Rebellen, Bauern und Aufrechte

»Da ist wieder diese Frau«, sagte Ulric leise. Der Junge saß vor Alfadas im Sattel und deutete auf die schlanke Gestalt, die ein Stück voraus halb verborgen im Schatten einer Birke stand. Alfadas und Ulric hatten Honnigsvald fast erreicht. Den ganzen langen Weg über war ihnen Silwyna gefolgt.

»Wie kann sie so schnell sein wie wir auf einem Pferd?«

»Sie ist eine Maurawani«, erklärte Alfadas. »Silwyna gehört zu einem Elfenvolk, das in den Wäldern lebt. Sie hat viel Geschick darin, Abkürzungen zu finden, und wir haben uns ja auch nicht gerade beeilt.«

»Diesmal läuft sie nicht fort, Vater. Was will sie von uns?«

»Das werden wir sie fragen.« Die Elfe wartete, an den bleichen Birkenstamm gelehnt. Ihr schwerer Zopf lag ihr wie eine Schlange um den Hals. Sie trug jetzt eine Hose und ein Hemd aus hellem Hirschleder. Die zerrissenen Kleider, mit denen sie ins Fjordland gekommen war, waren verschwunden. Wehmütig dachte Alfadas daran, dass sie ihm einst auch einmal ein Lederhemd geschenkt hatte. Es hatte Fransen gehabt, die verhinderten, dass Wasser durch die Nähte drang. So unendlich lange schien es her zu sein, dass sie gemeinsam durch die Wälder Albenmarks gestreift waren.

»Du hältst dich gut im Sattel, Junge«, sagte die Elfe freundlich.

»Mein Vater wird mir ein Pony schenken, wenn wir in Honnigsvald sind«, erklärte Ulric stolz. »Warum folgst du uns? Und warum bist du nicht bei deiner Königin wie Yilvina?«

»Ich werde deinem Vater helfen, wenn er die Krieger aussucht, die mit ihm gehen. Außerdem sollen sie schon einmal eine Elfe gesehen haben, bevor sie in mein Land kommen. Und was die Königin betrifft, ist eine Leibwächterin mehr als genug für jemanden, der im Haus eines Freundes ruht. Wir würden deine Eltern beleidigen, wenn stets bewaffnete Wachen um die Königin stünden. Schließlich sind wir hier doch nicht unter Feinden.«

Ulric nickte kurz. »Warum kämpfen bei euch die Frauen? Bei uns gibt es so etwas nicht.«

Für einen Augenblick wirkte die Maurawani brüskiert. »Unter uns Elfen gibt es so wenige Männer, dass sie ohne die Hilfe der Frauen nicht siegen können«, antwortete sie schließlich spitz.

»Führt ihr denn viele Kriege?«

»Es reicht, Ulric. Es ist unhöflich, jemanden so auszufragen.«

»Lass ihn nur. Dein Sohn möchte mich halt kennen lernen.« Silwyna ging mit langen Schritten neben ihnen her, während sie weiter einem schmalen Wildwechsel durch den Wald folgten. Die Bäume hatten ein Feuerwerk der Farben entfacht. Jeder Luftzug ließ tausende Blätter herabregnen. Rot, Purpur und Gold umspielte sie. Der Wald feierte ein letztes Fest, bevor die lange Zeit der Dunkelheit und der Stürme begann.

Alfadas war überrascht, wie geduldig Silwyna auf alle Fragen seines Sohnes antwortete. Sie hatte sich verändert. Äußerlich merkte man ihr nichts an ... Oder war er es, der sich verändert hatte? Sah er sie mit anderen Augen? Es gab eine Zeit, da hatte er sie gehasst. Sie hatte ihn gelehrt, was es hieß zu leiden. Und trotz allem war sie noch immer seinem Herzen nahe. Sie zu sehen reichte, um all die lang begrabenen Gefühle wiederzubeleben.

»Mein Großvater erzählt, es gebe Elfen, die wie Eichhörnchen auf den Bäumen laufen können«, sagte Ulric. »Stimmt das?«

»Mein Schwiegervater ist ein geschwätziger Greis«, entschuldigte sich Alfadas.

»Mir scheint, der Junge weiß mehr von Albenmark als du, obwohl er die Wunder meiner Welt nie gesehen hat.« »Ja, Großvater kennt so viele Geschichten!«, bestätigte Ulric begeistert.

