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»Vorsicht!« rief ich.

Der Tarsk, ein kleines Tier, keine vierzig Pfund schwer, griff schnaubend an, die Hauer wütend gesenkt, Blätter hinter sich aufstiebend.

Er schlug einen Haken und hieb mit den gekrümmten Hauern zu. Im letzten Augenblick konnte ich das Tier mit der Spitze des Eingeborenenspeers zur Seite drücken, den wir zusammen mit dem Kanu erbeutet hatten. Mit unglaublicher Geschwindigkeit griff der Tarsk erneut an.

Die blonde Barbarin schrie auf.

Wieder stach ich zu. Und erneut wirbelte das Tier herum und stürmte auf mich zu, und ich mußte es zum wiederholten Male zurückstoßen. An der Speerklinge schimmerte Blut, ebenso auf dem Fell des Tarsk. Solche Tiere jagt man am besten vom Rücken einer Kaiila in freiem Gelände. Sie sind schlau, halsstarrig und schnell. Der Riesen-Tarsk, der in der Schulter eine Höhe bis zu zehn Hand erreicht, wird sogar von dem Rücken des Tarn aus gejagt – mit schweren Lanzen.

Das Geschöpf schnüffelte und schnaubte und attackierte erneut. Wieder lenkte ich die heranstürmende Masse zur Seite ab. Einem solchen Tier folgt man nicht in den Busch. Nicht nur, weil man im Dickicht so schlecht sehen kann, sondern weil man Bewegungsfreiheit für seine Waffen braucht. Selbst im Freien wie jetzt, auf einer Lichtung zwischen Bäumen, war der Einsatz des Speers nicht einfach, da das Tier sich nie weit entfernte und unglaublich schnell wieder vorstürmte.

Plötzlich drehte der Tarsk den kurzen, breiten Kopf, von dem eine borstige Mähne aus über den Rücken bis zum Schwanz lief. »Hinter mich!« rief ich dem Mädchen zu. Das Tier senkte den Kopf auf dem kurzen, dicken Nacken und raste auf die blonde Barbarin los. Schreiend stolperte sie rückwärts und stürzte, als das Tier sie eben erreichte. Doch im gleichen Augenblick stieß ich das Tier von der Seite fort. Sofort griff es mich an. Wieder lenkte ich es aus der Bahn. Doch ehe es sich von neuem drehen konnte, stieß ich dem Tarsk den Speer hinter dem rechten Vorderbein durch den untersetzten Körper.

Schweratmend hob ich den Kopf. Dann setzte ich dem Tier den Fuß in die Flanke und zog den Speer heraus.

Ich wandte mich an die blonde Barbarin. »Alles in Ordnung mit dir?« fragte ich.

»Ja«, erwiderte sie. Ihr linkes Bein war an der Außenseite blutverschmiert, etwa sechs Zoll über dem Knöchel.

Ich ging neben ihr in die Hocke. »Gib mir dein Bein!« sagte ich.

Ich betrachtete das Bein. Sie setzte sich auf den Boden des Regenwaldes. Ihr Bein fühlte sich in meiner Hand sehr gut an.

»Ist es etwas Schlimmes, Herr?« fragte sie.

»Nein, nur ein Kratzer«, erwiderte ich. Sie hatte Glück gehabt.

»Es wird doch keine Narbe geben, oder?« fragte sie.

»Nein.«

»Das ist gut«, sagte sie und stemmte sich erleichtert auf die Hände zurück. »Ich möchte hübsch sein«, sagte sie, »für mich selbst – und für meinen Herrn.«

»Du bist hübsch«, sagte ich. »In den letzten Wochen bist du sogar noch hübscher geworden.«

»Vielen Dank, Herr«, sagte sie und schaute mich an. »Ich gehöre dir, das weißt du«, fuhr sie fort.

»Natürlich«, sagte ich.

»Und doch hast du mich seit Schendi nicht mehr besessen«, sagte sie.

»Das stimmt«, erwiderte ich.

»Du zwangst mich dort, mich dir als Sklavin hinzugeben.«

Ich lächelte. Sie schien noch immer nicht zu erkennen, daß ich in jenen kurzen Sekunden in Schendi die Sklavin in ihr befreit hatte, die so lange in ihr verborgen gewesen war, ein Element, das sie erschrocken in sich selbst entdeckt hatte.

Ich stand auf und ging einige Meter zu einer Fächerpalme. Aus dem Blattansatz eines der breiten Blätter sammelte ich eine doppelte Handvoll frisches Wasser. Ich kehrte zu dem Mädchen zurück und wusch sorgfältig die Wunde aus. Sie zuckte zusammen. Anschließend schnitt ich einige Blätter ab und wickelte sie ihr um das Bein. Den Verband sicherte ich mit einigen Strähnen der Teppichpflanze.

»Danke, Herr!« sagte sie und legte mir die Arme um den Hals. Ich zog sie herunter und versetzte ihr einen energischen Schlag.

»Das nächste Mal«, sagte ich streng, »bleibst du hinter mir, wenn ich es dir sage!«

»Ja, Herr«, erwiderte sie.

