40

Auf die Schaufel gestützt, ließ Friedrich sich von Schwermut wie gelähmt auf seine Knie sinken, setzte sich auf die Fersen und ließ die Schaufel auf den kalten Boden fallen. Der eisige Wind zauste sein Haar, ebenso wie die langen Grashalme rings um die frisch aufgeworfene Erde.

Für ihn war eine Welt zusammengebrochen.

Von seinem Kummer wie betäubt, kreiste sein Verstand immer nur um diesen einen Gedanken.

Plötzlich übermannte ihn ein Schluchzen, weil er befürchtete, er könnte vielleicht doch nicht das Richtige getan haben. An diesem Platz war es kalt; er hatte Angst, Althea könnte frieren. Und Friedrich wollte nicht, daß sie fror.

Andererseits war es auch sonnig, und Althea liebte die Sonne. Immerzu hatte sie davon gesprochen, wie sehr sie es liebte, die Sonne auf ihrem Gesicht zu spüren. Trotz der drückenden Hitze im Sumpf drang das Sonnenlicht nur selten bis zum Boden vor, jedenfalls nicht in der Nähe ihres Gefängnisses, wo sie es hätte sehen können.

Für Friedrich aber war bereits ihr goldenes Haar der reinste Sonnenschein. Meist hatte sie für derartige Sentimentalitäten nur leisen Spott übrig, manchmal aber wenn er eine Weile nicht davon gesprochen hatte, fragte sie ihn ganz arglos, ob ihr Haar auch ordentlich gebürstet sei und sie sich damit vor den Besuchern, die wegen einer Weissagung zu ihr kamen, sehen lassen könne. Wenn sie eine ganz bestimmte Absicht damit verfolgte, konnte sie eine perfekte Unschuldsmiene aufsetzen. Gewöhnlich erzählte er ihr dann, ihr Haar sehe aus wie Sonnenschein. Daraufhin errötete sie meist wie ein junges Mädchen und erwiderte, »Ach, Friedrich.«

Jetzt würde die Sonne nie wieder für ihn scheinen.

Er hatte lange darüber nachgedacht, wie er es machen sollte, und schließlich entschieden, daß es so das Beste für sie sei – wenn sie hier oben, auf der Bergwiese, begraben liege und nicht unten im Sumpf. Wenn er sie schon zu Lebzeiten nicht von diesem Ort hatte wegbringen können, dann wenigstens jetzt. Für ihre letzte Ruhestätte war die sonnige Wiese zweifellos ein geeigneterer Ort als ihr ehemaliges Gefängnis.

Alles hätte er dafür gegeben, wenn er sie schon früher von dort hätte fortbringen, ihr noch einmal die Schönheiten der Welt zeigen und ihr unbekümmertes Lächeln im Licht der Sonne hätte sehen können. Aber sie hatte den Sumpf nicht verlassen können; und für alle anderen, ihn eingeschlossen, war einzig der Weg vorne vor dem Haus sicher passierbar gewesen. Nur dieser Weg führte vorbei an den unbekannten, aus ihrer Magie erschaffenen Wesen. Für sie existierte nicht einmal dieser eine sichere Weg nach draußen.

Friedrich wußte, daß die schauderhaften Konsequenzen für alle, die sich an einer anderen Stelle in den Sumpf hineinwagten, nicht bloß in seiner Einbildung existierten. In den vergangenen Jahren war mehrmals jemand aus Unvorsichtigkeit oder Draufgängertum vom Weg abgekommen oder hatte versucht, sich hinten herum durchzuschlagen, wo nicht einmal er sich hintraute. Für Althea war es eine quälende Vorstellung gewesen, daß ihre Kräfte unschuldiges Leben vernichtet hatten. Wie Jennsen auf diesem Weg unversehrt hatte durchkommen können, war sogar Althea ein Rätsel gewesen.

Zum Zeichen ihrer wiedergewonnenen Freiheit hatte Friedrich Althea auf ihrem letzten Gang über ebendiesen Weg getragen.

Ihre Ungetüme waren verschwunden. Jetzt weilte sie bei den Gütigen Seelen.

Und er war allein.

Friedrich krümmte sich in seinem unendlichen Schmerz nach vorn und weinte herzzerreißend über ihrem frischen Grab. Mit einem Schlag hatte sich die Welt in einen unbewohnten, einsamen Ort bar jeden Lebens verwandelt. Er krallte seine Finger in das kalte Erdreich, unter dem seine Liebe begraben lag. Erdrückende Schuldgefühle quälten ihn, weil er nicht zugegen gewesen war, um sie zu beschützen. Wäre er dagewesen, davon war er überzeugt, würde sie ganz gewiß noch leben. Es war sein einziger Wunsch: Er wollte, daß Althea noch lebte.

Stets war er voller Begeisterung in ihr Zuhause, das es nun einmal war, zurückgekehrt, um ihr von jeder noch so unscheinbaren Beobachtung zu berichten – von einem Vogel über einem Feld, einem Baum, dessen Blätter im Sonnenlicht schimmerten, einer Straße, die sich wie ein Band durch die hügelige Landschaft zog – von allem, das ein kleines Stück der Welt in ihr Gefängnis zu bringen vermochte.

