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»Schneller! Schneller, du ungeschickte Sklavin!« rief der narbige, bucklige, kleine Mann, der das rechte Bein nachzog. Er trug eine schmutzige Tunika, darüber eine lange braune Aba, die ziemlich zerlumpt aussah. Ein braunes Tuch hatte er sich turbanartig um den Kopf gewunden. Er schien wütend zu sein.

»Beeilung!« rief er.

»Oh!« klagte sie schluchzend unter ihrer Gesichtsmaske, die ihr keinen Ausblick ließ. »Bitte schlag mich nicht immer! Ich beeile mich ja.«

Ich folgte den beiden in unauffälliger Entfernung. Mit Hilfe eines Fernglases der Häuserbauer hatte ich ihren Verkauf beobachtet; dabei hatte ich auf einem Dach gestanden, das sich in der Nähe von Uchafus Markt befand. Anschließend hatte ich das Glas zusammengeschoben und wieder in den Beutel gesteckt. Deutlich war zu sehen gewesen, wie Silbermünzen den Besitzer wechselten. Allerdings wußte ich nicht genau, wie viele Stücke überreicht worden waren, da der Erwerber mir den Rücken zugewandt hatte.

»Schnell!« rief er.

Er war wie ein Bettler gekleidet; doch ich glaubte nicht, daß er diesem Berufsstand angehörte – ganz abgesehen davon, daß Bettler keine Sklavinnen kaufen, zumindest nicht offen.

Ich war überzeugt, daß der Mann ein Agent der Kurii war.

Wieder schlug er zu, und wieder geriet sie ins Stolpern. Noch immer trug sie die Maske, die den oberen Teil ihres Kopfes ganz verhüllte. Von Uchafus Markt hatte sie nichts mitbekommen und wußte auch nicht, wohin sie jetzt getrieben wurde. Von Schendi hatte sie bisher nur Hafen und Kaianlagen gesehen.

»Tempo!« forderte der Bucklige erneut.

»Wohin soll ich denn?« jammerte das Mädchen verwirrt. Grob griff er zu und zerrte sie am linken Arm die Straße entlang.

Von Zeit zu Zeit blickte ich mich um, sah aber nichts Ungewöhnliches. Außer den üblichen Anwohnern solcher Straßen und Passanten fiel mir nichts auf. Heute trug ich die Kleidung der Lederarbeiter.

»Hier hinein, wertlose Sklavin!« sagte der Mann, packte das Mädchen am Arm und schob sie durch den Eingang einer Paga-Taverne, die den Namen Goldener Kailiauk trug.

Er führte sie an die Wand gegenüber der Haupttür, unweit eines kleinen Nebeneingangs.

»Leg dich hierher!« befahl er.

Gehorsam ließ sie sich auf dem Holzboden nieder.

»Auf die Seite!« sagte er. »Zieh die Knie an!«

Zusammengekrümmt lag sie vor ihm.

Er warf seine braune Aba über sie, die das Mädchen völlig verdeckte, und humpelte anschließend durch die kleine Seitentür davon.

»Hat der Herr Wünsche?« fragte ein schwarzes Pagamädchen und kniete vor mir nieder.

»Paga«, sagte ich zu ihr. Sie richtete sich auf und ging zur großen Tonne hinter dem Tresen. Ich ließ mich im Schneidersitz hinter einem niedrigen Tisch nieder, von dem aus ich das verdeckt auf dem Boden liegende Mädchen sehen konnte.

Langsam trank ich von meinem Paga und schlug die Zeit tot.

Aber niemand schien das Mädchen abholen zu wollen.

In mir regte sich die Sorge, daß hier irgendwo ein Fehler vorlag. Was war, wenn sich Ulafi hinsichtlich des Mädchens geirrt hatte? Wenn nun der Bettler das Mädchen für den Tavernenwirt erstanden hatte? Was sollte werden, wenn sie lediglich hier abgeliefert wurde, um als Pagamädchen ausgebildet zu werden? Ich schaute in die Runde. Im Lokal gab es nur noch ein anderes weißhäutiges Mädchen, eine dunkelhaarige Schönheit, die gelbe Vergnügungsseide trug. Vielleicht wollte sich der Wirt ein zweites weißes Mädchen zulegen, um seinen Gästen eine größere Abwechslung zu bieten.

Ich blickte auf das blonde Mädchen, das unter der Aba lag. Sie wagte es nicht, sich zu bewegen.

Aber nein – ich hatte doch selbst gesehen, daß mit Silbermünzen für sie bezahlt worden war.

Ein Irrtum war ausgeschlossen.

Ich mußte warten.

Ich bestellte einen zweiten Becher mit Paga. Um mir die Zeit zu vertreiben, spielte ich mit einem anderen Gast eine Runde Kaissa, die einige Zeit in Anspruch nahm und auch ein wenig Konzentration erforderte.

Wieder schaute ich auf das Mädchen unter der Aba. Ein- oder zweimal mußte ich blinzeln. Meine Augen fühlten sich irgendwie seltsam an, als sei Sand hineingeraten. An den Unterarmen und am Bauch verspürte ich ein leichtes Jucken. Ich kratzte.

»Herr?« fragte eines der Mädchen, eine Schwarze mit hohen Wangenknochen.

»Noch mehr Paga!« bestellte ich.

Eine Ahn später trafen Musiker ein, die kurze Zeit darauf zu spielen begannen. Die Taverne hatte sich gefüllt. Mein Oberschenkel juckte. Ich kratzte darauf herum.

