Dicht gefolgt von Cara trat Nicci durch die große messingbeschlagene Tür, in die über und über kunstvolle Symbole graviert waren. Blitze zuckten vor dem Dutzend halbrunder Fenster zwischen den hohen Mahagonisäulen und erhellten die Regalreihen in dem riesigen Saal. Es war ihnen lediglich gelungen, die schlimmsten Schäden der zwei Stockwerke hohen Fenster zu reparieren - was hoffentlich genügte, um den Raum wieder als Eindämmungsfeld benutzen zu können. An manchen Stellen wurden die dunkelgrünen schweren Vorhänge mit den Goldfransen nass, wenn stärkere Windböen durch die gebliebenen Löcher den Regen hereinwehten.
Als Nicci sah, was über dem großen Tisch in der Mitte schwebte, dort, wo sie selbst auch geschwebt hatte, hoffte sie, ein wenig Regen sei alles, was durch die fehlenden Fensterscheiben hereinkäme. Zedd kam ihr entgegen und legte ihr die Hand auf die Schulter. Die Verzweiflung war ihm von den Augen abzulesen.
»Habt Ihr ihn gefunden? Er lebt, nicht wahr?«
Nicci holte tief Luft. »Zedd, er hat den Zwischenfall in der Sliph überlebt. Zumindest das habe ich herausgefunden.«
Die Sliph hatte es ihnen erzählt. Rikka war dort gewesen und hatte den Schacht bewacht, als die Sliph unerwartet zurückgekehrt war. Alle wurden davon überrascht, und vor allem davon, dass sie ihnen erzählte, was geschehen war.
Das silberne Geschöpf war ganz versessen darauf, ihnen zu berichten, was mit Richard geschehen war, jedenfalls bis zu einem bestimmten Punkt. Dabei wollte sie gar nicht unbedingt loswerden, wo sie mit einem ihrer Reisenden gewesen war, sondern Richard, ihr Meister, hatte ihr aufgetragen, ihnen mitzuteilen, wohin er aufgebrochen war und dass er sich in Sicherheit befand. Seine Bitte erfüllte sie nur zu gern.
Unglücklicherweise war die Sliph vom Wesen her verschwiegen, und deshalb war es nicht möglich, weitere Antworten aus ihr hervorzulocken. Zedd hatte gesagt, die Sliph sei nicht böse; sie konnte einfach nicht anders handeln, weil man sie so erschaffen hatte. So war sie eben. Sie würden sich also, meinte er, mit dem, was die Sliph berichtete, zufrieden geben und ihr Bestes tun müssen, um so viel wie möglich von ihr zu erfahren.
Zedd hatte auch Spuren von Hexenmagie an der Sliph entdeckt. Sie waren einigermaßen sicher, dass diese Reste von Sechs stammten. Allerdings waren sie weniger sicher, was sie vorhatte, aber zumindest wussten sie von der Sliph, dass Richard irgendwie ihren Fängen entgangen war.
»Bloß wo ist er? Hat euch die Sliph dort hingebracht, wo sie ihn abgesetzt hat?«
»Ja.« Nicci blickte die Mord-Sith an und legte Zedd die Hand auf die Schulter. »Nachdem wir zu dem Ort kamen, wo sie ihn hingebracht hatte, erzählte sie uns, wohin er aufgebrochen war: zum Land der Irrlichter. Wir mussten noch ein ganzes Stück wandern, bis wir dort waren.«
Zedd starrte sie erstaunt an. »Zu den Irrlichtern?«
»Ja. Aber Richard war nicht da.«
»Wenigstens lebt er. Es klingt, als habe er aus eigenem Willen gehandelt und nicht unter Einfluss der Hexe«, sagte Zedd und hörte sich erleichtert an. »Was haben sie gesagt? Was konntet ihr von den Irrlichtern erfahren?«
Nicci seufzte tief. »Ich wünschte, Ihr könntet selbst hinreisen, Zedd. Vielleicht hätten sie Euch mehr erzählt als uns. Sie wollten uns nicht einmal weiter vorlassen, nachdem wir diesen seltsamen toten Wald durchquert hatten.«
»Einen toten Wald?«
Nicci hob die Hände. »Ich kann es mir nicht erklären, Zedd. Ich bin kein Fachmann für Landschaften. Da gab es dieses riesige Gebiet mit Eichen, die alle abgestorben waren ...«
Zedd blickte zur Seite und kratzte sich an der Augenbraue. »Hmm. Gab es Knochen unter diesen Eichen?«
»Ja, genau«, sagte Cara und nickte. »Überall lagen Knochen verstreut.«
»Verdammt«, murmelte Zedd in sich hinein.
