Königliche Plane

»Du wirst morgen wieder zurück sein?«, fragte Asla.

Alfadas hatte mit einem Streit gerechnet, doch Asla war erstaunlich umgänglich geblieben. Welche Wahl hatte er auch, wenn der König ihn zu sich befahl?

»Ja, wenn alles gut geht, kann ich schon morgen Abend zurück sein.«

»Hoffentlich. Gäste, die über Tische und Bänke kotzen, wenn sie sich betrunken haben, bin ich ja gewohnt, aber dass man mir neben die Feuerstelle scheißt ...« Sie warf dem Kentauren einen bösen Blick zu. Orimedes machte sich gerade nützlich und spaltete Holz. Ihre übrigen Gäste hatten sich in den Schutz des Hauses zurückgezogen. »Was will der König von dir?«

Alfadas seufzte. Schon drei Mal hatte sie ihn das gefragt. »Ich weiß es wirklich nicht. Er hat mich zu sich nach Honnigsvald befohlen. Mehr hat der Bote nicht gesagt. Ich schätze, ihm sind Gerüchte über unsere Gäste zu Ohren gekommen, und er möchte wissen, was es damit auf sich hat.«

»Zieh nicht schon wieder für ihn in den Krieg. Bitte. Ich brauch dich hier.« Sie strich ihm sanft über die Wange. »Alle Zeichen deuten auf einen besonders harten Winter hin. Lass mich nicht allein, wenn die Zeit der Stürme und der Finsternis beginnt.«

Welch eine dumme Furcht! Er nahm sie in den Arm und drückte sie fest an sich. »Keine Sorge. Niemand ist so töricht und führt im Winter Krieg. Horsa wird meine Dienste als sein Heerführer nicht vor dem nächsten Frühjahr einfordern.« Er küsste sie und hoffte, all ihre Sorgen zerstreut zu haben. Dann schwang er sich in den Sattel und ritt den Hügel hinab. Unten grinsten ihn einige Männer an, die die Abschiedsszene beobachtet hatten. Hoffentlich wurde das Wetter bald schlechter. Dann würde die Belagerung seines Langhauses durch diese Gaffer endlich aufhören.

Am Fuß des Hügels drehte er sich noch einmal um. Asla stand in der Tür. Sie trug ihr grünes Festkleid und den feinen roten Umhang, den er ihr im letzten Sommer mitgebracht hatte. Ihr Haar war offen. Der Wind blies ihr eine lange Strähne quer über das Gesicht. Es war golden wie reifes Korn.

Alfadas machte sich Sorgen. Noch nie hatte sie ihn so zärtlich verabschiedet, wenn er zum Königshof ritt. Aber diesmal war es ja auch nur eine Reise von zwei Tagen. Ob sie vielleicht schwanger war? Er sollte mit Lyndwyn reden, wenn er wieder zurück war. Als Heilerin und Magierin konnte sie bestimmt spüren, wenn ein neues Leben in Asla wuchs.

Zufrieden lenkte der Jarl seinen grauen Hengst auf den Weg, der am Ufer des Fjords entlang nach Süden führte. Diesmal würde er bei Asla sein, wenn das Kind kam. Ganz gleich, was der König von ihm verlangte. Jetzt reicht‘s aber, du Narr, schalt er sich in Gedanken. Du weißt nicht einmal, ob dein Weib ein Kind unter dem Herzen trägt, und planst schon das nächste Jahr.

Sein Blick wanderte über das weite graublaue Wasser des Fjords. Die Wolken hingen tief am Himmel und verschluckten die weißen Bergspitzen in der Ferne. Mit lautem Flattern stürmten Perlhühner aus dem Dickicht am Waldrand. Sein Grauer scheute und brach seitlich aus. Alfadas spähte ins Dickicht. Dort war etwas. Aber er hatte jetzt keine Zeit, um sich auf die Spielchen von Silwyna einzulassen. Wenn sie ihm etwas zu sagen hatte, dann sollte sie kommen. Schließlich war nicht er es, der dauernd davonlief. Und wenn sie nicht kam, dann sollte sie ihm doch den Buckel herunterrutschen. Er gab dem Hengst die Sporen und trabte davon.

Alfadas spürte ihre Blicke in seinem Rücken. Ob Ollowain Recht hatte mit seinem Verdacht? Das war jetzt nicht seine Sorge, redete er sich ein und spähte doch immer wieder zurück. Warum war sie hier? Konnte sie ihn denn nicht in Frieden lassen? Er ließ den Grauen langsamer gehen. Wenn sie dort am Waldrand war, dann könnte sie ihn nun mit Leichtigkeit einholen. Er wollte wissen, warum sie hier war. Und er musste sich eingestehen, dass sie ihm trotz allem, was geschehen war, nicht egal war. Hatten Asla und die Kinder seine Liebe zu ihr nicht auszulöschen vermocht? Was würde geschehen, wenn sie jetzt aus dem Wald kam? Würde er ihr noch einmal verfallen? Das durfte nicht sein! Sein Leben war hier, in Firnstayn, an der Seite seiner Familie!

