64

»Wir haben im Augenblick keine Zeit, um uns den Kopf über das Gift zu zerbrechen«, erklärte Richard, während er ihr auf die Beine half.

Keine Zeit? Sie sah, wie er unsicheren Schritts zur anderen Seite des Raumes hinüberwankte und dort ungeschickt nach dem Fenstersims tastete, um sich festzuhalten.

An der kleinen Fensteröffnung in der äußeren Umwallung der Festungsanlage gab er mit dem hohen, hellen Pfeifen des gemeinen Fliegenschnäppers ein Zeichen – es war das Pfeifen, das Cara für das des legendären kurzschwänzigen Föhrenhabichts hielt.

»Ich habe eine Pfahlleiter benutzt«, erläuterte er. »Cara ist bereits auf dem Weg hierher.«

Kahlan wollte zu ihm hingehen, doch ihr Körper fühlte sich beängstigend fremd an. Steifbeinig legte sie ein paar unbeholfene Schritte zurück; sie kam sich in ihrem eigenen Körper wie eine Fremde vor. Es erschien ihr fremd, selbst atmen, mit ihren eigenen Augen sehen, mit ihren eigenen Ohren hören zu müssen. Die Berührung der Kleidungsstücke auf ihrer Haut war ungewohnt, fast lästig.

Richard reichte ihr die Hand, um sie zu stützen. Bei aller Unsicherheit fand sie, daß sie immer noch sicherer auf den Beinen stand als er.

»Wir werden uns den Weg nach draußen freikämpfen müssen, aber zumindest haben wir ein wenig Unterstützung. Du bekommst das erste Schwert, das mir in die Finger fällt.«

»Richard, ich ... bin es noch nicht wieder gewöhnt, in meinem Körper zu sein. Ich glaube, ich bin noch nicht so weit, daß ich da hinaus gehen kann.«

»Uns wird kaum etwas anderes übrig bleiben; wir müssen von hier fort. Versuch, dich langsam wieder einzugewöhnen, ich werde dir dabei helfen.«

»Du kannst doch selbst kaum laufen.«

Cara, am oberen Ende der Pfahlleiter, die Richard zurechtgeschnitten hatte, war gerade dabei, ihren Oberkörper durch die kleine Fensteröffnung nach drinnen zu zwängen. Auf halbem Weg klappte ihr vor entzücktem Staunen der Unterkiefer herunter. »Mutter Konfessor – Lord Rahl hat es tatsächlich geschafft.«

»Ihr braucht gar nicht so überrascht zu tun«, murrte Richard, während er die Mord-Sith vollends nach innen zog.

Cara hatte von dem ausgestreckt am Boden liegenden Toten kaum Notiz genommen, als Kahlan sie bereits in die Arme schloß.

»Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, wie froh ich bin, Euch zu sehen«, rief Cara.

»Und Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie froh ich bin, Euch mit meinen eigenen Augen zu sehen.«

»Ich wünschte nur, Euer Tausch hätte funktioniert«, setzte Cara bedrückt hinzu.

»Wir werden eine andere Möglichkeit finden«, beruhigte Kahlan sie.

Richard zog die Tür behutsam einen Spalt weit auf und spähte hinaus, ehe er sie wieder schloß und sich herumwandte.

»Die Luft ist rein. Die Türen auf der linken Seite und rings um die Galerie führen zu den Zimmern, in denen die Frauen gefangen gehalten werden. Die nächste nach unten führende Treppe befindet sich gleich rechts. Einige Zimmer im unteren Geschoß sind Offizieren vorbehalten, die übrigen Räumlichkeiten dienen den einfachen Soldaten als Quartier.«

Cara nickte. »Ich bin bereit.«

Kahlan sah fragend von einem zum anderen. »Bereit wofür?«

Richard nahm sie beim Ellenbogen beiseite. »Du mußt mir sehen helfen.«

»Dir sehen helfen? So weit ist die Vergiftung bereits fortgeschritten?«

»Hör einfach zu. Wir werden nach links die Galerie entlang gehen und dabei sämtliche Türen öffnen. Versuch nach Möglichkeit; die Frauen ruhig zu halten; wir werden sie aus diesem Gefängnis befreien.«

Dies alles war für Kahlan leicht verwirrend – denn es unterschied sich völlig von den Plänen, die sie in Nicholas’ Begleitung gehört hatte. Aber sie hatte keine Wahl, sie würde sich einfach Richards und Caras Führung anvertrauen müssen.

