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»Mach mit!« rief sie lachend und planschte im Wasser herum.

Wir befanden uns in einer Lagune, die vom Fluß abging und sich über eine Weite von etwa hundert Metern erstreckte. Ich stand am Ufer und hielt einen Eingeborenenspeer in der Hand. Es sah nicht so aus, als drohte Gefahr von Tharlarions oder sonstigen Dschungelbewohnern, trotzdem konnte es nicht schaden aufzupassen.

Sie bot einen lieblichen Anblick, wie sie da im Wasser badete.

Wir hatten uns von der Hauptgruppe getrennt, um zu jagen, wie wir es zuweilen taten. Außerdem fand ich es recht angenehm, mit einer hübschen Sklavin allein zu sein.

»Wasch dich gut, Sklavin!« rief ich ihr zu. Im gleichen Augenblick glaubte ich im Dschungel hinter mir ein Rascheln wahrzunehmen. Es hörte sich nicht an, als sei dort ein Mann oder ein Tier gegangen. Es klang eher wie ein Wind, der sich zwischen Blättern bewegt. Dabei war es windstill.

Ich machte kehrt und begab mich einige Schritte weit in den Wald. Das Geräusch war nicht mehr zu hören. Vermutlich war es durch einen ungewöhnlichen Luftzug ausgelöst worden.

Plötzlich stieß das Mädchen in der Lagune einen Schrei aus. Sofort fuhr ich herum und rannte zum Waldrand zurück.

»Komm ans Ufer!« rief ich ihr zu.

Am anderen Ende der Lagune, wo ein kleiner Kanal zum Fluß führt, erblickte ich die Erscheinung, die das Mädchen erschreckt hatte. Es war ein großer Fisch. Sein schimmernder Rücken ragte mitsamt einer hohen Flosse halb aus dem Wasser, denn er stand im Begriff, sich über die Erdbarriere zu wälzen, die die Lagune vom Fluß trennte.

»Komm an Land!« wiederholte ich. »Schnell!«

Mit hektischen Bewegungen schwamm sie in meine Richtung. Einmal blickte sie zurück und schrie erneut. Jetzt war nur noch die vierteilige Flosse auszumachen, die deutlich werden ließ, daß der Fisch sich ihr schnell näherte.

»Beeilung!« rief ich.

Schluchzend und keuchend mühte sie sich durch das flache Wasser und erstieg das mit Gras bewachsene Ufer.

»Wie schrecklich das war!« rief sie.

Und schrie schrill auf. Der Fisch hatte sich auf seine kräftigen, fleischigen Seitenflossen gestemmt und folgte ihr an Land. Sie machte kehrt und floh schreiend in den Dschungel. Mit dem Speerschaft stieß ich dem Fischwesen gegen die Schnauze. Die vorspringenden Augen richteten sich auf mich. Das große Maul schnappte nach Luft. Behäbig kletterte das Wesen ans Ufer. Ich trat einen Schritt zurück und sah zu, wie sich das Geschöpf auf Seiten- und Schwanzflosse stützte und das Wasser verließ, um sich mir zu nähern. Wieder brachte ich den Speergriff zum Einsatz, und das Fischtier versuchte, nach dem Holz zu schnappen. Die vorstehenden Augen betrachteten mich. Ich trat zurück. Zuschnappend rückte das Geschöpf vor, doch ich wehrte es ab. Rückwärtsgehend zog ich mich zwischen die Bäume zurück, woraufhin das Tier innehielt. Ich nahm nicht an, daß es sich zu weit vom Wasser entfernen wollte. Nach kurzer Zeit kehrte es zur Lagune zurück und ließ sich mit dem Schwanz zuerst wieder ins Wasser gleiten. Ich kehrte ans Ufer zurück und erblickte das Wesen unter Wasser. Deutlich öffneten und schlossen sich die Kiemen. Es machte kehrt und entfernte sich mit langsamer Schwanzbewegung. Ayari und Kisu nannten solche Fische Gints. Ich war mit dieser Identifizierung einverstanden, denn eine Verwechslung mit ihren winzigen Artgenossen des Westens war auf keinen Fall möglich.

