53

»Ich hatte gehofft, daß du mir folgen würdest«, sagte Shaba. »Als du an die Gaunerkette gelegt wurdest, fürchtete ich schon, es könne mit dir zu Ende sein. Ich kann dir nicht sagen, wie sehr ich mich freue, dich hier zu sehen.«

Shaba, der einen sehr mitgenommenen Eindruck machte, lag, von Kissen gestützt, auf einem Lager. Er schien den linken Arm nicht mehr benutzen zu können. Die Krankheit hatte ihn ausgezehrt.

»Dann nimm mir die Handfesseln ab, die mir angelegt wurden«, forderte ich. Der Schriftgelehrte hatte uns durch die alte Stadt geführt, Straßen hinauf und hinab, durch zahlreiche Gebäude schreitend, verschiedenen uralten Gassen folgend, links und rechts Ruinen, die von untergegangener Pracht zeugten. Bila Huruma und ich waren dem Schriftgelehrten als erste gefolgt, dahinter erst waren die Angehörigen unserer Gruppe gekommen. Kisu hatte die Mädchen in ihren Fesseln gelassen. Schließlich hatten wir alle, die wir über zweihundert zählten, eine festungsähnliche Umfriedung erreicht, die etwas höher stand als der Rest der Stadt. Wir hatten im Bereich des alten Eingangs warten müssen. Shabas Männer hatten die Ruine notdürftig wieder befestigt, indem sie auf der Schwelle Felsbrocken stapelten, die den Zugang nur im Gänsemarsch möglich machten. Über der Eingangsöffnung hatten sie ein Gerüst aus zusammengebundenen Stämmen angebracht, das jederzeit herabgelassen werden konnte. Shaba hatte noch etwa fünfzig Mann bei sich. Während der Rest unserer Gruppen am Eingang wartete – auch Bila Huruma mußte zurückbleiben –, wurde ich über den breiten gepflasterten Hof in die Mitte geführt, wo Shaba auf einer uralten Lagerstatt aus Stein ruhte. Ehe ich ihm nähertreten durfte, hatten mich Shabas Männer mit Speeren umringt und mir Handfesseln angelegt. So stand ich nun vor dem Geographen aus Anango.

»Shaba stirbt«, hatte der Schriftgelehrte gesagt, der uns hierherführte. »Sprich nicht zu lange mit ihm.«

Ich betrachtete Shaba.

»Bitte, mein Freund«, sagte Shaba zu mir, »verzeih mir die Handschellen. Du verstehst aber sicher, daß sie aus meiner Sicht eine recht logische Vorsichtsmaßnahme sind.«

Um Shabas Hals hing an einer dünnen goldenen Kette ein Ring. Er schimmerte golden und schien schwer zu sein, viel zu groß für den Finger eines Menschen. In den Ring war eine silberne Platte eingelassen. Gegenüber der Fassung befand sich an der Außenseite des Rings ein eingelassener runder Hebel.

»Du stellst das Stück kühn zur Schau«, sagte ich.

Shaba berührte den Ring. An seiner rechten Hand trug er einen anderen Ring den Zahnring voller Kanda-Gift, den ich schon in Schendi gesehen hatte. Ein winziger Kratzer dieses Rings konnte innerhalb von Sekunden sogar einen Kailiauk töten. »Hast du eine schlechte Meinung von mir, Tarl Cabot?« fragte er.

»Du hast die Priesterkönige verraten«, sagte ich. »Und den Tahari-Ring gestohlen.«

»Ich bin Schriftgelehrter, ein Mann der Wissenschaft, der weisen Schriften«, sagte Shaba. »Du kannst sicher verstehen, wie wichtig mir der Ring war.«

»Er vermag Reichtum und Macht zu bringen«, sagte ich.

»Solche Dinge interessieren mich nicht«, sagte Shaba. Die dunklen Stammestätowierungen auf seinem Gesicht verzogen sich zu einem Lächeln. »Aber das wirst du sicher nicht glauben«, fuhr er fort.

»Tue ich auch nicht«, sagte ich.

»Wie schwierig ist es doch für zwei Menschen, die nicht derselben Kaste angehören, einander zu verstehen«, sagte er.

»Möglich«, sagte ich.

»Ich habe den Ring aus zwei Gründen behalten«, sagte er. »Erstens ermöglichte er mir die Befahrung des Ua-Flusses. Ohne den Ring wären wir nicht so weit gekommen. In vielen Dörfern und bei feindlich gesinnten Elementen ermöglichte uns die Demonstration der Eigenschaften des Ringes die Weiterfahrt – wie ich erhofft hatte. Am Fluß gelte ich wohl leider als eine Art Zauberer. Ohne den Ring wären ich und meine Männer umgebracht worden.« Er lächelte mich an. »Meine Erforschung des Ua wäre ohne den Ring nicht möglich gewesen.«

»Du weißt doch aber sicher, daß es gefährlich ist, den Ring zu besitzen«, sagte ich.

