Von Falken und Wölfen

Alfadas blickte den langen, gewundenen Weg hinab, dem sie nun schon seit Stunden folgten. Anderthalb Tage war das Heer fast nur bergauf gestiegen. Zunächst noch durch Wälder, an sanft ansteigenden Bergflanken vorbei, doch bald darauf wurde der Weg immer härter. Er wand sich in engen Kehren zwischen schroffen Felsen hindurch, und zuletzt ging es eine Steilwand hinauf, gefangen zwischen den Himmeln. Auf der linken Seite gab es einen Abgrund, so tief, dass sie das Gefühl hatten, selbst schon im Himmel zu sein. Rechts ragte die steile Felswand auf, und über ihnen lag wieder strahlend blauer Himmel. Manche Männer hatten die Nerven verloren, und man hatte ihnen die Augen verbunden, weil sie den Anblick der Tiefe nicht ertragen konnten. Drei lagen gefesselt auf den Hundeschlitten, weil sie nicht mehr weitergehen wollten. War es die Schönheit des Landes, das sich zu ihren Füßen ausbreitete, die ihnen den Verstand raubte? Diese Welt fühlte sich so anders an ... Und dazu kamen noch die Amulette, die dem Winter seine Härte nahmen. Es war ein Ort, der nicht für Menschen geschaffen war. Allein der Tod erlaubte einem, für immer hier zu bleiben.

Alfadas wischte sich den Schweiß von der Stirn. Weit über ihm ertönte erneut der helle Klang der Eispickel. Immer wieder versperrten funkelnde Eiskaskaden den Weg.

Die Elfen hatten einen Voraustrupp losgeschickt, der diese Hindernisse beseitigte. Graf Fenryl war ein fähiger Anführer. Und er hatte sich den Menschen gegenüber erstaunlich aufgeschlossen gezeigt. Bislang klappte es recht gut mit dem Nebeneinander der verschiedenen Völker. Wenigstens diese Sorge war unnötig gewesen, dachte Alfadas. Er war auch überzeugt, dass es kein Zufall war, wenn sie bald auf die Flüchtlinge träfen. Diese Zusammenkunft war sicher von vornherein beabsichtigt gewesen. So konnten sich die Menschen als Beschützer fühlen. Gegen wen sollten sie die Elfenflüchtlinge hier auf dem Eis schon verteidigen? Die Flotte der Trolle war noch hunderte Meilen entfernt, hatte Graf Fenryl Alfadas verraten. Diese Flüchtlinge brauchten gar keine Eskorte. Jedem der Elfen musste das klar sein. Der Herzog hoffte, dass seine Männer diese List nicht durchschauten. Sie würden es wahrscheinlich so auffassen, dass man sie wie Kinder behandelte. Mit Getöse stürzten Eisbrocken über die Klippe. Alfadas sah, wie sie in der Tiefe die grauen Klippen streiften und in einen Schleier silbern funkelnder Splitter gehüllt im Abgrund verschwanden. Voraus erklang ein Hornsignal. Der Weg war wieder frei. Langsam setzte sich der lange Zug aus Elfen, Menschen und Hundeschlitten wieder in Bewegung.

Es war beklemmend, durch eine Winterlandschaft zu marschieren und keinerlei Kälte zu spüren. Wind schlug Alfadas ins Gesicht und zerrte an seinem schweren, roten Umhang, aber er biss ihm nicht in die Haut, so wie es sein sollte. Dem Winter war der Stachel genommen. Ohne Zweifel war es angenehmer. Alfadas sah sehr wohl den Raureif im Pelz der Hunde, und er konnte sich vorstellen, wie mörderisch die Kälte sein musste. Wahrscheinlich würde sich sein Atem als Eis in seinem Bart verfangen, wenn er dieses Amulett nicht hätte. Die Kälte würde sein kleines Heer auszehren und die Schwächsten unter den Männern womöglich sogar umbringen. Es war also gut, wenn die Elfen sie schützten. Und doch blieb das Gefühl, dass es nicht richtig war, durch eine Welt aus Eis und Schnee zu wandern und dabei den Winter nicht zu spüren.