»Wenn Vater nicht zu Hause ist, kommt er jeden Abend und erzählt uns von der Königin und Elfen, von Großvater Mandred, den Pferdemännern und von Trollen.«

Er musste mit Erek reden, dachte Alfadas wütend. Es hatte einen Grund, wenn er selbst seinen Kindern nie von Albenmark berichtete, so sehr sie ihn auch bedrängten. Er wollte nicht die Sehnsucht nach dieser fernen Welt in ihre Herzen pflanzen. Sie sollten nicht so wie er immer wieder zum Steinkreis auf dem Hartungskliffblicken und von einer Welt träumen, die sie aus eigener Kraft nicht erreichen konnten.

»Möchtest du erleben, wie es ist, auf den Wipfeln der Bäume zu laufen, Ulric?«, fragte Silwyna.

»Du würdest mich mitnehmen?«

»Wenn du dir zutraust, auf meinem Rücken zu reiten. Dein Vater muss es natürlich erlauben.«

Alfadas seufzte. Wie sollte er es jetzt noch verbieten! Die Maurawani sah ihn mit ihren Wolfsaugen an. Er hatte den Eindruck, dass es ihr viel bedeuten würde, mit seinem Sohn in die Bäume zu steigen. Ob sie Asla um ihre Kinder beneidete? Der Jarl dachte an einige der unschönen Geschichten, die man sich über die Elfen erzählte. Dass sie Kinder stahlen. Auch ihn hatten sie geholt. Würde Silwyna so etwas tun? Es gab einmal eine Zeit, da hatte er geglaubt, in ihren Augen lesen zu können, sie zu kennen. Jetzt wusste er es besser.

»Bitte, Vater! Sag doch ja«, drängte Ulric.

»Wir sehen uns unten am Fjord«, brummte er schließlich. Die Elfen waren ihn damals nicht ohne Grund holen gekommen. Sein eigener Vater, Mandred, hatte ihn an Emerelle verkauft. Silwyna würde gut auf Ulric Acht geben.

Die Elfe reichte ihm ihren Bogen, den Köcher und die Jagdtasche, die sie über die Schulter geschlungen trug. Voller Begeisterung kletterte Ulric auf ihren Rücken. Er schlang seine Beine um ihre Hüften und legte ihr die Arme um den Hals.

»Du solltest deiner Mutter nichts von diesem Ausflug erzählen«, ermahnte ihn Alfadas.

Ulric grinste verschwörerisch.

»Mach dir keine Sorgen, ihm wird nichts geschehen«, sagte Silwyna in der Sprache ihres Volkes. »Ich bringe ihn dir wohlbehalten zurück.«

Es war ein seltsames Gefühl, Ulric mit der Elfe ziehen zu sehen. Mit jener Frau, die Alfadas einmal bis zum Wahnsinn geliebt hatte. Sie lief mit dem Jungen in den Wald hinein und war binnen Augenblicken verschwunden.

Langsam lenkte der Jarl seinen Grauen den Hang abwärts, dem Fjordufer entgegen. Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis er das Wasser erreichte. Ulric und Silwyna erwarteten ihn schon. Sein Sohn kam ihm strahlend entgegengelaufen. Er wirkte jedoch ein wenig blass. »Wir haben ein Eichhörnchen überholt«, jubelte er. »Und jede Menge Nester haben wir gesehen. Silwyna hat mit einem Raben gesprochen.«

Alfadas zog seinen Sohn vor sich in den Sattel und gab der Elfe ihre Waffen zurück. Silwyna wirkte bedrückt. »Einen guten Jungen hast du da großgezogen«, sagte sie, sonst nichts.

Eine Stunde später erreichten sie die Fähre und ließen sich nach Honnigsvald übersetzen. Die drei Brüder, denen Alfadas beim letzten Mal begegnet war, waren verschwunden. Eine geschwätzige Alte ruderte sie in einem flachen Nachen über den Fjord. Verstohlen blickte Alfadas in die dunklen Fluten. Tief unter dem Kiel des Bootes schimmerte es silbern. Hunderte Fische schwammen nach Norden.

