SOL 2 MORGEN

Jamie stand draußen im Freien und stellte wieder einmal fest, wie sehr ihn der Mars an die steinige, bergige Wüste des nordwestlichen New Mexico erinnerte. Im schräg einfallenden ersten Morgenlicht glühten die Felsen im Westen rot, genau wie zu Hause.

Aber der Himmel war rosa, nicht blau, und der von Felsbrocken übersäte Boden war völlig kahl. Kein Zweig und kein Blatt. Keine Eidechse, keine Spinne, nicht einmal ein Moospolster unterbrach die endlosen rostigen Rot- und Orangetöne der Wüste. Die Sonne war klein und schwach, zu weit entfernt, um Wärme zu spenden.

Grandiose Trostlosigkeit. Ein Astronaut hatte das vor Jahrzehnten über den Mond gesagt. Jamie fand, daß es zum Mars besser paßte. Die Welt, die er sah, war grandios; sie hatte eine fremdartige, saubere, unberührte Schönheit. Stolz und karg war der Mars mit seiner rauhen und völlig leeren Wüste, seinen steil und kahl aufragenden Felsen, öde, aber dennoch prächtig und schön in seiner kompromißlosen Strenge.

Jamie schaute zum Horizont und verspürte den Drang, so weit hinauszugehen, wie er konnte, immer weiterzugehen durch diese großartige Landschaft, die so fremdartig war und doch so viel Ähnlichkeit mit seiner Heimat hatte. Er schnaubte ärgerlich in sich hinein. Vergiß den Mystizismus, tadelte er sich. Du willst doch nicht der erste Mensch sein, der auf dem Mars stirbt.


Aber der Planet schien ein guter Ort zum Sterben zu sein –

eine tote Welt. Auf der Erde ist das Leben in jede Spalte und jeden Winkel gekrochen, den es finden konnte, von einem Pol zum anderen. Selbst in den trockenen Wüsten der Antarktis verbirgt sich Leben in den Felsen. Aber dieser Planet sieht tot aus. So tot wie der Mond. Wenn es hier überhaupt Leben gibt, dann hätte es das Aussehen dieses Planeten verändern müssen.

Jamie erinnerte sich an Geschichten über Kreaturen aus Silizium und grünhäutige Marsianer mit sechs Gliedmaßen. Urteile nicht ohne Beweise, warnte sein wissenschaftliches Gewissen. Hab Geduld, sagte eine Stimme tiefer in seinem Innern. Vielleicht sind die Regeln des Lebens auf dieser neuen Welt anders.

Er schüttelte den Kopf in seinem Helm, als wollte er der Debatte darin ein Ende bereiten. Der Anzug hatte inzwischen seinen etwas säuerlichen, nicht unangenehmen Körpergeruch angenommen. Wir haben unseren Anzügen unsere persönliche Note gegeben, dachte Jamie, während er eine weitere sperrige Kiste mit medizinischen Vorräten aus dem Lander zur Luftschleuse der Kuppel schleppte. Er balancierte sie auf seiner Schulter, als würde sie nicht mehr wiegen als ein Sack Maismehl.

»Schaut! Da sind sie!«

Connors’ Stimme war hoch vor Erregung. Jamie und der amerikanische Astronaut entluden gerade die letzten Vorräte aus dem Lander. Wosnesenski und Reed trugen sie von der Luftschleuse zu ihren Lagerplätzen in der Kuppel. Die beiden Frauen hatten die Aufgabe übernommen, die Vorräte auf den Inventarlisten im Computer abzuhaken. Soviel zu gleichen Rechten, dachte Jamie.

Er streckte sich und versuchte, Connors’ ausgestrecktem Arm mit dem Blick zu folgen. Das Oberteil seines Helms versperrte ihm einen Moment lang die Sicht, aber indem er den Kopf im Helm ein wenig schrägstellte, gelang es ihm, einen dünnen, flammenden Kondensstreifen über den rosafarbenen Himmel ziehen zu sehen.