»Hilfe!« gellte eine Stimme – es war Janice. Eiligen Schrittes folgte ich dem Laut. Etwa fünfzig Meter vom Waldrand entfernt blieb ich stehen, denn ich hatte gut ein Dutzend kleiner Männer entdeckt, die eine kleine Senke säumten. Sie trugen Lendenschurze mit Lianengürteln, daran hingen in Schlingen Messer und kleine Werkzeuge. Bewaffnet waren sie mit Speeren und Netzen. Ich schätzte, daß von den Gestalten keine größer als fünf Fuß war und mehr als achtzig Pfund wog. Die Gesichter hatten einen negroiden Einschlag, während die Haut eher kupferfarben als dunkelbraun oder schwarz war. Sie schienen nicht zu den üblichen schwarzen Rassen zu gehören, die großgewachsen und geschmeidig sind und lange Gliedmaßen besitzen, trotzdem schienen sie dieser Rassengruppe näher verwandt als jeder anderen, die ich kannte.

»Hilfe!« wiederholte sich Janices Flehen.

Ich betrachtete die kleinen Männer. Sie machten keinen bedrohlichen Eindruck. »Tal«, sagte einer von ihnen.

»Tal«, erwiderte ich. »Ihr sprecht Goreanisch?«

»Herr!« rief Janice.

Ich trat an den Rand der Senke. Wenige Fuß unter mir hing Janice in einem riesigen Netz. Mit einem Arm und einem Bein war sie durch das Gewebe gebrochen. Sie wurde nicht nur durch die Klebrigkeit der Netzsträhnen am Aufstehen gehindert, sondern auch von der Nachgiebigkeit des Materials – die Fasern dehnten sich elastisch, sobald das Mädchen daran Halt zu finden versuchte.

Ich wandte mich zu den kleinen Männern um. Sie wirkten durchaus friedlich. Aber keiner machte Anstalten, Janice zu helfen.

»Herr!« rief das Mädchen.

Ich sah mir die Sache genauer an. Das Netz geriet ins Zittern. Eine riesige Felsspinne näherte sich mit schnellen Bewegungen über das Netz. Ihr Körper war rundlich, haarig, braun und schwarz und hatte einen Durchmesser von etwa acht Fuß. Das Wesen hatte Knopfaugen und schwarze Kiefer, deren Gelenke sich außerhalb des Kopfes befanden.

Janice legte den Kopf in den Nacken und schrie angstvoll auf. Ich ließ mich den kleinen Erdhang hinabgleiten und erreichte den Netzrand. Ich zog meinen Speer und schleuderte ihn der Spinne von vorn entgegen. Die Spitze durchdrang den Körper und trat am anderen Ende beinahe wieder heraus. Das Geschöpf hob die beiden Vorderbeine und streckte sie aus. Dann wandte es sich in meine Richtung. Kaum hatte es sich umgedreht, fort von dem Mädchen, begannen die kleinen Männer zu brüllen und zu kreischen und bohrten dem Geschöpf ihre Speere in den Körper. Verwirrt verharrte es auf dem Netz. Ich bewegte mich mit unsicheren Schritten am Rand der Senke entlang, wobei ich einmal ausglitt, und brachte meinen Speer wieder an mich. Er war benetzt von den klebrigen Körperflüssigkeiten des Arachniden. Ich drehte mich wieder um, hieb mit der Speerklinge zu und trennte ein Stück eines Spinnenbeins ab. Die Spinne griff an, und ich stieß ihr die Speerschneide ins Gesicht. Einige kleine Männer liefen um die Senke herum und schlugen zur Ablenkung mit Palmwedeln darauf ein. Die Spinne begann sich zu ereifern. Als sie sich den kleinen Gestalten zuwandte, schnitt ich ihr ein Stück eines Hinterbeines ab, woraufhin sie sich unsicher wieder in meine Richtung drehte. Ich wich zur Seite aus und hieb nach der Verbindung zwischen Hauptkörper und Unterleib. Die Flüssigkeit quoll hervor. Seitlich wich mir die Spinne aus. Ruckhaft wandte sie sich hierhin und dorthin. Die Kiefer öffneten und schlossen sich. Unkontrolliert trat ein Spinnenfaden aus einer der Unterleibsdrüsen. Die Spinne zog sich über das Netz zurück, und ich nahm mir den Kopf vor. Die kleinen Männer strömten an mir vorbei, erstiegen das eigentliche Netz und überfielen das Ungeheuer mit ihren Messern. Sie schnitten es in kleine Stücke. Ich kehrte zum oberen Rand der Senke zurück, den Speer in der Hand, der bereits zu trocknen begann. Janice lag nackt und zitternd im Netz. Das Rieseninsekt war auf den Rücken gerollt worden, und die kleinen Männer krabbelten darüber hin. Einige standen bis zu den Knien in dem toten Körper. Ich reinigte Griff und Klinge meines Speers. Als ich an den Schauplatz zurückkehrte, hatten die kleinen Männer das tote Ungeheuer zur Seite gerollt und waren an den Rand der Vertiefung zurückgekehrt. »Tal«, sagte der Anführer grinsend zu mir.

