La Guaira

Pancho schaute mit verquollenen Augen vom Computerbildschirm auf. Im Raum, den sie und Amanda sich teilten, saß Mandy mit einer Virtuelle-Realität-Brille und einem klobigen Kopfhörer am Schreibtisch und schaute konzentriert auf ihren Monitor.

»Ich vertrete mir mal die Füße«, sagte sie so laut, dass Mandy sie trotz des Kopfhörers hörte.

Amanda nickte, ohne die VR-Brille abzunehmen. Pancho warf einen Blick auf den Bildschirm, aber er zeigte nichts außer einem Gewirr von alphanumerischen Zeichen. Womit auch immer Mandy beschäftigt war, es spielte sich auf der Brille und nicht auf dem Computerbildschirm ab.

Das Wohnheimzimmer öffnete sich direkt auf den Innenhof. Als Pancho nach draußen ging, sah sie zu ihrem Verdruss, dass die Sonne bereits unterging. Der Spätnachmittag war noch immer tropisch warm und feucht, was sie nach dem Aufenthalt im klimatisierten Zimmer um so deutlicher spürte.

Pancho streckte die langen Arme zum bewölkten Himmel und versuchte den verspannten Rücken zu lockern. Kommt davon, wenn man sich die ganze Zeit den Rücken krumm sitzt, sagte sie sich. Soll Mandy doch dort hocken bleiben und studieren, bis die Hölle einfriert. Sie ist ein menschlicher Computer und frisst die Daten nur so in sich rein.

Dan Randolph hatte ihnen aufgegeben, den Fusionsantrieb zu studieren und mit dem Konstruktionsteam zusammenzuarbeiten, das eine Mondfähre zu einem Raumschiff umbaute, das sie zum Gürtel bringen sollte. Sie bekamen Randolph kaum zu Gesicht. Der Mann sprang umher wie ein Floh auf einer heißen Herdplatte und verbrachte fast keinen Abend am selben Ort. Wenn er in La Guaira war, verlangte er den Leuten alles ab, und sich am meisten.

Ein seltsamer Ort für eine Unternehmenszentrale, sagte Pancho sich, während sie vom Gebäudekomplex zwischen den sich wiegenden und rauschenden Palmen zum Strand hinunterging. La Guaira hätte sich eher zum Touristenzentrum geeignet als zum Raumfahrtzentrum. Doch Randolph hatte die Zentrale von Astro Manufacturing vor ein paar Jahren aus zwei Gründen hier angesiedelt: einmal, weil die Lage in Äquatornähe einer Rakete durch die Erdrotation zusätzliche Geschwindigkeit verlieh, und zum andern, weil die Regierung von Venezuela sich kooperationsbereiter zeigte als die Figuren in Washington.

Trotzdem war es seltsam. Es kursierte das Gerücht, dass Randolph eine Liaison mit Präsidentin Scanwell gehabt hätte. Es wurde kolportiert, dass sie ein Liebespaar gewesen wären und eine stürmische Romanze gehabt hätten, die endete, als die Ex-Präsidentin beim verheerenden Erdbeben im Tennessee Valley ums Leben kam.

Es schien alles so weit weg. Pancho folgte dem gewundenen Pfad zum Meer. Die Stiefel knirschten im Kies. Die Sonne stand schon dicht über dem Horizont und tauchte die Karibik in ein rotgoldenes Licht. Dicke Wolken türmten sich auf und leuchteten purpurrot im indirekten Licht. Mit der von See kommenden Brise, in der die Palmen sich sachte wiegten, kam diese Szene ihrer Vorstellung von einem tropischen Paradies am nächsten.

Aber der Strandwall konfrontierte sie wieder mit der rauen Realität. Es handelte sich um eine schulterhohe Barriere aus Stahlbeton, die als Schutz vor dem steigenden Meeresspiegel dienen sollte. Der ursprünglich zartrosa Anstrich des Walls war von der Sonne ausgebleicht worden, und der Beton selbst bröckelte auch schon, wo Sturmfluten gegen ihn angebrandet waren. Die alte Küstenlinie stand inzwischen unter Wasser und kam nur noch bei Ebbe zum Vorschein. Die Brandungswellen brachen sich dort draußen gischtend und mit einem grollenden Zischen. Und der Meeresspiegel stieg noch immer um ein paar Zentimeter pro Jahr.

