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Richard widmete sich weiter dem Studium der Linien und neigte den Kopf zur Seite, um sie besser verfolgen zu können, wie sie in einem komplizierten, sich immer wieder überschneidenden Muster aus allen Richtungen kommend schließlich genau vor Niccis Körpermitte zusammenliefen. Ganz allmählich bekam er eine Ahnung von der Bedeutung dieser Routen und von der übergreifenden Absicht, die sich hinter dieser Anordnung verbarg.

»Meiner Meinung nach fehlt dort eine Stützkonstruktion.« Er deutete mit einem Finger nach links hinüber. »Es sieht ganz so aus, als hätte sie dort beginnen sollen, meint ihr nicht auch? Es scheint, als sollte von dieser Stelle eine Linie hier entlang nach oben und dann wieder zurück zu der Stelle neben ihrem Ellbogen führen.«

Die Aufmerksamkeit ganz vom Rhythmus der Linien in Anspruch genommen, war er für das Geschehen im Rest des Raumes weitgehend nicht mehr empfänglich.

»Es ist völlig ausgeschlossen, dass du so etwas wissen kannst«, stellte Ann entschieden fest.

Er ließ sich von ihrer Skepsis nicht beirren. »Wenn man einen Kreis mit einer leichten Delle darin gezeigt bekommt, dann weiß man doch wohl, dass da etwas nicht stimmt, oder nicht? Man erkennt die beabsichtigte Form und weiß, dass besagte Delle dort nicht hingehört.«

»Richard, wir haben es hier nicht einfach nur mit einem simplen Kreis zu tun. Du weißt ja nicht einmal, was du vor dir hast.« Ehe sie ihre Stimme noch mehr hob, fing sie sich wieder, verschränkte die Hände vor dem Körper und atmete einmal tief durch. Dann fuhr sie fort. »Ich möchte lediglich daran erinnern, dass hier ein überaus hohes Maß an Komplexität vorliegt, von dem du unmöglich Kenntnis haben kannst. Wir drei haben noch nicht einmal ansatzweise begonnen, den hinter dieser Bannform verborgenen Mechanismus zu entschlüsseln, und wir verfügen über eine umfassende Ausbildung in diesen Dingen. Aber trotz unserer Ausbildung und unseres Wissens ist ihre Entwicklung längst noch nicht so weit abgeschlossen, dass wir ihre Funktionsweise begreifen könnten. Hier sind überaus komplexe Prinzipien im Spiel, von denen du wirklich rein gar nichts verstehst.«

Ohne sich zu ihr herumzudrehen, tat Richard ihren Einwand mit einer knappen Handbewegung ab. »Spielt alles keine Rolle. In jedem Fall ist die Form emblematisch.«

Nathan neigte den Kopf zur Seite. »Sie ist was?«

»Emblematisch«, murmelte Richard, während er einen Linienschnittpunkt betrachtete und dabei den Hauptstrang der Anordnung ausfindig zu machen versuchte.

»Ach ja?«, sprudelte es aus Zedd hervor, als Richard sich erneut seiner stummen Betrachtung widmete.

»Ich bin ein wenig vertraut mit der Sprache der Embleme«, sagte er gedankenverloren, nachdem er den Hauptstrang entdeckt hatte, ihm mit dem Finger durch das Auf und Ab und die Wirbel des Musters gefolgt war und sich dabei mehr und mehr auf seinen Zweck einzustimmen vermochte. »Das sagte ich euch doch schon.«

»Wann soll das gewesen sein?«

»Damals, als wir bei den Schlammmenschen waren.« Er vertiefte sich erneut in den Fluss der Konstruktion und versuchte, dabei den ansteigenden Verlauf innerhalb der untergeordneten Verästelungen zu erkennen. »Kahlan war ebenfalls dort. Und Ann auch.«

»Ich fürchte, das muss uns irgendwie entfallen sein«, gestand Zedd, nachdem er Ann frustriert den Kopf hatte schütteln sehen. Er stieß einen unglücklichen Seufzer aus. »Noch eine Erinnerung aus Kahlans Umfeld, die für uns wegen der Untaten der Schwestern verloren ist.«