Draußen auf der einfachen, aus Planken zusammengezimmerten Galerie gab es weder Lampen oder Fackeln. Mittlerweile hatte sich der Mond hinter das tiefschwarze, langgestreckte Massiv des Gebirges zurückgezogen. Während sie sich in Nicholas’ Gewalt befunden hatte, hatte ihre Wahrnehmung dem Blick durch eine verschmutzte, wellige Glasscheibe geglichen, so daß ihr der funkelnde Sternenhimmel in diesem Moment so prachtvoll wie nie zuvor erschien. Im Schein der Sterne konnte Kahlan ein paar einfache Gebäude ausmachen, die sich an der äußeren Umwallung des befestigten Lagers entlangzogen.

Unterdessen liefen Richard und Cara über die Galerie und stießen Türen auf, worauf Cara kurz in jedem Zimmer verschwand. Während einige Frauen nur mit dem Nachthemd bekleidet ins Freie traten, hörte Kahlan andere drinnen hastig irgendwelche Kleidungsstücke überstreifen. Aus einigen Zimmern drang Kindergeschrei.

Kaum war Cara in einem Zimmer verschwunden, stieß Richard bereits die nächste Tür auf. Zu Kahlan sagte er mit gedämpfter Stimme: »Geh hinein und erkläre den Frauen, daß wir hier sind, um ihnen zur Flucht zu verhelfen. Sag ihnen, daß ihre Männer hier sind, um sie zu holen: aber sie müssen so leise sein wie möglich, sonst werden wir womöglich noch gefaßt.« So gut ihre unsicheren Beine es zuließen, stürzte Kahlan ins nächste Zimmer.


Kahlan vernahm das unverwechselbare Klirren von Stahl, als Richard sein Schwert zog. Mittlerweile stürzten aus etlichen Türen Soldaten hervor, um den beiden den Weg abzuschneiden. Offenbar gewohnt, mit diesen Leuten fertig zu werden, waren die Soldaten, die sich auf Richard stürzten, nicht sonderlich besorgt, er könnte sich ernsthaft zur Wehr setzen. Das sollte sich als fataler Irrtum erweisen!

Die gellenden Schreie der zu Boden gehenden Männer rissen das gesamte Lager aus dem Schlaf. Aus den Soldatenquartieren im Untergeschoß stürmten, Hemd und Hose erst halb übergestreift, Soldaten hervor, im Schlepptau ihre Waffengurte.

Im matten Sternenlicht drüben bei der Zugbrücke erspähte Kahlan Richard, der soeben zu einem mächtigen Schlag ausholte. Ein Funkenregen stob quer über den Palisadenwall, als er eine der schweren Ketten, die das Gatter hielt, durchtrennte. Sofort eilte er hinüber zur anderen Seite, um die Kette dort ebenfalls durchzuschlagen; zwei Ordenssoldaten holten ihn ein, die er jedoch mit einer einzigen fließenden Bewegung niederstreckte.

Während Cara jeden niederschlug, der sich auf Richard stürzen wollte, holte er abermals aus; Sekunden später war die Luft erfüllt von glühend heißen Stahlsplittern und dem scheppernden Geräusch zerreißenden Metalls. Unter lautem Ächzen begann das Tor sich langsam nach außen zu senken, bis es schließlich mit einem weithin hörbaren Krachen in einer gewaltigen Staubwolke auf den Boden knallte.

Schlagartig erhob sich Gebrüll, als die draußen wartenden Männer Schwerter, Äxte und Keulen schwingend über die zerstörte Zugbrücke ins Innere der Festung stürmten. Die Ordenssoldaten warfen sich den Eindringlingen entgegen, so daß es zu einem gewaltigen Zusammenprall von Männern und Waffen kam.

In diesem Moment gewahrte Kahlan, daß einige Soldaten die Treppe auf der anderen Seite der Galerie heraufstürmten.