»Ein schöner Anblick, nicht wahr?«

Erschrocken drehte sie sich um, und ihr Blick fiel auf Randolph, der verdrießlich aufs Meer hinausschaute.

Er trug ein zerknittertes weißes Hemd und eine dunkle Hose, die durch langes Sitzen an den Knien ausgebeult war.

»Ich habe Sie gar nicht kommen sehen, Boss«, sagte Pancho. »Und ich habe nicht einmal Ihre Schritte im Kies gehört.«

»Kein Wunder, ich bin ja auch durchs Gras gegangen«, sagte Randolph. »Mein indianischer zweiter Vorname lautet nämlich ›Der auf leisen Sohlen kommt‹.«

Pancho lachte.

»Wenn Grönland abschmilzt, geht das alles hier unter«, sagte Randolph düster.

»Die ganze Insel?«

»Jedes verdammte Stück. Die Starttürme werden vielleicht noch aus dem Wasser ragen. Oder die Hügelkuppen. Aber das war's dann auch schon.«

»Verdammt.«

»Die Insel war einmal Teil des Festlands, wissen Sie. Als ich mich mit meinem Unternehmen hier ansiedelte, hatte diese Meerenge, die uns vom Festland trennt, noch nicht existiert. Um so viel ist der Meeresspiegel in weniger als zwanzig Jahren gestiegen.«

»Tendenz steigend«, sagte Pancho.

Randolph nickte grimmig. Dann stützte er sich mit den Ellbogen auf die schulterhohe Barriere und stützte das Kinn auf die Hände.

»Wie kommt ihr voran?«, fragte er.

»Wir arbeiten dran«, sagte sie. »Dieser ganze Fusionskram ist sehr umfangreich.«

»Ja, aber Sie müssen sich bis ins kleinste Detail mit der Materie vertraut machen, Pancho«, sagte er mit einem müden Nicken. »Falls unterwegs eine Panne eintritt, müssen Sie in der Lage sein, eine Diagnose zu erstellen und den Fehler zu beheben.«

»Wir werden doch einen Ingenieur an Bord haben, oder?«, fragte sie.

»Vielleicht. Unabhängig davon müssen Sie alles wissen, was es über die Systeme zu wissen gibt.«

»Ja. Muss ich wohl.«

»Und Sie müssen sich auch mit der neuen Navigationstechnik vertraut machen«, fügte er hinzu.

»Ja, zielen und schießen. Ist irgendwie unheimlich.«

Wegen des Schubs und hohen Wirkungsgrads der Fusionsrakete musste das Raumschiff keine ›Energiespar‹-Ellipse vom Erdorbit zum Gürtel beschreiben. Fusionsgetriebene Trajektorien waren fast gerade Linien: Die Reisedauer würde sich nach Tagen anstatt Monaten bemessen.

»Ich weiß, dass es eine Menge Stoff ist«, sagte Randolph.

Sie sah die Müdigkeit in seinen Augen, aber da war noch etwas anderes. Hoffnung, sagte sie sich. Oder vielleicht ist er auch nur so stur wie ein Maultier. Er will, dass dieses Fusions-Raumschiff fliegt. Und er vertraut es meinen Flugkünsten an. Mir und Mandy.

»Wir könnten ein freies Wochenende vertragen«, sagte sie. »Oder wenigstens Ausgang bis zum Wecken.«

Die Sonne war hinter den Bergen des Festlands versunken, und sie sahen, wie die Lichter an der Küste gegenüber angingen.

»Tut mir Leid, Mädchen«, sagte Randolph und stapfte an der Barriere entlang. »Bevor Sie den Auftrag annahmen, sagte ich Ihnen doch, dass Sie das Gelände nicht verlassen dürfen.«

»Ja, ich weiß — aus Sicherheitsgründen«, sagte Pancho und folgte ihm.

»Auch zu Ihrer eigenen Sicherheit«, sagte Randolph. »Nicht nur wegen der Belange der Firma. Sie sind nun ein wertvoller Aktivposten. Von Ihnen und Amanda hängt der Erfolg der ganzen Mission ab. Ich will nicht, dass Sie irgendwelche Risiken eingehen.«

Pancho ließ sich das durch den Kopf gehen. Schon richtig, er betraut uns mit dieser ganzen Operation. Da kann man es ihm nicht verdenken, wenn er vorsichtig ist. Aber trotzdem…

Sie schaute über die Meerenge auf die Lichter der Stadt.