Alfadas stieg über einen Felsbrocken hinweg, der auf dem Weg lag. Es ging ihm zu gut, wenn er jetzt schon Zeit fand, sich darüber Gedanken zu machen, dass ihnen eine Mühsal erspart blieb. Der Pfad, der aus dem Felsen geschlagen war, wurde immer enger. Wie lange es wohl gedauert haben mochte, diesen Weg die Klippe hinauf zu bauen? Nirgends sah er die Spuren von Spitzhaken. Er schien natürlich gewachsen zu sein. Aber kein Steilhang wuchs mit einem passenden Weg! Wahrscheinlich hatte Magie diesen gewundenen Pfad erschaffen. Alfadas blickte zurück zu den bewaldeten Bergen, die sie hinter sich gelassen hatten. Dies also war die Heimat von Silwyna. Nie zuvor war er in den Slanga-Bergen gewesen. Sie galten als wilder, ungastlicher Ort. Nirgends gab es so viele beseelte Bäume wie dort. Viele Geschichten rankten sich um diesen Wald. Es hieß, die Magie sei so stark, dass es immer wieder zu plötzlichen magischen Phänomenen kam. So wie man in einem Gewittersturm nie wusste, wo ein Blitz einschlagen würde, so konnte man in dem verwunschenen Wald niemals sicher sein, nicht zum Opfer ungelenkter Magie zu werden. Silwyna hatte ihm viele Geschichten erzählt, in denen Fremde über Nacht von wild wuchernden Dornenranken erwürgt worden waren. So mancher Wanderer wurde von einem Wahn befallen, der ihn fortan im Kreis umhergehen ließ. Hin und wieder entzog der Wald seinen Besuchern gar die Lebenskraft, und sie wurden in einer einzigen Nacht zu Greisen. So war das Land ebenso gefährlich und unberechenbar wie seine Bewohner. Niemand, der seine Sinne beisammen hatte, ging freiwillig dorthin.

Silwyna hatte ihn in den letzten beiden Tagen gemieden. Offensichtlich hatte sie seine Abschiedsworte, die er in der Welt der Menschen zu Asla gesagt hatte, richtig verstanden. Er war in Albenmark, weil er dazu gezwungen war, und er wollte in seine Heimat zurückkehren. Das Band zwischen der Elfe und ihm war zerschnitten. Und nicht er war es gewesen, der es durchtrennt hatte. Sie sollte sich nur keine Hoffnungen machen! Alfadas rutschte und musste sich an der Felswand abstützen, um nicht zu stürzen. Der Weg war vereist. Ihr Voraustrupp hatte zwar Asche von ihrem letzten Lagerfeuer und Sand gestreut, doch das war nur ein Notbehelf. Nie zuvor war er so hoch in die Berge gestiegen. Kein Baum und kein Strauch gedieh hier mehr. Wieder dachte er daran, dass Menschen an diesem Ort fehl am Platz waren. Er war zu schön ... Ohne dass er es wollte, drängte sich die Maurawani in seine Gedanken. Er sollte lieber darauf achten, wohin er seine Füße setzte, statt über sie zu grübeln. Sie sollte keinen Platz mehr in seinem Kopf haben! Warum nur schaffte er es nicht, sich von ihr zu lösen? Er hatte eine Frau, die ihn liebte, und zwei wunderbare Kinder! Was konnte ihm Silwyna im Vergleich bieten? Nur Enttäuschungen!

Sein Blick schweifte wieder über das wilde Bergland, das sie hinter sich ließen. Die Tiefe des Abgrunds hatte etwas Unheimliches. Sie zog ihn an. Alfadas musste dagegen ankämpfen, nicht zu nahe heranzugehen. Ob es den anderen Männern auch so erging? Wenn man so hoch gestiegen und dem Himmel so nah war, fühlte man sich wie ein Vogel. Es war fast, als fliege man.

Außerdem zehrte der Aufstieg in ungewohntem Maße an seinen Kräften. Sein Atem ging keuchend, obwohl er nur ein langsames Schritttempo angeschlagen hatte. Etwas raubte ihm die Luft. Und den anderen Männern um ihn herum ging es ähnlich. Da war ein Stöhnen und Keuchen, als kämpfe sich ein Heer aus Greisen den Berg hinauf. Der Herzog blickte auf. Fünfzig Schritt noch, dann kam eine enge Kehre. Einige der Männer gingen sehr dicht am Abgrund entlang. Die neue Welt und der Zauber, der sie gegen die Kälte schützte, machten sie übermütig. Andere marschierten fast nackt und hatten sich ihre Körper mit grotesken Fratzen bemalt, um wie Berserker auszusehen. Er würde eine Rede halten müssen, bevor sie morgen das Lager abbrachen. Dieser Übermut konnte zu nichts Gutem führen.

Ein Schrei schreckte den Herzog auf. Kaum zwei Armlängen entfernt stürzte ein Mann an ihm vorbei. Seine blauen Augen waren weit aufgerissen und glänzten. Die Arme ausgebreitet wie Vogelschwingen stürzte er in die Tiefe.

Jetzt trat auch Alfadas dicht an den Wegrand. Ein ganzes Stück tiefer sah er den Unglücklichen gegen die Felswand schlagen. Blut spritzte auf. Der Mann fiel weiter, bis er im Dunst tief unter ihnen verschwand. Während Alfadas noch immer in den Abgrund starrte, ertönte ein zweiter Schrei. Schriller und wilder. Mit angelegten Flügeln stürzte ein schneeweißer Falke aus dem Himmel. Auch er verschwand im Nebel am Fuß der Steilwand.