»Lauft los!«, brüllte Kahlan all den Frauen zu, die sie aufgeweckt hatte, »wir müssen hier raus, sofort!«

Eine Hand am Geländer, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, hastete sie die Stufen hinunter, hinter sich eine wahre Flut von Frauen, nicht wenige mit ihren schreienden Säuglingen auf dem Arm. Am Fuß der Treppe kam Richard ihr bereits entgegen und warf ihr ein Kurzschwert mit gewickeltem Lederheft zu. Sie bekam es am Griff zu fassen, gerade noch rechtzeitig, um sich herumzudrehen und einen unter der Galerie hervorstürzenden Soldaten abzuwehren.

Unterdessen hatte sich auch Owen einen Weg durch das Gemetzel zu den Frauen gebahnt. »Kommt schon!«, rief er ihnen zu. »Zum Tor. Lauft!«

Von seinem Kommando ermutigt, setzten die Frauen zu einem Sturmlauf quer über das Lagergelände an. Als sie den Schauplatz des Gefechts erreichten, ergriffen einige von ihnen die Gelegenheit, sich, statt weiter auf das Tor zuzuhalten, hinterrücks auf die mit Owens Gefährten kämpfenden Soldaten zu werfen, sie mit Bissen in den Hals und Schlägen auf den Kopf zu traktieren oder ihnen die Augen auszukratzen. Die Ordenssoldaten erwehrten sich ihrer mit brutaler Hemmungslosigkeit, so daß mehrere von ihnen auf barbarische Weise zu Tode kamen – was die anderen jedoch nicht davon abhielt, sich ebenfalls in das Getümmel zu werfen.

Wären sie nur zum Tor gelaufen, hätten sie entkommen können, statt dessen fielen sie mit bloßen Händen über die Soldaten her. Lange, viel zu lange, waren sie diesen Männern auf Gedeih und Verderb ausgeliefert gewesen. Kahlan vermochte sich kaum vorzustellen, was sie durchgemacht haben mußten, und konnte ihnen wahrlich keinen Vorwurf machen. Noch immer bereitete ihr jede Bewegung Mühe, weigerte sich ihr Körper, ihr zu gehorchen, sonst hätte sie sich mitten unter sie gemischt.

Auf einen wilden Schrei hin fuhr Kahlan herum – nur um einen Soldaten auf sie zustürzen zu sehen. Sie erkannte die Nase sofort wieder: Najari, Nicholas’ rechte Hand. Mit einem häßlichen Grinsen wollte er sich soeben auf sie werfen.

Geistesgegenwärtig zog sie ihr Kurzschwert hinter dem Rücken hervor und rammte es ihm in den Leib. Sein größter Wunsch, von Nicholas fest versprochen, würde ihm für immer verwehrt bleiben.

Gleich darauf wandte sich Kahlan wieder dem übrigen Kampfgeschehen zu. Richard war soeben damit beschäftigt, sich einen Weg durch eine Horde gegnerischer Krieger freizuschlagen, die ihn bei dem Versuch, das Tor freizuhalten, umzingelt hatten, während gleichzeitig andere Krieger, Richards eigene Leute, diese von hinten attackierten und, wie er es ihnen beigebracht hatte, einen Keil zwischen sie trieben.

Dann erblickte sie nicht weit entfernt Owen. Er stand inmitten der Gefallenen und Kämpfenden unter freiem Himmel und starrte über das Kampfgetümmel hinweg zu einem Mann hinüber, der unmittelbar vor einer der Türen unter der Galerie stand.

Der Kerl hatte einen schwarzen Bart und einen kahlgeschorenen Schädel, außerdem trug er einen Ring, der von einem Nasenflügel bis zum Ohr reichte. Seine Arme waren mächtig wie Baumstämme, seine Schultern doppelt so breit wie Owens.

»Luchan«, stieß er leise hervor.

Owen rannte los, quer über das unbebaute Gelände innerhalb des befestigten Lagers, vorbei an kämpfenden Männern, an schreienden Verwundeten, vorbei an durch die Luft sirrenden Schwertern und Äxten, für die er nicht einmal einen kurzen Blick zu erübrigen schien. Seine Augen waren wie gebannt auf jenen Mann gerichtet, der ihn bereits kommen sah.

Im dunklen Türeingang hinter Luchans Rücken erschien das Gesicht einer jungen Frau. Er fuhr herum und schrie sie an, sich wieder nach drinnen zu verziehen, mit dem schmächtigen Kerl aus ihrem Dorf werde er schon selber fertig werden.