Anfangs hatte er die Welt draußen mit keinem Wort erwähnt. Er dachte, wenn er ihr von den Dingen erzählte, die er außerhalb des Sumpfes sah, von Dingen, die für sie unerreichbar waren, würde das ihr Gefühl der Eingeschlossenheit und Verzweiflung nur noch verstärken. Woraufhin Althea das ihr ganz eigene Lächeln lächelte und meinte, sie wolle alles, was er sah, genau erzählt bekommen, denn auf diese Weise könne sie Darken Rahls Wunsch, sie einzusperren, unterlaufen. Sie behauptete, mit Friedrichs Augen ihrem Gefängnis entfliehen zu können. Die Bilder, die Friedrich ihr mitbrachte, gaben Althea die Möglichkeit, sich mit Hilfe eines wahren gedanklichen Höhenflugs aus ihrem Gefängnis zu befreien. Auf diese Weise half Friedrich ihr, sich dem Wunsch dieses abscheulichen Menschen zu widersetzen, der sie für immer von der Welt abschneiden wollte.

Friedrich brauchte sich also gewissermaßen keine Vorwürfe zu machen, wenn er den Sumpf verließ, obwohl sie zurückbleiben mußte, denn er war nicht sicher, wer hier eigentlich wen beschenkte. Das war typisch für Althea – sie machte ihn glauben, er tue etwas für sie, dabei war im Grunde sie es, die ihm half, sein Leben nach besten Kräften zu meistern.

Nun aber wußte Friedrich nicht mehr, was er tun sollte. Sein Leben schien in der Luft zu hängen, denn ein Leben ohne Althea war für ihn undenkbar. Ihre Gegenwart hatte ihn mit Leben erfüllt, ihn sich selbst erkennen lassen und ihn zu dem gemacht, der er war. Ohne sie war sein Leben sinnlos geworden.

Über ihre Todesart konnte Friedrich nur Vermutungen anstellen, und sich auf die Dinge, die er vorgefunden hatte, einen Reim zu machen, das hatte ihm nicht gelingen wollen. Sie selbst schien völlig unversehrt, das Haus dagegen war durchstöbert worden. Die merkwürdigsten Dinge waren gestohlen worden, ihre gesamten Ersparnisse, des weiteren Lebensmittel, ein paar Ausrüstungsgegenstände, ein Stück alten Stoffs ohne großen Wert. Andere Wertgegenstände dagegen waren noch da – vergoldete Schnitzereien, das Blattgold und die Werkzeuge. Sosehr er sich bemühte, Friedrich wurde einfach nicht schlau daraus.

Klar war ihm nur eins, Althea mußte sich vergiftet haben. Außerdem gab es eine zweite Tasse, offenbar hatte sie also versucht, noch eine zweite Person zu vergiften. Vielleicht jemanden, der sie wegen einer Weissagung aufgesucht hatte, jemand, der nicht eingeladen gewesen war.

Friedrich war allerdings nicht entgangen, daß Althea ihren Besucher, wer immer es gewesen sein mochte, erwartet haben mußte; sie hatte ihm dieses Wissen vorenthalten und ihn sogar noch ermuntert, die Reise zum Palast zu unternehmen, um seine vergoldeten Schnitzereien zu verkaufen. Er hatte sich fast ein wenig gedrängt gefühlt, und da sie keine Besucher eingeladen hatte, angenommen, sie wolle eine Weile allein sein, was nichts Ungewöhnliches war. Vielleicht war sie auch deshalb so erpicht, daß er eine kleine Reise unternahm, um etwas von der Welt zu sehen, weil er es schon eine Weile nicht mehr getan hatte. Sie hatte sein Gesicht in ihre Hände genommen, ihn ein letztes Mal geküßt und das Gefühl genossen, ihn zu berühren.

Jetzt kannte er die Wahrheit; ihr langer, ausgiebiger Kuß war ein Abschied gewesen. Sie hatte ihn aus dem Weg haben wollen.

Friedrich langte in seine Tasche und zog die Nachricht hervor, die sie ihm hinterlassen hatte. Es kam häufiger vor, daß sie ihm kleine Notizen schrieb – Dinge, die ihr in seiner Abwesenheit einfielen und die sie nicht vergessen wollte, um sie ihm später zu erzählen. Er hatte in der vergoldeten Tasse nachgesehen, die er ihr geschnitzt hatte und die sie auf dem Fußboden unter ihrem Sessel hinter dem Kissen aufbewahrte, und zu seiner Überraschung tatsächlich einen an ihn gerichteten Brief gefunden.

Vorsichtig faltete er ihn auseinander und las ihn noch einmal, obwohl er ihn bereits so oft gelesen hatte, daß er ihn mittlerweile Wort für Wort auswendig kannte.