Beklommen trat der Herzog einen Schritt zurück. »Vorwärts!« Die ganze Kolonne hatte angehalten. Mit einigen barschen Worten trieb er die Männer voran. Er tat es auch, um nicht über den Toten nachdenken zu müssen. Er hatte den Namen des Mannes vergessen, aber er konnte sich noch gut erinnern, wie er in Honnigsvald zu ihm gekommen war. Zunächst war er sehr zurückhaltend gewesen, doch dann hatte er sich immer mehr in Begeisterung geredet. Er war der Schmied gewesen, der die Stangenbeile ersonnen hatte.

Was Alfadas am meisten beschäftigte, war der Gesichtsausdruck des Mannes. Der Schmied war nicht gestürzt, er war gesprungen. Und er hatte dabei glücklich gewirkt!

Der Herzog blickte den Weg entlang. Eine Stunde noch, vielleicht ein wenig länger, dann hatten sie die Steilwand bezwungen. Was immer den Schmied gepackt hatte, hoffentlich ergriff es nicht noch mehr Männer! Alfadas hatte sich verschätzt. Es vergingen mehr als zwei Stunden, bis sie die Steilwand hinter sich gelassen hatten und auf eine weite Ebene gelangten. Während der Herzog die Männer in Gruppen formierte, sobald sie den Steilweg verließen, kamen Ollowain und Graf Fenryl zu ihm. Die beiden Elfen in ihren weißen Gewändern verschwammen fast mit dem Hintergrund der verschneiten Ebene.

Fenryl hatte warme, hellbraune Augen. Seine vollen Lippen und sein ungebändigtes, lockiges Haar, ließen ihn weniger abweisend und kühl erscheinen als die übrigen Elfen. Er trug einen weißen Waffenrock von schlichter Eleganz und einen Seidenmantel, der sich schon beim leisesten Lufthauch bauschte. Erst auf den zweiten Blick fiel Alfadas der Falknerhandschuh an Fenryls linker Hand auf.

»Herzog, es wird bald dunkel werden«, begann der Graf, ohne sich mit höflichen Floskeln aufzuhalten. »Ich würde vorschlagen, dass wir das Heer bis nach Einbruch der Dunkelheit marschieren lassen, um noch ein gutes Stück Weg zwischen uns und den Abgrund zu bringen. Ich mache mir Sorgen.«

»Warum?« Alfadas musterte den Elfen scharf. Hatte er ihm etwas verheimlicht?

»Es ist die Luft. Sie ist in der Höhe anders. Den meisten Elfen macht das nichts aus. Nur unser Atem geht schneller, wenn wir uns anstrengen. Aber bei deinen Männern ... Ich weiß nicht, wie es ihnen ergehen wird. Bei Kobolden ist bekannt, dass manche in einen Rausch verfallen und nicht mehr Herr ihrer Sinne sind. Sie haben Halluzinationen und bilden sich die seltsamsten Dinge ein.«

»Zum Beispiel, dass sie fliegen können?«, fragte Alfadas scharf.

Ollowain wich verlegen seinem Blick aus. Der Graf aber nickte. »Ja, das ist schon vorgekommen.«

»Das hättet ihr mir vorher sagen müssen!«

»Wir dachten, es würde euch Menschen nichts ausmachen, weil ihr so viel größer und kräftiger seid.«

»Gibt es noch etwas, wovon du glaubst, dass es meinen Männern nichts ausmachen wird, Graf‘? Ich wäre dir dankbar, wenn du mir in Zukunft beizeiten sagen könntest, wenn du um irgendwelche Kleinigkeiten weißt, die möglicherweise das Leben meiner Männer bedrohen.« Alfadas war immer lauter geworden, und einige der Krieger sahen sich schon nach ihnen um. Sie hatten in der Sprache der Elfen gesprochen, sodass die Fjordländer sie nicht verstehen konnten. Veleif Silberhand blickte neugierig zu ihnen herüber. Auch Lambi war auf sie aufmerksam geworden.

»Würdest du bitte deine Stimme senken, Alfadas?« Ollowain hatte beschwichtigend die Hände gehoben.

»Gibt es noch mehr Probleme, die mit irgendwelchen Hoffnungen von eurer Seite verbunden sind?«, beharrte Alfadas. Es fiel ihm schwer, nicht wieder laut zu werden.

»Das Licht auf dem Eis«, warf Ollowain ein. »Es kann einen blind machen.«

»Das ist nur vorübergehend«, meinte Fenryl rasch. »Wir bedenken sehr wohl, was für deine Männer gut und wichtig ist. Das Licht auf dem Eis stellt keine Gefahr dar, nur eine Unannehmlichkeit. Wir kennen das von den Kentauren und Faunen. Den Kobolden macht es nichts aus. Man kann leicht etwas dagegen tun. Deine Männer müssen nur Augenbinden aus Leder tragen, in die man schmale Sehschlitze schneidet. So sind die Augen geschützt.«

Alfadas blickte zum Himmel. In der letzten Stunde waren Wolken aufgezogen. Die Sonne stand tief am Horizont. Bald würde es dunkel werden. Für heute bestand keine Gefahr mehr, schneeblind zu werden. Er hatte schon davon gehört. Jäger, die sich im Winter weit in den Norden wagten, erzählten davon. Diese Blindheit konnte Tage dauern.