Als Luchan sich wieder herumwandte, stand Owen bereits vor ihm. Lachend stemmte der Söldner seine Fäuste in die Hüfte und höhnte: »Wieso verkriechst du dich nicht wieder in dein Loch?«

Owen sagte nichts, sondern fiel einfach – genau wie Richard ihm geraten hatte – völlig unerwartet über ihn her und rammte dem stämmigen Luchan das Messer ein ums andere Mal tief in die Brust, ehe dieser überhaupt Gelegenheit zu reagieren hatte. Er hatte Owen halt unterschätzt – und bezahlte diesen Irrtum nun mit dem Leben.

Sogleich kam die Frau zur Tür herausgestürzt, beugte sich über den leblosen Körper ihres ehemaligen Gebieters und starrte auf ihn hinab, wie er ihr, einen Arm zur Seite ausgestreckt, den anderen quer über seiner blutbesudelten Brust blicklos entgegenstarrte. Dann sah sie hoch zu Owen.

Kahlan vermutete, daß dies Marilee war, und befürchtete, sie würde Owen verstoßen, weil er einen anderen verletzt hatte, dazu noch tödlich.

Doch statt dessen lief sie zu ihm hin und schlang die Arme um ihn.

Gleich darauf riß sie Owen das blutige Messer aus der Hand, kniete neben dem Toten nieder und stach ein halbes Dutzend Mal mit solcher Wucht auf ihn ein, daß die Klinge sich mit jedem Stoß bis zum Heft in dessen Körper bohrte. Ihre unbändige Wut und ihre Tränen ließen keinen Zweifel daran, wie der Kerl sie behandelt hatte.

Als sie ihren Zorn ausgetobt hatte, erhob sie sich wieder und umarmte Owen erneut, diesmal mit tränenverschmiertem Gesicht.

Unterdessen schwärmte aus den Quartieren auf der gegenüberliegenden Seite des freien Geländes soeben eine Horde Krieger hervor und stürmte auf Richard zu. Augenblicklich erkannte Kahlan, daß es zu viele waren; Richards Männer würden diese Flut von Kriegern niemals aufhalten können.

Plötzlich vernahm sie ein ohrenbetäubendes Krachen, als ein greller Lichtblitz die Umwallung des befestigten Lagers aufleuchten ließ. Sie mußte das Gesicht abwenden und sich die Hände schützend vor die Augen halten, als die Nacht zum Tage wurde und gleichzeitig eine Finsternis, schwärzer als jede Nacht, entfesselt wurde.

Ein flammender, weiß glühender Blitz aus additiver Magie wand und wickelte sich zuckend um ein knisterndes, schwarzes Nichts aus subtraktiver Magie und verband sich mit ihm zu einem alles vernichtenden, durch ihren fürchterlichen Zweck geeinten Strang eines Doppelblitzes aus gebündelter Energie.

Es schien, als sei die gleißend helle Mittagssonne mitten zwischen sie gestürzt; die Luft wurde in den tosenden Kern aus glühender Hitze und Licht gesogen. So sehr sie sich dagegen sträubte, der ungeheure Sog riß ihr den Atem aus den Lungen.

Richards Zorn ließ alles in einem einzigen Punkt verschmelzen. Im Sekundenbruchteil einer gewaltigen Explosion entfesselte die Zündung dieses Lichtblitzes einen verheerenden Sturm niederschmetternder Zerstörung, deren strahlenförmige Wellen das gesamte Lager erfaßten und die Soldaten der Imperialen Ordnung mit einem Schlag vernichteten.

Eine unheimliche Dunkelheit und Stille senkte sich über die Nacht.

Männer und Frauen standen wie vom Donner gerührt inmitten eines Meeres aus Blut und Eingeweiden und starrten fassungslos auf die bis zur Unkenntlichkeit entstellten Überreste der gegnerischen Krieger.

Die Schlacht war vorbei; das Volk von Bandakar hatte den Sieg davongetragen. Dann endlich brachen die Frauen, in ihrer überschwenglichen Freude über die neu gewonnene Freiheit, hemmungslos in Tränen aus. Viele der Männer, die gekommen waren, sie zu befreien, waren ihnen gut bekannt, dankbar warfen sie sich ihnen an den Hals, überwältigt von der Freude, wieder vereint zu sein. Freunde, Verwandte, Fremde, niemand war vor ihren Umarmungen sicher. Selbst die Männer weinten vor Erleichterung und Glück.