Dann schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf. Ob er weiß, dass ich als Spion auf ihn angesetzt bin? Hält er uns hier unter Verschluss, damit ich keinen Kontakt mit Humphries aufzunehmen vermag?

»Darf ich Sie was fragen?«

Randolph lächelte sie im Dämmerlicht müde an. »Sicher. Nur zu.«

»Ich habe Gerüchte gehört, wonach Sie — nun, dass Astro in finanziellen Schwierigkeiten steckt.«

Randolph hielt für einen Moment inne. »Unternehmen stecken immer in finanziellen Schwierigkeiten«, sagte er dann.

»Ich meine, dicht vor dem Bankrott.«

»Dicht davor«, gestand er ein.

»Wieso stecken Sie dann solche Unsummen in das Fusions-Raumschiff?«

Es wurde schnell dunkel. Pancho sah kaum noch sein Gesicht. Aber sie hörte die Entschlossenheit in seiner Stimme.

»Aus zwei Gründen, Mädchen«, sagte er. »Zum einen: Wenn es funktioniert, nimmt Astro den Gürtel in Besitz. Der Kurs unser Aktien und die Gewinne werden kometenhaft in die Höhe schießen, und dann werde ich nur noch ein einziges Problem haben — wie ich das im Überfluss sprudelnde Geld ausgeben soll.«

Pancho sagte nichts und wartete auf den zweiten Grund.

»Außerdem hängt das Überleben der menschlichen Rasse von der Erschließung des Gürtels ab«, sagte Randolph.

»Glauben Sie das wirklich?«

Er unterbrach die Wanderung und drehte sich zu ihr um. »Eine weitere Klimaerwärmung verkraften wir nicht, Pancho. Es sind schon Millionen Menschen gestorben, viele Millionen. Und das Schlimmste kommt erst noch. Wenn Grönland abschmilzt…«

»Und die Antarktis«, fiel sie ihm ins Wort.

»Und die Antarktis«, pflichtete er ihr bei. »Wenn diese Eismassen schmelzen, säuft die Zivilisation ab. Milliarden Menschen werden sterben — nicht nur durch Überflutungen, sondern auch durch Hungersnöte und Seuchen. Wir sind jetzt schon nicht mehr in der Lage, die Erdbevölkerung zu ernähren, um Gottes willen! Die halbe Welt ist von einer Hungersnot betroffen, und es wird eher noch schlimmer statt besser.«

»Und Sie versprechen sich Hilfe durch die Asteroiden?«

»Wir brauchen die Rohstoffe. Wir müssen unsere industrielle Basis und den Wohlstand wieder aufbauen.«

»Im Weltraum.«

»Ja. Womit wir schon vor einem halben Jahrhundert hätten anfangen sollen.«

Pancho stieß einen leisen Pfiff aus. »Da haben Sie sich aber viel vorgenommen, Boss.«

»Da haben Sie verdammt Recht. Und wenn wir das nicht schaffen, bedeutet das das Ende der Menschheit. Es werden nur eine Hand voll Menschen überleben, und die werden in ein primitives Stadium zurückfallen. Subsistenz-Landwirtschaft. Keine Elektrizität. Keine Maschinen. Keine medizinische Versorgung.«

»Ein Rückfall ins Mittelalter.«

»Eher in die Steinzeit«, grummelte Randolph.

»Deshalb setzen Sie für diesen Flug zum Gürtel alles auf eine Karte.«

Zwar sah sie in der Dunkelheit nicht sein Gesicht, aber sie spürte, wie er nickte.

»Alles, was ich habe«, sagte er.

Alles, was er hat. Die Dimension dieses Plans überrollte Pancho wie eine Lawine. Er riskiert wirklich alles für diesen Flug, seine Firma, sein ganzes Leben. Er ist bereit, alles für diese eine Mission in die Waagschale zu werfen, wofür er sein Leben lang gearbeitet und was er aufgebaut hat. Und er vertraut mir die Durchführung der Mission an. Mir.

Die Verantwortung wog so schwer, als würde die ganze Welt auf ihren Schultern lasten.

»Ich hätte da noch eine Frage«, sagte Pancho mit leicht zitternder Stimme. »Wieso haben Sie ausgerechnet mich für diesen Flug ausgesucht? Sie haben doch viele Piloten mit größerer Erfahrung.«

»Das stimmt wohl«, sagte Randolph mit einem leisen Lachen. »Aber sie haben Familie. Frau und Kind.«

Und ich habe eine Schwester, sagte Pancho sich. Aber sie sprach es nicht aus.