Mein geliebter Friedrich,

ich weiß, in diesem Augenblick kannst du es nicht verstehen, trotzdem sollst du wissen, daß ich meine Pflicht gegenüber der Unverletzbarkeit des Lebens keineswegs aufgegeben habe – sondern sie vielmehr hiermit erfülle. Ich weiß, es wird nicht leicht für dich sein, trotzdem mußt du mir vertrauen, wenn ich sage, ich mußte es tun.

Ich habe meinen Frieden gefunden. Mir war ein langes Leben vergönnt – ein weit längeres als den meisten anderen vom Glück begünstigten Menschen. Am schönsten aber war die Zeit mit dir. Ich habe dich geliebt, fast vom ersten Tag an, als du in mein Leben getreten bist und mein Herz wachgerüttelt hast. Lasse nicht zu, daß der Kummer dir das Herz bricht, in der nächsten Welt werden wir wieder vereint sein, und dann für immer.

In dieser Welt aber bist du, wie ich, einer der vier Beschützer – einer der vier Steine an den Ecken meiner Huldigung. Du erinnerst dich. Auf deine Frage, wer sie seien, erklärte ich dir, Lathea und ich seien zwei der Steine in meiner letzten Weissagung. Ich wünschte, ich hätte dir da schon sagen können, daß du auch dazugehörst, aber ich habe mich nicht getraut. Ich bin blind gegen vieles, das geschieht, aber das wenige, das ich weiß, muß ich nach bestem Vermögen nutzen, oder die Chance, daß andere ein erfülltes Leben führen können, ist für immer dahin.

Du sollst wissen, daß es stets einen Platz in meinem Herzen für dich gibt, und daran ändert sich auch dann nichts, wenn ich durch den Schleier trete und bei den Gütigen Seelen bin.

Die Weit des Lebens braucht dich, Friedrich. Deine Rolle darin hat noch nicht begonnen. Ich habe nur eine Bitte, Werde diesem Ziel gerecht, sobald dein Ruf erfolgt.

Auf ewig dein, Althea.

Friedrich wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und las Altheas Worte noch einmal. Beim Lesen konnte er ihre Stimme in seinem Kopf hören, es war als ob sie zu ihm spräche, fast so, als stünde sie direkt neben ihm. Er hatte Angst, sich von ihrer Stimme zu trennen, schließlich aber faltete er den Brief zusammen und steckte ihn wieder ein.

Als er aufsah, stand ein hoch gewachsener Mann vor ihm.

»Ich war ein Bekannter von Althea.« Seine kräftige Stimme klang eindringlich und ernst. »Euer Verlust tut mir unendlich leid. Ich bin gekommen, Euch meine Aufwartung zu machen und mein Beileid auszusprechen.«

Friedrich erhob sich langsam, den Blick nicht von den dunklen blauen Augen des Mannes lassend. »Wie konntet Ihr wissen, was passiert ist?« Er wurde zusehends verärgert. »Welche Rolle hattet Ihr in diesem Spiel?«

»Die Rolle des traurigen Zeugen einer Entwicklung, auf die ich keinen Einfluß habe.« Der Mann, beträchtlich älter, aber offenbar noch voller Kraft, legte Friedrich eine Hand auf die Schulter und drückte sie in einer liebenswürdigen Geste. »Ich kenne Althea von vor langer Zeit, als sie in den Palast der Propheten kam, um dort zu studieren.«

»Ihr habt meine Frage nicht beantwortet. Woher wußtet Ihr davon?«

»Ich bin Nathan, der Prophet.«

»Nathan, der Prophet... Nathan Rahl? Zauberer Rahl?«

Der Mann nickte, während er seine Hand zurückzog und sie wieder unter dem Rand seiner offenen braunen Pelerine verschwinden ließ. Friedrich nickte knapp, aus Achtung, für eine Verbeugung brachte er jedoch nicht genügend Interesse auf, auch wenn er einen Zauberer vor sich hatte und dieser Zauberer ein Rahl war.

Der Mann trug eine braune Wollhose und hohe Stiefel, also nicht gerade die Kleidung eines Zauberers. Überhaupt entsprach sein Äußeres größtenteils nicht Friedrichs Vorstellungen von einem Zauberer, und erst recht sah er nicht aus wie ein Mann, der nach Altheas Worten nahezu eintausend Jahre alt war. Sein kräftiges Kinn war glatt rasiert, sein glattes weißes Haar reichte bis auf seine breiten Schultern. Er war keineswegs vom Alter gebeugt, sondern besaß die geschmeidige Körperhaltung eines Schwertkämpfers und verströmte die Selbstverständlichkeit großer Autorität.

Seine Augen aber, die so durchdringend unter seiner falkenhaften Stirn hervorlugten, entsprachen genau Friedrichs Bild von einem Mann wie ihm. Es waren die typischen Augen eines Rahl.

