Richard langte nach hinten, fasste Berdine beim Arm und zog sie hinter sich her. »Das erkläre ich Euch später, wenn ich mehr Zeit habe. Was hat Kolo denn nun in seinem Tagebuch über Baraccus geschrieben?«
»Also, Kolos Aufzeichnungen geben nur einen Teil der Geschichte wieder. Er macht lediglich ein paar Andeutungen über die Geschehnisse damals, also habe ich, sozusagen um die Lücken zu füllen, damit angefangen, die Bücher in Euren verbotenen Privatbibliotheken zu studieren.«
Es erfüllte ihn immer wieder mit Erstaunen, dass er als Lord Rahl auf einmal Zutritt zu solchen verbotenen Bibliotheken hatte. Nicht einmal ansatzweise vermochte er sich den Wissensreichtum vorzustellen, der in all diesen alten Schriften enthalten war.
»Und welche Art von Büchern?«
»Nun, eine der Bibliotheken liegt auf dem Weg, nicht in den der Öffentlichkeit zugänglichen Bereichen, sondern weiter hinten, in den Privatgemächern des Palasts - an Orten, zu denen so gut wie niemand Zutritt hat. Ich werde sie Euch zeigen. Zum Teil geht es dabei um Orte, die als zentrale Lagerstätten bezeichnet werden.«
Nicci, die an seiner anderen Seite Schritt zu halten versuchte, streckte den Kopf vor. »Nathan erzählte mir, er habe einiges über solche Orte gelesen, die zentrale Lagerstätten genannt werden.«
»Was zum Beispiel?«, fragte Richard.
Nicci strich sich ihr blondes Haar aus dem Gesicht. »Bei den zentralen Lagerstätten handelt es sich um streng geheime Bibliotheken. Damals, irgendwann zu Zeiten des großen Krieges oder kurz danach, wurden diese zentralen Lagerstätten als sichere, geschützte und verborgene Orte zur Aufbewahrung all jener Schriften angelegt, die man für zu gefährlich hielt, um sie - außer für eine klar umgrenzte kleine Gruppe auserwählter Personen - der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Nach Nathans Einschätzung gibt es etwa ein halbes Dutzend davon.«
»Stimmt«, bestätigte Berdine. Sie sah sich um, um sich zu vergewissern, dass keiner der ihnen folgenden Soldaten nahe genug war, um mitzuhören. »Lord Rahl, ich habe einen Hinweis gefunden, aus dem hervorgeht, dass zumindest einige dieser Lagerstätten mit dem Namen eines Lord Rahl aus den Prophezeiungen gekennzeichnet worden sind.«
Richard blieb stehen. »Was soll das heißen? Hat man seinen Namen auf einen Grabstein gesetzt?«
Berdine zog erstaunt die Brauen hoch. »Ja, genau. Dort hieß es, diese Stätten, diese Bibliotheken, würden bei den Gebeinen aufbewahrt. Nach allem, was man aus den Prophezeiungen wusste, nahm man an, dass ein künftiger Lord Rahl darauf angewiesen sein würde, die dort eingelagerten Bücher zu finden, weshalb man in zumindest einem der von mir erwähnten gefundenen Fälle seinen Namen auf einem, wie es dort hieß, Grabstein verzeichnet hat.«
»In Caska.«
Berdine schnippte mit den Fingern und zeigte dann auf ihn. »Genau so hieß der Ort, den ich erwähnt gefunden habe. Woher habt Ihr das gewusst?«
»Ich war dort. Mein Name ist auf dem dortigen Friedhof auf einem großen Grabmal verzeichnet.«
»Ihr wart dort? Aber warum? Wonach habt Ihr gesucht? Und was habt Ihr gefunden?«
»Ein Buch mit dem Titel Feuerkette, das mir geholfen hat zu beweisen, was meiner Gemahlin zugestoßen ist.«
Berdine warf einen Blick zu Cara und Nicci hinüber, ehe sie Richard wieder ansah. »Seit einiger Zeit schon höre ich ständig Gerüchte, Ihr hättet eine Gemahlin. Anfangs dachte ich noch, es wäre nichts weiter als unsinniges Gerede. Dann ist es also wirklich wahr?«
Richard holte tief Luft, während er, umringt von Gardisten und beobachtet von Scharen von Passanten, mit forschen Schritten den Flur entlangeilte. Er fühlte sich außerstande, Berdine zu erklären, dass sie und Kahlan sich kannten und tatsächlich längere Zeit miteinander verbracht hatten, daher sagte er einfach: »Ja, ist es.«
»Was hat das alles nur zu bedeuten, Lord Rahl?«
