Vorsichtig stieg Kahlan durch den Schutt der alten Gebäude, die im Laufe der Jahrtausende zunächst zerbröckelt, schließlich eingestürzt und in großen Teilen den steilen Hügel hinuntergerutscht waren. Staubige Ziegel und Steine lagen überall auf der trockenen, fauligen Erde des Hangs. Im Dunkeln konnte man da leicht stolpern und fallen, und der Weg nach unten war lang. Julian, eine schemenhafte und geschmeidige Gestalt, kletterte so mühelos über die Haufen wie eine Bergziege. Schwester Ulicia, die vor Kahlan ging, und die beiden anderen Schwestern hinter ihr schnauften und keuchten beim Abstieg vor Anstrengung. So sehr die Schwestern auch vorankommen wollten, sie wurden langsam müde. Immer wieder verloren sie den Halt, glitten aus und wären mehr als nur einmal ums Haar die Felswand hinabgestürzt.
Kahlan hätte es für angeraten gehalten, das Tageslicht abzuwarten und erst dann die Kraxelei durch die Ruinen der Stadt Caska fortzusetzen. Allerdings würde sie sich nicht erdreisten, ihnen diesen Rat zu erteilen. Die Schwestern taten, was immer sie wollten, und daran vermochte Kahlan nichts zu ändern. Letztlich würde jeder Vorschlag, den sie machte, doch nur zu Prügeln führen, einfach nur, weil sie sich einmischte.
Insgeheim hätte sich Kahlan gefreut, wenn eine der Schwestern gestürzt wäre und sich den Hals gebrochen hätte, aber die verbliebenen zwei würden ihr nicht weniger Ungemach bereiten als drei. Was das betraf, genügte schon eine Schwester, um ihr das Leben zum qualvollen Albtraum zu machen. Also kraxelte sie weiter und behielt jegliche Bemerkung darüber, wie weise es war, einen solchen Abstieg im Mondlicht vorzunehmen, für sich. Da Julians Pfad so tückisch war, hatten sie die Pferde am Anfang des Gebirgsausläufers zurücklassen müssen. Einige Gegenstände wollten die Schwestern jedoch nicht aus den Augen und schon gar nicht bei den Tieren lassen, und deshalb zwangen sie Kahlan, sie zu schultern, zusammen mit so viel vom restlichen Gepäck, wie sie tragen konnte. Es war zermürbend, die schwere Last über den abschüssigen Weg zu schleppen. Julian hätte ihr gern geholfen, doch die Schwestern verboten es und sagten, Kahlan sei eine Sklavin und für Sklavenarbeit bestimmt. Julian solle sich, so fügten sie hinzu, darum kümmern, sie zu Tovi zu führen. Kahlan gab Julian mit den Augen einen Wink, sich den Wünschen der Schwestern zu beugen und loszugehen. Im Stillen mahnte sie sich, diese Arbeit würde sie nur stärken, während die Schwestern, die alle Anstrengungen nach Möglichkeit scheuten, nur geschwächt würden.
Kahlan wollte stark bleiben. Irgendwann würde sie ihre Kraft brauchen. Dennoch war es ein langer Tag gewesen, und ihre Kräfte ließen nach.
Wenigstens näherten sie sich dem Ende der ermüdenden, überstürzten Reise. Schon bald wären die Schwestern wieder vereint, und dann würden sie sich vielleicht ein wenig niederlassen, weniger angespannt und nicht so leicht zu verärgern sein. Während Kahlan sich auf ein oder zwei Tage Pause freute, beunruhigte sie gleichzeitig, was damit verbunden sein würde.