Er gab dem Grauen die Sporen und preschte davon. Er durfte nicht zulassen, dass die Vergangenheit ihn einholte! Der Uferweg wurde bald zu einem schmalen Pfad, kaum breiter als ein Wildwechsel. Nur selten verirrten sich Reisende bis nach Firnstayn. Es war das am nördlichsten gelegene Dorf am Fjord. Zu klein, um für Händler von Bedeutung zu sein. Wer schöne Stoffe wollte, ein gutes Pferd oder eiserne Pfeilspitzen, der reiste nach Honnigsvald. Der Ort nannte sich hochtrabend Stadt, weil einige seiner Häuser aus Stein errichtet waren. Gut, es lebten auch zehnmal mehr Menschen dort als in Firnstayn, und doch war Honnigsvald gemessen an den Städten, die Alfadas schon gesehen hatte, nicht mehr als ein Hundedreck. Ein nützlicher Hundedreck. Er sollte Asla etwas mitbringen, wenn die Zeit dazu blieb. Wieder fragte er sich, was der König wohl wollte.

Es begann zu regnen. Alfadas löste den aufgerollten Umhang vom Sattel und schlang ihn sich um die Schultern. Im Dunst der Regenschleier konnte man kaum noch das andere Ufer sehen. Die Welt rückte zusammen. Die fernen Berge waren im Grau des Himmels versunken. Bald war der Jarl trotz des Umhangs völlig durchnässt. Wehmütig dachte er an die wunderbare Kleidung, die man bei den Elfen gefertigt hatte. Stoffe, an denen Regen abperlte wie an Blütenblättern. Man könnte so vieles von ihnen lernen, wenn das Band zwischen ihren Welten ein wenig enger wäre. Doch es lag allein bei den Elfen, darüber zu entscheiden, denn kein Mensch vermochte aus eigener Kraft durch ihre Tore zu gehen. Nur sein Vater Mandred hatte dies einmal auf wundersame Weise geschafft, doch hatte er selbst nie erklären können, wie ihm dies geglückt war.

Der Wald drängte nun fast bis ans Ufer. Wie eine Säulenhalle zogen sich schwarze Fichtenstämme den Hang hinauf. Die unteren Äste waren abgestorben, weil kein Licht sie mehr erreichte. Ein dichtes Polster aus braunen Nadeln bedeckte den Boden und schluckte das Geräusch der Hufe. Der Regen rauschte in den Ästen. Es duftete nach Harz, Moder und Pilzen. Alfadas zog den Kopf ein und lenkte sein Pferd in die dunkle Waldhalle. Zwischen den schmalen, schwarzen Stämmen war er ein wenig vor dem Regen geschützt. Wenn die Sonne vom Himmel verschwand, wurde es schon empfindlich kalt.

Das Haar hing dem Jarl in nassen Strähnen ins Gesicht. Das Leder seines Schwertgurts quietschte leise, wenn er sich bewegte. Wie das Gebein eines toten Riesen stachen Felsen durch das Erdreich. Wo der Weg zu schwierig wurde, musste Alfadas tief in den Wald ausweichen. Manchmal, wenn der Fjord sich in weiten Kehren zwischen den Bergen hindurchwand, kürzte der Jarl den Weg ab. Doch wo immer es möglich war, hielt er sich nahe am Wasser. Er spähte nach den Silberrücken, die die Fluten zerteilten. Nicht mehr lange, und die Salme mussten kommen. Er würde mit Erek hinausfahren und tagelang fischen. Seinen Schwiegervater verließ langsam die Kraft. Die Gicht war ihm in die Knochen gekrochen, so wie es jedem geschah, der sein Leben auf dem Wasser verbrachte. Zu viele Stunden feuchter Kälte hatten ihn zermürbt. Aber wenn die Salme kamen, lebte der Alte wieder auf. Wie durch Zauberei kehrten seine Kräfte dann zurück. Einmal hatte er Alfadas nachts am Feuer erzählt, dass er sich wünsche, von einem starken Fisch hinab auf den Grund des Fjords gezogen zu werden, wenn seine Zeit gekommen sei. Er wolle nicht in einem kalten Herbst am Bluthusten verrecken oder erleben, wie seine alten Knochen brüchig wie modriges Holz wurden. Ich habe mein Leben lang Fische gefressen, da ist es doch nur gerecht, wenn sie mich zuletzt zum Fressen bekommen. Sollen sie ihren Laich zwischen meine Rippen legen. Ich will ihrer Brut gerne ein schützendes Versteck sein, so hatte Erek damals gesprochen.

Alfadas mochte den alten Mann. Man konnte den ganzen Tag mit ihm in einem Boot sitzen und kein Wort reden, und doch hatte man sich prächtig verstanden.