»Absolut pünktlich«, sagte Connors, der das linke Handgelenk vors Visier gehoben hatte. »Sie werden genau plangemäß landen.«

Wie zur Bestätigung kam Wosnesenskis tiefe Stimme aus Jamies Kopfhörer. »Team zwei ist auf der Eintrittsbahn. Wir müssen mit dem Entladen fertig sein, wenn sie landen, also in… achtundfünfzig Minuten.«

Achtundfünfzig Minuten später standen alle sechs Mitglieder des ersten Teams zwischen ihrem eigenen Lander und der aufgeblasenen Kuppel und beobachteten den feurigen Abstieg des zweiten Landers.

Alles an der Marsexpedition wurde paarweise erledigt. Es gab zwei Landegruppen, zwei Ersatzteams, die im Orbit um den Planeten blieben, Duplikate von jedem Ausrüstungsgegenstand und jedem Milligramm der Vorräte.

Die Expedition war als Operation im ›Split-Sprint‹-Modus geplant, was (vom technischen Jargon gereinigt) bedeutete, daß die Expedition die schnellstmögliche Route zum Mars nahm und einen möglichst kurzen Aufenthalt auf dem Mars einplante – zwei Monate. Das war der ›Sprint‹-Modus. Die Wissenschaftler hatten mit Logik und Wirtschaftlichkeitserwägungen dagegen angekämpft; angesichts des Wunsches der Politiker nach schnellen und spektakulären Resultaten waren sie jedoch damit gescheitert.

Es stimmte zwar, daß der Sprint-Modus alles in allem teurer war als eine langsamere Annäherung, die ihnen einen längeren Aufenthalt auf dem Mars erlaubt hätte, aber die Politiker wußten, daß eine schnelle Mission weniger Jahre voller Gefeilsche und schmerzhafter Haushaltskrisen erfordern würde als eine längere.

Überdies wollte so gut wie jeder Politiker, der etwas mit der Marsmission zu tun hatte, Menschen auf dem Roten Planeten sehen, während er (oder falls es sich um ein weibliches Exemplar handelte: sie) noch im Amt war, um die Anerkennung dafür einzuheimsen.

Deshalb sprintete die Expedition zum Mars.

Der ›Split‹-Modus bedeutete einfach, daß die Expedition den interplanetaren Abgrund mit zwei Raumschiffen überwand.

Die Begründung lautete, wenn das eine von einer Katastrophe ereilt wurde, war das andere autark und konnte die Mission vollenden.

Jetzt standen Jamie und die anderen da und warteten darauf, daß die zweite Hälfte ihrer Expedition auf der staubigen Oberfläche aufsetzte.

»Da!« entfuhr es Wosnesenski, und sie drehten sich alle um und sahen einen Punkt am Himmel, der rasch auf sie zukam –

gestaltlos und formlos, noch zu hoch oben, um mehr zu sein als ein dunkler Fleck, der einem Stein gleich über den rosafarbenen Himmel sauste und einen hellen, flammenden Kondensstreifen hinter sich herzog wie eine Sternschnuppe.

Mein Gott, dachte Jamie, so haben wir gestern auch ausgesehen.


Dann strömte ein farbiger Strahl von der Spitze des Flecks weg und erblühte zu einem Trio großer weißer Fallschirme.

Der Lander wurde langsamer, bewegte sich durch seinen eigenen Schwung weiter, schwankte leicht und sank dem Boden entgegen. Die drei großen, ausgebreiteten Fallschirme über ihm sahen wie Engelsflügel oder wie Sonnensegel eines Wüstenstammes aus. Aber er kam immer noch zu schnell herunter, viel zu schnell. Jamie klopfte das Herz bis zum Hals; er schaute mehrere Minuten lang zu, wie der Lander rasch herabsank.

Er wurde immer größer, wuchs zu einer unansehnlichen Kombination von Untertasse und Teetasse heran: die kreisrunde Aerobremsschale, darüber der zylindrische Korpus des Landefahrzeugs. Jamie sah, daß die keramische Unterseite der Aeroschale von ihrem glutheißen Flug durch die obere Atmosphäre des Mars geschwärzt und gestreift war.

Mit einemmal lösten sich die Fallschirme von dem Lander und flogen davon, verlorene Engel, die über die marsianische Landschaft wanderten. Das Fahrzeug schien in der Luft zu taumeln. Grauweiße Dampfstöße kamen aus den Kontrolldüsen, als der Lander schwankte und sich aufrichtete. Einen Moment lang stand er in der Luft.

