Eine Ewigkeit lang hatte Richard auf einem uralten kalten Steinboden tief in einem einsamen Wald gelegen, hatte hinunter in den schwarzen Abgrund gestarrt und nicht gewusst, was er tun sollte. Plötzlich setzte er sich auf. Er hatte nach der Sliph gerufen, bis er heiser war, doch keine Antwort erhalten. Die Sliph blieb verschwunden.
Richard stützte die Ellbogen auf die Knie, ließ den Kopf hängen und verschränkte die Hände im Nacken. Ihn beschlich das Gefühl, sich verirrt zu haben und nicht zu wissen, was er nun anfangen solle. Wie oft seit seinem Aufbruch aus den Wäldern des Kernlands hatte er sich so gefühlt und geglaubt, er sei am Ende? Stets hatte er einen Ausweg gefunden. Ob es ihm auch diesmal wieder gelang, wusste er allerdings nicht.
Während Richard aufgewachsen war, hatte er nichts davon geahnt, mit der Gabe geboren zu sein. Er hatte nichts, rein gar nichts über Magie gewusst. Nachdem er die Gabe entdeckt hatte, wollte er sie nicht. Er wollte sie loswerden, wie eine Krankheit, die man erbt. Eigentlich wollte er nur er selbst sein. Doch schließlich hatte er den Wert seiner Fähigkeiten eingesehen und verstanden, dass sie eben ein Teil seiner selbst waren. Oft hatten sie nicht nur ihm, sondern auch Kahlan und vielen anderen Weggefährten das Leben gerettet. Seine Gabe gehörte zu ihm und konnte ebenso wenig wie seine Lungen oder sein Herz von ihm getrennt werden.
Jetzt allerdings hatte er sie irgendwie verloren.
Als die Sliph ihm erklärt hatte, er verfüge nicht mehr über die Magie, die zum Reisen notwendig sei, hatte er es kaum für möglich gehalten, dass seine Gabe tatsächlich verschwunden sein könnte. Er betrachtete es als magisches Versagen, als eine Art Anomalie. Damals, als er sie noch loswerden wollte, hatte er die Erfahrung gemacht, dass es einfach unmöglich war.
Trotzdem stimmte es, selbst wenn es ihm unbegreiflich war. Denn mit seiner Gabe zusammen hatte er die Erinnerung an Das Buch der gezählten Schatten verloren. Es kam ihm vor, als hätte er es niemals auswendig gelernt.
Das Buch der gezählten Schatten war ein Buch der Magie gewesen. Man brauchte die Gabe, um es lesen und um sich hinterher auch nur an ein einziges Wort des Textes erinnern zu können. Ohne die Gabe konnte Richard keine Bücher der Magie lesen, oder genauer gesagt, er konnte sich nicht lange genug der Wörter entsinnen, um zu wissen, dass er überhaupt etwas gelesen hatte. Ohne die Gabe erschienen Bücher der Magie wie unbeschrieben.
Und die Erinnerung an Das Buch der gezählten Schatten war erloschen.
So war er an einer Prüfung gescheitert, von der er gar nichts gewusst hatte. Und er hatte auch keine Ahnung, worin diese Prüfung bestanden hatte. Jedenfalls hatte er versagt.
Er vermochte sich einfach nicht vorzustellen, wie diese Worte eine Prüfung von Baraccus gewesen waren. Wie konnten sie ihn prüfen? Prüfen auf was? Er konnte nicht erkennen, von welcher Art Prüfung die Sliph gesprochen haben mochte, daher erschloss sich ihm zwangsläufig nicht, wieso er durchgefallen war.
Wenn nur Zedd da wäre und ihm helfen könnte, oder Nicci oder Nathan - irgendjemand. Er hielt inne und fragte sich, wie oft er sich schon Antworten, Hilfe und Rettung gewünscht hatte. Nie war dieser Wunsch erfüllt worden. Wünsche wurden nie erfüllt.
Aber auf diese Weise verschwendete er seine kostbare Zeit nur mit Selbstmitleid. Stattdessen sollte er gezielt überlegen und nicht in der Hoffnung herumsitzen, dass jemand komme und ihm das Denken abnehme.
Er lehnte sich an den Stein und blickte hinauf ins Blätterdach, hinter dem die Sterne funkelten. Lächelnd verspottete er sich, indem er sich sagte, eine Sternschnuppe werde ihm vielleicht seinen Wunsch erfüllen. Schließlich verdrängte er alle Gedanken an Wünsche und deren Erfüllung und richtete seine Aufmerksamkeit auf die Aufgabe, die es zu bewältigen galt.