Träge flossen die Stunden dahin. Es hörte nicht mehr auf zu regnen. In der Dämmerung stieg Alfadas aus dem Sattel. Es wäre vernünftiger, jetzt nach einem Nachtlager zu suchen. Aber Honnigsvald war nicht mehr fern. Zwei Meilen noch, vielleicht drei.

Wolken und Regen erstickten das Abendrot und verbargen Mond und Sterne. Bald war es so dunkel, dass der Jarl kaum noch sehen konnte, wohin er seine Füße setzte. Immer wieder strauchelte er auf dem breiten Kiesstreifen des Ufers. Er würde den alten König nicht warten lassen. Horsa Starkschild war in den letzten Jahren immer absonderlicher geworden. Wenn man ihn enttäuschte, tat er die seltsamsten Dinge.

Endlich sah Alfadas einen winzigen Lichtpunkt. Er führte ihn zum alten Fährhaus. Mit seinem steilen Dach lag es wie ein großer Fels hoch am Ufer. Neben ihm kauerte ein kleiner Stall. Der Jarl brachte den Grauen ins Trockene und lockerte den Sattelgurt. Sie würden nicht lange verweilen. Das Stroh auf dem Boden war schwarz und sah aus, als habe man es seit vielen Monden nicht mehr ausgewechselt. Kein anderes Pferd war hier untergestellt.

Alfadas rieb den Hengst mit einer alten Decke trocken und hängte ihm einen Hafersack um. Die großen, schwarzen Augen des Grauen blinzelten müde. Der Jarl kraulte ihn dicht über der kleinen, fast runden Blesse, wo er es gerne hatte. Mit leisen Worten bedankte er sich dafür, dass er ihn den langen Weg getragen hatte.

Als Alfadas aus dem Stall trat, schob er den Umhang über die linke Schulter zurück, sodass man sein Schwert besser sehen konnte. Neben der Tür zum Fährhaus brannte die Laterne, die ihm den Weg gewiesen hatte. Er klopfte schwer gegen das nasse Holz und trat ein. Stickige Luft schlug ihm entgegen. Der beißende Rauch eines Torffeuers füllte den niedrigen, langen Raum. Ein blonder Kerl mit breiten Schultern saß über einen irdenen Becher gebeugt am Tisch neben dem Feuer. Das Fährhaus hatte einen gemauerten Kamin mit eisernen Bratspießen. Doch der Abzug schien verstopft zu sein, und der Qualm quoll in die Stube.

»Wo ist der Fährmann?«, fragte Alfadas laut.

Der Blonde hob den Kopf. Er hatte wässrige blaue Augen. Seine hängenden Backen, der ungepflegte Schnauzbart und sein fliehendes Kinn ließen ihn mürrisch und selbstmitleidig erscheinen. »Heute geht keine Fähre mehr.«

»Kann ich das vom Fährmann selbst hören?«

Der Mann am Tisch zog eine Grimasse und deutete mit dem Daumen über die Schulter. »Er liegt hinter dem Haus begraben. Er wird dir sicher geduldig zuhören, wenn du dich beschwerst. Diesen Sommer hat ihn der Schlagfluss getroffen, als er am Steuer stand. Er ist über Bord gekippt und versunken wie König Osaberg in seiner goldenen Rüstung. Als sie ihn endlich aus dem Wasser hatten, war nichts mehr zu machen. Die Ältesten aus Honnigsvald haben mich und meine beiden Brüder zu neuen Fährleuten bestimmt, weil wir den verschuldeten Hof unseres Vaters nicht mehr halten konnten. Für ein elendes Kupferstück werde ich dich bei diesem Hundewetter nicht übersetzen.« Er deutete auf die Schlafnischen entlang der Wand. »Du kannst hier übernachten. Auf dem Feuer steht noch ein Rest Suppe. Morgen setz ich dich dann über.«

»Der König erwartet mich«, sagte Alfadas, bemüht, nicht drohend zu klingen. »Glaub mir, ich würde mich auch lieber ans Feuer setzen und warten, dass diese Regennacht endet.«

Ein flüchtiges Lächeln huschte über das Gesicht des Blonden. Ihm war klar, dass er jetzt keine andere Wahl mehr hatte, als den Fremden über den Fjord zu bringen. Aber er hatte die freundliche Geste zur Kenntnis genommen. Nun musterte er Alfadas neugierig. »Du bist der Elfenjarl, nicht wahr? An deiner Seite ... Das ist das berühmte Zauberschwert.«

Er war diese Geschichten so leid! »Ich bin einfach nur ein Jarl, den der König zu sich befohlen hat.« Der junge Fährmann grinste jetzt breit. Ihm fehlten die oberen Schneidezähne. »Nein, nein. Mir machst du nichts vor. Dieses prächtige Schwert ... Und du bist von Norden gekommen. Du musst der Elfenjarl sein! Man erzählt sich, die Königin der Elfen und ihr ganzer Hofstaat wären in Firnstayn zu Besuch. Sie haben goldene Zelte mitgebracht und wundersame Tiere. Und die Luft ist erfüllt von Zauberei und Bratenduft.«