Die Schwestern hatten ihr deutlich zu verstehen gegeben, dass dies das Ende der Reise sein würde, das Ende ihres Kampfes und der Beginn einer neuen Epoche. Kahlan hatte keine Ahnung, was das bedeutete, trotzdem beschlich sie große Sorge. Die Schwestern redeten oft darüber, dass die Belohnung, die sie erwartete, in greifbare Nähe gerückt war. Mehr als einmal hatte Schwester Ulicia auf die Ungeduld der anderen reagiert mit: »Es dauert ja nicht mehr lange.«
Kahlan konnte sich nicht vorstellen, wie ihr Plan aussah und welches große Ereignis bevorstand, aber mit Sicherheit hing es mit den Kästchen zusammen, die sie auf dem Rücken trug - Lord Rahls Kästchen. Die beiden Schwestern, die hinter ihr gingen, behielten sie aufmerksam im Auge. Letzte Nacht hatte Kahlan ein Gespräch mit angehört, demzufolge sie, sobald sie Tovi und das dritte Kästchen erreichten, mit den Vorbereitungen beginnen würden. Kahlan seufzte erleichtert, als sie die letzte Höhe des steilen Hangs hinter sich gebracht hatten und vor dem Fundament einer zerfallenden Mauer standen. An manchen Stellen war die Mauer unterspült. Kahlan warf einen letzten Blick auf die Ebene tief unter ihnen, ehe sie Julian durch eine der düsteren Lücken folgte. Während sie unter den Resten der Mauer durchging, stellte Kahlan fest, dass diese so dick war wie ein kleines Haus. Wer auch immer eine derartige Mauer errichtet hatte, musste große Angst vor Angreifern gehabt haben.
Auf der anderen Seite wurde der steile Pfad ebener und führte sie zwischen dicht stehenden Gebäuden hindurch. Viele Häuser nahe am Rand waren eingestürzt oder standen kurz davor. Die massive Mauer hatte einen Großteil des Gerölls ferngehalten, doch an manchen Stellen waren zerfallende Gebäude über die Kante gerutscht. Im Laufe der Zeit waren Ziegel, Steinblöcke und Mörtel durch die Gräben fortgespült worden.
Bald erreichten sie eine schmale Straße, an der die Häuser in besserem Zustand erhalten waren. Den äußeren Ring hatte die größte Wucht der Unwetter getroffen, und dementsprechend hatte er am meisten gelitten. Nun ging es aus den Gebäuden hervor auf einen Friedhof. Im Mondlicht bot er einen gespenstischen Anblick. Hier und dort erhoben sich Statuen wie Phantome unter den Toten. Auf dem Weg zwischen den Gräbern hindurch sah Kahlan, dass die Gebäude weiter oben wie ein Teppich über der gewellten Landschaft lagen. Im klaren Himmel entdeckte sie Julians Raben, Lokey. Das Mädchen hatte die Schwestern nicht darauf aufmerksam gemacht, weil sie vielleicht hoffte, sie würden ihn für einen wilden Vogel halten, aber wenn Kahlan zu Jillian hinüberschaute, gab sie ihr manchmal mit den Augen ein Zeichen, in die Höhe zu blicken. Lokey führte Flugkunststücke vor, die bei Jillian, wenn die Schwestern nicht hinsahen, ein Lächeln hervorriefen. Offensichtlich genoss das Mädchen jeden noch so kleinen Anlass, sich ein wenig zu freuen, hatten sie und ihr Großvater doch wegen der Schwestern solches Elend über sich ergehen lassen müssen. Als Schwester Armina den Raben bemerkte und ihn als Aasfresser bezeichnete, der ihnen durch die trostlose Landschaft folgte, berichtigte Kahlan sie nicht.
»Wie weit noch?«, fragte Schwester Ulicia und blieb zwischen Grabsteinen stehen. Aus irgendeinem Grund meinte Kahlan, in ihrer Stimme Misstrauen gegenüber Jillian mitschwingen zu hören. Jillian zeigte nach vorn. »Nicht weit. Dort oben, durch das Gebäude. Dort liegt der Gang zu den Toten.«
Schwester Cecilia schnaubte. »Gang zu den Toten. Tovi hatte schon immer einen Sinn fürs Dramatische.«
Schwester Armina zuckte die Schultern. »Klingt doch ganz angemessen.«
»Also weiter.« Schwester Ulicia bedeutete dem Mädchen, den Weg fortzusetzen.
Jillian ging augenblicklich weiter und führte sie aus dem Labyrinth des Friedhofs in die leere Stadt. Kahlan erschien es, als habe alles jede Mauer, jedes Dach, jede Straße und überhaupt alles - die gleiche Farbe von Staub und Tod, obwohl das im Mondschein schwer zu sagen war. Zwischen den Gebäuden herrschte eine geisterhafte Stille. Kahlan hatte das Gefühl, durch das riesige Skelett einer Stadt zu laufen, von dem man Fleisch und Leben entfernt hatte, bis nur bröckelnde Gebeine zurückgeblieben waren.
