaubte.
»Was genau meinst du eigentlich damit, wenn du sagst, ich schenke den Menschen die Freiheit?«
Owen biß ein winziges Stück von seinem Zwieback ab und ließ den Blick in die Runde schweifen, während er sich unsicher wand und verlegen mit den Schultern zuckte. Schließlich räusperte er sich.
»Nun ja, Ihr tut das, was auch die Imperiale Ordnung tut – Ihr tötet Menschen.« Er machte eine unbeholfene Bewegung mit der Hand, die den Zwieback hielt, so als stieße er mit einem Schwert zu. »Ihr tötet Menschen, die andere versklaven, und dann schenkt ihr den Unterdrückten die Freiheit, damit wieder Friede einkehren kann.«
Richard holte tief Luft. Er war unsicher, ob Owen es tatsächlich so meinte, wie es geklungen hatte, oder ob es ihm einfach schwer fiel, sich in Gegenwart von Personen, die ihn nervös machten, zu erklären.
»Ganz so verhält es sich nicht«, erwiderte Richard.
»Aber deswegen seid Ihr doch hierher gekommen. Jeder weiß das. Ihr seid in die Alte Welt gekommen, um den Menschen die Freiheit zu schenken.«
Die Ellenbogen auf die Knie gestützt, beugte sich Richard vor und rieb die Hände aneinander, während er überlegte, wie weit er diesen Mann über seinen Irrtum aufklären konnte. Eine Woge innerer Ruhe ging durch seinen Körper, als Kahlan ihm sachte ihre tröstliche Hand auf die Schulter legte. Er wollte unter allen Umständen vermeiden, auf die Schrecken seiner Gefangennahme und seiner Trennung von Kahlan einzugehen, damals, als er glaubte, er werde sie niemals wiedersehen. Schließlich schob er die bedrückenden Erinnerungen an diese lange, schwere Prüfung beiseite und beschloß, anders vorzugehen. »Ich stamme ursprünglich aus der Neuen Welt, Owen ...«
»Ja, ich weiß.« Owen nickte. »Und Ihr seid gekommen, um die Menschen zu befreien ...«
»Nein, das entspricht nicht der Wahrheit. Einst lebten wir in Frieden, allem Anschein nach ganz so wie dein Volk hier. Bis Kaiser Jagang ...«
»Der Traumwandler.«
»Richtig, bis Kaiser Jagang, der Traumwandler, seine Armeen schickte, um die Neue Welt zu erobern und unser Volk zu versklaven ...«
»Genau wie mein Volk.«
Richard nickte. »Verstehe. Ich weiß, welche Schrecken das mit sich bringt. Seine Truppen ziehen derzeit mordend und plündernd durch die Neue Welt und versklaven unser Volk.«
Owen starrte mit tränenfeuchten Augen in die Dunkelheit und nickte. »Genau wie meines.«
»Wir haben versucht, Widerstand zu leisten«, richtete Kahlan das Wort an ihn. »Aber es sind zu viele. Seine Armee ist viel zu gewaltig, als daß wir sie aus unserem Land vertreiben könnten.«
Owen vermied es, sie anzusehen, während er abermals verlegen an seinem Zwieback nagte. »Mein Volk lebt in entsetzlicher Angst vor den Truppen der Imperialen Ordnung – der Schöpfer möge ihnen ihre Verirrungen verzeihen.«
»Mögen sie bis in alle Ewigkeit im finstersten Winkel der Hölle schmoren«, korrigierte Cara ihn in schonungsloser Unverblümtheit.
Owen starrte sie offenen Mundes an, daß sie es wagte, einen solchen Fluch laut auszusprechen.
»Es war also unmöglich, sie zu bekämpfen, indem wir sie einfach in die Alte Welt zurückjagten«, lenkte Richard Owens Aufmerksamkeit wieder auf sich, ehe er mit der Geschichte fortfuhr. »Deswegen bin ich hier, in Jagangs Heimat, und versuche den Menschen zu helfen, die sich danach sehnen, die Fesseln der Imperialen Ordnung abzustreifen. Solange er sich auf einem Eroberungsfeldzug gegen unser Land befindet, haben wir die Möglichkeit, Jagang an seiner empfindlichsten Stelle zu treffen und ihm einen schweren Schlag zu versetzen. Nur so können wir uns der Imperialen Ordnung wirkungsvoll erwehren – es ist für uns der einzige Weg zum Erfolg. Wenn wir seine Basis schwächen, seinen Rückhalt und seinen Nachschub an Soldaten, wird er eines Tages gezwungen sein, seine Armee aus unserem Land abzuziehen und in den Süden zurückzukehren, um seine Heimat zu verteidigen.