Friedrich verspürte einen leichten Anflug von Eifersucht. Dieser Mann hatte Althea lange vor ihm gekannt, zu einer Zeit als sie noch jung und sehr schön gewesen war, eine Hexenmeisterin in der Blüte ihrer Kraft und Talente, eine begehrenswerte Frau, eine Frau, der so mancher große Mann den Hof gemacht hatte. Eine Frau, die wußte, was sie wollte, und die ihre Ziele mit ungezügelter Leidenschaft verfolgte. Friedrich war nicht so naiv zu glauben, er sei der erste Mann in ihrem Leben gewesen.

»Ich habe ein paarmal mit ihr gesprochen«, sagte Nathan, gewissermaßen als Antwort auf die unausgesprochenen Fragen, so daß Friedrich sich schon fragte, ob ein Mann von seinen Talenten auch Gedanken lesen konnte. »Ihre prophetische Gabe war stark ausgeprägt – zumindest für eine Hexenmeisterin. Verglichen mit einem echten Propheten war sie allerdings eher wie ein Kind, das sich an Spielen für Erwachsene versucht.« Der Zauberer milderte seine Bemerkung mit einem begütigenden Lächeln. »Damit möchte ich aber keineswegs ihren Mut oder ihren Verstand schmälern, sondern lediglich beides ins rechte Licht rücken.«

Friedrich löste seinen Blick von den Augen des Mannes und schaute wieder auf das Grab. »Wißt Ihr überhaupt, was vorgefallen ist?« Als keine Antwort erfolgte, blickte er wieder hoch zu dem groß gewachsenen Mann, der ihn noch immer ansah. »Und wenn Ihr es wißt, hättet Ihr sie daran hindern können?«

Nathan dachte einen Moment über die Frage nach. »Habt Ihr je erlebt, daß Althea ändern konnte, was sie in den Steinen sah?«

»Das nicht«, mußte Friedrich zugeben.

Er hatte sie ein paarmal in den Arm genommen, als sie, aus Kummer über ihr Unvermögen, an dem Gesehenen etwas zu ändern, geweint hatte. Auf seine Frage, was man tun könne, hatte sie ihm mehrfach erklärt, daß diese Dinge nicht so einfach seien, wie sie einem nicht mit der Gabe Gesegneten erscheinen mochten. Viele Feinheiten ihrer Gabe waren für ihn nahezu unverständlich, obwohl die Bürde der Prophezeiungen – zumindest das wußte er – oft so schmerzlich war, daß sie sie fast erdrückten.

»Wißt Ihr vielleicht, warum sie es getan haben könnte?«, fragte Friedrich, auf eine Erklärung hoffend, die seinen Schmerz erträglicher machte. »Was sie dazu getrieben haben könnte?«

»Sie hat sich ihren Tod ausgesucht«, zog Nathan ein schlichtes Resümee. »Ihr müßt darauf vertrauen, daß sie diese Entscheidung aus freien Stücken und aus triftigen Gründen getroffen hat. Ihr müßt begreifen, daß sie es nicht nur deswegen getan hat, weil es für sie und Euch am besten war, sondern auch für andere.«

»Für andere? Was wollt Ihr damit sagen?«

»Ihr wußtet beide, welch entscheidende Rolle die Liebe im Leben spielt. Mit ihrer Entscheidung hat sie ihr Möglichstes getan, damit auch andere in den Genuß dieser Erfahrung kommen.«

»Ich verstehe noch immer nicht.«

Nathan schaute in die Ferne und schüttelte langsam den Kopf. »Die gegenwärtigen Geschehnisse sind mir nur zum Teil bekannt. Friedrich. Ich fühle mich in dieser Angelegenheit auf eine bislang unbekannte Weise blind.«

»Wollt Ihr damit sagen, es hat etwas mit Jennsen zu tun?«

Nathans Brauen zuckten hoch, und er sah Friedrich plötzlich durchbohrend an. »Jennsen?« Der Argwohn in seiner Stimme war nicht zu überhören.

»Eine der Lücken in der Welt. Althea meinte, Jennsen sei eine Tochter Darken Rahls.«

Der Zauberer schlug seine Kapuze zurück und stemmte eine Hand in die Hüfte. »So lautet also ihr Name, Jennsen.« Ein heimliches Lächeln spielte um seine Mundwinkel. »Den Begriff Lücke in der Welt höre ich zum ersten Mal, aber ich verstehe durchaus, wie passend er einer Hexenmeisterin mit ihrer beschränkten Gabe erscheinen muß.« Er schüttelte den Kopf. »Trotz ihrer Begabung vermochte Althea nicht einmal ansatzweise zu begreifen, was es mit Jennsen und ihresgleichen auf sich hat. Die Unfähigkeit der mit der Gabe Gesegneten, die verschiedenen Aspekte ihres Daseins zu erfassen und sie daher als Lücken in der Welt zu bezeichnen, ist sozusagen nur der Schwanz des Bullen, und der Schwanz ist der am wenigsten wichtige Teil. ›Lücke‹ ist nicht annähernd zutreffend, ich würde eher sagen, ›Leere‹ wäre passender.«