Er sprang auf und ging zu den hintersten beiden Schlafnischen hinüber. »Torad, Mag! Los, raus aus dem Stroh! Wir setzen noch einmal über. Der Elfenjarl ist hier und verlangt, zum König gebracht zu werden.«

Alfadas seufzte. Wahrscheinlich hoffte der Blonde darauf, dass er am anderen Ufer einen Stein aufhob und als Lohn in Gold verwandelte. Die Brüder des Fährmanns zogen sich hastig an. Sie starrten ihn an, als sei er ein dreibeiniges Huhn oder irgendein anderes Wundertier. So wie ihr Bruder hatten sie zerzaustes blondes Haar. Sie schienen etwas jünger als er zu sein. Einem war ein halbmondförmiges, rotes Mal in die Wange gebrannt. Das Zeichen für Diebe. Als der Junge bemerkte, wie Alfadas ihn ansah, drehte er ihm trotzig den Kopf zu, sodass der Jarl die Narbe noch besser sehen konnte.

»Mag hat einen Laib Brot gestohlen, als wir drei Tage lang nichts mehr zu essen hatten«, sagte der Fährmann ungefragt.

»Er war so schwach, dass er nicht mehr schnell genug laufen konnte, als sie ihn verfolgten.« Alfadas bemühte sich, nicht mehr in Richtung des Jungen zu blicken.

Der Blonde legte dem Jarl den Arm um die Schultern und brachte ihn hinaus. »Ich heiße Kodran.« Regen schlug ihnen ins Gesicht.

Alfadas holte seinen Grauen, während die Brüder die Fähre bereit machten. Es war ein großes, flaches Boot. Zwei Fuhrwerke hätten darauf Platz oder ein ganzer Trupp Reiter. Der Jarl fühlte sich ein wenig verloren, als er an Bord ging. Es war nicht gerecht, dass sich die drei Brüder die ganze Mühe nur für einen Mann machten.

Sie stakten die Fähre vom Anlegeplatz fort. Dann griffen Torad und Mag nach zwei langen Rudern, während Kodran im Heck blieb. Erst als sie ein gutes Stück hinaus auf dem Wasser waren, konnte man am anderen Ufer ein paar Lichter erkennen.

Alfadas zog sich den nassen Umhang enger um die Schultern. Er war zu kurz im Fährhaus gewesen, als dass auch nur ein Faden hätte trocknen können. Aber lange genug, um nun umso mehr zu frieren.

Die Fahrt über den Fjord schien eine Ewigkeit zu dauern. Alfadas hatte ein schlechtes Gewissen, die drei Brüder in die Nacht hinausgejagt zu haben. Er tastete nach seinem Geldbeutel. Das Leder war vom Regen ganz glitschig geworden. Mit spitzen Fingern nestelte er daran herum, bis er endlich die Riemen aufhatte. Dann angelte er eines der schweren Silberstücke aus Aniscans heraus. Es waren schöne Münzen mit einem Pferdekopf auf einer Seite. Sie gehörten zu seiner Beute aus dem letzten Sommer. Asla würde es sicher nicht gut heißen, wenn sie wüsste, wie großmütig er mit dem Geld umging. Aber eifersüchtig seine Münzen zusammenzukratzen, gehörte zu den Dingen, die ihn die Elfen nicht gelehrt hatten.

Der Fährkahn stieß gegen die tauumwickelten Holzstreben des Landungsstegs. Mag sprang von Bord und vertäute das schwere Boot. Dann machte er sich an einem Flaschenzug zu schaffen und klappte eine Zugbrücke auf das flache Deck der Fähre hinab.

Dicke, quer genagelte Bretter sorgten dafür, dass sein Grauer Halt fand, als Alfadas die Rampe hinaufstieg. Der Hengst war sehr nervös. Vom stundenlangen Regen war das Holz so rutschig geworden, als habe man es mit Tran eingeschmiert. Die Hufe des Grauen trommelten schwer auf der Zugbrücke.

Kodran griff in die Zügel und half dem Jarl, das Pferd auf den Landungssteg zu bringen. »Wirst du morgen zurückmüssen?«, fragte der Fährmann, als sie es geschafft hatten.

Der Jarl nickte.

»Dann bleiben wir hier. Wir schlafen in einem der Bootsschuppen.« Alfadas drückte dem Fährmann das Silberstück in die Hand. »Ich habe nicht genug Geld, um das zu wechseln«, sagte Kodran mürrisch.