Hundertmal ging er das Gespräch im Kopf durch, und dennoch ergab es keinen Sinn. Baraccus hatte ihm durch die Botschaft, die er bei der Sliph hinterlassen hatte, mitgeteilt, dass er die Antworten, die Richard retten würden, nicht kannte. Trotzdem war Baraccus der Überzeugung, Richard habe alles, was er brauche, um erfolgreich zu sein. Baraccus hatte Richard gesagt, er solle an sich selbst glauben, und wollte ihn wissen lassen, dass er, Baraccus, an ihn glaubte, obwohl er nicht ausdrücklich Richards Namen erwähnt hatte. Die Nachricht, überlegte Richard, war für denjenigen bestimmt gewesen, der mit der subtraktiven Seite der Gabe geboren wurde. Baraccus hatte dafür gesorgt, dass diese aus dem Tempel der Winde freigesetzt wurde, aber er wusste weder, wer es sein würde, noch welchen Namen derjenige tragen würde. Zumindest ging Richard davon aus. Baraccus hatte zwar die direkte Anrede gewählt, jedoch ohne Namen, was durchaus mehr Sinn ergab. Die Nachricht war deutlich genug ohne den Namen der Person, die sie am Ende hören würde. Dadurch klang die Botschaft so, als wäre sie an diese Person gerichtet.
Nur, inwiefern war das eine Prüfung? Und wie konnte Richard daran scheitern?
Er seufzte niedergeschlagen. Hatte die Sliph möglicherweise von Baraccus eine bestimmte Macht erhalten, so wie die Macht, die er ihr gegeben hatte, um in einem Notfall zu handeln? Konnte sie deshalb erkennen, ob Richard besaß, was zum Erfolg notwendig war? War sie deshalb zu der Einsicht gelangt, dass Richards Fähigkeiten nicht ausreichten?
Die Quelle. Während er zu den Sternen schaute, dachte Richard darüber nach. Er hatte der Sliph gesagt, er habe die Worte von Shota gehört, und dann plötzlich hatte sie sich von ihm abgewandt. Kannte die Sliph Shota? Vielleicht hätte Richard in Baraccus’ Augen keine Verbindung zu einer Hexe haben sollen. Das konnte der Grund sein, aus dem Richard gescheitert war - weil er die Sache nicht selbst und ganz allein erledigt hatte. Er verzog das Gesicht. Es fiel ihm schwer, sich vorzustellen, Baraccus habe etwas dagegen, dass Richard die Lösung mit anderen zusammen suchte.
Er ging die Worte noch einmal im Kopf durch.
Es tut mir leid, Richard. Ich kenne die Antworten nicht, die dich retten würden. Wüsste ich sie, glaube mir, ich würde sie dir nur zu gerne gehen. Aber ich sehe das Gute in dir. Ich glaube an dich. Du hast alles, was du brauchst, um erfolgreich zu sein. Manchmal wirst du an dir zweifeln. Gib nicht auf. Denke immer daran, ich glaube an dich. Ich weiß, du kannst dein Ziel erreichen. Es gibt nicht viele wie dich, Richard. Glaube an dich.
Und wisse, ich bin überzeugt, dass du derjenige bist, der dies vollbringen kann.
Das war, der Sliph zufolge, die Nachricht von Baraccus. Allerdings, so erinnerte sich Richard, hatte Shota ihm diese Worte vor nicht allzu langer Zeit ebenfalls gesagt, als sie sich zum letzten Mal vor ihrem Aufbruch gesehen hatten.
Richard glaubte nicht an Zufälle, und in diesem Fall schon gar nicht. Shota hatte nicht rein zufällig wortwörtlich das Gleiche sagen können, was Baraccus der Sliph als Botschaft für ihn mitgegeben hatte. Dazu war es zu lang, zu ausführlich und überhaupt viel zu einmalig.
Wenn es also kein Zufall war - und daran hegte Richard keinen Zweifel -, warum benutzte Shota dann exakt dieselben Worte wie Baraccus? Bestand darin die Botschaft? Wollte sie ihm etwas mitteilen? Ihn warnen?