»Ich bin gar nicht so sicher, ob Ihr damit recht habt, daß sie es nicht begriff. Althea war schon seit langem mit Jennsen und ihresgleichen beschäftigt. Möglicherweise waren ihre Kenntnisse über sie viel umfassender als Ihr denkt. Mir und Jennsen gegenüber hat sie erklärt, sie wisse nicht mehr, das Wichtigste aber sei, daß die mit der Gabe Gesegneten blind gegen sie seien.«

Nathan entfuhr ein kurzes, respektvolles Lachen, eine Anerkennung für die Frau, die hier vor ihnen in der Erde lag. »Oh, Althea wußte mehr als das, sehr viel mehr. Diese Geschichte über die Lücken in der Welt war sozusagen nur eine Kostprobe dessen, was Althea tatsächlich wußte.«

Friedrich wagte nicht, dem Zauberer zu widersprechen; er wußte, daß Hexenmeisterinnen ihre Geheimnisse wahrten, indem sie den wahren Umfang ihres Wissens für sich behielten. Althea hatte sich ebenso verhalten, selbst ihm gegenüber. Dies war kein Mangel an Respekt oder Liebe, sondern lag einfach im Wesen der Hexenmeisterinnen begründet, und von ihrem Wesen konnte er sich schlecht gekränkt fühlen.

»Dann steckt also mehr hinter dieser Jennsen?«

»Aber ja. Der Bulle hat nicht nur einen Schwanz, sondern auch Hörner.« Nathan seufzte. »Obwohl ich vieles verstehe, das Althea nicht verstand, begreife selbst ich nicht einmal annähernd genug, um behaupten zu können, ich durchschaute die Entwicklung der Geschehnisse, wie sie sich derzeit abzeichnet, in ihrer ganzen Vielschichtigkeit. Allerdings verstehe ich genug, um zu wissen, daß dies das Wesen allen Seins verändern kann.«

»Ihr seid ein Rahl. Wie kann es sein, daß Ihr über diese Dinge nicht im Bilde seid?«

»Ich wurde in sehr zartem Alter von den Schwestern des Lichts in die Alte Welt entführt und dort im Palast der Propheten gefangen gehalten. Ich bin zwar ein Rahl, aber in mancher Hinsicht weiß ich über meine Heimat D’Hara nur sehr wenig. Und was ich weiß, habe ich größtenteils aus den Büchern der Prophezeiungen gelernt.

In den Prophezeiungen steht nichts über Jennsen und ihresgleichen. Der Grund dafür ist mir erst kürzlich klar geworden – und die schauderhaften Folgen auch.« Er verschränkte die Hände hinter seinem Rücken. »Diese Jennsen hat also Althea aufgesucht? Woher wußte sie überhaupt von ihr?«

»Ja. Jennsen war der Grund dafür, daß ...« Friedrich wich dem Blick des Mannes aus, denn er wußte nicht, wie dieser zu seinem Verwandten stand; dann entschied er sich, doch damit herauszurücken, selbst auf die Gefahr hin, sich den Zorn seines Besuchers zuzuziehen. »Als Jennsen noch klein war, hat Althea versucht, sie vor Darken Rahl in Sicherheit zu bringen. Dafür machte Darken Rahl sie zum Krüppel und verbannte sie in diesen Sumpf. Er nahm ihr alle Talente, bis auf das der Prophezeiung.«

»Ich weiß«, meinte Nathan, sichtlich betrübt, mit leiser Stimme. »Die ursächlichen Gründe waren mir zwar nicht bekannt, trotzdem habe ich einiges als Weissagung gesehen.«

Friedrich trat einen Schritt vor. »Warum wolltet Ihr ihr dann nicht helfen?«

Diesmal war es Nathan, der den Blick abwandte. »Oh, ich wollte ja. Ich war Gefangener im Palast der Propheten, als sie mich besuchte...«

»Weswegen hatte man Euch eingesperrt?«

»Wegen der unberechtigten Ängste anderer. Menschen wie ich, Propheten, sind äußerst rar. Man fürchtet mich als komischen Kauz, als Verrückten, als Retter und Zerstörer, und das alles nur weil ich Dinge sehe, die anderen verschlossen bleiben. Es gibt Zeiten, da kann ich nicht anders, ich muß einfach versuchen zu verändern, was ich sehe.«

»Wenn es eine Prophezeiung ist, wie könnte man sie dann verändern? Tätet Ihr es, wäre sie nicht wahr und es wäre keine Prophezeiung mehr.«

Gedankenvoll starrte Nathan in den kalten Himmel, während ihm der Wind sein schulterlanges Haar aus dem Gesicht wehte. »Einem Mann wie Euch, der nicht mit der Gabe gesegnet ist, könnte ich das nie schlüssig erklären, in groben Zügen aber verhält es sich wie folgt, Es gibt Bücher mit Prophezeiungen, die Tausende von Jahren zurückreichen. In diesen Büchern sind Ereignisse enthalten, die noch nicht eingetreten sind. Um die Existenz der freien Entscheidung zu gewährleisten, müssen einige Fragen offen bleiben, dies geschieht über so genannte verzweigte Prophezeiungen.«