Richard tat die Frage mit einer Handbewegung ab. »Das ist eine lange Geschichte, und im Augenblick habe ich nicht die Zeit, sie zu erzählen. Was haben diese zentralen Lagerstätten nur an sich, das Euch so in Aufregung versetzt?«
»Na ja«, meinte Berdine und beugte sich erneut zu ihm, während sie noch immer durch den breiten Korridor eilten, »Ihr erinnert Euch doch, dass Baraccus nach seiner Rückkehr vom Tempel der Winde Selbstmord beging?«
Richard sah zu ihr herüber. »Allerdings.«
»Dieser Selbstmord hatte noch einen anderen Hintergrund.«
»Einen anderen Hintergrund? Und welchen?«
Berdine gelangte zu einem Seitenkorridor, der von zwei mit Lanzen bewaffneten Soldaten bewacht wurde. Noch während sie Richard und sein Gefolge genau musterten, schlugen sie sich mit der Faust aufs Herz und traten beiseite. Berdine zog einen der eisenbeschlagenen Türflügel auf, dessen polierte Oberfläche das überaus fein gearbeitete Relief eines Innerihofgartens zierte. Der schmalere, mit kostbarem Mahagoni getäfelte Flur jenseits der Tür war menschenleer. Es war der Eingang zu den Privatgemächern des Palasts.
»Was genau, habe ich noch nicht herausfinden können, aber ich vermute, dass Baraccus während seines Aufenthalts im Tempel der Winde irgendetwas getan hat.« Berdine sah sich nach ihm um, um sich zu vergewissern, dass er aufmerksam zuhörte. »Irgendetwas Großes, etwas sehr Bedeutsames.«
Nickend folgte Richard Berdine durch den menschenleeren Flur.
»Irgendwie hat Baraccus bei seinem Besuch im Tempel der Winde dafür gesorgt, dass ich mit subtraktiver Magie geboren würde.«
Diesmal war es Nicci, die ihn beim Arm fasste, ihn mit einem Ruck zu sich herumwirbelte und zwang, stehen zu bleiben. »Was! Wie kommst du bloß auf diese Idee?«
Verständnislos betrachtete er ihr schockiertes Gesicht. »Das hat Shota mir erzählt.«
»Und woher sollte Shota so etwas wissen?«
Richard zuckte die Achseln. »Ihr wisst doch, wie Hexen sind, sie sehen Dinge im Strom der Zeit. Zum Teil habe ich es mir aus den mir bekannten Stücken der Geschichte zusammengereimt.«
Nicci schien alles andere als überzeugt. »Warum in aller Welt sollte Baraccus so etwas tun? Shota versucht dir weiszumachen, dieser Zauberer aus grauer Vorzeit sei einfach so, aus heiterem Himmel, in die Unterwelt gegangen, und als er dort war, dachte er ... ja, was eigentlich? Wo er einmal dort war, könnte er doch dafür sorgen, dass ein Bursche namens Richard Rahl, wenn er dreitausend Jahre später geboren wird, gleich mit subtraktiver Magie geboren würde?«
Richard sah sie an. »Ein bisschen komplizierter ist es schon, Nicci. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es als eine Art Gegenmaßnahme gegen etwas gedacht war, was ein anderer Zauberer bei einem früheren Aufenthalt dort getan hatte. Dieser andere Zauberer war Lothain. Erinnert Ihr Euch an ihn, Berdine?«
»Selbstverständlich.«
»Lothain war ein Spion.«
Berdine erschrak. »Den gleichen Gedanken hatte auch Kolo - dass er von Anfang an ein Spion gewesen sein muss, den man dort eingeschmuggelt hatte, um auf eine Gelegenheit zum Losschlagen zu lauern. Kolo war nicht der Meinung, dass Lothain einfach nur den Verstand verloren hatte, wie allgemein angenommen wurde. Die allgemein anerkannte Geschichte damals lautete etwa so: Die ungeheure Belastung und Gefährlichkeit seiner Arbeit hatte Lothain zugesetzt, woraufhin er einfach den Verstand verlor. Kolo hat nie großen Wert darauf gelegt, anderen von seiner Theorie zu erzählen, denn er war der Meinung, dass man ihm sowieso nicht glauben würde - und natürlich auch, weil sich die Auffassung durchzusetzen begann, Baraccus sei der Spion.«
Die Stirn nachdenklich in Falten gelegt, setzte sich Richard wieder in Bewegung. »Baraccus! Das ist doch verrückt!«
»Der Meinung war Kolo auch.«
»Was soll denn dieser Zauberer Lothain überhaupt verbrochen haben?«, fragte Nicci mit einigem Nachdruck in der Stimme, um ihn wieder zum eigentlichen Thema zurückzubringen und die Ernsthaftigkeit ihrer Frage zu unterstreichen.