Falls die Hexe ihm helfen wollte, warum hatte sie ihn nicht vor der Prüfung gewarnt? Sie hätte ihm ja nicht die Antwort verraten müssen, doch zumindest hätte sie ihm sagen können, um welche Art Prüfung es sich handelte. Zedd hatte oft gesagt, eine Hexe sage dir nie das, was du willst, und füge stets etwas hinzu, das du gar nicht wissen möchtest. Hatte es damit zu tun? Er bezweifelte es, da sie ihm an diesem Tag viele schreckliche Dinge gesagt hatte - Dinge, die ihm schließlich bei der Entscheidung geholfen hatten, was mit der Armee zu geschehen habe, wenn er sie nicht in eine letzte Schlacht gegen Jagang schickte.
Die Ausdrücke in der Botschaft waren unverwechselbar, und das ließ ihm keine Ruhe: Antworten, die dich retten würden; nur zu gerne gehen; sehe das Gute in dir; du hast alles, was du brauchst, um erfolgreich zu sein; denke immer daran, ich glaube an dich. Die Sprache hatte einen gewissen ungewöhnlichen Rhythmus. Der Unterschied fiel nicht besonders stark auf, dennoch klang es ein wenig eigenartig, fast wie ein Kind, und doch auf einfache Weise sehr förmlich. Richard seufzte. Es wollte ihm schlicht nicht in den Sinn kommen, aber die Sprache dieser Botschaft hatte einen unverkennbaren Ton.
Als er begriff, durchfuhr es ihn heiß und kalt.
Er erinnerte sich, warum diese Worte so beunruhigend vertraut geklungen hatten, als Shota sie sagte. Weil er sie nämlich schon einmal gehört hatte.
Es waren die gleichen Worte, die das Irrlicht zu ihm gesagt hatte, am Abend des Tages, an dem Richard Kahlan kennen gelernt hatte. Sie lagerten unter einer Launenfichte. Kahlan fragte ihn, ob er sich vor Zauberei fürchte, und nachdem sie mit seiner Antwort zufrieden war, hatte sie eine kleine runde Flasche hervorgeholt, in der sich das Irrlicht befand. Das Irrlicht, Shar, hatte Kahlan über die Grenze geführt, würde aber nun bald sterben. Fern von ihrem Zuhause und getrennt von ihresgleichen hielt es nicht lange durch. Für eine erneute Überquerung der Grenze fehlte ihm die Kraft. Richard fiel wieder ein, dass Kahlan gesagt hatte: »Shar hat ihr Leben geopfert, um mir zu helfen, weil sonst unter anderem auch alle ihrer Art zugrunde gehen, wenn Darken Rahl Erfolg hat.«
Das Irrlicht war der Erste gewesen, der ihn darauf aufmerksam gemacht hatte, dass Darken Rahl ihn verfolgte. Shar hatte Richard gewarnt, er würde gefasst und getötet werden, wenn er davonliefe. Richard hatte sich bei dem Irrlicht bedankt, weil es Kahlan geholfen hatte. Er erklärte Shar, Kahlan habe sein Leben verlängert, da sie ihn vor einer großen Dummheit bewahrt habe. Sein Leben sei außerdem durch sie reicher geworden, und nochmals bedankte er sich, weil Shar seine Freundin sicher über die Grenze gebracht hatte. Shar hatte ihm daraufhin gesagt, sie glaube an ihn und hatte all das andere hinzugefügt, was Baraccus ihm durch die Sliph hatte mitteilen lassen. Zu dem Zeitpunkt hatte er die eigentümliche Sprechweise als Charakteristikum der Irrlichter aufgefasst - und womöglich stimmte das sogar, aber Baraccus musste die gleichen Worte aus einem bestimmten Grund benutzt haben.
Und das galt auch für Shota, die ihn - entweder absichtlich oder in unschuldiger Unkenntnis der Quelle - an das erinnern wollte, was Shar gesagt hatte. Vermutlich hatte sie den tatsächlichen Grund nicht gekannt, weshalb sie die Worte exakt so formulierte, doch durch ihre Gabe sollten sie ihn zum Nachdenken bringen. Und dazu, sich zu entsinnen. Wahrscheinlich hatte er das Gesagte nur wegen der schrecklichen Vision, in der er gesehen hatte, wie Kahlan bei seiner Hinrichtung zuschaute, nicht mit dem Irrlicht in Verbindung gebracht. Diese Vision hatte alles andere überdeckt. Richard lauschte den Geräuschen im nächtlichen Wald, den zirpenden Käfern, dem raschelnden Laub und einer fernen Spottdrossel. Schließlich dämmerte es ihm.