»Zumal keiner von ihnen Ihre Fähigkeiten besitzt«, fuhr Randolph fort.

»Meine Fähigkeiten?«

»Hören Sie, Mädchen, ich habe die Lebensläufe aller Piloten unter die Lupe genommen, die für Astro arbeiten und die ein paar anderer, die nicht auf der Gehaltsliste des Unternehmens stehen. Sie haben den ersten Platz belegt. Sie sind die Beste, die wir haben.«

Pancho stockte der Atem. Teufel, ich weiß, dass ich gut bin, aber bin ich wirklich so gut?

»Bevor Sie eine Gehaltserhöhung fordern«, sagte Randolph, »muss ich Ihnen noch sagen, dass die Personalabteilung meine Einschätzung nicht teilt. Man hält Sie für flatterhaft.«

»Was soll'n das heißen, ›flatterhaft‹?«, echauffierte Pancho sich.

»Mädchen, das Problem mit Ihnen ist, dass es Ihnen an der nötigen Reife fehlt. Sie neigen dazu, Risiken einzugehen und Mätzchen zu machen.«

»Aber nicht, wenn ich fliege.«

»Ach nein? Wie war das gleich noch mal, als Sie sich mit Wally Stinson ein Rennen zum Stützpunkt auf der Rückseite des Monds lieferten?«

»Ach, kommen Sie, ich hatte doch nur Spaß gemacht«, sagte Pancho. »Wally hatte eine hormonelle Aufwallung, bei der der Verstand ausgesetzt hat.«

»Und diese Wette vor ein paar Monaten, die Sache mit dem Vakuum-Atmen?«

»Das war nur ein Gag.«

Sein Lachen drang aus der Dunkelheit, doch dann sagte er: »Sie sind eine Spielernatur, Pancho. Das gefällt den Personalsachbearbeitern überhaupt nicht.«

»Das Fusionsraumschiff würde ich bestimmt nicht aufs Spiel setzen«, sagte sie entschieden.

Randolph schwieg für eine Weile. »Ich weiß, dass Sie das nicht tun würden, Pancho«, sagte er dann. »Deshalb habe ich Sie auch als Pilot ausgewählt.«

»Was ist mit Amanda?«, fragte sie. »Sie ist doch nicht besser als ich, oder?«

»Sie hat eine bessere Ausbildung und ist vorsichtiger. Aber sie ist nicht besser als Sie. Fast so gut, aber auf keinen Fall besser. Falls Sie fliegen, möchte ich aber, dass Sie von einem weiblichen Piloten begleitet werden. Männer kommen schon mal auf komische Gedanken, wenn sie wochenlang in einer Aludose eingesperrt sind.«

Der Plan sah vor, ein Team aus einem Ingenieur und einem Techniker sowie mindestens einen Geologen oder planetaren Astronomen auf die Reise zu schicken. Die Mission sollte über einen bloßen Test des Fusionsantriebs hinausgehen; sie sollte Resultate erbringen. Das war ein Muss.

»Ich würde mit den Männern schon zurechtkommen«, sagte Pancho.

»Ja, da bin ich mir sicher. Aber wieso sollte man dieses Problem überhaupt erst heraufbeschwören?«

»Dass Mandy zum Problem werden könnte, glauben Sie nicht?«

Randolph lachte leise in der Dunkelheit. »Ich weiß, worauf Sie hinauswollen. Sie versetzt die Gemüter in Wallung, wenn sie es darauf anlegt.«

»Auch wenn sie es nicht darauf anlegt.«

»Ich hatte gestern eine ausführliche Unterredung mit Amanda. Sie wird während des Flugs ein braves Mädchen sein. Kein Schlafzimmerblick. Keine knappen Uniformen. Sie hat versprochen, sich zu benehmen.«

Pancho war konsterniert. Diese falsche Schlange hat kein Wort davon gesagt, dass sie mit dem Boss sprechen will.

»Sie wird sich streng professionell verhalten. Sie hat's versprochen.«

»Ich weiß nicht, ob sie über ihren Schatten zu springen vermag«, sagte Pancho.

»Sie meinen, ich sollte sie von der Mission entbinden?«

»Nein, ich meine, Sie sollten mich davon entbinden«, stieß Pancho hervor.