Auf einer breiten Straße, die den verzierten Steinmauern an den Seiten zufolge einst einen prachtvollen Anblick geboten haben musste, schlich Jillian wie ein Schatten durch die Bögen vor einem der größeren Gebäude. Im Inneren konnte man kaum die Hand vor Augen sehen. Kahlan hörte, wie die Füße des Mädchens Mörtel zermalmten. Die Schwestern schienen das Mosaik am Boden nicht zu bemerken. Wo das Mondlicht hinfiel, erkannte Kahlan verblichene Steinchen, die ein Bild von Bäumen, Wegen und einer Friedhofsmauer bildeten. Sogar Menschen waren zu sehen. Irgendwann traten sie aus dem Gebäude auf einen weiteren Friedhof. Ohne den Schritt zu verlangsamen führte Julian sie durch den Ort der Toten, an Hügeln vorbei, auf denen knorrige Olivenbäume wuchsen, und an Gräbern, auf denen wilde Blumen wuchsen. Schließlich blieb sie vor einem Grabstein neben einem schwarzen Loch im Boden stehen.
»Wir sollen in dieses Rattenloch steigen?«, fragte Schwester Armina.
»Wenn Ihr denn zu Tovi wollt.« Julian nahm sich eine Laterne, die auf einem Stein stand, und ging weiter, nachdem eine der Schwestern das Licht angezündet hatte.
So folgten sie Julian eine schmale Treppe nach unten. Die uralten Steinstufen waren ausgetreten und unregelmäßig. Kahlan musste, da sie so schwer bepackt war, beim Abstieg arg aufpassen. Die Schwestern hielten die flackernden Flammen vor sich, damit sie sehen konnten. Bei den Treppenabsätzen drehten sie sich mit den Stufen und stiegen tiefer in das Reich der Gräber hinab. Unten öffneten sich breitere Gänge, die aus dem massiven, doch weichen Fels geschlagen waren. Überall in den Felswänden gab es Nischen. Kahlan fiel auf, dass sich darin stets Knochen befanden.
»Achtet auf eure Köpfe«, warnte Julian, als sie durch eine Seitentür trat.
Sie duckten sich und betraten hinter ihr einen Raum mit einer Decke, die nicht höher war als die Oberkante der Tür. Wo sich Gänge kreuzten, wählte Julian den Weg ohne zu zögern, als folgte sie einer Spur, die auf den Boden gemalt war. Kahlan bemerkte einige Fußabdrücke im Staub und auch Fährten, die in abzweigende Gänge führten. Sie waren groß und konnten nicht von den kleinen Füßen des Mädchens stammen.
Schließlich mündete der enge Gang in einer großen Kammer. Sie zogen an einer endlosen Reihe von Räumen vorbei, in denen Knochen ordentlich gestapelt waren. Andere, schmale Räume wiesen Nischen auf, in denen sich Gebeine häuften, als wäre einst der Platz für all die Toten ausgegangen.
Einige Räume waren nur mit Schädeln gefüllt, deren Zahl, wie Kahlan schätzte, in die Tausende gehen musste. Sie waren in großen Wandvertiefungen abgelegt, und jeder Kopf blickte nach außen. Jede dieser Nischen war bis obenhin vollgestapelt. Kahlan betrachtete die leeren Augenhöhlen, die sie anstarrten. Sie rief sich in Erinnerung, dass diese Schädel einst lebendigen Menschen gehört hatten, die geatmet und gedacht, Angst und Sehnsüchte empfunden hatten. Das gemahnte sie daran, wie wertvoll und kurz das Leben war - und wie wichtig, denn hatte man es einmal verloren, war der Mensch für immer ausgelöscht. Und es erinnerte sie daran, warum sie ihr Leben zurückhaben wollte.
Julian, das fühlte Kahlan, bildete für sie eine Verbindung zur Welt, zu dem, was sie war. Als Julian sie sehen konnte und sie nicht wieder sofort vergaß, fühlte sich Kahlan ein wenig lebendiger, als sei sie wirklich jemand und als habe ihr Leben eine Bedeutung. Sie kamen durch Räume, in denen Beinknochen in bestimmten Nischen aufgehäuft waren und Armknochen in anderen. Lange Steinbehälter, die aus dem Fels gehauen waren, säumten die Seitenwände. Sie enthielten kleine Knochen, die dort fein säuberlich abgelegt waren.