Die Bremsraketen feuerten kurze, sporadische Schübe ab und wehten Kies und wirbelnde Staubteufel am Boden auf, während die überdimensionale Untertasse mit der Teetasse darauf ganz, ganz langsam herabsank, gepolstert vom heißen Abgasstrahl der Raketen. Durch seinen Helm konnte Jamie das periodische Kreischen der Bremsraketen hören. Es klang wie das schrille Stakkato eines ängstlichen Vogels.

Der Lander kam über hundert Meter entfernt herunter, doch trotzdem prasselte ein kleiner Sandsturm auf Jamies Anzug ein. Er widerstand dem auf der Erde ausgeprägten Impuls, sich in den Wind zu lehnen; in dieser dünnen Atmosphäre gab es keinen richtigen Druck, der auf ihn einwirkte.

Schließlich verstummte der Lärm, der Sandsturm legte sich, und die Segmente der Aeroschale fielen wie die welken Blütenblätter einer riesigen Metallblume zu Boden.

»Das war’s! Wir sind unten!« hörte Jamie in seinem Kopfhörer.

Es hatte verblüffend wenige Meinungsverschiedenheiten über die Sprache gegeben, die auf dem Mars gesprochen werden sollte. Die Wissenschaftler hatten schon seit über einem halben Jahrhundert weltweit eine gemeinsame Sprache, und das war Englisch. Die Flugzeugpiloten und die Bodenkontrolleure ebenso. Ein paar Politiker hatten eine Art Streit darüber angefangen, mehr ihren eigenen nationalen Egos zuliebe als aus irgendeinem ernsthaften Grund. Die Franzosen hatten besondere Schwierigkeiten gemacht. Doch am Ende mußten sie sich der Tatsache stellen, daß die einzige Sprache, die alle ihre zukünftigen Forscher sprachen, Englisch war.

Trotzdem unterhielt sich Wosnesenski über den Sprechfunk in seinem Anzug auf Russisch mit dem Piloten des zweiten Landers, Aleksander Mironow, während Ilona Malater und Tony Reed die handgroßen Videokameras auf die Stative montierten.

Joanna Brumado wandte sich in ihrem leuchtend orangefarbenen Anzug an Jamie. »Ich nehme an, wir sind nur die Speerträger.«

»Waterman!« ertönte Wosnesenskis Stimme in Jamies Kopfhörer. »Nehmen Sie den Fotoapparat und machen Sie Aufnahmen von der Struktur der Aerobremse.«


»Eine Speerträgerin«, sagte Jamie zu Joanna.

»Brumado!« rief der Russe. »Überwachen Sie die Gasemissionen der Landefähre.«

Er hörte die Brasilianerin laut lachen. »Keine Speerträger.«

Nach etwas mehr als einer Viertelstunde schlug der Lukendeckel des Landefahrzeugs auf, und die dünne Metalleiter glitt zu dem roten Staub herab. Eine Gestalt in einem strahlend roten Druckanzug erschien in der Luke. Das muß der andere Russe sein, dachte Jamie, während er Fotos für die offizielle Geschichte der Expedition schoß.

Sechs Gestalten in hartschaligen Anzügen stiegen langsam die Leiter herab, eine nach der anderen, und versammelten sich mit ihrem Lander im Hintergrund vor den Videokameras.

Sie sprachen ebenfalls feierliche Worte über den Triumph des menschlichen Strebens und rühmten die Intelligenz und den Tatendrang des Menschen.

Das zweite Team bestand aus fünf Männern und einer Frau, wie Jamie wußte: einem Russen, einem Amerikaner, einem japanischen Meteorologen, einem zweiten Geologen aus Indien, einem ägyptischen Geophysiker und einer französischen Geochemikerin.

Die Politiker hatten alles in ihrer Kraft stehende getan, so viele Nationen wie möglich zufriedenzustellen – und so viele wie möglich zu bewegen, das eine Viertelbillion Dollar teure Marsprojekt finanziell zu unterstützen. Man mußte ihnen jedoch hoch anrechnen, daß dort, wo sie Nationalstolz gegen wissenschaftliche Erfordernisse hatten abwägen müssen, der Nationalstolz nicht jede Runde gewonnen hatte. Doch wenn eine israelische Biochemikerin für den Flug zum Mars ausgewählt wurde, dann führte kein Weg daran vorbei, daß auch einen Anhänger des Islam mitgeschickt werden mußte. Es war zwingend notwendig, daß sowohl Japan als auch Frankreich vertreten waren. Und es mußten natürlich genauso viele Russen wie Amerikaner teilnehmen.