»Ich werde mich darum kümmern, dass sich meine Männer schützen. Sollte ich sonst noch etwas wissen?«

Der Graf lächelte. »Verzeih mir. Ich hätte an den Umstand mit der dünnen Luft denken sollen. Allerdings habe keine Erfahrung mit euch Menschen.« Er hielt inne. »Es gibt da noch etwas. Falls wir in einen Schneesturm geraten, schärfe deinen Männern ein, dass sie dort stehen bleiben, wo uns das Unwetter überrascht. Die Amulette werden sie vor der Kälte schützen. Doch man verliert im Schneetreiben sehr leicht die Orientierung. Die Marschkolonne würde auseinander gerissen und in alle Winde zerstreut werden. Es ist wichtig, im Sturm einfach auszuharren. Wenn ein solches Ereignis eintritt, übernehme ich vorübergehend die Befehlsgewalt. Mein Gefolge wird deinen Männern sagen, was zu tun ist.«

»Was soll das heißen? Ich verliere das Kommando, wenn es anfängt zu schneien?«

»Nur wenn ein Sturm aufzieht«, versuchte Ollowain ihn zu beschwichtigen. »Du kannst dir nicht vorstellen, was für eine vernichtende Naturgewalt ein Eissturm hier auf der Ebene sein kann. Wenn man keinen Schutz findet, wird man einfach fortgerissen.« Alfadas sah nicht ein, warum er sich jetzt schon Fenryls Forderungen fügen sollte. »Das entscheiden wir, falls wir in einen Sturm geraten.« Er deutete in Richtung der Wolken.

»Steht uns denn ein Sturm bevor?«

»Nein, nur Schneetreiben.« Fenryl hob unvermittelt den linken Arm. Ein weißer Falke landete auf seiner Hand. Im Schnabel hielt er ein blutverschmiertes Schutzamulett. Alfadas sah den Vogel fassungslos an. »Das ist von ... dem Schmied. Dem Mann, der von der Klippe stürzte. Du hast den Vogel darauf abgerichtet, die Amulette zurückzuholen! Du hast gewusst, was passieren würde!«

»Nein, nein, nein!« Graf Fenryl schüttelte entschieden den Kopf. »Ich habe Schneeschwinge lediglich darauf abgerichtet, verlorene Amulette zurückzuholen. Sie sind sehr kostbar, Alfadas, und es dauert lange, ein solches Amulett zu erschaffen. Wir müssen sie zurückhaben, für unsere Kinder! Sie sind nicht einfach zu ersetzen. Ich habe damit gerechnet, dass es Tote geben wird, die man vielleicht nicht ohne weiteres bergen kann. Deshalb habe ich meinen Falken mitgenommen. Ich kann nicht in die Zukunft sehen, Herzog! Ich wusste ebenso wenig wie du, ob jemand beim Aufstieg sterben würde. Doch auch ganz ohne Zauberei war mir klar, dass es auf jeden Fall Verluste geben musste. So verhält es sich nun einmal in einem Krieg!«

Alfadas wandte sich ab und ging wortlos davon. Der Graf hatte Recht. Es war nur vernünftig, was er tat. Und doch machte es dem Herzog zu schaffen, dass sich der Elf wohlweislich auf den Tod der Menschen vorbereitet hatte. Ihn, Alfadas, hatten die ersten Toten unvorbereitet getroffen.

Ihm wurde bewusst, wie lange er aus Albenmark fort gewesen war. Und zugleich fragte er sich erschrocken, ob man ihn in Firnstayn vielleicht so sah, wie er jetzt den Grafen Fenryl empfand. Dessen vorausschauendes Planen war sicher nützlich. Aber darauf vorbereitet zu sein, wie man schwer zu erreichenden Leichen die Amulette wieder abnahm, das erschien Alfadas zutiefst unmenschlich. Sein Fehler! Was erwartete er schon von Elfen! Wie sollten sie menschlich sein?

»Was ist mit dir?« Ollowain war ihm gefolgt.

»Nichts!« Alfadas winkte müde ab. Er wollte nur allein sein, soweit es als Herzog inmitten seines Heerzuges möglich war.

»Graf Fenryl möchte wissen, ob er dich in irgendeiner Weise beleidigt hat. Wenn dem so ist, will er sich bei dir entschuldigen.«

»Ich muss über einige Dinge nachdenken. Richte dem Grafen aus, dass alles in Ordnung ist.« Das war gelogen, doch Alfadas hatte nicht die Kraft, mit dem Elfen eine Debatte über etwas zu führen, das man ihm nicht begreiflich machen könnte. Die Sache mit dem Falken ... Sie war logisch, und sie entsetzte ihn dennoch! Alfadas marschierte mit den Männern. Wie alle anderen trug er eine Tasche mit Notvorräten und lehnte es ab, auf einem der wenigen Pferde zu reiten. Es machte ihm zu schaffen, dass er sich an den Namen des Schmieds nicht erinnern konnte. Er redete mit den einfachen Bauern, die nie zuvor ein Land gesehen hatten, das nur aus Eis und Felsen bestand. Ein Land, in dem niemals etwas wachsen würde und um das man dennoch Krieg führte. Er sprach mit den jungen Kriegern aus der Leibwache des Königs, die sich ihnen zuletzt noch angeschlossen hatten. Sie brannten auf ihre erste Schlacht und versteckten ihre Angst hinter Prahlerei.