Kahlan wunderte sich über die Weise, wie die Skelette nach verschiedenen Knochen aufgeteilt waren. Gewiss wäre es respektvoller gewesen, die Gebeine jedes Verschiedenen zusammen zu belassen. Möglicherweise mangelte es jedoch an Platz, denn auf diese Art konnte man viel mehr Tote unterbringen. Vielleicht kostete es einfach zu viel Mühe, für jede Leiche oder jede Familie eine Nische zu hauen, wenn es so viele Tote zu bestatten gab. Es konnte ja sein, dass eine große Seuche die Mehrheit der Bevölkerung dahingerafft hatte und deswegen auf solchen Luxus verzichtet werden musste.
Schon die Stadt hatte innerhalb der Mauern eng gewirkt. Platz musste stets stark gefragt gewesen sein. Wenn die Menschen und ihre Toten innerhalb der Mauern bleiben sollten, waren die Lebenden gezwungen, Einschränkungen in Kauf zu nehmen.
Das Problem erschien Kahlan seltsam, denn um die Stadt herum erstreckte sich das Land von Horizont zu Horizont. In kriegerischen Zeiten hatte man vielleicht auf sentimentale Überlegungen bezüglich der Toten verzichtet, weil die Lebenden selbstredend vorgingen. Dieser Ausläufer des Hochplateaus war der am besten zu verteidigende Ort in dieser Gegend. Zwar standen Teile der Mauern bereits auf der Kante des Abgrunds, aber nach hinten hätte man die Stadt immer wieder vergrößern können. Vermutlich war es zu schwierig, eine solch massive Stadtmauer zu erweitern.
Es konnte allerdings auch sein, dass die Menschen, die hier einst gelebt hatten, ihren Toten nicht die gleichen Gefühle wie andere Leute entgegenbrachten. Denn schließlich, was bedeuteten Knochen schon? Das Leben war aus ihnen gewichen. Der Mensch, der sie einst besessen hatte, existierte nicht mehr. Das Leben, darauf kam es an, und diese Welt endeten mit dem Tod.
Dennoch hingen die Bewohner an den Gebeinen, bedachte man all die Schwierigkeiten, die mit der Anlage einer solchen unterirdischen Stadt verbunden waren. Kahlan entgingen auch die verblassten, einstmals prächtig bemalten Steinmetzarbeiten um die Nischen nicht. Nein, die Menschen hatten für ihre Toten gesorgt und um ihre Entschlafenen getrauert.
Ob sich, wenn sie starb, jemand daran erinnern würde, wer sie gewesen war, oder einfach nur an ihre Person, an Kahlan, die gelebt und das Leben geliebt hatte? Diese Gebeine riefen eine eigenartige Eifersucht wach. Freunde und Familien, die die Gebeine hier unten bestattet hatten, kannten die betreffende Person, betrauerten sie und betteten diese Talismane der Geliebten auf eine Weise zur Ruhe, dass man sich ihrer noch lange entsinnen würde.
Was war wohl mit den Bewohnern dieses Ortes geschehen, den Lebenden, die diese Gebeine bestattet hatten? Wer hatte sie begraben? Denn schließlich zeigten die leeren Gebäude, dass niemand mehr übrig war. Außer Julian. Wie Kahlan erfahren hatte, gehörte Julian zu einer kleinen Gruppe Nomaden, die von Zeit zu Zeit hier vorbeikamen.
Plötzlich erreichten sie einen Teil des Ganges, der den Eindruck machte, eingestürzt zu sein. Der Boden war mit Schutt übersät. Schwester Armina packte das Mädchen am Arm. »Dieser Ausflug durch die Katakomben wird langsam lächerlich. Du solltest lieber keinen Unfug mit uns treiben.«
Julian zeigte nach vorn. »Aber wir sind fast da. Kommt, und Ihr werdet es sehen.«
»Also schön«, meinte Ulicia, »weiter.«
Julian trat um eine große Steinscheibe herum, die anscheinend einst die Öffnung dahinter verschlossen hatte. Auf dem Boden sah man tiefe Spuren, wo man den Stein zur Seite gezogen und den Eingang zum folgenden Gang geöffnet hatte. Als Julian hineinging, sah Kahlan, wie ihre Laterne eine Kammer erhellte, deren Wände mit aus dem Fels gehauenen Regalen überzogen waren. In diesen Regalen türmten sich Bücher. Das Leder der meisten Buchrücken war verblasst, aber früher hatten sie wohl in Rot und Blau geleuchtet, in Hellgrün und Gold und vielen anderen Farben.