»Wie?«, fragte Nicci. »Was ist denn?«
Zedd blickte auf. »Aber ihr habt mit den Irrlichtern gesprochen?«
Nicci nickte. »Mit einem gewissen Tarn.«
Zedd rieb sich das Kinn und starrte gedankenverloren ins Leere.
»Tarn ... den kenne ich nicht.«
»Und da war noch eine, Jass«, fügte Nicci hinzu.
Zedd verzog den Mund, während er nachdachte. »Ich fürchte, von der habe ich auch noch nie gehört.«
»Jass hat erzählt, Richard habe nach einer Frau gesucht, welche die Irrlichter eigentlich kennen sollten.«
»Das dürfte Kahlan sein«, meinte Zedd und nickte wissend.
»Das haben wir uns auch gedacht«, sagte Cara.
»Nur, warum sollte er bei den Irrlichtern nach ihr suchen?« Die Frage schien er eher an sich selbst als an Nicci zu richten, doch sie antwortete trotzdem.
»Die Sliph wollte uns dazu nichts verraten, nur, wohin sie ihn gebracht hatte. Offensichtlich hat sich Richard nicht klar geäußert, was sie uns erzählen darf. Sie wollte sich an ihre Anweisungen halten. Wie Ihr schon gesagt habt, das ist eben ihr Wesen. Die Irrlichter wollten uns auch nicht darüber aufklären, weshalb er bei ihnen war. Sie sagten, seine Gründe müssten andere nicht unbedingt erfahren. Zudem dürften sie solche Dinge nicht in seinem Namen preisgeben.«
»Andere nicht erfahren - aber, aber ...« Sein Satz endete in aufgeregtem Stottern. Er blickte die beiden Frauen an. »Haben sie euch überhaupt etwas darüber erzählt, was er bei ihnen gemacht hat? Irgendetwas? Wir müssen wissen, warum er zu den Irrlichtern gegangen ist. Er war unterwegs hierher, dann wurde er während der Reise seiner Gabe beraubt - darin war vermutlich Sechs verwickelt -, und anschließend ist er zu den Irrlichtern aufgebrochen. Warum? Was haben sie ihm gesagt? Was ist geschehen, als er dort war?«
»Tut mir leid, Zedd«, sagte Nicci. »Wir konnten nicht sehr viel herausfinden. Die Sliph hat uns ein wenig erzählt - von dem, was Richard zugestoßen ist, wohin sie ihn gebracht hat und dass er zu den Irrlichtern ging -, aber sie wusste entweder nicht mehr oder wollte uns den Rest aus irgendeinem Grunde nicht verraten. Richard ist nicht zur Sliph zurückgekehrt, aber das ergibt durchaus Sinn, weil er nicht mehr mit ihr reisen kann. Vielleicht weiß die Sliph tatsächlich darüber hinaus nichts.
Richard wäre dann wahrscheinlich zu Fuß aufgebrochen. Zurück zur Burg, könnte ich mir vorstellen. Schließlich wollte er dorthin, als in der Sliph etwas schiefgegangen ist. Er muss einen Grund gehabt haben, zu den Irrlichtern zu gehen, doch möglicherweise hatte das rein praktische Gründe. Denn er war näher bei ihnen als bei uns, und vielleicht wollte er dort nur kurz Halt machen. Es könnte sein, dass es nicht mehr zu bedeuten hat.
Was die Irrlichter betrifft, so wollten sie uns auch nicht viel verraten. Diesen Wald, der aus riesigen uralten Bäumen besteht, ließen sie uns nicht betreten. Immerhin gibt es eine gute Nachricht. Richard lebt, und er war im Land der Irrlichter. Das ist doch das Wichtigste Richard lebt. Und wie wir Richard kennen, wird er sich so schnell wie möglich ein Pferd suchen und im Handumdrehen hier auftauchen.«
Zedd legte ihr die Hand auf den Arm. »Ihr habt recht, meine Liebe.«
Nicci fand die Geste sehr tröstlich, fast als hätte sie dadurch eine Verbindung zu Richard hergestellt. So hätte Richard sie in einem so schwierigen Augenblick auch beruhigt.
