Fast eine Liebesnacht

Alfadas versuchte den ganzen Tag über, alles richtig zu machen. Er brachte die Kinder zum Lachen. Sie vergötterten ihn. Wütend blickte Asla zu dem grässlichen Hund. Sie hatte am Mittag mit Ole gesprochen. Er wollte sich überlegen, das Mistvieh zurückzunehmen. Als kleine Hilfe zum Nachdenken hatte Asla ihm einen Krug mit Met überlassen, der vom Fest übrig geblieben war.

Die Kinder schliefen jetzt. Alfadas saß bei der Feuergrube und schnitzte an einem neuen Holzschwert für Ulric. Zwischendurch spähte er immer wieder verstohlen in ihre Richtung. Sie würde es ihm nicht leicht machen! Asla tat so, als bemerke sie die Blicke nicht. Sie flickte einen Riss in Kadlins Lieblingskleid.

Blut lag vor Kadlins Schlafnische. Der Hund merkte, dass sie zu ihm herübersah. Er hielt ihrem Blick trotzig stand. Verdammter Köter! Er behandelte sie, als sei sie fremd hier! Sie hätte mit ihm zum Fjord gehen sollen! Ganz bestimmt wäre sie nicht mit ihm wiedergekommen. Asla musste unwillkürlich lächeln. Es hatte Alfadas sicher einige Überwindung gekostet, ganz ernst zu behaupten, der Hund stünde unter dem Schutz von Luth. Sie wusste, dass ihr Mann nicht an die Götter glaubte. Alle im Dorf wussten das. Deshalb wurde er nie einstimmig zum Jarl gewählt. Manche sagten ganz offen, dass es eines Tages großes Unglück auf Firnstayn herabrufen würde, diesen gottlosen Gesellen immer wieder zum Jarl zu machen.

»Er wird auf dich aufpassen, wenn ich im nächsten Frühjahr zum Königshof reisen muss«, sagte Alfadas unvermittelt.

Asla biss sich auf die Lippen. Sie würde nicht lächeln! Den ganzen Tag über suchte er schon nach Gründen, warum es gut war, mit Blut zurückgekommen zu sein. »Wenn ich es schaffe, mich vor Blut zu schützen, dann gibt es nichts mehr, was ich noch fürchten musste.«

»Es war der Wunsch des Priesters. Ich hätte mich gegen Luth versündigt, wenn ich dem Hund auch nur ein Haar gekrümmt hätte. Gundar ist zum Fjord gekommen, um Blut zu schützen. Ich hätte erst ihn niederschlagen müssen, bevor ich an den Hund herangekommen wäre.«

»Du übertreibst. Außerdem schert dich doch sonst auch nicht, was die Götter von dir denken.« Eigentlich hatte sie sich inzwischen damit abgefunden, dass sie dieses schwarze Ungeheuer nicht so schnell los würde. Aber Alfadas sollte ruhig noch etwas unter seinem schlechten Gewissen leiden.

»Mein Herz ist eine Wüste, wenn ich einen Tag ohne dein Lächeln verbringen muss.« Jetzt hatte er wieder diesen Blick ... Das war es, worin sie sich damals verliebt hatte. Er war ein berühmter Krieger. Der Mann, der mit den Elfen geritten war. Eine lebende Legende. Doch wenn er sie so ansah, dann wirkte er wie ein trauriger, kleiner Junge. Man musste ihn einfach in den Arm nehmen und trösten.

»Versuch es nicht mit glatten Schmeicheleien! So schnell wirst du mich nicht einlullen. Ich bin keine arglose Jungfer mehr!« Ihr Ton klang nicht halb so schroff, wie sie es gern gewollt hätte. Er schaffte es schon wieder.

»Wie können so harte Worte über Lippen zart wie Rosenblätter gehen?«

Sie blickte auf. »Und was erinnert dich sonst noch an irgendwelches Grünzeug an mir? Vielleicht meine Hände, die krumm und knotig wie alte Wurzelstöcke sind?« Sie kannte ihn lang genug, um zu wissen, dass so ein Spruch ihn nur zu neuen Komplimenten anspornen würde. Im Grunde liebte sie es, wenn er diesen Unsinn daherredete, um ihr zu gefallen. Kein anderer Mann im Dorf fand solche Worte für seine Frau.

Wenn nur dieser verdammte Steinkreis nicht wäre. Es waren seine Blicke hinauf zum Hartungskliff, die ihr das Leben vergifteten. Sie liebte ihn noch immer. Sonst wäre es ihr egal, wenn er eines Morgens verschwunden wäre. Die blonde Gunbrid war immer ganz froh, wenn ihr Sven im Frühjahr mit Alfadas zum Königshof zog und sich den Sommer über nicht mehr blicken ließ. Doch bei ihr war es anders, dachte Asla bitter. Meistens zankten sie sich an dem Morgen, an dem er loszog. Aber schon in der ersten Nacht fand sie keinen Schlaf mehr, wenn sie seinen warmen Atem nicht in ihrem Nacken spürte.

Als Kadlin geboren wurde, war er nicht in Firnstayn gewesen. Er hatte seine Tochter zum ersten Mal gesehen, als sie fast ein halbes Jahr alt war. Und auch diesen Sommer war er wieder für lange Wochen fort gewesen.

Warum brauchte er so lange für sein nächstes Kompliment? Abgesehen vom leisen Schnaufen Bluts und dem Knistern der Glut in der Feuergrube war es still. Hatte sie ihn mit ihrer Bockigkeit nun endgültig zum Schweigen gebracht?