Daß Jamie in letzter Minute für Pater DiNardo auf die Liste gesetzt worden war, hatte das russisch-amerikanische Gleichgewicht gestört, und obwohl man dagegen nichts machen konnte, war man weder in Moskau noch – seltsamerweise – in Washington besonders glücklich darüber gewesen.

Das erste Team half dem zweiten Team beim Entladen des Abstiegs- und Aufstiegsfahrzeugs. Weitere Ausrüstung würde später am Tag mit automatischen, unbemannten Einweg-Landern vom Raumschiff im Orbit eintreffen. Wosnesenski hatte die Leitung des gesamten Bodenteams, und Pete Connors war angeblich sein Stellvertreter. Aber Jamie hörte viele russische Worte in seinem Kopfhörer; die beiden Kosmonauten unterhielten sich bereits auf eine Weise miteinander, die alle anderen ausschloß.

Jamie war überrascht, als Wosnesenski ihm plötzlich auf die Schulter seines Anzugs klopfte.

»Kommen Sie ins Kommunikationszentrum«, sagte der Russe. »Der Expeditionskommandant möchte mit Ihnen sprechen.«

Wortlos hob Jamie die Kiste mit chemischen Analysegeräten hoch, die er bereits hergebracht hatte, und folgte Wosnesenski in die Luftschleuse. Nachdem die Luft ausgetauscht worden war und sie den roten Staub von ihren Stiefeln gesaugt hatten, betraten sie die Kuppel. Jamie stellte die Kiste direkt hinter der Luke ab und schob dann bereits unbewußt sein Helmvisier hoch, als er neben dem Russen her zur Kommunikationskonsole ging.

Seine Ohren knackten wieder. Die Luft im Innern der Kuppel war eine normale erdähnliche Mischung aus Sauerstoff und Stickstoff, auf normalen erdähnlichen Druck gebracht und auf eine angenehme Temperatur erwärmt. In den Raumanzügen herrschte ein fast normaler erdähnlicher Atmosphärendruck.

Fast, aber nicht ganz. Der Wechsel vom Anzug zur ›regulären‹

Luft macht sich in Jamies Innenohr bemerkbar. Es war eines dieser kleinen Wehwehchen, über die kein Marsforscher beim Training auch nur ein Sterbenswörtlichen hätte verlauten lassen, aus Angst, aus dem Team gestrichen zu werden. Hier auf dem Mars jedoch war es bereits lästig. Und dies war erst der zweite Tag.

Dr. Li Chengdu, der Expeditionskommandant, war äußerst ungehalten über Jamie Waterman. Das einzige sichtbare Zeichen seines Ärgers war das leichte Pulsieren einer Ader an der linken Schläfe. Ansonsten war seine Gesicht eine Maske der Gelassenheit. Der olivbraune Overall, den er trug, entsprach nicht ganz der Norm: Dr. Li bevorzugte einen kleinen Stehkragen anstelle des offenen, den alle anderen trugen. Jamie fragte sich insgeheim, ob das symbolisch sein sollte.

Verdutzt nahm Jaime vor dem großen Bildschirm am Kommunikationspult Platz. Die sechs anderen Monitore drumherum zeigten Bilder von den Entladearbeiten, die draußen vonstatten gingen. Wosnesenski stand hinter Jamie wie ein Polizist, der einen zum Verhör gebrachten Gefangenen bewacht.

»Doktor Li«, sagte Jamie. Er trug immer noch seinen blauen Anzug und den Helm.

»Doktor Waterman.«


»Sie wollten mich sprechen?«

Li holte schweigend Luft. Seine Nasenflügel blähten sich, als wäre ihm das alles zuwider. »Ich habe gerade eine höchst unerfreuliche Botschaft aus Kaliningrad erhalten, die von Houston weitergeleitet wurde.«

Jamie bemühte sich, eine genauso steife und vor allem ausdruckslose Miene zu machen wie der Expeditionskommandant.