Am anderen Ufer hatte sich eine Menschenmenge versammelt. Ein großer, vierschrötiger Krieger mit kurz geschorenem Haar stand auf einem Felsblock und sprach zu denen, die dem Ruf des Königs gefolgt waren. Der Jarl kannte den Mann. Es war Ragni, einer der Leibwächter des Königs. Der Krieger winkte ihm zu. »Dort kommt der Herzog! Seht ihn euch an! So sieht ein Sieger aus!«

Alle drehten sich um. Alfadas erkannte einige altgediente Kämpen in der Menge, Gefährten vergangener Kriegszüge. Doch es waren auch viele Männer dabei, die als Waffen nur umgeschmiedete Sensen, Hämmer oder Äxte trugen. Verarmte Bauern, Tagelöhner, Handwerker, die ihre Geschäfte verloren hatten. Junge Männer, die das Abenteuer suchten, Laufburschen. Auch die drei Brüder von der Fähre waren unter ihnen. Das war kein Heer. Es war eine Versammlung der Hoffnungslosen, jener, die im Fjordland unter dem alternden König Horsa nichts mehr zu gewinnen hatten.

»Werden die alle auf dich hören, Vater?«

»Das hoffe ich doch.« Alfadas schwang sich aus dem Sattel, gab Silwyna die Zügel und sagte dann in ihrer Sprache:

»Geh mit dem Kleinen zum Wald dort drüben. Ich möchte nicht, dass er hört, was ich den Männern zu sagen habe.«

Die Elfe nickte. Alfadas musterte sein Heer. Kaum siebenhundert Mann hatten sich hier versammelt, schätzte er. Ihm fiel eine Gruppe von Kriegern auf, die in Ketten gelegt war. Ein schwarzhaariger Kerl, dem ein Schwertstreich die Nase zerschnitten hatte, war die auffälligste Gestalt unter ihnen. Noch ein alter Bekannter, dachte der Jarl. »Na, Lambi. Hattest du wieder einmal Ärger mit den Weibern?« Die Männer ringsherum grinsten.

»Wenn der König Weiber geschickt hätte, um mich herzubitten, dann wäre das hier nicht nötig gewesen.« Er hob die Hände, sodass man die schweren Eisenringe sehen konnte, mit denen er gefesselt war. »Lass mich laufen, Alfadas. Dann werde ich den grünen Jungs hier auch nicht erzählen, was ein Winterfeldzug bedeutet.«

»Wenn ich dich gehen ließe, hätte ich die Kampfkraft meines Heers halbiert«, entgegnete der Jarl leichthin. »Wir wollen doch nicht, dass es dieser prächtigen Truppe so ergeht wie deiner Nase. Wie konnte das nur passieren?«

»Die Bastarde des Königs haben mich im Schlaf erwischt!« Er deutete auf Ragni. »Und diese schwanzlose Memme hat sie angeführt.«

»Er hat sich einem Befehl des Königs widersetzt!«, entgegnete Ragni. »Er hat es herausgefordert. Seine Güter sind eingezogen. Wenn er hier bleibt, wird er gehängt. Er sollte Horsa dankbar sein, dass er mit dir gehen darf.«

»Und was machst du hier, Ragni?«

»Horsa hat mich zum Kriegsjarl berufen. Wenn ich wiederkehre, werde ich einen großen Hof bekommen. Ich soll dir als Unterführer zur Seite stehen.«

»So sei es!« Dich hat das alte Schlitzohr billig bekommen, dachte Alfadas bei sich. Er stieg auf den Felsklotz, damit alle Männer ihn sehen konnten.

»Jeder von euch, der schon einmal in einer Schlacht gekämpft hat, hebe jetzt den Schwertarm.« Das Ergebnis war niederschmetternd. Nicht einmal jeder Zehnte meldete sich. Und ein großer Teil der erfahrenen Krieger war in Ketten hierher gebracht worden. Die Angeketteten würden niemals auf Ragni hören. Auch die Habenichtse würden dem Leibwächter, den man mit einem Titel und dem Versprechen auf Land eingefangen hatte, nur mit halbem Herzen folgen. Er brauchte noch mehr Unterführer, und er musste ein Zeichen setzen, um der Truppe mehr Zusammenhalt zu geben.