»Dann sagen wir einfach, dass ich für morgen schon mitbezahlt habe.«

»Selbst dann ...«

Alfadas machte eine abwehrende Geste. »Ich habe deinen Bruder mit meinem Blick beleidigt und euch drei aus der warmen Stube gescheucht. Gewähre mir die Gnade, euch nicht nur Ärger zu machen. Ich schätze, das Silber wird für genug Branntwein und Braten reichen, um die Kälte wieder aus euren Knochen zu vertreiben. Und für ein Nachtlager, das bequemer als ein Bootsschuppen ist.«

Kodran grinste breit. »Ich hoffe, du wirst noch öfter nach Honnigsvald gerufen, Elfenjarl.«

Alfadas umfasste das rechte Handgelenk des Fährmanns im Kriegergruß. Kodran zuckte erschrocken zurück, doch der Jarl hielt ihn fest. »Für mich ist dies ein Gruß unter Männern, die ihre Arbeit gut machen. Ganz gleich, ob auf dem Schlachtfeld oder an einem Ruder. Wir sehen uns morgen, Kodran.« Er griff nach den Zügeln des Grauen und schritt den Landungssteg hinauf zur Stadt. Die Pferdehufe machten einen Lärm wie Donnergrollen. »Wer da?«, rief jemand aus einem Verschlag am Ende des Stegs. Die Blende einer Holzlaterne wurde zurückgezogen. Ein Streifen goldenes Licht schnitt durch die Dunkelheit.

»Jarl Alfadas Mandredson!«

»Du bist noch gekommen? Hier hat keiner mehr mit dir gerechnet.« Ein alter Mann trat aus dem Unterstand. »Ich bin der Hafenwächter«, erklärte er stolz und ohne sich darum zu scheren, dass wohl niemand außerhalb von Honnigsvald einen einzelnen Holzsteg einen Hafen nennen würde. »Jetzt bringe ich dich hinauf zur Festhalle. Sei vorsichtig, Jarl. Der Regen hat die Wege aufgeweicht. Tritt bloß in keine Pfütze. Manche sind knietief.« Der Nachtwächter führte ihn durch das hölzerne Hafentor ins Weberviertel und dann den Hügel hinauf zur Festhalle der kleinen Stadt. Schon von weitem konnte man den Lärm eines Gelages hören.

Alfadas bestand darauf, seinen Hengst selbst zu den Ställen zu bringen. Erst als er das Pferd gut versorgt wusste, ließ er sich hinauf zum Festsaal führen.

Ein großes Feuer brannte in der Mitte der Halle, und ein Ochse drehte sich auf einem eisernen Spieß. Ringsherum drängten sich auf einfachen Bänken und Tischen dutzende Männer und zechten. Für den König hatte man eine lange hölzerne Plattform errichtet. So saßen er und einige ausgewählte Krieger seines Gefolges höher und waren von überall in der Halle gut zu sehen. Alfadas hatte noch nie Gefallen an Feiern gefunden, bei denen man sich besinnungslos besoff, um am nächsten Morgen in seinem eigenen Erbrochenen zu erwachen. Die ersten Opfer der Freudennacht lagen schon unter den Bänken.

Sklavenmädchen mit eisernen Halsringen eilten geschäftig durch die weite Halle. Die beiden Weiber, die den Bratspieß drehten, hatten bis auf einen Lendenschurz alle Kleider abgelegt. Mit teilnahmslosen Gesichtern ließen sie die Scherze der Betrunkenen über sich ergehen.

Alfadas‘ nasse Kleider begannen in der stickigen Hitze zu dampfen. Er öffnete die schwere Bronzefibel seines Umhangs und legte ihn sich über den Arm. Dann bahnte er sich einen Weg durch die Reihen der Zecher.

Eine vertraute Melodie drang leise durch den Lärm. Und eine Stimme sang: »Dort kommt der Jarl vom Firnenstayn mit seinem Elfenschwerte fein. Den Held aus vielen Schlachten die Götter zu uns brachten.«

Es wurde stiller in der Halle. Alfadas hasste solche Auftritte, auch wenn er wusste, dass Veleif, der Skalde des Königs, es gut meinte mit seinen Versen.

Horsa Starkschild erhob sich von seinem Sitz. Er war ein hoch gewachsener alter Mann. Trotz seiner grauen Haare war er noch immer eine kriegerische Erscheinung. Schon in seiner Jugend hatte er durch einen Pfeil ein Auge verloren. Er trug stets eine schwarze Augenbinde, die ihm gemeinsam mit seiner langen Nase und dem schmalen Gesicht etwas Düsteres, Raubvogelartiges gab. Selbst in der Festhalle war Horsa mit einem kurzen Kettenhemd gekleidet. An seinen Annen prangten breite Goldreifen.

»Mein Herz wird weit vor Freude, wenn ich dich sehe, Jarl Alfadas Mandredson. Selbst wenn du ausschaust wie ein junger Hund, den man gerade ertränken wollte.« Die Stimme des Königs war laut genug, um selbst Schlachtenlärm zu übertönen. Jeder im Saal hatte seine Worte hören können. Alle Gespräche verstummten.

Der König hob sein schweres, mit Goldbeschlägen verziertes Methorn und hielt es Alfadas entgegen. »Komm und trink, Junge. Das vertreibt die Kälte, und wenn man genug davon bekommen hat, dann hört man die Geister der Ahnen flüstern.«

In all den Jahren unter den Menschen hatte sich Alfadas nicht an diese raue Herzlichkeit gewöhnen können. Jedes Mal, wenn man ihn so empfing, wusste er nicht, was er sagen sollte, und ihm schoss das Blut in die Wangen wie einem Jüngling. Alfadas stieg auf das hölzerne Podest. Unfähig, schlagfertig zu antworten, nahm er einfach nur das Methorn und trank. Dabei ließ er einen guten Teil über seinen Bart rinnen. In dieser Nacht hieß es, einen klaren Kopf zu behalten.

