»Keine Sorge!« sagte ich zu Pembe. »Es war nur eine kleine Unpäßlichkeit, die ich längst überwunden habe.«
Seine Hände zitterten.
»Schau doch!« fuhr ich fort. »Überzeug dich, daß ich nicht die Pest habe!«
»Deine Haut ist rein, ebenso deine Augen«, sagte er.
»Natürlich.«
»Es geht dir gut?« fragte er unsicher.
»Natürlich!«
»Dann sei im Goldenen Kailiauk willkommen«, sagte er erleichtert.
»Ich bin gleich wieder da«, antwortete ich und ging zu der Wand, vor der die blonde Barbarin kniete.
»Beug dich nieder«, befahl ich, »neig den Kopf!«
»Ja, Herr!« sagte sie.
»Und du bleibst in dieser Stellung, bis ich dir befehle aufzustehen.«
»Ja, Herr!« erwiderte sie. »Herr!« setzte sie nach.
»Ja?«
Sie sprach mit geneigtem Kopf.
»Wer bist du?« fragte sie. »Wer ist mein Herr?«
»Sei still!« forderte ich.
»Ja, Herr!«
Anschließend kehrte ich an den Tresen zurück. »Hast du hier eine weißhäutige Paga-Sklavin, eine Barbarin?«
»Ja«, sagte er. »Erst heute abend habe ich eine solche Sklavin erstanden, für vier Tarsk. Ich habe sie noch nicht eingesetzt.«
Ich warf ihm einen Kupfer-Tarsk zu. »Paga«, forderte ich, »und das Mädchen!«
Der Wirt wandte sich an einen seiner Helfer. »Bring das neue Mädchen!« sagte er. »Ausgezeichnet«, murmelte er vor sich hin, »schon wird nach ihr verlangt.«
Der Paga-Helfer schob das Mädchen, das bis auf ihren Kragen nackt war, durch den Vorhang.
»Ah!« sagte ich. Sie hatte mich noch nicht gesehen. »Ich glaube, deine vier Tarsk wird sie dir sehr schnell verdienen.«
»Allerdings muß ich auch die Kosten des Paga berechnen«, sagte er.
»Das stimmt«, meinte ich.
»Außerdem ist sie ein neues Mädchen«, fuhr er fort. »Wenn sie dich nicht gänzlich zufriedenstellt, gib mir Bescheid, dann lasse ich sie auspeitschen und gebe dir das Geld zurück.«
»Schön«, sagte ich. »Ich sitze an dem Tisch dort«, fuhr ich fort und deutete auf einen Tisch im hinteren Bereich der Taverne, unweit einer Nische, die mit einem roten Vorhang verschlossen war.
»Ja, Herr!« sagte Pembe.
Ich setzte mich mit untergeschlagenen Beinen hinter den Tisch. Ich hielt es für ratsam, nicht auf direktem Wege in meine Unterkunft zurückzukehren. Wenn mir jemand folgte, stand ihm eine ziemlich lange Wartezeit bevor. Mein Aufenthalt in der Paga-Taverne würde es mir erleichtern, einem solchen Verfolger zu entgehen. Natürlich hatte ich mir wegen Pembes neuer Paga-Sklavin diese Taverne ausgesucht. Als sie sich im Hauptquartier Shabas und Msalitis einbildete, uns den Dienst lediglich vorzuspielen, hatte sie mich erregt – ob sie es nun wollte oder nicht. Und jetzt wollte ich sie besitzen. Es mochte auch zum Vorteil des Mädchens sein, von mir in ihr Schicksal eingeführt zu werden, der ich die Grenzen, die irdischen Mädchen gesetzt waren, besser kannte als die meisten Goreaner. Normalerweise sind die ersten drei Nächte für ein Mädchen in einer Paga-Taverne die schlimmsten.
Den Paga-Kelch in den Händen haltend, drehte sie sich um. Beinahe hätte sie das Getränk verschüttet. Nur gut für sie, daß nicht wirklich ein Tropfen zu Boden ging.
Langsam kam sie auf mich zu und kniete vor mir nieder.
»Paga, Herr?« flüsterte sie schluchzend.
Mit geneigtem Kopf hielt sie mir das Getränk entgegen.
»Hat Pembe dir schon einen Namen gegeben?« fragte ich.
»Nein, Herr.«
»Während unseres Zusammenseins«, sagte ich, »sollst du Evelyn heißen.«
»Ja, Herr!« sagte sie und lehnte sich zurück.
»Du bist eine hübsche Sklavin, Evelyn«, sagte ich und kostete von meinem Getränk. »Trägst du weiße Seide?« fuhr ich fort.
»Ich bin eine Jungfrau«, erwiderte sie.
»Dann trägst du weiße Seide«, bestätigte ich ihr.
»Ja, Herr!«
»Hast du dich je gefragt, wie es sein würde, Sklavin zu sein?« fragte ich. »Bedenke, was du sagst!«
»Ja«, erwiderte sie, »ich habe mich damit beschäftigt.«
»Du wirst es erfahren«, sagte ich.