Shar hatte ihn beim Namen genannt, ohne vorgestellt zu werden. Vielleicht hatte das Irrlicht den Namen einfach gehört, als es noch in der kleinen Flasche in Kahlans Tasche steckte.
Oder es hatte ihn schon gekannt.
Richard riss die Augen auf, als ihm noch etwas einfiel. Er hatte das Irrlicht gefragt, warum Darken Rahl versuche, ihn zu töten, ob es sei, weil er Kahlan helfe, oder ob es andere Gründe gebe. Shar hatte sich ihm genähert und gefragt: »Andere Gründe? Geheimnisse vielleicht?«
Geheimnisse.
Richard sprang auf und stieß einen Schrei aus, als er mit einem Paukenschlag begriff.
Er drückte sich die Fäuste an die Schläfen und vermochte einen weiteren Schrei nicht zu unterdrücken.
»Ich habe es begriffen! Bei den Gütigen Seelen, ich habe es verstanden!«
Geheimnisse.
Richard hatte immer gedacht, das Irrlicht wisse über den Zahn Bescheid, den Richard unter dem Hemd versteckt hielt, aber darum ging es gar nicht. Mit dem Zahn hatte es nichts zu tun. Shar hatte mit ihrer Frage auf etwas ganz anderes abgezielt. Sie hatte ihm die erste Chance geboten, jenes geheime Buch zu finden, das Baraccus für ihn versteckt hatte.
Doch der Zeitpunkt war zu früh gewählt. Richard war noch nicht bereit gewesen.
Richard hatte schon damals Baraccus’ Prüfung nicht bestanden. Zum ersten Mal in dieser Nacht mit dem Irrlicht. Baraccus hatte vermutlich keinerlei Möglichkeit zu erfahren, wann Richard bereit sein würde. Er musste ihn von Zeit zu Zeit erneut prüfen. Shota hatte es ihm erklärt: Nur weil Baraccus dafür gesorgt hatte, dass Richard mit der Gabe geboren wurde, musste Richard deswegen nicht immer das Richtige tun.
Baraccus hatte ihm seinen freien Willen gelassen, und im Laufe der Zeit prüfte er den mit der Gabe Geborenen wieder, ob dieser inzwischen gelernt habe, das zu tun, was getan werden musste. Richard fragte sich, wie häufig er schon Umständen auf seinem Weg begegnet war, bei denen Baraccus die Finger im Spiel gehabt hatte. Im Augenblick würde er darauf jedoch keine Antwort finden. Zumindest wusste er nun, dass er die Prüfung bereits zum zweiten Mal nicht bestanden hatte. Die Sliph war seine zweite Chance, die Wiederholung und ein Nachfassen, ob Richard dazugelernt hatte. Nachdem er Gelegenheit gehabt hatte zu erfahren, wer er wirklich war.
Geheimnisse.
Richard kam es vor, als würde sein Kopf explodieren, mit solcher Wucht stellte sich das Begreifen ein. Alle Gefühle, zu denen er fähig war, mischten sich in einem gewaltigen Aufruhr in seinem Bauch, wo es vor Aufregung und Angst heftig zu grummeln begann. Er warf sich auf den Steinboden und beugte sich über den Rand.
»Sliph! Komm zurück! Ich weiß, was Baraccus gemeint hat! Ich habe verstanden! Sliph!«
Nur wenige Zoll von ihm entfernt erhob sich flüssiges Metall ins kühle silbrige Mondlicht und formte sich zum makellosen Antlitz der Sliph. In dem Anblick von unglaublicher Schönheit spiegelten sich fließend und verzerrt die schwankenden Bäume und sein eigenes Gesicht.
Die Sliph lächelte milde. »Möchtest du deine Antwort berichtigen, Meister?«
Richard hätte das Quecksilbergesicht am liebsten geküsst. »Ja.«
Die Sliph legte den Kopf schief. »Was willst du mir anvertrauen, Meister?«
»Ein Irrlicht hat es zu mir gesagt. Nicht nur Shota.« Richard versuchte, alles auf einmal herauszubekommen, ehe die Sliph wieder das Urteil fällen konnte, dass er nicht bestanden habe. »Shota war die zweite. Es war ein Irrlicht, von dem ich diese Worte zuerst gehört habe - die Worte, die auch Baraccus gesprochen hat. Das Irrlicht. Daran wollte mich Baraccus erinnern - an das Irrlicht.«
Richard erwartete fast, silberne Arme würden sich um seinen Hals schlingen und ihn heranziehen. »Noch etwas, Meister?«, flüsterte die Sliph.