Tyrannei ist niemals von Dauer, denn zu ihren ureigenen Wesenszügen gehört es, alles verkommen zu lassen, auf das sich ihre Herrschaft erstreckt, sich selbst eingeschlossen. Allerdings kann sich dieser Prozeß über mehrere Generationen hinziehen. Ich dagegen versuche diesen Prozeß zu beschleunigen, um gemeinsam mit meinen Lieben noch zu Lebzeiten wieder in den Genuß der Freiheit zu kommen – und wieder ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Wenn sich nur genügend Menschen gegen die Herrschaft der Imperialen Ordnung erheben, könnten sie Jagang sogar die Macht entreißen, was wiederum zum Untergang der Imperialen Ordnung führen würde. Auf diese Weise versuche ich, ihn zu bekämpfen, ihn zu besiegen und aus meinem Land zu vertreiben.«
Owen nickte. »Genau das brauchen wir auch. Wir sind Opfer des Schicksals. Ihr müßt zu uns kommen und diese Männer aus unserem Land verjagen, damit wir endlich wieder in Ruhe und Frieden leben können. Ihr müßt uns unsere Freiheit zurückgeben.«
Über dem knackenden Feuer stieg ein hell glühender Funkenregen in den Himmel. Richard saß da, ließ den Kopf hängen und tippte die Fingerspitzen gegeneinander. Offenbar hatte Owen von dem, was er gesagt hatte, kein einziges Wort begriffen. Aber sie brauchten dringend Ruhe, und er mußte mit der Übersetzung des Buches vorankommen – vor allem aber mußten sie ihr Ziel erreichen. Immerhin waren seine Kopfschmerzen etwas abgeklungen.
»Tut mir leid, Owen«, sagte er schließlich, bemüht, ruhig zu bleiben. »Auf so unmittelbare Weise kann ich dir nicht helfen, doch begreife bitte, daß mein Plan auch für dich von Vorteil ist, denn meine Vorgehensweise wird Jagang letztendlich zwingen, seine Truppen aus deiner Heimat abzuziehen, oder sie zumindest so weit zu vermindern, daß ihr sie eigenhändig vertreiben könnt.«
»Nein«, widersprach Owen. »Seine Soldaten werden unser Land nicht verlassen, solange Ihr nicht kommt und ...«- man konnte deutlich spüren, daß Owen davor zurückscheute, es auszusprechen -»und sie vernichtet.«
Allein das Wort, die Vorstellung, schien bei ihm heftigsten Abscheu auszulösen.
Richard war es leid, sich um einen höflichen Ton zu bemühen. »Morgen müssen wir unseres Weges gehen, und das Gleiche gilt auch für dich. Ich wünsche dir viel Erfolg bei der Befreiung deines Volkes von der Imperialen Ordnung.«
»Aber etwas Derartiges ist uns vollkommen unmöglich«, protestierte Owen. Er straffte seinen Körper. »Wir sind schließlich keine Barbaren. Ihr und Euresgleichen – die nicht Erleuchteten – seid dazu ausersehen, uns die Freiheit zurückzugeben. Ich bin der Einzige, der Euch holen kann. Ihr müßt zu uns kommen und das tun, was Eure Bestimmung ist. Ihr müßt unserem Reich die Freiheit zurückgeben.«
Richard strich sich mit den Fingerspitzen über die Falten auf seiner Stirn. Cara machte Anstalten, sich zu erheben, setzte sich jedoch auf einen Seitenblick von Richard wieder hin.
»Ich habe dir Wasser gegeben«, sagte Richard und stand auf. »Die Freiheit kann ich dir nicht geben.«
»Aber Ihr müßt doch ...«
»Wir werden heute Nacht Doppelwachen aufstellen«, wandte sich Richard an Cara und schnitt ihm damit das Wort ab.
Cara nickte kurz, während ein Lächeln eiserner Entschlossenheit um ihre Mundwinkel spielte.
»Gleich morgen früh«, setzte Richard hinzu, »wird Owen sich wieder von uns trennen.«
»Ja«, antwortete sie, während ihre wuterfüllten blauen Augen zu Owen hinüberwanderten, »das wird er ganz bestimmt.«