»Verzweigte Prophezeiungen? Ihr meint Ereignisse, bei denen zwei Entwicklungen denkbar sind?«

Nathan nickte. »Mindestens – manchmal auch sehr viel mehr, zumindest die Schlüsselereignisse. Oftmals enthalten die Bücher jeweils einen Entwurf der Prophezeiung für die verschiedenen Entwicklungen, die sich durch freie Willensentscheidung ergeben können. Stellt sich heraus, daß ein bestimmter Zweig dem tatsachlich eintretenden Ereignis entspricht, gilt ein Zweig der Prophezeiung als wahr, während die anderen im selben Augenblick ungültig werden. Bis zu diesem Moment waren alle entwicklungsfähig. Wäre eine bestimmte Entscheidung anders getroffen worden, hatte sich der betreffende Zweig als gültige Prophezeiung erwiesen. Statt dessen verwelkt dieser Zweig der Prophezeiung und stirbt ab, obwohl das Buch mit diesem Entwurf der Prophezeiung weiterhin erhalten bleibt. So kommt es, daß die Prophezeiungen durchsetzt sind vom toten Holz längst vergangener Zeiten, von all den nicht getroffenen Entscheidungen und den Dingen, die niemals eingetreten sind.«

Friedrichs Verärgerung wuchs abermals. »Und daher wußtet Ihr, was mit Althea geschehen würde? Soll das etwa heißen, ihr hättet sie warnen können?«

»Als sie mich aufsuchte, erzählte ich ihr von einer solchen Gabelung. Ich wußte nicht, wann sie sie erreichen würde, aber ich wußte, daß sie auf beiden Wegen der Tod erwartete. Die Information, die ich ihr gab, ermöglichte ihr zu erkennen, wann die Zeit gekommen war. Ich hatte gehofft, sie fände einen Weg zu umgehen, was ich dort gesehen hatte. Manchmal gibt es verdeckte Gabelungen, von deren Existenz wir nichts ahnen. Damals hoffte ich, das sei der Fall und sie wäre imstande, diese, so sie denn existierten, tatsächlich zu finden.«

Friedrich machte ein skeptisches Gesicht. »Ihr hättet etwas tun können!«

Nathan wies mit der Hand auf das Grab. »Das kommt dabei herum, wenn man die Zukunft zu verändern versucht. Es funktioniert nicht.«

»Aber wenn sie vielleicht...«

Nathan hob warnend seinen raubvogelhaften Blick. »Um Eures Seelenfriedens willen werde ich Euch Folgendes erklären, mehr aber nicht, Auf dem anderen Pfad hätte sie ein derart qualvoller, blutiger, schmerzhafter und grausamer Mord erwartet, daß Ihr Euch nach der Entdeckung ihrer Überreste lieber selbst getötet hättet, als mit diesem Augenblick weiterleben zu müssen. Seid froh, daß es nicht dazu gekommen ist. Es ist nicht geschehen – nicht, weil sie diesen Tod mehr gefürchtet hatte, sondern teils weil sie Euch liebte und sie Euch dieses Leid ersparen wollte.« Nathan deutete abermals auf das Grab. »Sie hat sich für diesen Pfad entschieden.«

»Dann war dies also die Gabelung, von der Ihr ihr erzählt habt?«

Nathans stechender Blick wurde milder. »Nicht ganz. Die Gabelung, an der sie sich entschied, besagte, daß sie sterben würde. Sie hat nur ihre Todesart gewählt.«

»Heißt das ... sie hätte sich auch für einen anderen Zweig entscheiden können, einen Pfad, auf dem sie überlebt hätte?«

Nathan nickte. »Zumindest für eine Weile. Aber hätte sie sich für diesen Pfad entschieden, befände sie sich schon bald in der Gewalt des Hüters. Aufgrund der beteiligten Personen weiß ich nur daß auf diesem Pfad alles geendet hätte. Die Wahl, die sie traf, besagt, daß noch immer eine Chance besteht.«

»Eine Chance? Eine Chance wozu?«

Nathan seufzte. Friedrich ahnte, daß dieses Seufzen Ausdruck sehr viel ernsterer und weitreichenderer Dinge war als alles, was Althea je gesehen hatte.