»Ihre amerikanische Flugkontrolle ist ziemlich aufgebracht darüber, daß Sie nicht die Worte gesprochen haben, die man Ihnen für Ihre erste Erklärung auf dem Boden des Mars mitgegeben hatte.«

»Ja, das kann ich mir denken.« Natürlich würden sie aufgebracht sein. Die Anglos in Washington sind immer aufgebracht, wenn ein roter Mann sich nicht an ihre Anweisungen hält.

»Warum haben Sie das gesagt, was Sie gesagt haben? Und was bedeutet es? Anscheinend hat es in den Medien der Vereinigten Staaten eine Sensation ausgelöst.«

Mit einem leichten Kopfschütteln erwiderte Jamie: »Ich hatte nicht die Absicht, eine Sensation auszulösen. Ich wußte nicht, daß ich das sagen würde, bis ich mich sprechen hörte. Die Worte… sie sind mir einfach so über die Lippen gekommen.«

»Was bedeuten sie?«

»Es ist ein alter Navajo-Gruß. Wie ›Aloha‹ bei den Hawaiianern oder das ›Ciao‹ der Italiener. Wortwörtlich bedeutet es so etwas wie ›Es ist gut‹.«

Lis steife Schultern entspannten sich sichtlich. Die Ader pulsierte etwas weniger heftig. »In Ihrer Regierung ist man sehr verärgert über Sie.«


Jamie versuchte, im Anzug die Achseln zu zucken, und merkte, daß es nicht ging. »Was können sie schon machen?«

sagte er. »Mich nach Hause schicken?«

»Sie können mich anweisen, Sie vom Bodenteam abzuziehen und heraufzuholen!« fuhr Li ihn an. »Sie können darauf bestehen, daß ich Doktor O’Hara zur Oberfläche hinunterschicke und Sie während der restlichen Mission in der Umlaufbahn behalte!«

Jamie wurde es flau im Magen. »Das würden Sie doch nicht tun!« Es war eher eine Frage als eine Feststellung.

»Sie haben es mir nicht befohlen. Noch nicht.«

Gott sei Dank, seufzte Jamie im stillen.

»Sie wünschen jedoch eine Klarstellung Ihrer Worte: eine schriftliche Erklärung von Ihnen, was sie für Sie bedeuten und warum Sie diese Worte gesagt haben und nicht jene, die man Ihnen aufgetragen hatte.«

Auf einmal kam es Jamie grotesk vor. Da saß er in einem Raumanzug auf einer Welt, die hundert Millionen Kilometer von der Erde entfernt war, und bekam den Befehl, sich schriftlich für drei Worte zu entschuldigen, die er unüberlegt hervorgestoßen hatte. Oder er würde wie ein renitenter Schuljunge bestraft werden.

»Werden Sie eine solche Erklärung schreiben?« drängte Li.

»Und wenn ich es nicht tue…?«

»Dann wird man darauf bestehen, daß Sie vom Bodenteam abgezogen werden, fürchte ich. Bedenken Sie bitte, daß Ihre Berufung ins Landeteam in letzter Minute einige Nervosität in Washington und auch anderswo ausgelöst hat. Bitte gefährden Sie Ihre Position nicht noch zusätzlich.«


Jamie erinnerte sich an das hektische Wochenende mit eiligen Telefonkonferenzen und spontanen Besuchen bei seinen Angehörigen. Und an Edith und ihren Abschied voneinander.

Der Expeditionskommandant schien sich aufzurichten, so daß er noch größer wirkte, und eine ruhigere, königlichere Haltung einzunehmen. »Falls Ihnen etwas an meinem Rat liegt: Setzen Sie ein kurzes Schreiben auf, in dem Sie erklären, Sie seien von Gefühlen überwältigt worden, als Sie den Boden des Mars betreten haben, und in die Sprache Ihrer Vorfahren verfallen. Niemand kann Ihnen das zum Vorwurf machen.«

»Es ist sogar die Wahrheit«, sagte Jamie.

Der Chinese gestattete sich ein väterliches Lächeln. »Verstehen Sie? Eine sanfte Antwort wendet den Zorn ab.«

Jamie nickte. »Ich verstehe. Danke.«


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