Als er dem alten König das Horn zurückgab, lachte dieser.

»Du machst dich, Junge. Du machst dich! Als du zum ersten Mal an meiner Tafel gesessen hast, hast du getrunken wie ein kleines Kätzchen, das an einer Milchschale nippt.« Er stieß grob eine Sklavin zur Seite, die sich vorgebeugt hatte, um sein Methorn nachzufüllen. »Los, macht Platz an der Tafel. Der Junge soll zu meiner Rechten sitzen und mir von den Elfen erzählen, die ihren Hof in Firnstayn aufgeschlagen haben.«

Die übrigen Ehrengäste rückten zusammen, und ein weiterer Stuhl wurde herangebracht. Die meisten der Männer nickten Alfadas freundlich zu. Einige hatten allerdings schon genug getrunken, um ihre Eifersucht und ihren Hass nicht mehr verstecken zu können. Sie beneideten ihn darum, dass er schon mit so jungen Jahren das uneingeschränkte Vertrauen des Königs genoss und den Platz einnahm, auf den sie vielleicht heimlich gehofft hatten. Die Mehrheit jedoch schätzte ihn, denn seine Siege hatten Gold und Sklaven ins Fjordland gebracht und sie alle reicher gemacht.

Alfadas nahm Platz, wie es der König befohlen hatte. »Es ist nicht, wie man dir berichtet hat, Horsa. Emerelle ist nicht mit ihrem Hofstaat gekommen. Sie ...«

»Mein Bote hat einen Pferdemann gesehen«, unterbrach ihn Horsa. »Er hat auch gehört, dass die Königin in einer großen Schlacht verwundet wurde. Kämpfen bei den Elfen denn selbst die Weiber?«

Am Tisch des Königs waren alle anderen Gespräche verstummt. Auch in der großen Halle war es sehr still geworden. Alle versuchten, so viel wie möglich von Alfadas‘ Worten zu erhaschen. Vermutlich hatte jeder hier schon davon gehört, dass Elfen nach Firnstayn gekommen waren.

Der Jarl wollte seinen König nicht belügen, zugleich war ihm aber auch daran gelegen, so wenig wie möglich über die Albenkinder preiszugeben. Er konnte nicht noch mehr Schaulustige in Firnstayn gebrauchen. »Die Königin Emerelle ist tatsächlich verwundet. Ein heimtückischer Feind hat sie angegriffen, während die Elfen ein großes Fest feierten. Die Festgesellschaft wurde völlig überrascht und zerschlagen. Emerelle musste fliehen. Gewiss wird sie bald ein Heer aufstellen, um Rache für den feigen Überfall zu nehmen.«

Alfadas hatte die Ereignisse von Vahan Calyd absichtlich verzerrt und in einfache Worte gekleidet. Er wusste, dass Geschichten von Raubzügen und Blutrache allen in der Halle wohl vertraut waren. So konnte er sich lange Erklärungen sparen.

»Habt ihr das gehört, Kameraden?«, rief Horsa aufgebracht.

»Dies tapfere Weib ist das Opfer von Verrat geworden, und sie wendet sich an uns.« Der König richtete sich halb auf und stützte sich dabei mit den Fäusten auf der Tischplatte ab. Atemlose Stille herrschte in der Halle. »Seit der Jarl Mandred die Elfen um Hilfe bat, um den schrecklichen Manneber zu erschlagen, stehen wir in der Schuld des Volkes jenseits der Zaubertore. Sie haben uns ihre besten Krieger geschickt, um zu helfen, wo Menschenmut und Menschenschwerter versagten.« Er machte eine kurze Pause und ließ seinen Blick über die versammelten Männer schweifen. Plötzlich legte er eine Hand ans Ohr. Er runzelte die Stirn, und es schien, als lauschte er auf ein leises, weit entferntes Geräusch. »Hört ihr das?«, rief Horsa.

Es war so still, dass man die glühenden Scheite in der langen Feuergrube knistern hören konnte. Niemand in der Festhalle wagte auch nur zu atmen. Ganz leise vernahm Alfadas das Geräusch des Regens auf den Schindeln der Festhalle.

»Norgrimm hat in seiner goldenen Halle das Kriegshorn an seine Lippen gesetzt. Ich höre es rufen!«

»Ich kann es auch hören!«, rief einer der Männer im Festsaal.

»Ganz deutlich!«

Alfadas kannte den Mann. Es war Ragni, einer der Leibwächter des Königs. Jetzt riefen auch andere, dass sie das Kriegshorn des Gottes hörten. Was für ein törichter Haufen ... Er stutzte. Da war etwas. Es kam vom Fluss her. Leise. Der Wind verzerrte es. Ein Horn. Tief und feierlich erklang sein Rufen. Ein Schauder überlief Alfadas. Es gab keine Götter! Das konnte nicht sein!