Plötzlich zog Zedd die Stirn kraus. »Ihr habt gesagt, die Irrlichter wollten euch nicht unter die großen Kiefern lassen?«
Nicci nickte. »Wir durften nur bis zum Ende des toten Eichenwaldes, und sie haben uns auch nicht erlaubt, die anderen Irrlichter zu sehen.«
»Das ergibt durchaus Sinn.« Zedd rieb sich mit dem Zeigefinger die Schläfe, während er nachdachte. »Die Irrlichter sind ein sehr zurückgezogen lebendes Volk und gewähren normalerweise niemandem Zutritt zu ihrem Land, trotzdem erscheint es mir eigenartig unter diesen Umständen - und noch, wo ihr von mir kamt , dass sie euch nicht willkommen geheißen haben.«
»Sie sterben.«
Zedd blickte sie groß an. »Wie bitte?«
»Tarn sagte, die Irrlichter würden aussterben, und deshalb wollten sie nicht, dass wir weitergingen. Er berichtete, unter den Irrlichtern herrsche großer Zwist, große Trauer und große Sorge. Sie wollten keine Fremden sehen.«
»Bei den Gütigen Seelen«, flüsterte Zedd. »Richard hatte recht.«
Nicci beschlich ein übles Gefühl im Bauch. »Was meint Ihr damit?«
»Die Eichen sterben. Die Bäume bewachen das Land der Irrlichter. Die Irrlichter sterben ebenfalls. Das ist Teil einer Kaskade von Ereignissen. Richard hat uns schon erklärt, warum, genau in diesem Raum. Als brauchte ich noch mehr Gründe, ihm zu glauben.«
»Noch mehr Gründe? Was wollt Ihr damit sagen?«
Er nahm Nicci am Ellbogen und drehte sie in Richtung der Bannformen, die über dem Tisch schwebten. »Seht hin.«
»Zedd«, sagte Nicci tadelnd, »das ist das Prüfnetz der Feuerkette, und es sieht verdächtig nach einer Innenperspektive aus.«
»Richtig.«
»Natürlich ist das richtig. Die Frage ist nur, wozu. Was habt Ihr vor?«
»Ich habe eine Möglichkeit gefunden, eine Art Simulation einer Innenperspektive zu kreieren, ohne selbst drin sein zu müssen. Gewiss ist es nicht in jeder Hinsicht dasselbe«, sagte er mit einem abschätzigen Wink, »doch für meine Zwecke genügt es.«
Nicci staunte, dass er dazu in der Lage war. Es war durchaus beunruhigend, das Ding wieder zu sehen, in dem sie fast gestorben war. Aber das war noch nicht einmal das Schlimmste.
»Warum sind da zwei?«, fragte sie. »Es gibt nur einen Feuerkettenbann. Warum sind hier zwei Bannformen?«
Zedd schenkte ihr ein schiefes Lächeln. »Ach, das ist der ganze Trick. Versteht Ihr, Richard hat behauptet, die Chimären seien in der Welt des Lebens gewesen. Wenn das stimmt, hätte ihre Anwesenheit die Welt des Lebens verunreinigt und auch die Magie. Dennoch hatte bisher niemand von uns einen Beweis dafür gesehen. Das ist das Paradoxe an einer solchen Verunreinigung; sie beschränkt die Fähigkeit, sie zu entdecken. Ich habe eine Möglichkeit gesucht, anhand derer ich feststellen konnte, ob Richard recht hat...«
»Richard Rahl hat recht.«
Zedd zuckte nur mit den knochigen Schultern. »Aber ich wollte sehen, ob ich dafür einen Beweis finde. Diese Sache mit den Emblemen, von der Richard redete, habe ich nicht verstanden. Ich glaube ihm auch, aber ich verstehe nicht, wie er in Symbolen eine Sprache erkennen kann, wie er zu seiner Schlussfolgerung gelangt ist. Deshalb brauchte ich einen nachvollziehbaren Beweis.«
Nicci verschränkte die Arme und starrte die Zwillingsbannform an.