Am liebsten war Alfadas bei Lambi und dessen Männern. Der Kriegsjarl schaffte es, stets mit einer Rüstung aus grimmigem Humor gewappnet zu sein. Er vermittelte seinen Kriegern den Eindruck, dass ihn nichts umwerfen könnte. Das machte ihnen Mut. Man glaubte irgendwie, dass es nicht so schlimm kommen könnte, wenn er in der Nähe war.

Alfadas wünschte sich, er wäre mehr wie Lambi. Die Männer seines Heeres hielten ihn, ihren Herzog, für unbesiegbar. Das war ein zerbrechlicher Ruhm. Er wäre lieber der Mann, der selbst in der Niederlage noch einen dreckigen Witz über seine Feinde machen konnte und die Zuversicht verbreitete, dass der nächste Kampf besser laufen würde. Die erste Niederlage würde das Vertrauen seiner Männer in ihn auslöschen. Und wie sollte man gegen Trolle siegen?

Alfadas behielt seine Gedanken für sich. Er wanderte weiter und half dabei, das Lager einzurichten. Sie spannten Schutzwände gegen den Wind. Auf dem blanken Eis war es unmöglich, ein Lagerfeuer zu entzünden. Doch die Elfen stellten große Kupferschalen auf Stelzbeinen auf, in denen sie Feuer entfachten. Obwohl niemand fror, sammelten sich die Menschen in Scharen um die wenigen Feuerschalen. Ihr Licht war das Versprechen, dass die Dunkelheit vorübergehen würde.

Alfadas gab den Befehl, einige der Schafe zu schlachten. Allein der Bratenduft hob schon die Stimmung unter den Männern. Sie schnitten das Fleisch in breite Streifen und warfen es in die Glut der Feuerschalen, bis es eine dunkle Kruste bekam.

Der Herzog beobachtete, wie Ronardin, der Brückenwächter aus Phylangan, ihnen mit einer Mischung aus Faszination und Abscheu zusah. Er hatte gewiss in all den Jahrhunderten seines Lebens noch kein Stück Fleisch gegessen, das außen schwarz verbrannt war und im Inneren noch roh und blutig.

Die Elfen verteilten leichten Apfelwein, der nicht zu Kopf stieg und doch köstlich schmeckte. Auch reichten sie Kräuterbrot herum, Trockenfleisch und ein wenig Honig.

An einem der Feuer hörte Alfadas Veleifs Stimme. Der Skalde sang ein Lied von einem Jäger, der in einsamer Winternacht auf Pirsch ging, um seine Familie vor dem Hungertod zu bewahren. Zwei Strophen nur brauchte er, und es war in weitem Umkreis still geworden. Selbst das derbe Lachen von Lambis Männern verstummte.

Alfadas entfernte sich ein wenig vom Lager. Er floh vor den Gedanken an Asla und die Kinder. Wenn sie siegen sollten, dann musste er so sein wie Graf Fenryl. Er musste vorausdenken. Die Moral der Männer würden Lambi und Veleif schon hochhalten. Seine Aufgabe war es, kühl zu kalkulieren, wie sie Feinde überwinden könnten, denen Menschen eigentlich nicht gewachsen waren. Es war gut, dass sie zunächst nur eine Festung verteidigen mussten, deren Mauern sie vor dem Nahkampf mit den Trollen bewahrten.

Plötzlich geriet der Schnee vor ihm in Bewegung. Eine Gestalt löste sich aus dem Weiß, gut getarnt durch einen schweren, weißen Wollumhang. Silwyna.

»Warum bist du nicht im Lager?«, fragte Alfadas überrascht.

»Ein Blick ins Feuer verdirbt die Nachtsicht.«

»Brauchen wir denn jemanden, der in dieser Nacht über uns wacht? Fenryl sagt, die Trolle seien noch weit entfernt.«

Silwyna schnaubte verächtlich. »Er ist nur ein Normirga. Ich bin eine Maurawani, und ich weiß, dass ein Jäger, der seine Beute unterschätzt, selbst nichts anderes ist als Beute. In Vahan Calyd dachten auch alle, sie seien in Sicherheit. Nun weiß ich, dass die Trolle nach Albenmark zurückgekehrt sind. Und ich weiß, dass sie in ihre alte Heimat wollen. Das sind zwei gute Gründe, sich in der Snaiwamark nicht einfach an ein Feuer zu legen und zu schlafen.«

Alfadas dachte daran, wie nahe sie sich einmal gewesen waren. »Du bist immer auf der Hut, nicht wahr? Was habe ich damals getan, dass du mich verlassen hast?«

»Hier sind nicht Zeit und Ort, um darüber zu reden«, sagte sie barsch und trat in die Dunkelheit.

