Dossier: Joyce Takamine

Man musste eine qualifizierte Ausbildung haben, um für eine Arbeit auf Selene infrage zu kommen. Die Mondnation stellte Ingenieure und Techniker ein, keine Obstpflücker. Joyces Eintrittskarte für den Mond war ein ramponierter alter Palmtop-Computer, den sie von ihrem Vater bekommen hatte. Damit hatte sie Zugang zu praktisch jedem Lehrgang an jeder Universität im Internet. Sie studierte jede Nacht, selbst wenn sie so müde war vom Pflücken, dass sie kaum die Kraft hatte, den verschrammten Kunststoffdeckel des Computers aufzuklappen.

Weil die anderen Pflücker sich darüber beschwerten, dass der flackernde Bildschirm sie am Schlafen hinderte, ging Joyce nach draußen vor die Baracke und studierte unter den Sternen. Wenn sie zum Mond aufschaute und den Leitstrahl von Selene sah, schien es ihr, als ob dieser helle Laserstrahl sie rief.

Einmal stahl ein Kerl, mit dem sie ein Techtelmechtel hatte, ihr den Palmtop; er spazierte einfach damit weg, als ob er ihm gehörte. Panisch und wütend zugleich spürte Joyce ihn im nächsten Camp auf und schlug ihm mit einer Karate-Kombination fast den Kopf ab. Die Wachtposten des Besitzers ließen sie gehen, nachdem sie ihnen die ganze Geschichte erzählt hatte. Sie hatten keine Verwendung für Diebe und schon gar nicht für solche, die sich von einem dürren orientalischen Mädchen vertrimmen ließen.

Nach drei Jahren hatte Joyce ihren Abschluss in EDV-Systemanalyse der California Coast University. Sie bewarb sich auf eine Stellenausschreibung in Selene. Sie bekam die Stelle nicht. Vierhundertsiebenundzwanzig Personen, von denen die meisten so verzweifelt und bedürftig waren wie Joyce, hatten sich auf diese eine Stelle beworben.

An dem Tag, als sie die Absage von Selene bekam, erhielt sie noch eine Nachricht: Ihre beiden Eltern waren beim Erdbeben, das die Elendssiedlungen in den Hügeln oberhalb der im Meer versunkenen Ruinen von San Francisco zerstört hatte, bei einer Massenkarambolage auf dem Freeway ums Leben gekommen.

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