Ich kehrte zu dem toten Tarsk zurück.

Nachdem Tende über den Wasserfällen getanzt hatte, waren wir mehrere Stunden lang flußaufwärts gefahren. Am Spätnachmittag hatten wir das Kanu ans Ufer gesteuert und getarnt, um anschließend wie üblich unser Lager aufzuschlagen.

»Ich hätte Lust auf Fleisch«, hatte Kisu gesagt. »Ich auch«, erwiderte ich. »Ich werde jagen.« Kisu und ich, die wir beide Krieger waren, wollten Fleisch zu essen. Außerdem vermuteten wir, daß der vor uns liegende Fluß immer gefährlicher werden würde – so hatte man uns im letzten Dorf jedenfalls gesagt. Wir waren der Meinung, daß die Kraft der Fleischproteine uns langfristig bei unserem Vorhaben helfen konnte.

»Komm her!« sagte ich zu dem Mädchen.

Ich hob den Tarsk vom Boden hoch.

Wir waren gut zwei Ahn lang durch den Regenwald gelaufen, ehe wir auf das Tier stießen.

»Beug dich vor!« sagte ich.

Ich legte ihr den Tarsk auf die Schultern. Sie taumelte unter dem Gewicht.

Dann wandte ich mich ab und verließ die Lichtung. Meine Hände waren frei für den Speer. Keuchend, stolpernd, folgte meine Sklavin mit der schweren Beute. Ich blickte zwischen den Bäumen empor. »Es wird dunkel«, sagte ich. »Wir werden die anderen vor Einbruch der Nacht nicht mehr erreichen können. Wir schlagen im Wald ein kleines Lager auf und marschieren am Morgen weiter.«

»Ja, Herr«, sagte sie. »Der Tarsk ist fertig«, sagte sie.

Ich nahm ein Ende des Spießes in beide Hände und hob den Tarsk vom Feuer, um ihn auf einige Blätter zu legen. Anschließend hockte ich daneben nieder und begann das Tier bis zum Spieß aufzuschneiden. Ich hob den Blick. Das Mädchen, das am Feuer kniete, beobachtete mich. Ich schnitt mir Scheiben des Fleisches ab und aß. Nachdem ich meinen Appetit gestillt hatte, überließ ich auch dem Mädchen ihren Teil. Sie nahm das Stück in beide Hände und begann zu essen, ohne den Blick von mir zu nehmen.

Nach einer Weile wischte ich mir mit dem Unterarm über das Gesicht. Ich hatte meine Mahlzeit beendet. Wieder blickte ich zu dem Mädchen hinüber. »Möchtest du mehr?« fragte ich.

»Nein, Herr.«

Dann legte ich mich seitlich nieder, den Kopf in die Hand gestützt, und betrachtete meine wunderschöne Sklavin. Es ist sehr angenehm, Frauen zu besitzen.

Die blonde Barbarin betrachtete die Fesseln, die ich ihr angelegt hatte.

»Herr?« fragte sie. »Müssen Sklavinnen gefesselt werden?« fragte sie.

»Nicht alle«, antwortete ich. »Denn nicht alle Mädchen wollen fliehen.«

»Ich hätte Angst zu fliehen, Herr«, sagte sie.

»Du hast in Port Kar zu fliehen versucht«, sagte ich. Ich hatte sie eingefangen und gefesselt und zu Ulafi zurückgebracht, der zu der Zeit ihr Herr war. Es war mein Ziel gewesen, sie nach Schendi bringen zu lassen, damit ich ihren Verkäufen folgen und die Spur zu Shaba finden könnte, dem Verräter an den Priesterkönigen.

»Damals wußte ich nicht im geringsten, was es bedeutet, Sklavin auf Gor zu sein«, entgegnete sie.

»Jetzt aber begreifst du davon ein wenig, wie?« fragte ich.

»Ja«, sagte sie und neigte den Kopf. »Und es ist seltsam. Ich hätte mir in meinem ganzen Leben nicht träumen lassen, daß ich jemals vor einem Mann knien und ihm sagen wollte, daß ich bereit sei, ihm zu Gefallen zu sein, wie es ihm beliebe. Aber er befiehlt es mir nicht.«

»Wenn du wolltest«, sagte ich, »könntest du mir sicher auf die eine oder andere Weise zu Gefallen sein.«

»Aber ich bin Sklavin«, sagte sie.

»Genau«, erwiderte ich.

»Du weißt doch genau, nicht wahr«, fragte sie, »daß ich dich als Sklavin erfreuen möchte?«

»Natürlich«, sagte ich.

»Dann befiehl es mir!« flehte sie mich an.

»Nein.«

»Aber ich bin eine Frau von der Erde!«

»Nicht mehr«, gab ich zurück. »Du bist jetzt eine goreanische Sklavin.«

»Ja, Herr«, sagte sie und stand auf. »Ich habe auch meine Bedürfnisse«, sagte sie. »Und ich möchte meinem Herrn dienen.«

Ich zuckte die Achseln.