»Wird es jemals eine Zeit und einen Ort für eine Aussprache geben?«, rief er ihr wütend hinterher. Sein Zorn galt nicht nur ihr. Ebenso wütend war er darüber, dass nur wenige Worte mit ihr genügten, um ihn so sehr aus der Fassung zu bringen.

Silwyna blieb stehen. Langsam drehte sie sich um. »Du sprichst wahr, Menschensohn. Es wird niemals leicht sein, über das zu sprechen, was war. Und in wenigen Wochen sind wir vielleicht beide schon tot. Du hast ein Recht darauf, es zu wissen. Was glaubst du, warum ich zu dir in die Andere Welt gekommen bin?«

Das war noch eine Frage, die sich Alfadas in den vergangenen Wochen oft gestellt hatte. Und er hatte keine Antwort darauf gefunden.»Vielleicht, weil Ollowain dich darum gebeten hat?«

Sie stand jetzt dicht vor ihm. »Nein«, sagte sie lächelnd. »Das würde er niemals tun. Im Gegenteil, er hatte Sorge, mich mitzunehmen, denn er fürchtete, mein Anblick würde dich wütend machen.« Ihre Wolfsaugen hielten seinen Blick gefangen. Sie war noch immer wunderschön. Jedenfalls für ihn.

»Ich bin in die Andere Welt gegangen, um zu sehen, was für ein Vater du bist. Ich wusste, dass du ein Weib hast. Und ich dachte mir, dass du auch Kinder haben würdest. Ich wollte sie sehen ... Wollte wissen, wie du sie großziehst. Wie du zu ihnen bist. Wie sie dich ansehen.«

Alfadas spürte einen dicken Kloß im Hals aufsteigen. Er dachte an Ulric, wie er ihm mit ernstem Blick zuhörte, wenn er ihm davon erzählte, wie man ehrenhaft kämpfte. Und an Kadlin, deren überschwängliches Lachen jeden Zorn über all die kleinen Katastrophen, in die sie einen verwickelte, sofort verrauchen ließ.

»Du hast noch einen Sohn, Alfadas«, sagte die Elfe leise. »Er heißt Melvyn.«

Das konnte nicht sein! Ihre Worte trafen ihn wie ein Schlag. Sein Mund wurde trocken. »Menschen und Elfen können keine gemeinsamen Kinder zeugen.« Er vermochte kaum zu sprechen.

»Ja, so sagt man. Es ist ... unnatürlich? Er wurde in Liebe gezeugt. Ist das unnatürlich?«

Plötzlich packte Alfadas wieder die Wut. »Wieso bist du fortgelaufen? Warum hast du nichts gesagt? Du hast ihn mir gestohlen. Warum erzählst du mir von einem Kind, das ich niemals sehen werde?« Ebenso plötzlich, wie die Wut gekommen war, verging sie auch wieder. Er musste an all die einsamen Stunden seiner Kindheit denken, in denen er sich einen Vater gewünscht hatte. Ollowain hatte sich wirklich alle Mühe gegeben ... Aber einen Vater zu haben war etwas anderes.

»Ich musste es tun. Wegen Emerelle.« Silwynas Lippen zitterten. »Noroelles Sohn. Er war auch ein Kind, das nicht hätte gezeugt werden dürfen. Ein Bastard, der nur zur Hälfte ein Elf war. Sie hatte seinen Tod befohlen. Und sie hat Noroelle bis ans Ende aller Tage verbannt. Du weißt...«

»Ja ...« Alfadas‘ Stimme war nur noch ein verzweifeltes Krächzen. Er wusste, was geschehen war. Hatte er doch zu denen gehört, die Noroelles Sohn schließlich gefunden hatten. Er hatte nachfühlen können, warum Farodin und Nuramon den Befehl ihrer Königin verweigert hatten.

»Ich hatte Angst, Emerelle würde auch unser Kind zum Tode verurteilen.« Silwynas Stimme überschlug sich, so schnell sprach sie jetzt. Alfadas ahnte, wie lange sie sich danach gesehnt haben musste, endlich darüber zu reden. »Meine Liebe zu dir ist niemals verloschen. Und doch konnte ich dir nichts sagen. Du hättest mich nicht ziehen lassen. Und wärst du mit mir gekommen, dann wäre unser Geheimnis entdeckt worden. Du warst viel zu eng mit dem Hof verbunden, um einfach mit mir in die Wildnis der Slanga-Berge zu gehen. Emerelle hätte herausgefunden, was geschehen war. Aber da niemand etwas wusste und ich eines Morgens ohne Abschiedswort verschwunden war, dachten sich alle, die launische Maurawani sei einfach nur dem Ruf der Wildnis gefolgt. Und sie habe sich nicht darum geschert, ob sie das Herz des Menschensohns gebrochen habe ... Ich weiß, dass die anderen Elfen so über mein Volk denken. Und sicherlich war bei Hof niemand überrascht über mein Verschwinden.«