Richard hörte ihn kaum. Mit wachsender Erregung deutete er mit dem Finger fuchtelnd auf eine Unterbrechung in den Linien unmittelbar unterhalb von Niccis Ellbogen. »Und ich sage euch, hier fehlt eine Linie. Ich bin mir ganz sicher.« Richard wandte sich herum zu seinem Großvater, und in diesem Moment bemerkte er, dass ihn alle anstarrten. »Genau hier«, erklärte er ihnen, indem er erneut darauf zeigte, »zwischen dem Ende dieses ansteigenden Bogens hier und dieser Überschneidung von Dreiecken müsste sich eine Linie befinden.«

Zedd runzelte die Stirn. »Eine Linie?«

»Ja.« Er verstand gar nicht, wieso ihnen das nicht schon früher aufgefallen war. Für Richard war es so sonnenklar, als hätte man beim Singen eines Liedes einen Ton der Melodie weggelassen. »Eine Linie fehlt, und zwar eine wichtige.«

»Eine wichtige«, wiederholte Ann im Tonfall erschöpften Verdrusses.

Richard, dessen Erregtheit mit jedem Augenblick zunahm, wischte sich mit der Hand über den Mund. »Eine überaus wichtige.«

Zedd seufzte. »Richard, wovon redest du überhaupt?«

»Seht doch«, sagte Richard und wandte sich wieder zu ihnen herum,

»es ist ein Emblem, ein Muster. Mit einem solchen Muster verhält es sich genau so wie mit einer Übersetzung aus einer anderen Sprache. In gewisser Weise ist es dasselbe, was ihr durch das Wirken eures Prüfnetzes zu verstehen versucht. Im Großen und Ganzen beschreibt diese Form ein Phänomen exakt so, wie eine mathematische Gleichung physikalische Eigenschaften beschreibt, etwa wie eine Gleichung, die das Verhältnis von Umfang und Radius eines Kreises ausdrückt. Emblematische Formen können auch eine Art Sprache sein, genau wie Mathematik eine Form von Sprache ist. Beide sind in der Lage, etwas über das Wesen der Dinge zu offenbaren.«

Geduldig strich Zedd sich das Haar aus dem Gesicht. »Du betrachtest Embleme also als eine Form der Sprache?«

»In gewisser Weise. Nimm zum Beispiel die Huldigung unter Nicci. Sie ist ein Emblem. Der äußere Kreis stellt den Beginn der Unterwelt dar, während der innere Kreis die Grenzen der Welt des Lebens beschreibt. Das Quadrat, das beide voneinander trennt, stellt den Schleier zwischen diesen Welten dar. In der Mitte befindet sich ein achteckiger Stern, der für das Licht des Schöpfers steht. Die acht Linien, die strahlenförmig von den Zacken des Sternes ausgehen und bis durch den äußeren Kreis stoßen, verkörpern die Gabe, die von der Schöpfung durch das gesamte Leben, schließlich durch den Schleier und weiter bis in den Tod reicht. Das gesamte Gebilde ist ein Emblem; wenn man es betrachtet, nimmt man es als eine zusammenhängende Idee wahr. Man könnte also sagen, dass man seine Sprache versteht.

Wenn nun beim Wirken eines Bannes ein mit der Gabe Gesegneter eine Huldigung unsauber zeichnet - sich also der Sprache in unzulänglicher Weise bedient -, wird sie ihre beabsichtigte Wirkung verfehlen, ja, möglicherweise kommt es sogar zu Schwierigkeiten. Angenommen, du hättest eine Huldigung mit einem neunzackigen Stern vor dir, oder eine, der die Kreise fehlen, würdest du nicht auf der Stelle wissen, dass etwas nicht stimmt? Wenn das Quadrat, das den Schleier darstellt, unkorrekt gezeichnet wäre, könnte unter den entsprechenden Umständen dadurch theoretisch sogar der Schleier zerrissen werden und die beiden Welten einander durchdringen. Sie ist ein Emblem, mithin versteht man die Idee, für die es steht, denn man "weiß ganz einfach, wie sie aussehen sollte. Und wenn sie fehlerhaft gezeichnet ist, erkennt man sie als unkorrekt.«

Als das Gleißen der Blitze flackernd zum Erliegen kam, verströmte der Raum im trüben Schein der Lampen plötzlich ein Gefühl von Verlassenheit. Von unten aus dem Tal rollte drohend dumpfes Donnergrollen herauf.