»Ja. Mit der Nachricht wollte Baraccus mich darauf hinweisen, dass das, was er für mich dagelassen hat - für mich allein - bei den Irrlichtern versteckt ist.«
Die Sliph schob sich dichter heran und verzog den Mund zu einem wissenden Lächeln. Ihr Blick sog ihn in sich auf. Zum ersten Mal bewegten sich ihre Lippen zu ihren Worten, und in ihrem gehauchten Wispern schwang Kapitulation mit. »Du hast die Prüfung bestanden, Meister. Ich bin zufrieden.«
»Nun, für alles gibt es ein erstes Mal«, sagte Richard. Die Sliph lachte klar und heiter wie das Mondlicht.
»Kennst du den Ort, wo die Irrlichter leben, Meister?«
Richard schüttelte den Kopf. »Nein, aber Kahlan hat mir ein wenig darüber erzählt, über die Heimat der Irrlichter. Kahlan ist meine Frau. Sie ist auch schon mit dir gereist und war zufrieden, doch du erinnerst dich nicht an sie, weil sie von bösen Menschen gefangen genommen wurde. Die haben einen Zauber beschworen, durch den Kahlan von allen vergessen wird - so in der Art dessen, was man dir angetan hat. Ich möchte sie finden, ehe diese bösen Menschen allen wehtun.
Genau darum dreht sich alles. Genau deshalb hat Baraccus mir etwas hinterlassen - etwas, um mir bei meinen Bemühungen zu helfen.«
»Ich verstehe. Ich freue mich für dich, Meister.«
»Jedenfalls hat mir Kahlan von dem Ort erzählt, an dem die Irrlichter leben. Dort sei es wunderschön.«
»Auch Baraccus hat mir das gesagt.«
»Kahlan sagte, man könne die Irrlichter tagsüber nicht sehen, nur nachts. Ich nehme an, weil ihre Lichter zu schwach sind. Und sie seien wie Sterne, wie Sterne, die vom Himmel gefallen sind. Sie sagte, es sehe aus, als würden Sterne im Gras liegen.«
Die Sliph nickte aufgeregt. »Ich freue mich, dass du zufrieden bist, Meister.«
»Kannst du dorthin gelangen? An den Ort der Irrlichter - wo die Sterne vom Himmel gefallen sind?«
»Selbst wenn du in mir reisen könntest, wäre ich nicht in der Lage dazu, leider«, sagte die Sliph. »Baraccus hat dieses Notfallportal aus einem bestimmten Grund gebaut. Er wollte nicht, dass ich zum Heim der Irrlichter reisen kann, weil niemand wissen sollte, dass er dort gewesen ist. Es sollte auch kein Ziel werden, sondern ein ferner, geheimer Ort bleiben, an dem Sterne vom Himmel gefallen sind. Baraccus hat mir erzählt, dieses Portal sei nicht weit von den Irrlichtern entfernt, aber näher kann ich dich nicht zu ihnen bringen. Ich sollte niemandem einen Hinweis auf die Existenz dieses Ortes geben, selbst meinen zukünftigen Meistern nicht. Auf diese Weise wollte er dich schützen. Darum konnte ich deinen Freunden nicht verraten, wo du bist. Diese Heimlichkeit war mit den richtigen Worten von der richtigen Person verbunden. Doch bedeutet dieser Schutz eben nicht nur Schutz, sondern er verhindert auch, dass deine Freunde dir helfen können. Dadurch bist du gezwungen, für dich selbst zu denken. Und Denken sei das, von dem Baraccus behauptete, es würde den Schlüssel für dich drehen.«
Richard schwindelte angesichts dessen, was er nun erfuhr. Er beugte sich vor und suchte nach einer Bestätigung dessen, was er schon wusste. »Du hast Baraccus’ Frau hergebracht, nicht wahr? Und sie hatte etwas bei sich.«
»Ja. An diesen Ort habe ich Magda gebracht, nachdem ich Meister Baraccus zum letzten Mal gesehen hatte. Sie erneuerte den Stein, ehe sie zurückkehrte. Da habe ich auch sie zum letzten Mal gesehen. Seitdem war niemand mehr hier.
Du hast die Prüfung bestanden, Meister. Hier beginnt der Weg zu der geheimen Bibliothek, die Baraccus dir hinterlassen hat.«