»Althea hat uns allen Zeit gewonnen, so daß andere die richtigen Entscheidungen treffen können, sobald der Augenblick gekommen ist, sich aufgrund des freien Willens zu entscheiden. Kaum eine Verknotung verzweigter Prophezeiungen ist so unübersichtlich wie diese, aber die meisten dieser Fäden führen ins Nichts.«

»Ins Nichts? Das soll nun einer verstehen. Was kann es bedeuten?«

»Das Sein an sich steht auf dem Spiel.« Nathan zog die Brauen hoch. »Die meisten dieser Prophezeiungen enden in einer Leere, in der Welt der Toten – und zwar für alles Existierende.«

»Aber den Pfad könnt Ihr trotzdem erkennen?«

»Die vor uns liegende Verwirrung ist mir ein Rätsel. Ich fühle mich in dieser Frage hilflos und weiß, wie es ist, nicht mit der Gabe gesegnet und blind zu sein, Was diese Geschichte anbetrifft, könnte das ebenso gut auf mich zutreffen. Ich vermag nicht einmal alle diejenigen zu erkennen, die im Begriff sind, die kritischen Entscheidungen zu treffen.«

»Das muß Jennsen sein. Wenn Ihr sie finden könntet, vielleicht ... aber Althea meinte, wer die Gabe hat, sei blind gegen die nicht mit der Gabe gesegneten Nachkommen Darken Rahls.«

»Oder jedes anderen Rahl. Die Gabe ist beim Auffinden dieser absolut nicht mit der Gabe gesegneten Nachkommen vollkommen nutzlos. Es ist unmöglich, ihren Aufenthaltsort festzustellen. Wenn man nicht alle Menschen der Welt vor den mit der Gabe Gesegneten aufmarschieren lassen will, besteht praktisch keine Möglichkeit, sie mit Hilfe der Gabe zu erkennen. Die Gabe vermag Euch allein durch physische Nähe zu sagen, wer sie sind – weil der Eindruck Eurer Augen und der Eurer Gabe nicht übereinstimmen – so wie jüngst, als ich Jennsen anscheinend zufällig begegnete.«

»Ihr glaubt also, Jennsen hat irgendwas mit dieser Geschichte zu tun?«

Nathan zog seine Pelerine wegen des bitterkalten Windes enger zusammen. »Was die Prophezeiungen anbelangt, existieren Menschen wie Jennsen nicht einmal. Ich kann unmöglich sagen, ob es noch andere gibt, und wenn ja, wie viele es sein mögen. Auch habe ich keine Ahnung, welche Rolle sie in dieser Geschichte spielen. Ich weiß nur, daß es eine zentrale Rolle ist, und weiß um einige Dinge, die wichtig sind; zudem kenne ich einige Personen, die vor entscheidenden Gabelungen der Prophezeiungen stehen, obwohl, wie gesagt, viele dieser Gabelungen der Prophezeiungen unverständlich sind.«

»Aber Ihr seid ein Prophet – laut Althea sogar ein echter. Wie kann es sein, daß Ihr den Inhalt einer Prophezeiung nicht kennt, obwohl sie existiert?«

Nathan maß ihn mit einem forschenden Blick aus seinen tiefblauen Augen. »Versucht zu verstehen, was ich Euch jetzt erkläre. Es ist ein Gedanke, den zu begreifen nur wenige Menschen fähig sind. Vielleicht hilft er Euch in Eurem Kummer, denn es ist der Punkt, vor dem Althea stand.«

Friedrich nickte. »Bitte.«

»Prophezeiungen und die Möglichkeit der freien Entscheidung stehen in einem Spannungsverhältnis zueinander, beeinflussen sich aber gegenseitig. Prophezeiungen sind Magie, und alle Magie verlangt nach Ausgewogenheit. Das Gegengewicht für die Prophezeiungen, das die Ausgewogenheit, die die Existenz von Prophezeiungen erst ermöglicht, ist der freie Wille.«

»Das ist unlogisch. Die beiden heben sich doch gegenseitig auf.«

»O nein, keineswegs«, erwiderte der Prophet mit einem durchtriebenen schlauen Lächeln. »Sie sind voneinander abhängig, gleichzeitig bilden sie ein Gegensatzpaar. So wie auch additive und subtraktive Magie gegensätzliche Kräfte sind, die gleichzeitig existieren. Beide dienen sie dem jeweils anderen als Gegengewicht. Schöpfung und Zerstörung, Leben und Tod. Um funktionieren zu können, benötigt Magie Ausgewogenheit; und Prophezeiungen funktionieren nur durch das Vorhandensein ihres Gegenstücks, des freien Willens.«

»Ihr seid ein Prophet und wollt mir erzählen, daß es so etwas wie freien Willen gibt, der Prophezeiungen außer Kraft setzt?«

»Setzt der Tod das Leben außer Kraft? Nein, er grenzt es ab und gibt ihm erst dadurch seinen Wert.«

In der darauf folgenden Stille schien nichts von all dem von Bedeutung zu sein. Im Augenblick war Friedrich mit diesen Dingen völlig überfordert, zumal sich für ihn nichts dadurch änderte. Der Tod war gekommen und hatte Altheas kostbares Leben genommen. Ihr Leben war das einzig Wertvolle, das er je besessen hatte. Sein Schmerz überwältigte ihn erneut und begrub alles andere unter sich. Für Friedrich hatte jegliche Freude längst geendet, vor ihm lag nichts als ein tiefes, schwarzes Loch.

