Kapitel 17

»Piraterie?«

Hector Wilcox’ Augenbrauen wölbten sich fast bis zum silbergrauen Haaransatz.

Erek Zar schaute unbehaglich und unglücklich drein, während die beiden Männer den Weg durch den Park direkt vor dem IAA-Bürogebäude entlangspazierten. Der Frühling lag in der Luft: Die Bäume schlugen aus, die Bevölkerung von St. Petersburg flanierte im Park und freute sich über die Wärme. Frauen sonnten sich im Gras; sie hatten die langen Wintermäntel geöffnet und zeigten ihre plumpen, dicklichen Leiber, die nur in knappe Bikinis gehüllt waren. Da kann man als Mann aufs Zölibat schwören, sagte Wilcox sich und musterte sie mit Abscheu.

Zar war normalerweise ein gemütlicher und freundlicher Schreibstubenhengst, der keine höheren Ansprüche stellte als hin und wieder ein paar zusätzliche freie Tage, um ein verlängertes Wochenende bei seiner Familie in Polen zu verbringen. Doch nun war das derbe runde Gesicht des Mannes todernst. Er wirkte regelrecht aufgewühlt.

»So lautet der Vorwurf«, sagte Zar. »Piraterie.«

Wilcox war nicht gewillt, seine Siestastimmung von einer durchgeknallten unteren Charge beeinträchtigen zu lassen.

»Wer ist diese Person?«

»Sein Name ist Lars Fuchs. Tomasselli hat sich in dieser Sache an mich gewandt. Fuchs beschuldigt Humphries Space Systems der Piraterie im Asteroidengürtel.«

»Aber das ist doch lächerlich!«

»Das finde ich auch«, sagte Zar eilig. »Tomasselli hat es aber ernst genommen und einen Vorgang angelegt.«

»Tomasselli«, sagte Wilcox, als ob das Wort einen schlechten Beigeschmack hätte. »Dieser reizbare Italiener. Er hat schon eine Verschwörung gewittert, als Yamagata der Astro Corporation dieses Übernahmeangebot machte.«

»Die Übernahme hat aber nie stattgefunden«, legte Zar dar. »Insbesondere aus dem Grund, weil Tomasselli den GEC dazu bewog, sich dagegen auszusprechen.«

»Und nun nimmt er den Vorwurf der Piraterie ernst? Gegen Humphries Space Systems

Zar nickte zerknirscht und sagte: »Er behauptet zwar, die Anschuldigung ließe sich durch Beweise erhärten, doch soweit ich sehe, handelt es sich nur um Indizien.«

»Was, um alles in der Welt, erwartet er nun von mir?«, knurrte Wilcox. Er war nicht der Mann, der die Selbstbeherrschung verlor. Unter gar keinen Umständen. Man gelangte in der komplexen Hierarchie der Internationalen Astronautenbehörde nämlich nicht so weit nach oben, wenn man unkontrolliert Dampf abließ.

»Der Vorgang ist jedenfalls aktenkundig anhängig«, sagte Zar, als ob er um Entschuldigung heischte.

»Ja. Ich werde mich wohl damit befassen müssen.« Wilcox seufzte. »Aber im Ernst — Piraterie? Im Asteroidengürtel? Und selbst wenn es wahr wäre, was sollten wir wohl dagegen unternehmen? Wir haben nicht einmal einen Administrator auf Ceres, um Himmels willen. Es gibt im ganzen Gürtel keine IAA-Präsenz.«

»Wir haben zwei Fluglotsen auf Ceres.«

»Pah!« Wilcox schüttelte den Kopf. »Wie nennen die sich dort draußen noch gleich? Felsenratten? Sie sind stolz auf ihre Unabhängigkeit. Sie haben uns abblitzen lassen, als wir eine offizielle Vertretung auf Ceres einrichten wollten. Und nun jammern sie uns etwas von wegen Piraterie vor.«

»Diese Anschuldigung wird nur von einer Person erhoben: von diesem Fuchs.«

»Zweifellos ein Querulant«, sagte Wilcox.

»Oder ein erbärmlicher Verlierer«, pflichtete Zar ihm bei.

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