Unterdessen beobachtete ich das weiße Mädchen mit den dunklen Haaren, die drüben auf der anderen Seite Gäste bediente. Sie hatte hübsche Beine.

Ein Flötentusch, begleitet von einem Trommelwirbel, lenkte meine Aufmerksamkeit auf das Sandviereck neben den Musikern.

Ich beobachtete die Tänzerin, ein hübsch gebautes dunkelhäutiges Mädchen, das gelbe Perlenschnüre wirbeln ließ.

Sie war sehr geschickt. Aus der Art und Weise, wie sie Hände und Perlen bewegte, schloß ich, daß die auf Ianda ausgebildet worden war, einer Handelsinsel nördlich von Anango.

Als sie abtrat, blickte ich mich um. Sofort fiel mir auf, daß das weiße Mädchen nicht mehr im Raum war.

Meine Stimmung verschlechterte sich. Außerdem begann der Alkohol seine Wirkung zu tun. Es wollte mir scheinen, daß man die blonde Barbarin längst hätte abholen müssen.

Wieder blickte ich zur Aba hinüber, die vor der Wand lag. Deutlich waren die anmutigen Rundungen des Mädchens auszumachen.

Plötzlich brüllte ich aufgebracht los und stürzte den kleinen Tisch um, hinter dem ich saß. Mit zwei Schritten hatte ich die Aba erreicht und riß sie hoch.

»Herr!« rief das Mädchen, das darunter lag, und blickte mich erschrocken an.

Es war nicht die blonde Barbarin. Es war das dunkelhaarige weiße Mädchen, das zuvor Paga serviert hatte.

Am Haar zerrte ich sie hoch. »Wo ist das andere Mädchen?« fragte ich. »Wo?«

»Was geht hier vor?« fragte der Wirt, der vor einiger Zeit eingetroffen war und jetzt hinter der Theke stand und Paga ausschenkte.

Ein Pagahelfer eilte auf mich zu, blieb aber stehen, als er meinen Blick bemerkte. Mehrere Männer waren aufgesprungen. Die Musiker hatten zu spielen aufgehört.

»Wo ist das Mädchen, das sich unter dieser Aba befand?« fragte ich. »Wo?«

»Was für ein Mädchen war denn das?« erkundigte sich der Tavernenwirt. »Wem hat sie gehört?«

»Sie wurde von Kungumi gebracht, während du fort warst«, sagte eines der schwarzen Mädchen.

»Ich hatte doch angeordnet, daß er das Lokal nicht mehr betreten darf«, sagte der Mann.

»Du warst nicht hier!« jammerte das Mädchen. »Wir hatten Angst, einen freien Mann abzuweisen.«

»Wo warst du?« wandte sich der Wirt an seinen Helfer.

»In der Küche«, antwortete er. »Ich wußte nicht, daß Kungumi sie gebracht hatte.«

Zornig stieß ich das Mädchen von mir fort.

»Wer hat sie gehen sehen – und in wessen Begleitung war sie?« fragte ich.

Männer musterten sich.

»Wie bist du unter die Aba gekommen?« fragte ich das Mädchen, das ich zur Seite geschleudert hatte.

»Ein Mann hat mir befohlen, drunterzukriechen«, antwortete sie. »Ich habe ihn nicht gesehen! Er sagte, ich dürfe mich nicht umschauen!«

»Du lügst!« beschuldigte ich sie.

»Sei gnädig, Herr!« bat sie. »Ich bin nur eine Sklavin.«

Der Helfer des Pagawirtes, der mir am nächsten stand, musterte mich eindringlich. Ich wußte nicht, was er an mir so interessant fand. Unsicher trat er einen Schritt zurück. Das verstand ich nicht, denn ich hatte ihn nicht bedroht.

»Einen Silber-Tarsk für den Mann, der das Mädchen für mich aufspürt«, sagte ich.

Die schwarzen Mädchen blickten sich an. »Sie war doch nur ein Topfmädchen!« sagte eine der Sklavinnen.

»Einen Silber-Tarsk«, wiederholte ich mein Angebot, »erhält der, der die Sklavin für mich wiederfindet.«

»Seht euch seine Augen an!« sagte der Helfer des Wirtes und wich einen weiteren Schritt zurück.

Sie konnte noch nicht lange fort sein. Ich mußte sie in den Straßen suchen.

Plötzlich hob die Tänzerin die Hände vor das Gesicht und schrie los. Sie deutete auf mich.

»Die Pest!« rief sie. »Die Pest!«

Der Pagahelfer machte unsicher kehrt und ergriff die Flucht. »Die Pest!« schrie er. Die ersten Männer stürzten aus dem Lokal. Allein blieb ich an der Wand zurück. Tische waren umgeworfen worden, Paga strömte über den Boden.

Plötzlich war es sehr still in der Taverne. Sogar die Pagamädchen waren geflohen.

Draußen auf der Straße gellten Rufe und Geschrei auf.

»Ruft die Wachen!« hörte ich jemanden fordern.

»Tötet ihn!« rief ein anderer. »Tötet ihn!«

Ich trat vor einen Spiegel. Mit der Zunge fuhr ich mir über die Lippen, die mir irgendwie trocken vorkamen. Das Weiße meiner Augen war eindeutig gelb geworden. Ich rollte den Ärmel meiner Tunika hoch und entdeckte am Unterarm etliche aufgeplatzte Furunkel.

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