Horsa streckte beide Arme weit ausgebreitet der Decke entgegen. »Wir hören dich, Norgrimm! Wir folgen deinem Ruf!«

»Wir folgen deinem Ruf!«, erklang es hundertfach in der Festhalle. Keiner saß mehr auf seinem Platz. Die Männer hatten Schwerter und Äxte ergriffen und schwenkten sie mit ausgestreckten Armen über den Köpfen. Auch die Ehrengäste rings um Horsa hatten sich erhoben. Alfadas gehörte zu den Letzten, die aufstanden. Er konnte nicht fassen, was hier geschah.

»Als die Elfen uns halfen, war ich noch ein junger Mann, mit einem Bärtchen zart wie Katzenfell. Aber ein Fjordländer vergisst keine Schuld!« Er hob erneut den Kopf, und es schien, als könne er durch die rußschwarzen Deckenbalken bis hinauf zum Sternenhimmel blicken. »Ich habe dich gehört, Norgrimm. Und von dieser Stunde an stehen die Männer des Fjordlands an der Seite der Elfen. Wer mit unseren Freunden im Kriege liegt, der muss auch unsere Klingen fürchten!« Nun zog Horsa sein Schwert und reckte es in die Höhe. »Norgrimm, wir hören dich!«, rief der alte König aus Leibeskräften. »Und wir folgen deinem Ruf, dich zu ehren, uns zum Ruhme!«

Horsa wandte sich abrupt um und blickte auf Alfadas. »Jarl von Firnstayn. Du bist der Mann, der unser Königreich stark gemacht hat. Wann immer ich dich rief, kamst du, mein Schwert zu sein. Ich entkleide dich des Jarltums! Sei von Stund an wieder mein Herzog, mein Heerführer, der Erste unter meinen Kriegern! Führe meine Männer nach Albenmark und raste nicht, bis auch der letzte Feind erschlagen ist. Erst wenn die Schwerter wieder Frieden haben, sei die Stunde gekommen, in der du aufs Neue ein Jarl sein kannst. Dann wollen wir uns hier wieder versammeln, um im Glanze dieser Halle deinen Sieg zu feiern.« Der König trat vor und küsste Alfadas auf die Stirn. Damit war seine Ernennung zum Herzog besiegelt.

Alfadas war wie gelähmt. Was hier geschah, war der blanke Wahnsinn! Aber er konnte dem König vor all den Gästen nicht ins Wort fallen. So wartete er, bis Horsa sein Methorn nahm und trank. Alfadas trat dicht an seinen Herrscher heran und flüsterte ihm ins Ohr: »Mein König, wir können nicht gegen die Feinde Emerelles kämpfen. Es sind Trolle. Jeder Einzelne von ihnen ist so stark wie ein Höhlenbär. Und Emerelle würde ein solches Opfer, das nur in Blut und Tod enden kann, niemals von uns verlangen.«

»Hast du schon mal einen Troll gesehen?«, fragte der König.

»Nein«, gestand Alfadas.

»Dann lass dir von einem alten Kämpen sagen, dass es mit den Kriegern so wie mit den Jägern ist. Mit jedem Jahr, das verstreicht, werden die besiegten Feinde in der Erinnerung mächtiger. Im Übrigen haben meine Jäger durchaus schon Höhlenbären zur Strecke gebracht.« Er wandte sich wieder an die Menge in der Halle, die gebannt zu ihm aufsah. »Sind wir Krieger?«, rief er ihnen entgegen. »Oder Hasenherzen?«

»Wir sind Krieger!«, grölten sie und schlugen sich mit den Fäusten auf die Brust.

»Und was tut ein Krieger, wenn ein Weib kommt und ihn um Hilfe bittet? Wird er kämpfen oder sich eine kluge Entschuldigung ausdenken?«

»Kämpfen! Wir wollen kämpfen!«

Horsa standen Tränen in seinem verbliebenen Auge. »Aus euren Kehlen spricht das Herz des Landes. Ein mutiges Herz, unbezähmbar und ungestüm. Ich bin stolz, euer König zu sein. Ich bin stolz, hier zu stehen! Noch heute Nacht werden Boten in alle Winde reiten. Bis zum entlegensten Hof werden sie ziehen und jeden meiner Recken zu den Waffen rufen. In vier Wochen schon will ich eine Heerschau abhalten, hier am Ufer von Honnigsvald. Und Alfadas, mein Herzog, wird die tausend besten unter allen Kriegern auswählen. Sie sollen durch das Zaubertor zu den Elfen gehen und der Königin ihren Thron zurückerobern.« Horsa schlang Alfadas seinen Arm um die Schultern und zog ihn zu sich heran. »Ein Hoch auf unseren Herzog!«

Die Menge grölte wieder. Sie streckten Alfadas Schwerter und Methörner entgegen. Begeisterung brannte in ihren Augen. Diese verdammten Narren! Sie konnten sich nicht vorstellen, was ein Kampf gegen Trolle bedeutete. Selbst die Elfen fürchteten diese Ungeheuer!