»Ich denke, ich weiß, wie Ihr Euch fühlt. Ich glaube ihm ebenfalls, und was er sagt, klingt meistens logisch, aber manchmal komme ich nicht mehr mit, wie eine Novizin, die über etwas geprüft wird, in dem sie noch nicht unterrichtet wurde. Als Richard ...«
Nicci verstummte. Sie öffnete die Arme wieder.
»Zedd, diese beiden Bannformen sind nicht gleich.«
Er grinste verschmitzt. »Ich weiß.«
Nicci trat näher an den Tisch und die beiden Formen aus leuchtenden Linien. Sie untersuchte sie genauer. Dann zeigte sie auf eine.
»Dies ist der Feuerkettenbann. Den erkenne ich. Der andere ist identisch, aber nicht derselbe. Er ist ein Spiegelbild des eigentlichen Banns.«
»Ich weiß.« Zedd wirkte ausgesprochen stolz auf sich.
»Das ist unmöglich.«
»Habe ich auch gedacht, doch dann fiel mir ein Buch ein mit dem Titel Das Buch der Umkehrungen und Dopplungen ...«
Nicci fuhr zu dem alten Zauberer herum. »Ihr wisst, wo Das Buch der Umkehrungen und Dopplungen ist?«
Zedd machte eine vage Geste. »Nun ja, ich habe eine Abschrift in die Finger bekommen.«
Nicci beäugte ihn misstrauisch. »Eine Abschrift in die Finger bekommen?«
Zedd räusperte sich. »Also, es geht darum«, sagte er, nahm sie am Arm und drehte sie wieder auf die leuchtenden Linien zu, »ich habe das Buch vor vielen, vielen Jahren gelesen, und ich konnte mich daran erinnern, dass es von Techniken handelte, mit denen man Bannformen verdoppeln kann. Damals habe ich den Sinn nicht verstanden. Warum sollte jemand eine Bannform verdoppeln wollen?
Aber da war noch etwas. Das Buch enthielt außerdem Anweisungen, wie man eine Bannform umkehrt, nachdem sie verdoppelt worden war. Das war das Verrückteste, von dem ich je gehört hatte. Zu dem Zeitpunkt warf ich das Buch mit seinen obskuren Verfahren in die Ecke. Wozu sollte es gut sein? Wer brauchte das? Niemand, so glaubte ich damals.«
Er hob den Zeigefinger. »Und dann, als ich über die Möglichkeit einer Verunreinigung durch die Chimären nachdachte und mir überlegte, wie man Richards Theorien beweisen könnte, erinnerte ich mich plötzlich an dieses Buch, und mir ging ein Licht auf. Ich wusste, warum jemand den Wunsch haben könnte, eine Bannform zu verdoppeln und umzukehren.«
Nicci hatte Probleme, ihm zu folgen. »Also gut, ich gebe auf. Warum?«
Zedd zeigte aufgeregt auf die beiden Bannformen. »Deshalb. Seht genau hin. Die eine ist das Original, das der ähnelt, in der Ihr wart, aber ohne einige der komplexeren und instabileren Elemente.« Zedd fuchtelte mit der Hand herum und gab so zu verstehen, dass es darum eigentlich nicht ging. »Für unsere Zwecke brauchen wir sie nicht. Dies hier ist exakt der gleiche Bann, verdoppelt und umgekehrt. Eine Kopie.«
»So weit verstehe ich«, meinte Nicci, »aber welchen Sinn könnte eine so seltsame Analyse haben?«
Zedd lächelte wissend und tippte ihr mit dem Zeigefinger auf die Schulter. »Fehler.«
»Fehler? Was ist mit ...« Nicci stockte der Atem, als sie begriff.