»Es tut mir Leid, wenn es so schwer ist, mit mir zu leben, Liebste. Manchmal halte ich es selbst kaum mit mir aus. Ich fühle mich dann, als sei ich zerrissen. Ein Teil von mir scheint weit fort von dem Ort zu sein, an dem ich gerade bin.« Alfadas erhob sich von der Bank am Feuer. Er trat von hinten an sie heran. Seine kräftigen Hände umschlossen ihre Hüften. Er hauchte ihr einen Kuss in den Nacken. »Aber ganz gleich, wo ich bin: Ein Teil von mir ist immer bei dir und den Kindern. Ich weiß, das ist nichts Greifbares, aber ich hoffe, es ist deinem Herzen ein Trost, wenn du mir das nächste Mal zürnst.«

Seine Finger lösten den Gürtel an ihrem Kleid. Ihr Kopf wollte nicht. Er sollte sich eine Entschuldigung einfallen lassen! Es war noch nicht genug gesagt. Doch ihr Körper betrog sie. Seine Berührung ließ sie wohlig erschaudern. Asla stand auf und legte die Flickarbeit zur Seite. Er schob ihr Kleid hoch und streichelte über die Innenseite ihrer Schenkel. Sie seufzte leise. Etwas Flatteriges schien auf einmal in ihrem Bauch zu sein, und wohlige Wärme breitete sich tief in ihr aus. Sie hörte seine Hose zu Boden fallen. Warme Küsse benetzten ihren Nacken. Sie hob die Arme, damit er ihr leichter das Kleid über den Kopf ziehen konnte. Seine Hände rochen von der Schnitzarbeit nach Harz und Buchenholz. Sie tasteten über ihre Brüste, den Hals und Nacken. Dann waren sie wieder zwischen ihren Schenkeln. Jede seiner Berührungen ließ sie unter neuen Wellen der Lust aufseufzen. Wenn er doch nur genauso gut wüsste, wonach sich ihr Herz sehnte!

Mit sanfter Kraft drückte er sie nach vorne auf die Tisch-platte. Seine Hände umspannten ihre Hüften. Sie spürte, wie etwas Feuchtes, Festes sie streifte. Voll wollüstiger Sehnsucht stöhnte sie auf.

In diesem Augenblick klopfte es. Es war ein leises, verhuschtes Geräusch.

Asla spannte sich. Bei allen Göttern! Nicht jetzt! Blut hob den Kopf. Er knurrte leise. Fragend sah er zu ihnen hinüber.

Es klopfte ein zweites Mal. Ein wenig energischer. Alfadas fluchte. Er konnte nicht einfach so tun, als sei er nicht da. Er war der Jarl. Wenn man ihn im Dorf brauchte, war es seine Pflicht zu kommen.

»Wenn da wieder Svenja steht und sich über ein verlorenes Huhn beschwert, dann fahre ich aus der Haut«, murrte Alfadas. Nur im Hemd ging er zur Tür. Asla raffte ihr Kleid vom Boden und verbarg sich hinter einem der dicken Balken, die den Dachstuhl abstützten. Blut verhielt sich seltsam. Er presste sich flach auf den Boden, so als wolle er am liebsten im Erdreich versinken. Seine Ohren lagen an. Er stieß einen leisen, wimmernden Laut aus. Wer war dort?

Die schwere Tür schwang auf. Sie sah, wie Alfadas sich spannte, um seinem Ärger Luft zu machen, und mitten in der Bewegung erstarrte. Undeutlich hörte sie jemand flüstern. Die Stimme klang sehr fremd. Es schien eine Frau zu sein. Ihre Worte waren wie leiser Gesang.

Hastig streifte sich Asla das Kleid über und bückte sich nach der Hose ihres Mannes. Wer war dort? Alfadas trat zur Seite. Eine hoch gewachsene, schlanke Frau trat ein. Ihr Anblick versetzte Asla einen Stich. Die Fremde war zu hager, ihre Kleider waren zerrissen, und doch war sie wunderschön. Ihre Bewegungen waren stolz und selbstbewusst. So, als sei sie eine Königin.

Blut sprang auf. Er begrüßte die Fremde mit einem tiefen Knurren. Auf steifen Beinen stakste er vorwärts. Jede Faser seines Körpers schien sich dagegen zu sträuben anzugreifen. Und doch wollte er diese fremde Frau vertreiben.

Noch jemand kam herein. Ein Weib mit kurzen, blonden Haaren. Schwertgurte kreuzten sich über ihrer Brust. Sie sah sich misstrauisch um. Als sie Blut bemerkte, machte sie eine knappe, befehlende Geste. Der Hund presste sich zu Boden. Er knurrte noch immer.

Eine dritte Frau trat ein. Asla starrte ihre Gäste fassungslos an. Was war das für ein Aufmarsch! Noch immer redete dieses schlanke, dunkelhaarige Weib, das zuerst eingetreten war, auf Alfadas ein. Die Blonde mit den zwei Schwertern umfasste sein Handgelenk im Kriegergruß. Diese beiden schienen ihren Mann zu kennen. Nur die dritte hielt sich im Hintergrund. Sie sah sich um und schürzte abfällig die Lippen.

Asla schluckte. Nun war also geschehen, was sie immer befürchtet hatte. Die Elfen waren gekommen, um ihren Mann zu holen.

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