»Schaffst du es, mit einer halben Nase auf diesen Felsen zu klettern, Lambi?«

»Ich schaffe es sogar, dir dort oben in den Arsch zu treten, wenn du noch ein Wort über meine Nase verlierst, Herzog!«

Alfadas streckte ihm die Hand entgegen und zog ihn auf den Stein. »Darf ich euch Lambi, über dessen Nase man nicht spricht, einen eurer Kriegsjarls vorstellen! Ich kenne ihn als guten Kämpfer und klugen Anführer. Hört auf das, was er herausbringt, wenn er gerade mal nicht flucht. Das könnte eines Tages euer Leben retten.«

»Ich glaube nicht, dass ich eine gute Wahl bin.« Lambi machte sich nicht die Umstände, leiser als sonst zu reden. »Ihr könnt es alle gerne hören: Ich verspreche unserem Herzog, dass ich abhauen werde, sobald ich Gelegenheit dazu habe. Wer freiwillig nach Albenmark geht, um dort gegen riesenhafte Trolle zu kämpfen, der muss wahnsinnig sein!«

Alfadas klopfte ihm auf die Schulter. »Wie ihr hört, ist unser neuer Kriegsjarl ein Freund des offenen Wortes. Deshalb hat er auch eine offene Antwort verdient. Du wirst als der erste Kriegsjarl in die Geschichte des Fjordlands eingehen, der seine Männer in Ketten ausbildet und in Ketten zum Schlachtfeld geführt wird. Aber glaubt mir, davon abgesehen ist Lambi ein zuverlässiger Mann, wenn ihr ihm kein Geld leiht, ihn nicht mit der Frau, die ihr begehrt, allein lasst, oder ihm dummerweise den Rücken zudreht.«

Ein Teil der Männer lachte. Vermutlich jene, die Lambi noch nicht kannten und glaubten, er habe gerade einen Scherz gemacht, dachte Alfadas. »Mag von Honnigsvald, komm herauf zu uns. Auch du wirst einer meiner Kriegsjarls sein.«

Der junge Fährmann war offensichtlich nicht begeistert von seiner Beförderung. Seine beiden Brüder schoben ihn nach vorne. Als er endlich auf dem Fels neben Alfadas stand, hatte Mag einen hochroten Kopf. Wie eine Maus die Katze, so starrte er die Menge an.

»Wie ihr seht, ist Mag kein großer Redner. Manche von euch mögen sich auch fragen: Was hat dieser junge Kerl, dass wir uns von ihm etwas sagen lassen sollen? Die Antwort darauf ist einfach. Seht in sein Gesicht. Seht den Halbmond dort!«

Mag fuhr zu Alfadas herum. Blanker Zorn stand ihm in den Augen. »Ich brech dir ...«

Der Jarl beachtete ihn nicht. »Wir alle müssen lernen, Männer wie Mag zu werden. Für mich ist der Halbmond, den er trägt, nicht das Schandmal des Diebes, es ist ein Ehrenzeichen. Er wurde gebranntmarkt, weil er Brot für sich und seine Brüder gestohlen hat. Er wusste, welches Wagnis er einging. Er wusste, dass er nicht die Kraft hatte davonzulaufen, wenn man ihn erwischte! Und dennoch hat er es getan. Ich möchte, dass ihr werdet wie er! Dass ihr für eure Waffenbrüder ohne zu zögern jedes Wagnis eingeht. Wenn jeder Mann in diesem Heer diesen Mut hat, dann werden einige wenige von uns es vielleicht schaffen, aus Albenmark zurückzukehren. Ich werde euch nichts vormachen, Männer.« Er ließ den Blick über die bunt zusammengewürfelte Schar wandern. »Abgesehen von ein paar verdienten Kriegern wie Lambi seid ihr alle freiwillig hier. Wenn ihr mit mir nach Albenmark geht, dann wird vielleicht einer von zehn überleben. Vielleicht werden wir auch alle verrecken. Und ich kann euch nicht einmal versprechen, dass ihr dort reich werdet. Wir werden gegen Trolle kämpfen. Diese Ungeheuer horten keine Schätze. Dafür werden sie euch bei lebendigem Leib fressen, wenn sie euch zu fassen bekommen. Ihr alle habt sicher schon Geschichten über Elfen gehört. Sie sind Wunderwesen. Kein Mensch kann sie im Kampf besiegen. Das stimmt. Morgen werde ich euch eine Elfe zeigen. In ihrem Volk gilt sie als unvergleichliche Bogenschützin und schlechte Schwertkämpferin. Und doch wette ich, dass sich hier auf dem Platz höchstens ein oder zwei Krieger finden, die es mit ihr im Schwertkampf aufnehmen können.«

»Ich wette, dass ich sie grün und blau prügeln werde, wenn du mir meine netten Armreife abnimmst!«, rief Lambi.