»Dessen bin ich mir bewußt«, erwiderte er und machte mit der rechten Hand eine ausholende Bewegung. Er deutete auf die festungsähnliche Umfriedung, in der er und seine Männer Zuflucht gesucht hatten. Die Anlage war von einem breiten, flachen Schutzgraben umgeben, der aus dem See gespeist wurde. Mit einem Tarskschinken hatte man uns demonstriert, daß in dem Graben Tausende von blauen Grunt ihrer Laichzeit entgegengingen. Dieser Fisch ist normalerweise nicht sonderlich gefährlich. Doch vor dem Vollmond, wenn die Fische zu Schwärmen zusammenkommen, wird er äußerst aggressiv. Der Tarskschinken war in wenigen Ihn aufgefressen worden. Rings um das Fleisch hatte das Wasser gebrodelt, und schon konnte man das Seil, an dem der Köder gehangen hatte, abgebissen aus dem Wasser ziehen. Der Graben war mit Hilfe einer kleinen Holzbrücke überquert worden, die von Shabas Männern errichtet worden war. Der Graben würde an Wirksamkeit verlieren, sobald der Mond seine volle Phase erreicht hatte. Sobald sich der Fortpflanzungszyklus des Grunt mit dem Vollmond abgeschlossen hatte, kehrten die Fische in den See zurück. Sicher war dieser Graben ein überlieferter Laichgrund für sie, denn die Gruntschwärme pflegten an angestammte Orte zurückzukehren, wo immer sie sich befinden mochten. So bildeten die Grunt im Burggraben für eine gewisse Zeit eine wirksame Barriere – Shaba und seinen Männern mußte aber klar sein, daß das nicht lange anhalten konnte. Plötzlich sträubten sich mir die Nackenhaare. Ich hatte etwas von der Situation dieser Männer begriffen.

»Ihr habt auf uns gewartet«, stellte ich fest.

»Natürlich«, antwortete Shaba. »Und wärt ihr nicht heute gekommen, weiß ich nicht, was wir getan hätten.«

»Die Gefräßigkeit der Grunt schützt euch seit drei bis vier Tagen.«

»Sie erwies sich als ausreichend«, sagte Shaba. »Sie gab euch Zeit, diesen Ort zu erreichen.«

»Kurii haben dich verfolgt«, sagte ich.

»Ja«, bestätigte Shaba meine Vermutung. »Das nehmen wir jedenfalls an, denn bisher haben wir nur Spuren gesehen. Doch muß ich befürchten, daß sie sich in diesem Augenblick bereits sammeln. Sie müssen sich irgendwo in der Stadt aufhalten.«

»Es war sehr mutig von deinem Manne, uns zu holen«, sagte ich.

»Er heißt Ngumi«, sagte Shaba. »In der Tat, er ist ein mutiger Mann. Wir wußten nicht, ob er durchkommen würde.«

»Ich wußte nicht, daß ein Schriftgelehrter so mutig sein kann«, äußerte ich.

»Mutige Männer gibt es in allen Kasten«, sagte Shaba.

»Es muß uns jedoch gestattet worden sein, zu dir zu kommen«, meinte ich.

»Ist Msaliti ebenfalls in der Festung?« fragte Shaba.

»Natürlich«, sagte ich.

»Dann magst du recht haben«, sagte er.

»Du sagtest eben, du hättest den Ring aus zwei Gründen behalten – aber bisher hast du erst einen genannt, nämlich daß er deine Forschungen am Ua erleichtert.«

»Schau dort«, sagte Shaba und deutete auf einen seitlich stehenden Tisch, auf dem sich ein zylindrisches Lederbehältnis und vier ledergebundene Notizbücher befanden.

»Ich verstehe«, sagte ich.

»Das ist ein Kartenbehältnis«, sagte er, »und die Schriftstücke enthalten meine Notizen. Im Verlauf meiner Reise habe ich den Ua vermessen und seinen Lauf verzeichnet und im übrigen meine Beobachtungen festgehalten. Diese Dinge sind von unschätzbarem Wert, auch wenn du dir das als Krieger vielleicht nicht vorstellen kannst.«

»Deine Unterlagen wären für einen Geographen sicher wertvoll«, sagte ich.