»Nein«, gestand Alfadas. Er erinnerte sich, dass selbst die kalte, unnahbare Emerelle versucht hatte, ihn zu trösten. Die Maurawan seien wie der Wind, hatte sie damals gesagt, und einfach nicht dazu geschaffen, an einem Ort zu verweilen. Geholfen hatte ihm das nicht. Erst die Begegnung mit seinem Vater hatte ihn wieder aufleben lassen. Ihn auf die Jagd nach Noroelles Sohn zu begleiten, war ein willkommener Anlass gewesen, den Hof der Königin zu meiden, wo ihn alles an Silwyna erinnert hatte. Ja, er hatte sogar Albenmark verlassen und war nie wieder zurückgekehrt.

»Wie ist er, mein Sohn?«, fragte er und versuchte sich ein Kind vorzustellen, in dem seine und Silwynas Züge miteinander verschmolzen.

»Er hat meine Augen«, sagte sie lächelnd. Sie strich ihm durch das Haar. »Und deine Ohren hat er. Das ärgert ihn. Er hält es für einen Makel, dass seine Ohren anders aussehen als meine oder die der Wölfe. Ich habe es ihm nicht ausreden können.«

»Warum vergleicht er sich mit Wölfen?« Alfadas sah sie verwirrt an.

»Wölfe kümmern sich sehr gut um ihre Welpen. Das ganze Rudel achtet auf die Jungen. Und wenn dem Muttertier etwas geschieht, dann ziehen die anderen Weibchen des Rudels den Wurf groß.«

Der Herzog brauchte einen Augenblick, bis er begriff, was sie ihm damit sagen wollte. »Du ... Du hast meinen Sohn zu einem Wolfsrudel gegeben? Das ist ... Sag, dass das nicht wahr ist!«

»So war es nicht. Ich bin zum Rudel gegangen und ein Teil davon geworden. Ich habe mit ihnen gejagt und gelebt. Ich habe Melvyn nicht fortgegeben. Ich war fast immer dort.«

»Du hast ihn unter Wölfen großgezogen!« Alfadas konnte nicht fassen, was er da hörte. »Unter Tieren!«

»Diese Tiere haben ihn nie wie ein Halbblut behandelt, obwohl er so verschieden von ihnen ist. Aus dem Wurf, mit dem er aufgewachsen ist, lebt nur noch eine alte Wölfin. Sie alle haben ihn als ihren Bruder angenommen, und er hat seinen festen Platz im Rudel. Den hätte er nirgendwo anders gehabt! Ich wagte ihn nicht einmal meinem Volk zu zeigen, denn ich wusste nicht, ob sie Emerelle zugestimmt hätten. Es hat nie zuvor einen Jungen gegeben, der halb Mensch und halb Elf ist. Vielleicht hätten auch die Maurawan beschlossen, ihn zu töten. Deshalb habe ich mich in die Wälder am Fuß des Albenhaupts zurückgezogen. Dorthin kommt niemand! Der Ort gilt als verflucht. Niemand in meinem Volk hat deswegen Fragen gestellt. Es ist nicht ungewöhnlich, wenn sich einer von uns in die Einsamkeit flüchtet. Das konnten sie akzeptieren ... Aber das Kind? Vielleicht hätten sie ihn angenommen? Ich weiß es nicht. Von ihm zu erzählen, hätte bedeutet, mit Melvyns Leben zu spielen.«

Alfadas versuchte, sich einen Säugling vorzustellen, der zwischen Wolfswelpen lag. »Sie hätten ihn zerfleischen können. Ein Kind, das inmitten eines Wolfsrudels in Sicherheit ist... Wie konntest du nur auf die Idee kommen, ein Kind zwischen reißende Bestien zu setzen? Bist du so kaltherzig? Ist dir sein Leben gleichgültig?«

»Du weißt nicht, worüber du sprichst.« Silwyna sah ihn enttäuscht an. »Du willst mir gar nicht zuhören, nicht wahr? Er interessiert dich nicht.«

»Wie kannst du das sagen? Er ist mein Sohn! Er ... Hat er mehr von mir als nur die Ohren?«

Die Elfe lächelte mild. »Ja, viel mehr. Er fragt immer wieder nach dir. Deshalb bin ich nach Vahan Calyd gegangen. Ich wollte Ollowain treffen und ihn darum bitten, dass er mir hilft, in die Welt der Menschen zu gelangen.« Sie schüttelte den Kopf.