»Wenn man einen Bann verdoppelt und anschließend umkehrt, wird sich der Fehler nicht umkehren!«
»Richtig«, sagte Zedd, blinzelte schelmisch und hob belehrend den Zeigefinger. »Der Fehler wird sich nicht umkehren. Die Bannform ist ja nur eine Darstellung des Banns, ein Ersatz für etwas Reales. Deshalb kann man sie manipulieren - umkehren. Es ist nicht der wirkliche Bann; einen richtigen Bann kann man nicht umkehren. Aber Fehler sind dem Einfluss der Magie in Büchern mit Anleitungen nicht unterworfen - sondern nur die bestimmte beabsichtigte Magie. Der Fehler ist real. Der Fehler bleibt, wie er ist.«
Zedd wurde ernst, denn schließlich ging es um ein heikles Thema.
»Wenn die Bannform einmal ausgelöst wurde, beinhaltet sie den gleichen Fehler, aber wenn man sie umkehrt, kehrt sich der Fehler nicht um, denn er ist ja real und kein Ersatz für etwas Reales wie Bannformen. Vergesst nicht, diese Verunreinigung hätte Euch beinahe umgebracht.«
Nicci blickte von Zedds eindringlichen braunen Augen zu den leuchtenden Bannformen. Sie waren gespiegelt. Nicci überprüfte das Gebilde und sah, dass jede Linie und jedes Element bei der anderen Bannform gleich war, nur eben andersherum.
Und dann entdeckte sie es.
»Da.« Sie zeigte darauf. »Dieser Teil ist bei beiden Bannformen identisch. Es ist nicht umgekehrt. Kein Spiegelbild. Hier ist er gleich, während alles andere umgekehrt ist.«
»Exakt«, triumphierte Zedd. »Das Buch der Umkehrungen und Dopplungen hat also den Sinn, Fehler aufzudecken, die man ansonsten nicht sieht oder findet.«
Nicci starrte den alten Mann an und sah ihn in einem ganz neuen Licht. Zedd beugte sich vor und zog Nicci mit sich. »Seht hier. Erkennt Ihr das?«
»Der Teil, der nicht umgekehrt ist?« Nicci schüttelte den Kopf.
»Nein. Was ist das?«
»Die Verunreinigung, die von den Chimären hinterlassen wurde. Das hier erkenne ich. Es ist die Spinne im Netz der Magie.«
Nicci richtete sich auf. »Es beweist also, dass Richard recht hat.«
»Ja, der Junge hat recht«, stimmte Zedd zu. »Auch wenn ich nicht weiß, wie er darauf gekommen ist. Nachdem es jetzt so isoliert ist, kann ich die Korrosion der Chimären erkennen, so wie ich rotbraune Rostflocken erkennen kann. Er hat es aus der Sprache der Linien herausgelesen. Der Bann ist verunreinigt, und die Quelle der Verunreinigung sind die Chimären. Mit diesem Mechanismus höhlen die Chimären Magie aus und zerstören sie. Wenn dieser Bann damit infiziert ist, trifft das vermutlich auf andere Magie ebenfalls zu.«
»Und das tötet die Irrlichter?«, fragte Cara.
»Ich fürchte, ja«, antwortete Zedd. »Die Eichen um ihr Land sind mit einer Schutzmagie ausgestattet. Dass sowohl die Eichen und die Irrlichter sterben, ist höchst verdächtig.«
Nicci ging zu den Fenstern und betrachtete durch das trübe Glas die Blitze. »Wesen der Magie sterben aus. So wie Richard es gesagt hat.«
Sie vermisste ihn so sehr, und der Schmerz fiel wie ein Schatten des Todes auf ihre Seele. Sie fühlte sich, als würde sie verdorren und sterben, wenn sie ihn nicht bald fanden. Ohne ihn konnte sie nicht existieren, ohne das Leben, das aus seinen Augen strahlte.
»Zedd, meint Ihr, er hatte auch mit den anderen Sachen recht? Glaubt Ihr, es gab wirklich Drachen, und wir haben sie nur vergessen? Hat Richard damit recht, dass die Welt, wie wir sie kennen, langsam ins Reich der Legende verschwindet?«
Zedd seufzte. »Ich weiß es nicht, meine Liebe, wirklich nicht. Ich wünschte mir, der Junge würde sich irren, aber schon vor langer Zeit habe ich die Erfahrung gemacht, dass man nicht gegen ihn setzen sollte.«
Nicci lächelte vor sich hin. Die Erfahrung hatte sie auch gemacht.