»Aber eigentlich bin ich aus einem ganz anderen Grund hergekommen«, fuhr Zauberer Rahl mit ruhiger Stimme fort. »Ich bin gezwungen, Euch in diesem Kampf um Hilfe zu ersuchen.«

Zu müde, um sich noch länger auf den Beinen zu halten, und auch vor lauter Kummer ganz geschwächt, ließ Friedrich sich neben Altheas Grab zu Boden sinken. »Da seid Ihr zum falschen Mann gekommen.«

»Kennt Ihr den derzeitigen Aufenthaltsort des Lord Rahl?«

Friedrich sah auf und blinzelte in den strahlend hellen Himmel. »Lord Rahl?«

»Ganz recht, des Lord Rahl. Ihr seid D’Haraner, Ihr solltet es eigentlich wissen.«

»Ich denke, ich kann die Bande spüren.« Friedrich deutete vage Richtung Süden. »Er ist irgendwo dort aber die Bande sind schwach. Er muß sehr weit entfernt sein, weiter als ich es jemals zuvor in meinem Leben bei einem Lord Rahl gespürt habe.«

»Sehr richtig«, erwiderte Nathan. »Er befindet sich in der Alten Welt. Dort müßt Ihr ihn aufsuchen.«

Friedrich stöhnte. »Ich habe kein Geld für eine solche Reise.«

Nathan warf ihm einen ledernen Beutel zu, der mit einem schweren, gedämpften Klirren vor Friedrich auf dem Boden landete. »Ich weiß; ich bin Prophet, oder habt Ihr das bereits vergessen? Der Beutel enthält mehr, als man Euch gestohlen hat.«

Friedrich prüfte das Gewicht des Geldbeutels, er war unbestreitbar schwer. »Woher stammt das viele Geld?«

»Aus dem Palast. Dies ist eine offizielle Mission, daher wird Euch D’Hara sämtliche finanziellen Mittel zur Verfügung stellen, die Ihr benötigt.«

Friedrich schüttelte den Kopf. »Ich danke Euch, daß Ihr gekommen seid, um mir Euer Mitgefühl auszusprechen, aber ich bin dafür der falsche Mann. Schickt einen anderen.«

»Ihr seid der Mann, dem es bestimmt ist zu gehen. Althea hat das gewußt. Sie hat Euch einen Brief hinterlassen, in dem sie Euch erklärt, daß Ihr in diesem Kampf gebraucht werdet, und sie hat Euch gebeten einzuwilligen, wenn man sich an Euch wendet. Lord Rahl braucht Eure Hilfe, also wende ich mich an Euch.«

»Ihr wißt von dem Brief?«, fragte Friedrich ungläubig, sich wieder erhebend.

»Das ist eines der herzlich wenigen Dinge, die ich in dieser Angelegenheit mit Sicherheit weiß. Ich weiß weiterhin aus den Prophezeiungen, daß Ihr derjenige seid, dem es bestimmt ist, zu gehen; Ihr müßt es allerdings aus freien Stücken tun. Ich fordere Euch hiermit auf, eben dies zu tun.«

Friedrich schüttelte den Kopf, etwas entschiedener diesmal. »Ich bin nicht der Richtige dafür, begreift es doch. Ich fürchte, das alles interessiert mich mittlerweile einfach nicht mehr.«

Nathan zog einen Gegenstand unter seiner Pelerine hervor. Als er ihn Friedrich hinhielt, sah dieser, daß es sich um ein kleines Buch handelte.

»Nehmt dies«, forderte ihn der Zauberer auf die Stimme plötzlich voller Autorität.

Friedrich gehorchte und strich mit den Fingern über den uralten Ledereinband, während er den in Goldbuchstaben aufgeprägten Text studierte. Auf dem Einband standen vier Worte in einer Sprache, die Friedrich noch nie zuvor gesehen hatte.

»Dieses Buch stammt aus der Zeit des Großen Krieges vor Tausenden von Jahren«, erläuterte Nathan. »Ich habe es erst kürzlich im Palast des Volkes entdeckt, nach einer eiligen Suche unter den Tausenden von Bänden, die es dort gibt. Anschließend bin ich sofort hierher geeilt. Ich hatte noch keine Zeit, es zu übersetzen, daher weiß ich nicht, was drin steht.«

»Es ist vollständig in einer fremden Sprache verfaßt.«

Nathan nickte. »In Hoch-D’Haran. einer Sprache, die ich geholfen habe Richard beizubringen. Es ist lebenswichtig, daß er dieses Buch bekommt.«

»Richard?«

»Lord Rahl.«

Die Art, wie er die beiden Worte aussprach, ließen Friedrich frösteln. »Wenn Ihr es nicht gelesen habt, woher wißt Ihr dann überhaupt, daß es das richtige Buch ist?«

»Das sagt mir der Titel vorn auf dem Einband.«

Friedrich strich mit den Fingern sacht über die unverständlichen Worte. Die Goldauflage war nach all der Zeit noch immer makellos. »Darf ich Euch fragen, wie der Titel des Buches lautet?«

»Die Säulen der Schöpfung.«

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