Kahlan bahnte sich einen Weg durch das Gewühl der frohlockenden Menschen, die auf das Freigelände im Innern des befestigten Lagers drängten. Männer jubelten ihr freudetrunken zu, daß auch sie befreit worden war. Viele wollten mit ihr sprechen, doch sie lief weiter, um endlich zu Richard zu gelangen.

Der stand, gestützt auf Cara, um sich überhaupt noch auf den Beinen halten zu können, ein wenig abseits an die Umwallung gelehnt, das blutverschmierte Schwert, dessen Spitze kraftlos auf dem Boden ruhte, noch immer mit der Faust umklammert.

Auch Owen bahnte sich einen Weg durch das Gewühl zu Richard hin.

»Mutter Konfessor! Ich bin so erleichtert und dankbar, daß Ihr wieder bei uns seid!« Er sah zu dem lächelnden Richard. »Lord Rahl, ich möchte Euch Marilee vorstellen.«

Die junge Frau, die Augenblicke zuvor noch wie von Sinnen auf den Leichnam ihres Peinigers eingestochen hatte, schien jetzt zu schüchtern, um auch nur ein Wort hervorzubringen, und senkte zur Begrüßung nur kurz den Kopf.

Richard straffte seinen Körper, um sich aufzurichten, auf den Lippen jenes Lächeln, das Kahlan so sehr an ihm liebte. »Freut mich sehr, dich kennen zu lernen, Marilee. Owen hat viel von dir erzählt und was du ihm bedeutest. Während all dieser Zeit hast du in seinen Gedanken und in seinem Herzen stets an erster Stelle gestanden. Seine Liebe zu dir hat ihm die Kraft gegeben, die Dinge in seinem Land zum Besseren zu wenden.«

Sie wirkte, nicht zuletzt durch seine kleine Ansprache, völlig überwältigt.

»Lord Rahl hat uns nicht nur gerettet, er hat etwas noch viel Wichtigeres vollbracht«, erklärte Owen ihr. »Denn er hat mir den Mut gegeben, für das zu kämpfen, was mir am allerwichtigsten war – mein Leben und das der Menschen, die ich liebe.«

Richard lächelte die beiden an, doch dann konnte er den quälenden Husten, der ihm so entsetzliche Schmerzen bereitete, nicht länger unterdrückten. Die Stimmung ausgelassener Freude über die Befreiung schlug urplötzlich um.

Behutsam ließen sie ihn auf den Boden gleiten. Er griff verzweifelt nach Kahlans Ärmel, um sie in seiner Nähe zu haben. Sie sah, daß Cara die Tränen über die Wangen liefen.

Es schien, als hätte er seine letzten Kräfte aufgebraucht, und das tödliche Gift ergriffe langsam, aber unaufhaltsam von ihm Besitz, so daß sie nichts mehr für ihn tun konnten.

»Owen«, stieß er keuchend hervor und rang, als der Hustenanfall kurz nachließ, mühsam nach Atem, »wie weit ist es bis zu deinem Heimatort?« Seine Stimme wurde zunehmend heiser.

»Nicht weit – ein paar Stunden vielleicht, wenn wir uns beeilen.«

»Der Mann, der das Gift und das Gegenmittel hergestellt hat ... stammt er aus Witherton?«

»Ja. Sein Haus steht noch immer dort.«

»Bring mich dorthin.«

Owen schien verwirrt, nickte aber eifrig. »Natürlich.«

»Und mach schnell«, setzte Richard hinzu und versuchte sich aufzurichten. Es gelang ihm nicht.

Tom erschien in der Menge; auch Jennsen tauchte auf.

»Bringt ein paar Stangen!«, kommandierte Tom. »Ferner ein Stück Zeltleinwand oder ein paar Decken. Wir bauen eine Bahre. Jeweils vier Männer werden ihn tragen. Wenn wir laufen, haben wir ihn im Handumdrehen dorthin geschafft.«

Sofort verschwanden einige Männer in den Gebäuden und suchten zusammen, was sich für den Bau einer Trage verwenden ließ.

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