»Ja, Herr!«
Anschließend widmete ich mich dem Paga und meinen Gedanken. Nach einiger Zeit ließ ich mir von ihr einen zweiten Kelch bringen. In Pembes Taverne kostete der zweite Kelch lediglich einen kleinen Tarsk. Ich bezahlte den Paga-Helfer, der an den Tisch kam. Wie in vielen anderen Lokalen durften die Mädchen bei Pembe kein Geld berühren. Evelyn, die mit dem höheren Preis für den ersten Kelch bezahlt worden war, gehörte mir, bis ich das Lokal verließ oder sie sonstwie freigab.
»Darf ich etwas sagen?« fragte sie.
»Ja.«
»Hat der Herr die Absicht, mich zu gebrauchen?« fragte sie.
»Vielleicht ja, vielleicht auch nicht. Ich werde tun, was mir beliebt.«
»Ja, Herr!«
Ich trank meinen zweiten Kelch Paga. Nach einiger Zeit stieß ich ihn von mir fort.
»Will der Herr jetzt gehen?« fragte sie.
»Geh zur Nische!« sagte ich.
Gequält blickte sie mich an. Sie stand auf und ging schweren Schrittes zur Nische. Sie schien sich kaum noch auf den Beinen halten zu können. Sie brachte es nicht fertig, durch den Vorhang zu treten.
Ich umfaßte ihren linken Arm und stieß sie hinein, drückte sie auf die Felle zu meinen Füßen. Dann drehte ich mich um und schloß den Vorhang hinter mir. »Einen Kuß noch, Herr!« flehte sie.
Den einen Fuß angekettet, kniete sie auf dem Fell. Ich kniete vor ihr und nahm sie in die Arme. Dann schob ich sie von mir und stand wieder auf.
Es war bereits der nächste Morgen, und ich hatte mich wieder angezogen.
»Behalt mich, Herr!« flehte sie. »Behalt mich!«
Ich blickte auf sie nieder. Sie kniete vor mir. Sie war so weich und wunderschön, die langen Wimpern feucht von Tränen, das dunkle Haar auf den Schultern wogend. Ihre Lippen bebten.
Sie war Agentin der Kurii gewesen.
»Denk dran – es wird dir am besten ergehen, wenn du dich den Männern unterwirfst, wie es sich einer Sklavin geziemt. Denk daran und daß du eine Sklavin bist!« mahnte ich.
»Darf ich dich noch ein einziges Mal küssen?« fragte sie.
Ich gestattete es ihr.
Ich spürte ihre Lippen.
Ich betrachtete die Sklavin, die Agentin der Kurii gewesen war.
Dann machte ich kehrt und verließ die Nische.
Einmal blickte ich noch zurück. Sie lag auf dem Bauch, halb durch den Vorhang ragend, doch von der Sklavenkette festgehalten, die Arme nach mir ausstreckend. »Bitte kauf mich!« flehte sie. »Bitte laß mich nicht hier zurück!«
»Wie war sie?« fragte ein Paga-Helfer, der gerade Kelche abwusch.
»Ich werde mein Geld nicht zurückverlangen«, sagte ich.
»Ob sie sich wohl macht?« erkundigte er sich. »Pembe wollte es wissen.«
»Anzunehmen«, sagte ich. »Man weiß das natürlich nie so genau. Ich meine aber, daß sie sich als zufriedenstellend erweisen wird.«
»Liegt ihr Sklaventum dicht an der Oberfläche?« fragte er weiter.
»Ja«, entgegnete ich. »Zweifellos wird es sich bald voll zeigen.«
»Hat sie das wahre Feuer einer Sklavin?«
Ich dachte daran, wie sie schluchzend in meinen Armen gelegen hatte, küssend und leckend, um Berührung flehend.
»Ja«, antwortete ich.
»Das ist gut«, sagte er. »Vielleicht ist ja Hoffnung für das Mädchen.«
Ich ging zu der Wand, vor der ich die blonde Barbarin hatte knien lassen. Sie war eingeschlafen und zur Seite umgesunken.
Sanft berührte ich sie. Leise stöhnend erwachte sie und fuhr auf.
»Nein!« sagte ich leise und nahm sie sanft in die Arme. Wie leicht und klein sie war! Wenn ich mich nicht sehr irrte, wog sie keine hundert Pfund.
»Ich gehe durch den Hinterausgang«, sagte ich zu dem Paga-Helfer.
»Wie du willst.«
Draußen wartete ich einige Sekunden lang, um zu sehen, ob die Tür sich hinter mir vorsichtig wieder öffnete. Ich hielt auch nach Spuren im Sand der Gasse Ausschau und beäugte die umliegenden Dächer. Die Tür ging nicht auf, im Sand zeigte sich nichts, die Dächer schienen leer zu sein.
Ich betrachtete das Mädchen in meinen Armen. Sie war wieder eingeschlafen. Einen Augenblick empfand ich so etwas wie Zärtlichkeit. Ihr Leben war in den letzten Wochen nicht einfach gewesen. Sie hatte als simple Schachfigur im grausamen Spiel ganzer Welten gedient. Für eine stolze Erdenfrau kann es auch qualvoll sein festzustellen, daß sie plötzlich eine Sklavin geworden ist. Ich wollte das Mädchen schlafen lassen. Ich trug sie durch Schendis Straßen. Ich begab mich nicht auf direktem Wege zu meiner Unterkunft.