»Doch stattdessen hatte er eine Bitte. Er beauftragte mich, über jene Frau zu wachen, die ich unter allen Geschöpfen Albenmarks am meisten fürchtete. Emerelle, um deretwillen ich in die Wildnis geflohen war.«

Alfadas sah sich um, ob sie immer noch allein waren. Dann erst wagte er zu fragen: »Warst du es? Hast du auf die Königin geschossen?«

Silwyna sah ihn lange an, ohne zu antworten. Mit jedem Herzschlag, der verstrich, wurde Alfadas unsicherer. Das passte nicht zu der Maurawani! Früher war sie immer geradeheraus gewesen. Ihre Antworten kamen ohne Rücksicht. Und sie sprach immer die Wahrheit, ganz gleich, ob sie sich oder anderen damit schadete. Rang sie jetzt mit einer Lüge? »Ich habe nicht auf Emerelle geschossen«, sagte sie schließlich. »Sie ist die Königin. Ich darf sie nicht töten. Und dennoch hätte Ollowain niemanden finden können, der schlechter geeignet war, auf Emerelle zu achten. Ich habe den Schützen entdeckt, der sie auf dem Achterdeck ihres Schiffes töten wollte. Und ich habe nichts gegen ihn unternommen. Sie ist eine Gefahr für unser Kind, Alfadas. Ich kann sie nicht beschützen!«

»Aber du hast ihnen doch bei der Flucht aus der Stadt geholfen. Du hast ...« Alfadas stockte.

»Ich habe Ollowain geholfen, denn ich vertraute darauf, dass er einen Weg aus dem Inferno finden würde. Und das hat er ja schließlich auch. Es ging mir nicht um die Königin. Ich wollte überleben, und ... ich wollte zu dir gelangen.«

»Aber indem du Ollowain geholfen hast, hast du auch Emerelle gerettet«, beharrte Alfadas, der einfach nicht wahrhaben wollte, dass Silwyna sich gegen die Königin gestellt hatte.

»Das mag schon sein«, entgegnete die Maurawani ruhig.

»Aber es zählt nichts, denn es war nicht meine Absicht, der Königin zu helfen. Und sie sollte besser niemals auf meine Hilfe rechnen.«

»Weiß Ollowain davon?«

»Das muss er nicht. Er misstraut mir. Und er tut gut daran.«

Alfadas konnte Silwynas Gefühle nicht wirklich begreifen. Sie hasste Emerelle und fürchtete um ihr Kind. Sie beschütze die Königin nicht, unternahm von sich aus aber auch keinen Versuch, ihr ein Leid zuzufügen. »Wo ist mein Sohn jetzt? Hast du ihn bei den Wölfen gelassen? Und wie alt ist er? Er ist doch nicht etwa immer noch bei diesem Berg, der so einen üblen Ruf hat, dass sich nicht einmal die Maurawan in seine Nähe wagen.«

»Unser Sohn erlebt seinen zwölften Winter. Und er ist in Sicherheit unter den Wölfen. Sie würden sich für ihn zerfleischen lassen. Ich ...« Ihr versagte die Stimme. Sie wandte ihr Gesicht ab. »Ich kann niemandem trauen.«

Alfadas trat dicht an sie heran und strich ihr sanft über die Wange. »Mir kannst du vertrauen.« Sie zu berühren ließ all seine Wut verfliegen, und es geschah, wovor er sich am meisten gefürchtet hatte. All die Bilder jenes halben Jahres, das sie gehabt hatten, traten überdeutlich in seine Erinnerung zurück. Es war das erste Mal in seinem Leben gewesen, dass er sich glücklich gefühlt hatte.

Erst Asla hatte die tiefe Wunde heilen können, die Silwyna ihm geschlagen hatte, als sie plötzlich verschwunden war. Er hatte die Maurawani verflucht. Und er hatte sie gesucht, Wochen um Wochen. Doch schon am ersten Tag seiner Suche hatte er gewusst, dass er Silwyna niemals finden könnte, es sei denn, sie wollte es. Als er die Suche schließlich aufgegeben hatte, hatte er versucht, sie zumindest zu verstehen. Doch auch das war ihm nicht gelungen. Niemand begriff die Maurawan, hieß es immer, und zuletzt hatte er sich dieser Meinung gefügt. Und dann war sein Vater gekommen. Mit ihm zu reiten und alles hinter sich zu lassen, was an Silwyna erinnerte, war ihm nur willkommen gewesen. Und so hatte er zu Asla gefunden. Sie hatte ihn geliebt, vom ersten Tag an. Und er?

Asla hatte ihm gut getan. Bei ihr hatte er Frieden gefunden. Doch jedes Mal, wenn er hinauf zur steinernen Krone des Hartungskliffs geblickt hatte, war er sich bewusst gewesen, was er Asla angetan hatte. Sie hatte die Lücke füllen müssen, die Silwyna hinterlassen hatte. Er liebte seine Frau ... Aber es war eine andere Art von Liebe, als er sie für die Elfe empfand.

Silwyna küsste ihn. Es war nur eine flüchtige Berührung und doch voller Leidenschaft.

»Ich werde dir nicht im Wege stehen«, sagte sie mit heiserer Stimme. Dann verschwand sie mit eiligen Schritten in die Nacht.

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