»Sie sind für alle zivilisierten Menschen von unschätzbarem Wert.«

»Mag sein«, sagte ich.

»Die Landkarten und meine Aufzeichnungen erschließen eine gänzlich neue Welt«, sagte Shaba. »Das darfst du nicht nur in bezug auf den Profit sehen, den Jäger und Fallensteller, Kaufleute oder Siedler, Pflanzer und Ärzte hier machen könnten – sondern in bezug auf alle Menschen, die gern etwas lernen, die gern Bescheid wissen, die verborgene Geheimnisse offenbart sehen und bisher unergründeten Rätseln auf die Spur gehen wollen. In diesen Karten und Aufzeichnungen liegt für alle, die damit etwas anzufangen wissen, der Schlüssel zu neuen und endlosen Ländern, zu Schätzen und Wundern.« Er richtete seinen intensiven Blick auf mich. »Und das ist der zweite Grund, warum ich den Ring mitnahm.«

»Ich verstehe nicht, was du damit meinst«, sagte ich.

»Ich habe nicht damit gerechnet, daß ich diese Expedition überleben würde, so daß ich in die anderen Länder zurückkehren könnte«, sagte er. »Es freut mich, daß ich es bis hierher geschafft habe, daß ich die Quelle des Uas finden durfte.«

»Ja?«

»Ich nahm den Ring nicht nur an mich«, erklärte er, »um mir damit die Reise zu erleichtern, sondern um zu erreichen, daß du oder ein anderer mir folgte – und daß es somit jemanden gab, der meine Landkarten und Aufzeichnungen in die Zivilisation zurückbringen konnte.«

»Du bist geflohen«, sagte ich, »aus Angst vor mir.«

Shaba lächelte. »Der Ua will mir als seltsamer Fluchtweg erscheinen. Nein, mein Freund, ich bin nicht geflohen. Vielmehr begann ich meine Forschungsreise in das Landesinnere.«

»Was ist mit den gewaltigen Geldsummen, die den Kurii abgeluchst wurden, jenen Kreditbriefen, die in Schendi ausgezahlt wurden?«

»Die dienten dazu, die Kosten der Ausstattung der Expedition zu mindern«, antwortete er. »Du hast doch sicher nichts dagegen, daß ich Mittel der Kurii für diesen Zweck ausgegeben habe. Sie sollten froh sein, zu einem so guten Projekt beigetragen zu haben.«

»Du verteilst deine Verrätereien immerhin gerecht«, sagte ich. »Das spricht zweifellos für dich.«

»Du darfst nicht zu schlecht von mir denken, Tarl«, sagte Shaba. »Für mich war das eine Gelegenheit, wie sie sich im Leben nicht ein zweitesmal bietet. Wenn ich etwas falsch gemacht habe, dann im Bestreben, für meine Kaste etwas zu erreichen und, noch allgemeiner gesprochen, für die ganze Menschheit.« Er warf mir einen bedrückten Blick zu. »Was würden die Priesterkönige deiner Meinung nach mit dem Ring anstellen?« fragte er. »Ihnen wäre er nicht wichtig. Für mich, für die Menschen, hat er aber eine ungeheure Bedeutung. Ich bezweifle sogar, ob die Priesterkönige dem Menschen die Benutzung des Rings gestatten würden. Es erscheint mir denkbar, daß sie darin einen Bruch ihrer Vorstellungen zur menschlichen Technologie sehen würden.«

»Vielleicht hast du recht«, erwiderte ich. »Ich weiß ehrlich nicht, wie sie die Sache sehen würden.«

»Also nahm ich den Ring«, fuhr Shaba fort. »Mit seiner Hilfe habe ich den Ua-Fluß erforscht, dessen Quelle ich fand. Mit Hilfe des Ringes habe ich dich außerdem hinter mir hergelockt, so daß nun meine Landkarten und Aufzeichnungen in die Zivilisation zurückgebracht werden können.«

Ich betrachtete den Kartenhalter und die Notizbücher.

»Ja«, sagte Shaba, »jene Dinge habe ich mit dem Diebstahl des Ringes und mit meinem Leben erreicht.« Plötzlich spannten sich seine Muskeln. Er schien Schmerzen zu leiden. »Bewache sie gut, mein Freund!«

»Warum bist du aus Bila Hurumas Palast geflohen?« fragte ich. Shaba war mit drei Galeeren abgefahren, während Bila Huruma ihm mit dem Rest der Schiffe und Vorräte gefolgt war.