Zedd, mittlerweile vollkommen regungslos verharrt, musterte Richard jetzt konzentrierter als zuvor das Überprüfungsnetz. »Auf diese Weise habe ich es noch nie so recht betrachtet, Richard, aber ich gebe zu, an deiner Sichtweise könnte etwas dran sein.«

Nathan hob anerkennend eine Braue. »Das könnte es allerdings.«

Ann seufzte. »Na ja, vielleicht.«

Richard wandte sich von ihren verdrießlichen Mienen wieder den leuchtenden Linien zu. »Der Fehler«, sagte er und zeigte, »befindet sich genau hier.«

Zedd reckte seinen Hals, um die Linien in Augenschein zu nehmen.

»Nehmen wir einmal an, du hättest recht, einfach um des Argumentes willen. Was bedeutet es deiner Meinung nach?«

Richards Herz pochte, als er erneut um den Tisch herumging, um die Linien flüchtig durch den gesamten Bann zu verfolgen. Er benutzte einen Finger, mit dem er die leuchtenden Linien gerade eben nicht berührte, um die Hauptwege nachzuzeichnen und das Muster, die Struktur der Form, in groben Zügen zu skizzieren.

Das Ergebnis entsprach seinen Erwartungen. »Hier. Seht hierher, auf diese frisch geformte Struktur, die sich um diese älteren ursprünglichen Linien gebildet hat. Betrachtet den verworrenen Charakter dieser neuen Liniengruppe. Sie stellen eine Variable dar, obwohl alles an diesem Linienemblem eigentlich aus Konstanten bestehen sollte.«

»Eine Variable ...?« Zedd stammelte, so als hätte er, eben noch in Gedanken ganz bei Richards Argumentation, plötzlich festgestellt, dass er völlig den Faden verloren hatte.

»Ja«, sagte Richard. »Sie ist nicht emblematisch, sondern ihrer Form nach biologisch. Die beiden sind erkennbar unterschiedlich.«

Nathan strich sich mit beiden Händen übers Haar und seufzte, enthielt sich aber jeglichen Kommentars.

Anns Gesicht war tief rot angelaufen. »Es ist eine Bannform! Sie ist unveränderlich! Sie kann unmöglich biologisch sein!«

»Genau da liegt das Problem«, fuhr Richard fort, indem er mehr auf ihren Einwand als auf ihren Zornesausbruch reagierte. »Auf keinen Fall darf man zulassen, dass diese Art von Variablen eine angeblich konstante Konstruktion ungünstig beeinflusst. Das käme einer mathematischen Gleichung gleich, in der sämtliche Zahlen unwillkürlich ihren Wert ändern können; damit würde die gesamte Mathematik unbrauchbar, ja null und nichtig. Algebraische Symbole mögen variieren, aber selbst diese Variablen folgen bestimmten Verhältnismäßigkeiten. Die Zahlen selbst jedoch sind Konstanten. Das Gleiche gilt für diese Struktur. Embleme müssen aus unveränderlichen Konstanten gebildet sein - man könnte sagen, wie in einer einfachen Addition oder Subtraktion. Eine innere Variable dagegen zerstört die Konstanz einer emblematischen Form.«

»Ich vermag dir nicht zu folgen«, gestand Zedd.

Richard wies zum Tisch. »Du hast die Huldigung mit Blut gezeichnet. Die Huldigung ist eine Konstante, das Blut dagegen biologisch. Warum hast du es auf diese Weise gemacht?«

»Na, damit es funktioniert«, fiel Ann ihm barsch ins Wort. »Wir mussten es so machen, um die Innenperspektive des Prüfnetzes auszulösen. So wird es eben gemacht. Das ist das anerkannte Verfahren.«

Richard hob etwas klugscheißerisch einen Finger. »Eben. Ihr habt bewusst eine kontrollierte biologische Variable - nämlich Blut - in etwas eingeführt, das eigentlich konstant ist: eine Huldigung. Bedenkt aber bitte, dass es außerhalb der eigentlichen Bannform bleibt. Es ist lediglich ein nützliches Hilfsmittel, ein Katalysator. Ich glaube, es verhält sich so, dass eine solche Variable in der Huldigung es dem von euch ausgelösten Bann ermöglicht, seinen Verlauf zu nehmen, ohne von einer Konstante - nämlich der Huldigung beeinträchtigt zu werden. Versteht ihr? Sie verleiht dem Prüfnetz nicht nur die durch die Huldigung beschworene Kraft, sondern gibt ihr die durch die biologische Variable gewonnene Freiheit, nach Bedarf zu wachsen, um ihr wahres Wesen, ihre Absicht zu offenbaren.«