»Sie? Wieso denn das?«

Tu's nicht!, schrie sie sich stumm an. Binde ihm das nicht auf die Nase. Er wird dich hochkant rauswerfen und dafür sorgen, dass du nie mehr eine Stelle bekommst. Aber er vertraut mir. Ich bin der Dreh- und Angelpunkt seiner ganzen Welt, weil er mir die Durchführung des Auftrags zutraut — im Gegensatz zum Personalbüro.

»Wieso sollte ich Sie von der Mission entbinden?«, hakte Randolph nach.

»Martin Humphries hat mir den Auftrag erteilt, gegen Sie zu spionieren«, sagte Pancho und schalt sich einen Narren.

»Ach, hat er das?«, ertönte Randolphs Stimme in der sternenklaren Nacht. Er klang viel ruhiger, als sie erwartet hätte. »Wann war das denn?«

»Vor über einem halben Jahr«, sagte Pancho. Sie hatte Mühe, die Worte hervorzubringen. »Als ich zum letzten Mal in Selene war.«

Randolph nahm das schweigend zur Kenntnis und setzte die Wanderung am Seedamm fort. Pancho ging neben ihm her. Sie lauschte dem Seufzen des Winds, dem Rauschen der Brandung und wartete darauf, dass er explodierte, zornig knurrte oder irgendwie reagierte.

Schließlich stieß er ein Lachen aus. Es war kein lautes, fröhliches Lachen. Nur ein leises, zynisches Keckern. »Ich wusste wohl, dass der Hundesohn versuchen würde, Schnüffler bei mir einzuschleusen, aber ich hätte es nie für möglich gehalten, dass er Sie anheuern würde.«

»Sie können mich feuern, wenn Sie wollen.«

»Was hat er Ihnen denn angeboten?«

»Geld.«

»Ist das alles, worauf Sie aus sind?«

Pancho zögerte für einen kurzen Moment. »Ich habe… eine Familie, um die ich mich kümmern muss.«

»Ja, ich weiß — Ihre Schwester.«

»Woher wissen Sie das?«

»Wie gesagt, ich habe Sie gründlich durchleuchtet. Ich weiß von Ihrer Schwester.«

»Nun…« Pancho musste erst einmal durchatmen, bevor sie weiter zu sprechen vermochte. »Sie hätten allen Grund, mich zu feuern«, sagte sie und wunderte sich darüber, wie schwer es ihr gefallen war, diese Worte auszusprechen.

»Welchen denn?« Randolphs Verwirrung wirkte durchaus echt.

»Weil ich Sie ausspionieren soll.«

»Das geht schon in Ordnung. Kein Grund zur Panik, Mädchen. Tun Sie sich keinen Zwang an und spionieren Sie nach Herzenslust. Ich wusste, dass er Astro mit ein paar Spionen infiltriert hatte. Trotzdem bin ich froh, dass Sie es mir gesagt haben. Ich weiß Ihre Aufrichtigkeit und Loyalität zu schätzen.«

»Aber…«

»Nein, nein, es ist schon in Ordnung«, sagte Randolph in einem fast heiteren Ton. »Sie machen weiter wie gehabt und berichten ihm über Ihre Tätigkeit. Ich werde es Ihnen sogar noch einfacher machen. Ich werde Sie und Amanda nach Selene versetzen. Dort lebt dieser Hundesohn doch, nicht wahr?«

»Ja, ich glaube schon.«

»Gut«, sagte Randolph. »Ich sollte eigentlich selbst dorthin gehen. Es ist dort viel gesünder für mich als hier, das steht schon mal fest.«

»Gesünder?«

»Klimatisiert. Gereinigte Luft. Dort muss ich mir keine Filter in die Nasenlöcher stöpseln.«

Bevor Pancho zu fragen vermochte, wozu Randolph überhaupt Nasenstopfen brauchte, fasste er sie an den Schultern und drehte sie sanft herum, so dass sie in den nächtlichen Himmel schaute. Hinter den vorbeiziehenden Wolken stand der Halbmond, und der helle Lichtpunkt von Selene leuchtete am Terminator, der Grenze zwischen Tag und Nacht.

»Dort werden Sie hinfliegen, Mädchen. Nach Selene.«

Pancho fragte sich, ob Randolph wirklich so begeistert war von ihrem Geständnis oder ob er sie nur in den entlegensten Winkel verbannte, den er zu finden vermochte.

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