DER LANGE WINTER

Die blaue Welt hatte weitaus mehr Glück als ihr roter Gefährte. Da sie größer und näher an der Sonne war, behielt sie ihre tiefen Ozeane aus Wasser und ihren Schutzmantel aus Luft.

Das Leben blühte und gedieh.

Allerdings nicht ohne Unterbrechung. Nicht ohne Katastrophen. Riesige Geschöpfe rissen die Herrschaft über die Meere, das Land und sogar die Luft an sich, nur um dann auszusterben und vollständig ausgelöscht zu werden. Manchmal fuhr die Hand des Todes so gründlich über die blaue Welt, daß sie fast alles Leben auf ihr hinwegfegte.

Aber das Leben rappelte sich immer wieder auf, bevölkerte die blaue Welt immer wieder mit neuen und anderen Geschöpfen.

Ausgehend von den Polen, breiteten sich gewaltige Eisflächen aus; riesige Gletscher kamen unaufhaltsam von den Bergen herab und überzogen das Land mit kilometerdicken Eisschichten. Ein so großer Teil des Meereswassers wurde in Eis verwandelt, daß der Meeresspiegel sank. Die blaue Welt wurde weiß und glitzerte unter der fahlen Sonne von Wintern, die hunderttausend Jahre und länger dauerten.

Die Kälte erreichte auch die rote Welt.

Die rote Welt hatte sich noch nicht ganz von dem großen Kataklysmus vor langer Zeit erholt. Doch ein ausgedehntes neues Meer war entstanden, schimmerndes Wasser, das fast den halben Planeten bedeckte. Ungeheure Vulkane reckten ihre mächtigen Gipfel den Sternen entgegen und übergossen das Land mit heißer Lava und dampfenden Gasen. Tief unter der Kruste der roten Welt gab es noch Energie, eine schmelzflüssige Energie, die die höchsten Berge aller Zeiten erschuf.

Wie immer, wenn Wasser und Energie vorhanden sind, war dies die Chance für die Geburt des Lebens. Wasser und Energie und Zeit: das ist alles, was das Leben braucht.

Aber dann begann die Kälte, ihr tödliches Werk zu verrichten. Das große, den halben Planeten umspannende Meer gefror und verschwand unter einer Decke aus Schutt und Staub.

Die Vulkane versanken in Ruhe und Untätigkeit. Auf der roten Welt begann ein langer, langer Winter, der bis zum heutigen Tag andauert.


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