Einen Moment lang schaute Richard in ihre blauen Augen und sah dort nicht nur Nicci, sondern die mächtige Hexenmeisterin, die sie in Wahrheit war. Wahrscheinlich war sie eine der mächtigsten Hexenmeisterinnen, die jemals geboren worden waren, und zudem eine Macht, mit der man rechnen musste.
Aber vor allem hatte gerade Nicci es verdient, die Wahrheit zu erfahren. Nicht, dass er sie ihr zu verschweigen versucht hätte - er hatte einfach noch nicht die Zeit gefunden, mit ihr darüber zu sprechen. Im Grunde hätte er ihr gerne längst davon erzählt, um ihre Meinung zu der ganzen Angelegenheit zu hören, vor allem aber über die Geheimbibliothek, die Baraccus unterhalten hatte, sowie über das für Richard bestimmte Buch, mit dem er seine Frau dorthin geschickt hatte, um es dort sicher zu verwahren - bis zu dem Tag, da wieder ein Kriegszauberer in die Welt hineingeboren werden würde, um sich ihrer Sache anzunehmen.
Er seufzte. Es war einfach noch keine Zeit dafür gewesen. So sehr er sich wünschte, ihr alles zu berichten, wollte er ihr erst dann die ganze Geschichte erzählen, wenn er sie mitsamt den Fragen, die er dazu hatte, mit ihr besprechen konnte, daher beschloss er, die meisten Einzelheiten erst einmal fortzulassen und sich auf das Notwendigste zu beschränken.
»Lothain war ein Spion im Auftrag der Streitmächte aus der Alten Welt. Möglicherweise ahnte er bereits, dass sie nicht imstande waren, den Krieg zu gewinnen, möglich auch, dass er einfach eine zusätzliche Vorsichtsmaßnahme treffen wollte. Wie auch immer, als er den Tempel der Winde aufsuchte, legte er den Grundstein dafür, dass ihre Sache irgendwann wieder hochkommen würde. Zumindest tat er etwas, um dafür zu sorgen, dass wieder ein Traumwandler in die Welt hineingeboren würde.
Baraccus, außerstande, die Sabotage rückgängig zu machen, tat das Zweitbeste. Er sorgte dafür, dass ein Gegenmittel in die Welt hineingeboren würde: meine Wenigkeit.«
Nicci, sprachlos, konnte ihn nur anstarren.
Richard wandte sich wieder an Berdine. »Aber was hat die Geschichte über Baraccus nun mit diesen zentralen Lagerstätten zu tun?«
Berdine blickte abermals hinter sich, um zu sehen, wie nahe die Soldaten waren. »In seinem Tagebuch schreibt Kolo, in einer Gruppe einflussreicher Leute sei das Gerücht umgegangen, Baraccus sei möglicherweise ein Verräter gewesen, der, wenn dies zutreffe, bei seinem Aufenthalt im Tempel etwas überaus Unheilvolles getan haben könnte.«
Ungläubig schüttelte Richard den Kopf. »Wessen haben diese Leute ihn denn verdächtigt?«
Berdine zuckte die Achseln. »Das habe ich noch nicht herausfinden können. Das alles ist sehr geheim. Damals gingen alle sehr vorsichtig damit um. Niemand wollte sich eine Blöße geben und irgendwelche Behauptungen aufstellen oder Baraccus des Verrats bezichtigen, um nicht die falschen Leute zu verärgern. Immerhin wurde er noch immer von vielen verehrt, auch von Kolo.