Plötzlich barg sie den Kopf in den Händen und schluchzte. »Ich wage es nicht!« rief sie. »Befiehl es mir! Befiehl es mir!«

»Nein«, sagte ich. Ich hatte keine Eile.

Nach einiger Zeit nahm sie die Hände aus dem Gesicht und wischte sich die Tränen ab. »Binde mich für die Nacht an!« forderte sie.

»Na schön«, sagte ich.

»Nein!« rief sie erschrocken. »Nein!«

»Na schön«, wiederholte ich.

Sie richtete sich auf. Sie lächelte. In ihren Augen standen Tränen. »Was ich nun tun will, tue ich aus eigener freier Entscheidung. Ich habe sexuelle Bedürfnisse. Ich möchte meinem Herrn die Dringlichkeit dieser Bedürfnisse vor Augen führen und hoffe, er wird sich meiner erbarmen und sie befriedigen. Ich hoffe außerdem, daß mein Herr mich nicht völlig abstoßend findet.«

Sie legte den Kopf in den Nacken und schluchzte freudvoll auf. Die Sklavin in ihr war endlich aus ihrem Verlies frei. Sie würde nie in die Enge des Gefängnisses zurückkehren.

»Ich bin frei«, flüsterte die blonde Barbarin. »Endlich bin ich frei!«

»Überleg dir, was du da sagst!« ermahnte ich sie.

»Ja, Herr.«

»Ich fühle mich so frei«, sagte sie und betrachtete mich mit tränenvollen Augen.

»Auf eine Weise bist du frei, auf eine andere nicht. Emotionell hast du dich befreit, du bist plötzlich zufrieden mit dir selbst. In welcher Beziehung du nicht frei bist, liegt auf der Hand. Du bist Sklavin und deinem Herrn ausgeliefert.«

»Ja, Herr«, hauchte sie.

Und ich umfaßte ihre Oberarme und drückte sie sanft, aber unaufhaltsam rückwärts.

»Ja, Herr«, wiederholte sie. »Es ist hell, Herr«, sagte sie leise.

Ich erwachte, rollte herum und stemmte mich auf einen Ellbogen. Ich betrachtete sie in der feuchtschimmernden Morgendämmerung. Sie lag neben mir.

»Wir müssen bald weiter«, sagte ich.

»Ja, Herr«, erwiderte sie. Sie war wunderschön. »Ich war in meinem ganzen Leben noch nie so glücklich«, flüsterte sie.

»Du bist Janice«, sagte ich – und gab ihr damit ihren Namen.

»Danke, Herr«, sagte sie und legte den Kopf in den Nacken.

Ich hatte sie im Lauf der Nacht mehrere Male den hilflosen Sklavenorgasmus erleben lassen, der ihr bisher verschlossen gewesen war.

»Ich wußte gar nicht, daß es solche Empfindungen überhaupt gibt«, sagte sie verträumt.

»Nur die Sklavin ist dazu fähig«, sagte ich, über ihr stehend.

»Ich liebe dich, Herr«, sagte sie.

»Zweifellos wirst du oft gekauft und verkauft werden, Sklavin«, sagte ich, »und wirst viele Herren haben.«

»Ich werde versuchen, meine Herren zu lieben.«

»Das ist sicher klug.«

»Ja, Herr«, sagte sie lächelnd. Ich betrachtete sie. Vielleicht würde sie eines Tages ihren Liebesherrn finden – der Mann, für den sie die vollkommene Liebessklavin war.

Ich versetzte ihr einen Tritt in die Flanke. »Aufstehen!« befahl ich.

»Ja, Herr«, sagte sie.

Ich hockte mich nieder und aß etwas Tarskfleisch. Dann zog ich ein Stück Rindentuch aus meinem Gürtel und warf es ihr hin. »Zieh dich an!«

»Ja, Herr«, antwortete sie lächelnd. Sie wand sich das Stück Stoff um die Hüfte und steckte es fest. Anschließend rückte sie das Gewand noch ein wenig tiefer auf die Hüften, damit die hübsche Rundung ihres Bauches gut zur Geltung kam.

»Gefalle ich meinem Herrn?« fragte sie.

»Ja.«

Lächelnd drehte sie sich vor mir und fiel mir dann hingebungsvoll in die Arme.

»Wir müssen weiter«, sagte ich. Dann aber drückte ich sie erneut zu Boden. Ich warf ihr den Rest des Tarsk über die Schultern. Sie taumelte ein wenig unter der Last. Dann richtete sie sich wieder auf.

»Ich weiß, warum die meisten Sklavinnen ihren Herren nicht ausreißen wollen«, sagte sie.

»Warum denn?« fragte ich.

»Weil wir sie lieben und ihnen gefallen wollen«, sagte sie.

Ich drehte sie herum und stieß sie in die Richtung unseres Hauptlagers, in dem Kisu und die anderen auf uns warteten.

Dann folgte ich ihr.

»Har-ta, Kajira!« rief ich. »Schneller, Sklavin!« trieb ich sie an.

»Ja, Herr«, sagte sie.

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