Einige Männer lachten. Alfadas war zufrieden. Kerle wie Lambi fanden immer schnell Gefolgschaft. »Gut, mein Freund, ich nehme die Wette an. Wenn du die Elfe Silwyna im Übungskampf besiegst, dann nehme ich dir die Ketten ab, und du kannst dich davonmachen. Aber vergiss nicht, dass der König dir ein Halsband aus Hanf versprochen hat, wenn du nicht nach Albenmark gehst.«

»Ich kenne Horsa als einen Mann, der viel verspricht und wenig hält. Wenn ich so dumm bin, mich noch einmal von seinen Häschern schnappen zu lassen, dann habe ich es nicht besser verdient, als zu hängen. Sollte es deine zarte Elfe aber schaffen, mich zu besiegen – vielleicht weil ich mich in ihren wunderschönen Augen verliere und zu kämpfen vergesse -, dann verspreche ich, keinen Fluchtversuch zu unternehmen, solange wir in Honnigsvald sind.« Lambi griff sich mit beiden Händen in den Schritt und ließ dabei seine Hüften kreisen. »Wo sind die Skalden? Hört her, das wird besser als jede Heldensage, die Geschichte von Lambi und dem Elfenmädchen. Nun, Herzog, schlägst du auf diese Wette ein? Oder willst du dein zartes Elfenmädchen vielleicht doch lieber vor einem echten Fjordländer verstecken?«

Alfadas streckte ihm die Hand entgegen, und der Kriegsjarl schlug klatschend ein. »Ich hoffe, dass du, zumindest was Wetten angeht, ein Ehrenmann bist.«

Lambi grinste breit. »Ich verspreche dir, du wirst es herausfinden.«

Rebellen, Bauern und ein paar Aufrechte – welch ein Heer, dachte Alfadas. Sie sollten wissen, was auf sie zukam. Wenigstens das! »Morgen werdet ihr sehen, wie Elfen kämpfen. Ihr werdet beeindruckt sein. Doch diese Elfen, denen kaum einer von uns gleichkommt, haben schon viele Schlachten gegen die Trolle verloren. Sie fürchten sie als schreckliche Feinde. Ein Troll hat die Stärke von vier oder fünf Männern. Wer den Fehler macht, einen ihrer Hiebe zu parieren, der wird zerschmettert. Sie kennen keine Furcht. Wenn fünf von euch es schaffen, in einer Gruppe zusammen zu kämpfen und sich gegenseitig zu schützen, dann seid ihr dem Troll gerade einmal gleichwertig. Diese Ungeheuer sind fast doppelt so groß wie wir. Die Kälte des Winters macht ihnen nichts aus, und sie kämpfen darum, ihre alte Heimat zurückzuerobern. Wenn man uns nach Albenmark schickt, dann ist es so, als steckte man ein Kind in einen Bärenkäfig, kehrte ihm den Rücken und käme erst am nächsten Tag vorbei, um zu sehen, was geschehen ist.«

Keiner der Männer am Ufer lachte mehr. Sie waren verstört. Manche starrten Alfadas mit weit offenen Mündern fassungslos an. Eine solche Rede hatte niemand erwartet.

»Für heute entlasse ich euch«, sagte Alfadas. »Überdenkt meine Worte. Allen, die morgen nicht mehr wiederkommen, werde ich gewiss nicht gram sein. Sie sind keine Feiglinge, sondern haben allein ihre Weisheit bewiesen. Wer dennoch kommt, der sollte sich in dieser Nacht Gedanken machen, wie wir schwachen Menschen die Trolle töten können. Denkt daran: Steht ein Troll erst vor euch, dann seid ihr tot. Und nun geht!«

»Du wirst morgen an einem leeren Strand warten«, sagte Ragni verärgert. »Was soll das? Der König wird sehr wütend sein, wenn er davon hört.«

»Ich glaube nicht, dass der Herzog sie so schnell loswird, Ragni«, entgegnete Mag. »Ich kenne diese Männer. Sie wissen, was für ein elendes Leben sie im Fjordland führen. Selbst eine verschwindend kleine Aussicht, reich zu werden, ist mehr, als sie hier haben.«

Wenn Mag sich nicht irrte, dann würden morgen möglicherweise sogar noch mehr Männer hier am Strand stehen, um in eine neue Welt aufzubrechen. Er musste einen noch drastischeren Weg finden, um ihnen zu zeigen, was geschehen würde, überlegte Alfadas. Schließlich wandte er sich an den jungen Fährmann. »Kannst du in den nächsten paar Tagen ein Dutzend Stiere auftreiben? Ich möchte sie gern kaufen. Wir sollten einen Teil unseres Proviants selbst besorgen und nicht alles den Elfen überlassen.«

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