»Tal«, antwortete ich.

Ich blickte zu dem Mädchen hinab. Sie konnte keinen Halt finden.

Ich machte Anstalten, ihr den Speerschaft hinzuhalten, damit sie sich daran hochziehen konnte.

Sofort eilten die kleinen Leute auf mich zu und schüttelten die Köpfe. Sie versuchten mich zurückzuziehen. »Nein«, sagte der Anführer. »Nein! Nein!«

Dieses Verhalten verwirrte mich. Ich erinnerte mich, daß die kleinen Männer ursprünglich um die Senke herumgestanden und sich Janices Not gelassen angeschaut hatten. Sie waren offensichtlich nicht gewillt gewesen, ihr zu helfen, auch als das achtbeinige Ungeheuer in Erscheinung trat, um sein Opfer zu verschlingen. Doch als ich dann gegen das Ungeheuer kämpfte, hatten sie mich nach besten Kräften unterstützt. Während sie mir also freundlich gesonnen waren, schienen sie nicht die Absicht zu haben, die Sklavin Janice zu befreien. Aus irgendeinem Grunde wollten sie, daß ich sie hilflos dort liegen ließ, gnadenlos dem Dschungel ausgeliefert, unfähig, sich selbst zu befreien.

Ich schob die kleinen Männer zurück. »Zurück!« forderte ich sie auf. Sie gehorchten. Sie waren nicht erfreut, aber ich hatte nicht den Eindruck, daß sie mich behindern wollten. Ich hielt Janice den Speerschaft hin, sie griff mit der freien Hand danach und wurde dann mit einer energischen Bewegung aus dem Netz in die Sicherheit des Dschungelbodens gehoben.

Als sie dann neben mir stand, begannen die kleinen Männer zu meiner Überraschung zu zittern, umringten sie, knieten verschüchtert nieder und verbeugten sich bis zum Boden.

»Was soll das?« fragte sie.

»Sie erweisen dir ihren Respekt«, sagte ich.

»Das verstehe ich nicht«, sagte sie erschrocken.

»Natürlich!« rief ich. »Jetzt weiß ich Bescheid!«

»Was ist denn?« fragte sie nervös.

»Richtet euch auf!« rief ich den kleinen Gestalten zu. »Los, macht schon!«

Zögernd kamen die kleinen Männer meiner Aufforderung nach.

Ich blickte Janice streng an. »Bist du nicht eine Sklavin in der Gegenwart freier Männer?« fragte ich.

»Verzeih mir, Herr!« rief sie und kniete hastig nieder. Die kleinen Gestalten musterten sie verblüfft und erschrocken.

»Neige den Kopf vor ihnen«, sagte ich.

Janice gehorchte. »Verzeiht mir, ihr Herren«, sagte sie.

Staunend starrten die kleinen Männer das Mädchen an.

»Steh auf«, sagte ich zu dem Mädchen und wandte mich an mein kleinwüchsiges Publikum.

»Dies ist eine Sklavin«, erklärte ich.

Sie berieten sich leise untereinander. Dabei benutzten sie nicht die goreanische Sprache.

»Wir sind die Sklaven der Talunas«, sagte einer der Männer, der Anführer.

Ich nickte. So etwas hatte ich, nach ihrem Verhalten zu urteilen, schon vermutet. Zweifellos hatten sie von den Talunas auch Goreanisch gelernt.

»Wir fischen und jagen für sie, wir weben Stoff und dienen ihnen«, sagte einer der Männer.

»Männer sollten nicht Sklaven von Frauen sein«, sagte ich. »Umgekehrt ist es richtig!«

»Wir sind klein«, sagte ein Mann. »Die Talunas sind zu groß und kräftig für uns.«

»Man kann sie einfangen und versklaven – wie jede Frau«, antwortete ich.