Die Schwestern staunten über die vielen Bücher. Unvermittelt besserte sich ihre Laune. Schwester Armina stieß einen Pfiff aus und schaute sich die Regale an. Schwester Cecilia lachte erfreut auf. Sogar Schwester Ulicia brachte ein Lächeln zustande, während sie mit den Fingern über die verstaubten Buchrücken strich.
»Hier entlang«, sagte Julian.
Guter Dinge folgten sie dem Mädchen durch mehrere enge Räume, die ebenfalls mit Büchern voll gestopft waren. Julian führte sie durch ein Gewirr von Gängen, die aus dem weichen Fels geschlagen waren, tiefer in die unterirdische Bibliothek. Die Schwestern versuchten im Vorübergehen, die Titel zu lesen, während sie hinter Julian und Kahlan herschlurften. Das Licht der Laterne fiel in dunkle Räume und enthüllte immer mehr Bücher.
»Verflucht sei das Licht«, flüsterte Schwester Ulicia entzückt. »Wir haben die Stätte in Caska gefunden. Hier wird das Buch sein. Ich wette, Tovi hat schon danach gesucht.«
»Ich wette, sie hat es sogar schon gefunden«, erwiderte Schwester Cecilia aufgeregt.
Schwester Ulicia grinste. »Ich habe so das Gefühl, Ihr habt recht.«
Durch einen Gang mit Tonnengewölbe, welches mit dem Gemälde eines Weingartens verziert und vor langer Zeit zu geisterhaftem Schein verblasst war, bogen sie um eine Ecke und erreichten eine zweiflügelige Tür. Diese Tür, in die Weinranken und Laub geschnitzt waren, verlieh dem Eingang etwas Pracht, obwohl die Tür nicht besonders breit war.
»Ich spüre Tovi dahinter - endlich«, sagte Schwester Cecilia und seufzte erleichtert.
»Heute Nacht sollten wir mit den Ritualen beginnen«, sprudelte es aus Schwester Armina hervor.
Schwester Ulicia nickte und legte die Hand auf den bronzenen Türgriff. »Wenn Tovi das Buch gefunden hat - und ich bin mir dessen sicher -, dann sehe ich keinen Grund, warum wir jetzt, da wir alle drei Kästchen zusammen haben, nicht sofort anfangen sollten.«
Sie lächelte entrückt. »Je eher der Hüter aus seinem Gefängnis befreit ist, desto früher erhalten wir unsere Belohnung.«
Kahlan fragte sich, ob sie die Schwestern irgendwie an der Ausführung ihres Planes noch hindern konnte. Wenn sie vollendeten, was immer sie vorhatten, gäbe es kein Zurück mehr - für niemanden. Sie dachte an die Kästchen, die sie trug, und fragte sich, was geschehen würde, falls sie eines davon zerschmetterte, während die Schwestern ihr Wiedersehen mit Tovi feierten. Vielleicht hatte sie sogar genug Zeit, beide zu zerstören.
Damit würde sie den ganzen Zorn der Schwestern auf sich ziehen; vermutlich würde sie dabei den Tod finden. Allerdings war Kahlan längst zu der Einsicht gelangt, dass sie sowieso sterben musste, wenn die Schwestern Erfolg hatten.
Schwester Armina beugte sich vor. »Und als Erstes sollten wir eine offene Rechnung begleichen.« Sie schnitt eine giftige Miene. »Nur allzu gut erinnere ich mich, als uns dieser überhebliche Rohling zu den Zelten geschickt hat. Was er seinen Soldaten erlaubt hat, mit uns anzustellen, werde ich niemals vergessen.«
Schwester Ulicias Augen funkelten mörderisch. »Oh, diese Rechnung zu begleichen wird uns allen Freude bereiten.« Ein bösartiges Grinsen breitete sich um ihren Mund aus. Sie drehte den Bronzegriff. »Dann wollen wir mal.«