Es könnte sogar sein, dass man ihm gar nichts Konkretes vorwarf, sondern ihn nur verdächtigte, etwas getan zu haben. Vergesst nicht, dass bis zu dem Tag, als Ihr dort wart, seit Baraccus kein Mensch jemals wieder den Tempel der Winde hatte aufsuchen können. Offenbar fürchteten sie sich auch vor dieser Frau, Magda Searus. Ihr wisst schon, die später zur Konfessorin gemacht wurde.«
»Ja, ich erinnere mich«, sagte Richard. »Trotzdem scheint es merkwürdig, dass etwas, das angeblich ein derart zerstörerisches Potenzial besaß, in der Öffentlichkeit nicht bekannter war.«
»Nein«, sagte Berdine im Flüsterton, fast als befürchtete sie, die Geister aus der Vergangenheit könnten sie hören. »Das ist es ja gerade. Man befürchtete, es könnte, falls das Volk ihren Verdacht bemerkte, zu einer Panik oder Ähnlichem kommen - dazu, dass die Menschen sich aufgaben. Vergesst nicht, der Krieg war noch immer im Gange, und es war noch immer fraglich, ob sie überhaupt überleben oder gar triumphieren würden. Es herrschte eine allgemeine Sorge um die Moral des Volkes, während man den Kampf fortsetzte und gleichzeitig nach einem Weg suchte, den Krieg siegreich zu beenden. Und ausgerechnet in dieser Situation sorgte sich dieser kleine Kreis hochrangiger Persönlichkeiten, Baraccus könnte etwas überaus Unheilvolles im Tempel der Winde getan haben, das im Grunde niemals hätte geschehen dürfen.«
In einer hilflosen Geste warf Richard die Hände in die Luft. »Aber was?«
Berdines Gesicht verzog sich zu einem erbitterten Ausdruck. »Ich weiß es wirklich nicht. Kolo macht darüber nur Andeutungen. Er glaubte an Baraccus. Außerdem war er verärgert, weil diese Leute taten, was immer sie taten, er jedoch nicht in der Lage war, mit ihnen darüber zu sprechen. Er gehörte nicht zu denen, die an den Hebeln der Macht saßen, er war ja nicht einmal ein hochrangiger Zauberer. Es gibt jedoch eine Passage, eine Erwähnung in seinem Tagebuch, bei der ich beim Lesen eine Gänsehaut bekam. Ob es dabei um den Disput um Baraccus ging oder nicht, kann ich nicht sagen - ich meine, ich könnte nicht den Finger auf eine spezielle Stelle legen, um diese Verbindung herzustellen, jedenfalls nicht, um ...«
»Was stand denn nun in dieser Passage?«
Neben Richard beugten sich jetzt auch Nicci und Cara ein Stück weiter vor.
Berdine seufzte schwer. »Na ja, er ließ sich in seinem Tagebuch über das schlechte Wetter aus und wie leid die Menschen den ewigen Regen seien, und dann machte er ganz beiläufig eine Bemerkung, er sei völlig außer sich, weil er aus seinen Quellen erfahren habe, man habe fünf Kopien ›jenes Buches angefertigt, das niemals hätte kopiert werden sollen‹.«
Richard horchte auf - und bekam eine Gänsehaut.
»Nicht lange danach«, fuhr Berdine fort, »kam er in seinem Eintrag erneut auf besagte zentrale Lagerstätten zu sprechen.«
»Demnach glaubt Ihr ... was? Dass diese Leute die Kopien, die sie niemals hätten anfertigen dürfen, an diesen zentralen Lagerstätten versteckt haben?«
Ein Lächeln auf den Lippen, tippte Berdine sich mit dem Finger an die Schläfe. »Endlich fangt Ihr an, dieselben Fragen zu stellen, die ich mir auch schon die ganze Zeit stelle.«
»Und er erwähnt nirgendwo, welches Buch diese Leute kopiert haben?«, fragte Nicci. »Nicht einmal andeutungsweise?«
Berdine schüttelte den Kopf. »Genau das ist der Punkt, bei dem ich eine Gänsehaut bekam. Dort stand mehr, als aus seinen bloßen Worten hervorging.«
»Was soll das nun wieder heißen?«, fragte Nicci ungehalten.
»Ihr wisst doch, wenn man ewig an der Übersetzung von jemandes Schriften arbeitet, ist man irgendwann in der Lage, seine Stimmung einzuschätzen, zu erkennen, was der Betreffende meint, wie sein Gedankengang verläuft, auch wenn er es nicht ausdrücklich niedergeschrieben hat. Nun« - sie zog ihren braunen Zopf über ihre Schulter und wickelte dessen Ende um ihren Finger -, »anhand seiner Formulierung konnte ich erkennen, dass er sich sogar davor fürchtete, den Namen eines Buches niederzuschreiben, das so geheim und bedeutend war, dass es niemals kopiert werden durfte. Schon mit der Erwähnung in seinem Tagebuch hatte er sich offenbar auf sehr dünnes Eis gewagt.«
Richard fand, dass sie zweifellos ein gutes Argument vorbrachte. Berdine blieb vor einer hohen, schwarz gestrichenen Eisentür stehen.