»Hilf uns, die Talunas loszuwerden«, sagte der Anführer.

»Ich habe weiter oben am Fluß etwas Wichtiges zu erledigen.«

Der Anführer nickte.

Dann machte ich kehrt und kehrte, gefolgt von meiner Sklavin, zur Lagune zurück. Zu meiner Überraschung folgten mir die kleinen Männer im Gänsemarsch. Am Wasser nahm ich den Rindentuch-Rock des Mädchens und ihre Perlen auf, die sie zum Baden abgelegt hatte, und gab ihr die Sachen zurück. Dann blickte ich auf den Wald und zur Sonne empor. Ich schätzte, daß es heute zum Jagen schon zu spät war. Schließlich drehte ich mich um und machte mich mit Janice auf den Rückweg zu unserem Lager. Und wieder folgten uns die kleinen Männer. »Kisu!« rief ich besorgt. »Ayari! Tende! Alice!«

Das kleine Lager war verwüstet. Hier mußte gekämpft worden sein. Auf dem Boden schimmerte Blut.

»Sie sind fort«, sagte der Anführer der kleinen Menschen. »Sie sind vom Mamba-Volk überfallen worden, das sich die Zähne spitz zufeilt.«

Das Wort »Mamba« bezeichnet in den Flußdialekten keine Giftschlange, wie man annehmen könnte, wenn man das entsprechende irdische Wort kennt – es wird vielmehr interessanterweise sehr allgemein auf die meisten Arten der gefährlichen Fluß-Tharlarion verwendet. Das Mamba-Volk war somit das Tharlarion-Volk. Die Angehörigen des Mamba-Volkes aßen Menschenfleisch. Das trifft auch auf den Tharlarion zu – und daher bezieht dieses Volk zweifellos seinen Namen.

»Woher weißt du, daß es das Mamba-Volk war?« fragte ich.

»Sie sind zu Fuß durch den Dschungel gekommen«, sagte der Anführer der kleinen Menschen. »Zweifellos haben sie euch verfolgt. Bestimmt wollten sie euch überraschen.«

»Woher weißt du, daß sie es waren?«

»Wir haben sie gesehen.«

»Dies ist unser Land«, bemerkte ein anderer. »Wir wissen viel von dem, was sich hier abspielt.«

»Habt ihr den Angriff gesehen?« wollte ich wissen.

»Wir wagten uns nicht zu nahe heran«, sagte ein anderer.

»Wir sind nur klein«, sagte jemand. »Es waren viele, und sie sind groß.«

»Wir sahen, wie die Angehörigen deiner Gruppe fortgeführt wurden«, sagte ein Mann.

»Sie lebten also noch«, stellte ich fest.

»Ja«, bestätigte jemand.

»Warum habt ihr mir nicht früher davon erzählt?«

»Wir dachten, du wüßtest von dem Angriff«, sagte einer der Männer, »und wärst geflohen, um dein Leben zu retten.«

»Nein«, sagte ich. »Ich war auf der Jagd.«

»Wir geben dir Fleisch, wenn du welches möchtest«, sagte einer der kleinen Männer. »Wir haben vorhin ebenfalls gejagt – und mit Erfolg.«

»Ich muß versuchen, die anderen aus meiner Gruppe zu retten«, sagte ich.

»Das Mamba-Volk ist zahlreich«, sagte einer der Kleinwüchsigen. »Sie haben Speere und Messer.«

»Ich muß es zumindest versuchen«, beharrte ich.

Die kleinen Männer blickten sich an. Sie unterhielten sich kurz in einer Sprache, der ich nicht zu folgen vermochte. Nur wenige Worte waren ungefähr zu verstehen. Es besteht eine linguistische Verwandtschaft zwischen den meisten See- und Flußdialekten. Die Sprache, die hier erklang, wies jedoch kaum noch Ähnlichkeit auf mit Ushindi oder Ukungu.

Gleich darauf wandten sich die kleinen Menschen wieder zu mir um. »Tauschen wir Geschenke aus«, schlug der Häuptling vor. »Befreie uns von den Talunas, dann helfen wir dir.«

»Ihr müßt sehr mutig sein«, sagte ich.

»Wir können mutig sein«, antwortete einer der Männer.

»Ihr versteht euch auf die Jagd mit Speeren und Netzen«, sagte ich. »So sieht mein Plan aus.«

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