Als Zedd kurz zu ihr herübersah, meinte Cara: »Schaut mich nicht so an. Jedes Mal, wenn er mit diesen Sachen anfängt, nicke ich bloß und warte lächelnd darauf, dass der Ärger losgeht.«

Zedd machte ein säuerliches Gesicht. »Noch nie in meinem ganzen Leben habe ich gehört, dass jemand ein Prüfnetz auf diese Weise erklärt hätte. Es ist eine ziemlich seltsame Betrachtungsweise. Das Besorgniserregendste daran ist, dass es, auf verdrehte Weise, tatsächlich einen Sinn ergibt. Damit sage ich nicht etwa, dass du recht hast, Richard, aber es ist zweifelsohne ein verstörender Gedanke.«

»Wenn du recht hättest«, warf Nathan ein, »würde das bedeuten, dass wir uns all die Jahre wie Kinder benommen haben, die mit dem Feuer spielen.«

»Das heißt, falls er recht hat«, fügte Ann mit kaum hörbarer Stimme hinzu. »Mir klingt das alles eine Spur zu abgefeimt.«

Richard betrachtete die im Nichts erstarrte Frau, jene Frau, die im Augenblick nicht für sich selber sprechen konnte. »Wessen Blut habt ihr eigentlich benutzt, um die Huldigung zu zeichnen?«, wandte er sich an die anderen hinter seinem Rücken.

»Niccis«, antwortete Nathan. »Es war ihr eigener Vorschlag. Sie meinte, es sei die geeignete Methode und die einzige Möglichkeit, damit es auch wirklich funktioniert.«

Richard fuhr zu ihnen herum. »Niccis? Ihr habt Niccis Blut benutzt?«

Zedd nickte. »So ist es.«

»Ihr habt... mit ihrem Blut... eine Variable geschaffen ... und sie dann selbst hineingestellt?«

»Mal abgesehen davon, dass genau das nach Niccis Worten zu geschehen hatte«, sagte Ann, »sind wir aufgrund unserer umfassenden Forschungen und Überlegungen überzeugt, dass es die richtige Methode ist, eine Innenperspektive einzuleiten.«

»Da habt ihr sicherlich recht - unter normalen Umständen. Da euch allen die geeignete Vorgehensweise in diesen Dingen bekannt ist, kann das nur bedeuten, dass die Verunreinigung sich stark von den gewöhnlichen Problemen unterscheidet, die bei dem Überprüfungsverfahren zu erwarten sind.« Richard fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. »Es müsste etwas sein ... ich weiß nicht. Etwas völlig Unvorstellbares.«

Zedd zuckte die Achseln. »Du glaubst also tatsächlich, es könnte unangenehme Folgen haben, Nicci dort hineinzustellen, wenn das Blut, aus dem das Netz seine Energie schöpft, von ihr selbst stammt?«

Richard fasste seine Unterlippe zwischen Daumen und Zeigefinger und ging auf und ab. »Vielleicht auch nicht, vorausgesetzt, die zugrundeliegende Bannform, die ihr überprüfen wollt, war rein. Aber das trifft in diesem Fall nicht zu. Sie ist durch eine biologische Variable verunreinigt. Ich denke, ihr die Quelle der Kontroll-Variablen beizugeben - Nicci - könnte der Verunreinigung genau den nötigen Spielraum verschaffen.«

»Und das heißt?«, wollte Nathan wissen.

Gestikulierend ging Richard weiter auf und ab. »Das heißt, es ist, als ob man Öl ins Feuer gösse.«

»Ich glaube, das Unwetter lässt deine Phantasie mit dir durchgehen«, meinte Ann.

»Welche biologische Variable wäre denn überhaupt imstande, ein Prüfnetz zu verunreinigen?«, wollte Nathan wissen.