»Dies ist die Stelle, wo ich die Bücher fand, in denen davon die Rede ist, diese zentralen Lagerstätten befänden sich bei den Gebeinen was immer damit gemeint sein mag.«
»Die Bibliothek, die ich gefunden habe, befand sich in unterirdischen Katakomben«, sagte Richard.
Berdine runzelte die Stirn und dachte nach. »Das könnte einiges erklären.«
»Nathan erzählte mir«, sagte Nicci mit gesenkter Stimme, während ihr Blick zwischen Richard und Berdine hin und her wanderte,
»seiner Meinung nach müsse es unter dem Palast der Propheten Katakomben gegeben haben, und der Palast selbst sei nur errichtet worden, um das zu verbergen, was unter ihm begraben liegt.«
Die Soldaten blieben zögernd stehen und sammelten sich ein kurzes Stück weiter hinten im Flur in einer kleinen Traube. Richard fiel auf, dass Berdine sie keinen Moment aus den Augen ließ.
»Warum wartet Ihr mit Euren Leuten nicht hier draußen?«, rief sie nach hinten zu General Trimack. »Ich muss kurz in diese Bibliothek und Lord Rahl einige Schriften zeigen. Ich denke, vielleicht solltet Ihr den Korridor bewachen und aufpassen, dass niemand heimlich hier herumschleicht.«
Der General nickte und ging daran, seinen Männern Befehl zu geben, auf der gesamten Länge des Flures Posten aufzustellen. Unterdessen zog Berdine einen Schlüssel aus dem oberen Teil ihres Anzugs.
»Dort drinnen habe ich ein Buch gefunden, das mir Albträume bereitet.«
Sie sah sich um zu Richard, dann schloss sie die Tür auf. Nicci brachte ihren Mund ganz dicht an Richards Ohr. »Der Raum ist mit Schilden gesichert«, sagte sie mit vor Misstrauen angespannter Stimme.
»Aber sie ist nicht mit der Gabe gesegnet«, erwiderte Richard leise.
»Sie kann die Schilde nicht passieren. Wenn er tatsächlich mit Schilden gesichert ist, wie will sie dann hineingelangen?«
Kaum hatte sie den Schlüssel wieder aus dem Schloss gezogen, fuchtelte Berdine, die sie hatte miteinander tuscheln hören, damit hin und her. »Na, mit dem Schlüssel. Ich wusste, wo Darken Rahl ihn aufbewahrte.«
Erstaunt wandte sich Nicci um zu Richard. »Soeben hat der Schlüssel die Schilde außer Kraft gesetzt. So etwas habe ich noch nie zuvor gesehen.«
»Offenbar hat man es so eingerichtet, um vertrauenswürdigen Gehilfen oder Gelehrten, die nicht mit der Gabe gesegnet sind, den Zutritt zu ermöglichen«, vermutete Richard. Er wandte sich wieder zu Berdine herum, die sich bereits an dem schweren Riegel der Tür zu schaffen machte.
»Übrigens, habt Ihr sonst noch etwas über diesen Baraccus in Erfahrung bringen können?«
»Nicht viel«, sagte sie mit einem Blick über die Schulter. »Außer dass Magda Searus, die Frau, die erste Konfessorin wurde, einst mit ihm verheiratet war.«
Richard konnte sie nur anstarren. »Woher weiß sie diese Dinge nur?«, murmelte er bei sich.
»Was denn?«, fragte Berdine.
»Ach, nichts«, sagte er und machte eine wegwerfende Handbewegung, ehe er zur Tür wies. »Und was habt Ihr da drinnen nun gefunden?«
»Etwas, das mit den Äußerungen Kolos in Zusammenhang steht.«
»Also mit seinen Bemerkungen über dieses Buch, das nicht kopiert werden durfte.«
Berdine bedachte Richard nur mit einem schlauen Lächeln, wobei sie den Schlüssel in einer Tasche im Oberteil ihres Anzugs verschwinden ließ, dann drückte sie die schwere schwarze Tür auf.