»Morgen wird Herzog Alfadas mich zur Elfenkönigin bringen!«, rief der König. »Ich werde ihr sagen, wie man die tausend stärksten Äxte des Fjordlands einsetzt, und dass sie sich nicht fürchten muss. Sie wird von mir alles bekommen, was sie braucht, um ihren Krieg zu gewinnen.«

Alfadas griff nach seinem Methorn und trank. Um ihn herum tobte der Wahnsinn. Für heute Nacht hatte die Vernunft verloren. Aber vielleicht konnte er Horsa morgen umstimmen, wenn er ihm erklärte, worauf er sich da einließ.

Der König nahm wieder Platz, während Veleif ein kriegerisches Lied anstimmte. »Viele meiner jungen Recken sind unzufrieden«, sagte Horsa leise. »Du siegst zu leicht, Herzog. In diesem Sommer haben uns all unsere Nachbarn Tribut gezahlt, statt mit uns zu kämpfen. Die Jungen müssen sich die Hörner abstoßen, sonst gibt es nur Unruhe im Land. Die Bitte deiner Königin kommt da gerade recht.«

Alfadas wollte widersprechen. Doch als er dem König in sein verbliebenes Auge sah, begriff er, dass der Alte keineswegs betrunken war. Mit den Elfen in den Krieg zu ziehen war keine Narretei, die auf einer Festtagslaune geboren war. Offenbar hatte er schon länger nach einem Anlass für einen Krieg gesucht. Und er würde sich gewiss nicht ausreden lassen, was er heute Nacht verkündet hatte. Schon jetzt begann er die Wirklichkeit so zu verdrehen, wie es ihm gerade gelegen kam. Emerelle hatte ihn nicht um Hilfe gebeten! Wie hätte sie das tun können, wenn sie seit Tagen in tiefer Bewusstlosigkeit lag. Aber jeder im Fjordland würde den Worten Horsas glauben. Sie wollten es glauben, dachte er verzweifelt. Nur so wurden sie Teil einer Geschichte, die wie die Sagas der Skalden klang. Außerdem hatte Norgrimm höchstselbst sie mit seinem Kriegshorn zu den Waffen gerufen. Niemand hier im Saal käme auf die Idee, draußen am Fluss nach einem Mann mit einem Horn zu suchen, der zum Gefolge des Königs gehörte. Horsa, der alte Fuchs, hatte dies alles von Anfang an geplant. Deshalb war es auch so wichtig gewesen, dass sein Elfenjarl noch in dieser Nacht erschien. Alfadas seufzte resignierend und hielt sein Methorn hoch, damit es erneut gefüllt wurde. Wäre dies alles nicht geschehen, wenn er die Fährleute nicht hinaus in den Regen getrieben hätte, um ihn überzusetzen?

Solche Grübeleien brachten nichts! Morgen musste er dem König klar machen, gegen welchen Feind er seine Krieger schickte. Wenn die Elfen ihnen den Weg nach Albenmark öffnen würden, dann würde wohl keiner der Fjordländer jemals wiederkehren, auch er nicht. Ganz gleich, wie Alfadas es drehte und wendete, er musste mit ihnen gehen. Ein Herzog, der seinem König den Befehl verweigerte ... Das würde Horsa nicht dulden. Das roch nach Verrat! Alfadas wusste, wenn er hier bliebe, würde er auch nicht überleben. Wahrscheinlich würde Horsa auch Ulric umbringen lassen, damit sein Sohn keine Blutfehde mit dem Königshaus austragen konnte, wenn er zum Mann wurde. Womöglich würde sogar seine ganze Familie ausgelöscht werden.

Horsa lachte über einen Vers des Skalden und hieb mit seiner schweren Faust auf den Tisch. »Guter Mann, dieser Veleif! Der hat eine Zunge wie eine Streitaxt.« Er kniff Alfadas in die Wange. »Es ist gut, dich wieder an meiner Seite zu haben, Jungchen. Ich fühle mich gleich zwanzig Jahre jünger, wenn ich mit dir einen Krieg plane.« Er schob ihm das Stück Braten herüber, das vor ihm auf einer Holzplatte lag. »Iss was, Junge. Du siehst ja aus wie ein Knabe, der seinen ersten Schluck Branntwein genommen hat.«

Alfadas riss ein Stück vom Fleisch ab und begann zu kauen, um nicht reden zu müssen. Die Welt war verrückt! Horsa mochte ihn wie einen eigenen Sohn. Aber wenn er diesen Wahnsinnsbefehl verweigerte, dann würde der König ihn umbringen lassen. So war das hier unter den Menschenkindern des Fjordlands. Und Asla? Würde sie verstehen, dass er keine Wahl hatte?

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