Richard wandte sich wieder herum und betrachtete die Linien, folgte ihnen herum bis zu jenem schrecklichen Bogen, der im Nichts endete, wo er eigentlich einer Stütze bedurfte. Sein Blick wanderte durch den leeren Raum bis zu der harrenden Schnittstelle.

»Ich weiß es nicht«, räumte er schließlich ein.

Zedd trat näher. »Deine Ideen mögen ja ganz originell sein, Richard, und sicherlich regen sie zum Nachdenken an, wie ich dir gerne zugestehen will. Es könnte sogar sein, dass sie uns hilfreiche Einblicke gewähren, die uns zu einem besseren Verständnis verhelfen, als wir es sonst bekommen hätten. Aber nicht alles, was du sagst, trifft zu. Einiges davon ist schlichtweg falsch.«

Richard sah über seine Schulter. »Tatsächlich? Was zum Beispiel?«

Zedd zuckte die Achseln. »Nun, zum einen können auch biologische Formen emblematisch sein. Ist nicht auch ein Eichenblatt biologisch, und besitzt es nicht dennoch eine wieder erkennbare, emblematische Form? Lässt sich eine Schlange nicht mithilfe eines Emblems darstellen oder gar ein komplexes Ganzes, sagen wir ein Baum oder ein Mensch?«

Richard kniff kurz die Augen zusammen. »Richtig. So habe ich es noch nie betrachtet, aber du hast recht.«

Er wandte sich wieder der Bannform zu und betrachtete das Thema der biologischen Verunreinigung aus einem neuen Blickwinkel. Suchend ließ er den Blick über das verwirrende Gebilde wandern, versuchte, klug daraus zu werden, versuchte, ein Muster zu erkennen. Doch sosehr er sich auch bemühte, es schien aussichtslos. Es gab kein solches Muster.

Warum nicht? Wenn ihre graphische Darstellung dem Ursprung nach biologisch war, was den Tatsachen entsprach, wie er wusste, dann sollte laut Zedd in dieser bildlichen Wiedergabe irgendein Quellenmuster zum Ausdruck kommen. Aber das gab es nicht. Es war nichts weiter als ein verwirrendes Durcheinander, ein verworrenes Gebilde aus ineinander verschlungenen, bedeutungslosen Linien.

Und dann dämmerte es ihm. Er meinte einen winzigen Teilbereich innerhalb dieses Durcheinanders wieder zu erkennen. Er schien ... irgendwie flüssig. Aber das ergab keinen Sinn, denn gleichzeitig entdeckte er einen anderen Teilbereich, der fast das genaue Gegenteil zu sein schien. Der andere Bereich sah eher aus wie eine emblematische Darstellung des Feuers.

Es sei denn, das Ganze bestand aus mehr als einem Element. Ein Baum konnte durch ein Eichenblattemblem, eine Eichel oder aber eine Darstellung des gesamten Baums verkörpert werden. Und wo stand geschrieben, dass es nicht drei unterschiedliche Dinge sein konnten, die die Bannform gemeinsam verunreinigten? Drei Dinge.

Dann sah er sie - jedes einzelne der drei Elemente. Wasser. Feuer. Luft.

Sie alle drei waren es, ganz und gar ineinander verwoben.

»Bei den Gütigen Seelen«, entfuhr es Richard leise, während sich seine Augen weiteten.

Er straffte sich. Gänsehaut kroch kribbelnd seine Arme hoch. »Holt sie da raus.«

»Richard«, versuchte Nathan zu beschwichtigen, »sie ist da drinnen vollkommen ...«

»Holt sie da raus! Und zwar auf der Stelle!«

»Richard ...«

»Ich hab’s euch gesagt - die Bannform hat einen Fehler!«

»Also, genau das versuchen wir doch herauszufinden, oder?«, sagte Ann im Tonfall übertriebener Geduld.

»Ihr begreift nicht.« Richard wies auf die Wand aus matt leuchtenden Linien. »Es ist nicht die Art Fehler, die jeder suchen würde. Dieser Fehler wird sie umbringen. Der Bann ist nicht mehr inaktiv - er ist im Begriff zu mutieren. Er wird lebendig.«

»Lebendig?« Zedd verzog ungläubig das Gesicht. »Wie in aller Welt konntest du ...«

»Ihr müsst sie da rausholen! Sofort!«

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