»Ihm habe ich womöglich das größte Unrecht zugefügt«, sagte Shaba niedergeschlagen, »und doch meine ich, daß ich ihm durch meine Flucht aus dem Palast das Leben gerettet habe.«

»Das verstehe ich nicht.«

»Bila Huruma, mein Gönner und Beschützer«, sagte Shaba, »stand zwischen Msaliti und mir. Msaliti hatte bereits einen Anschlag auf sein Leben versucht, jener Anschlag, bei dem der Mörder Jambia durch die Osts ums Leben kam, der Anschlag, mit dem er dich zu belasten versuchte.«

»Ja«, sagte ich.

»Solange ich im Palast war, befand sich Bila Huruma in Gefahr«, fuhr Shaba fort. »Wenn ich aber die Flucht ergriff, gab es keinen Grund mehr für Msaliti, seinen Tod zu planen. Und doch wußte ich von Anfang an, daß Bila Huruma mir folgen würde.«

»Natürlich«, sagte ich, »blieb Msaliti dann keine andere Wahl, als Bila Huruma von dem Ring zu erzählen und bei dem Versuch mitzumachen, den Ring zurückzuholen, in der Hoffnung, das kostbare Stück dann anschließend in die Hände zu bekommen.«

»Ich glaube nicht, daß Bila Huruma mir wegen des Rings gefolgt ist«, sagte Shaba lächelnd.

»Weshalb denn sonst?« fragte ich.

Shaba schwieg.

»Kein anderer Grund würde ihn an diesen Ort führen«, sagte ich, »als für den Ring morden zu wollen. Seine Eigenschaften würden Bila Hurumas Position unanfechtbar machen.«

»Mag sein«, sagte Shaba lächelnd.

»Wie kommt es dann, daß du besorgt bist, Bila Huruma ein Unrecht zugefügt zu haben?« fragte ich. Das schien mir so unwahrscheinlich wie die Sorge eines Mannes, dem sich ein Larl auf die Spur gesetzt hat.

»Indem ich ihn für meine Zwecke benutzt habe.«

»Welche Zwecke?«

Shaba verharrte einen Augenblick lang reglos auf seinen Decken. Von Schmerzen gepackt, schloß er die Augen.

Ich blickte starr auf den Ring, der ihm um den Hals hing.

Erschöpft öffnete Shaba die Augen und sah mich an.

»Ich habe kein Interesse an deinen Landkarten und Notizen«, sagte ich. »Ich bin wegen des Ringes gekommen. Nimm mir die Handschellen ab. Gib mir den Ring.«

Von weiter oben gellte plötzlich ein Schrei herab. Ich fuhr herum und sah einen von Shabas Männern, der herumwirbelnd von der Höhe der Mauer stürzte und blutüberströmt auf dem Steinboden landete. Im nächsten Augenblick entdeckte ich als dunkle Silhouette vor dem blauen Tropenhimmel die riesig-zottelige Gestalt eines Kur, der die Arme erhoben hatte und in der rechten Pfote eine blutrote Panga hielt. Auch von unten wurde Geschrei laut. Und schon brüllten wilde Kurii auf allen Seiten – sie schienen unsere Festung eingekreist zu haben. Plötzlich tauchte der Wipfel eines schmalen Baumes vor dem Himmel auf; er war von außen gegen die Wehrmauer gelehnt worden. Ein Kur stieg am Stamm empor und sprang über die Mauerkrone. An anderen Stellen erschienen ebenfalls die breiten, reißzahnbewehrten Kurii-Köpfe mit lodernden Augen.

Einer der Kurii schrie auf: ein Stoßspeer ragte ihm aus der Brust. Mit knappen Befehlen schickte Bila Huruma seine Askaris in den Kampf. Ich sah Kisu, der mit beiden Händen einen Eingeborenenspeer über den Kopf gehoben hatte und auf einen geduckten Kur zustürmte, der eben in den Hof gesprungen war.

»Nimm mir die Handschellen ab!« rief ich Ngumi zu, dem Schriftgelehrten neben Shaba, der uns an diesen Ort geführt hatte.

Acht oder neun weitere Kurii landeten innerhalb der Mauer und verweilten einen Moment in Kauerstellung, Pangas im Maul, die Knöchel der Klauen auf den Boden gestützt. Trotz ihrer Größe bewegten sie sich leichtfüßig.

Ich bemerkte, wie Msaliti ein Messer zog und seitlich davonschlich.

Askaris eilten die Steintreppen zur Mauer empor, an Stellen, wo die Wehrgänge noch nicht eingestürzt waren. Einer stieß einen eben angelegten Baumstamm zurück. Im nächsten Augenblick wurden vier Kämpfer von einem angreifenden Kur mit einer Riesenpanga von der Mauer gefegt. Andere Kurii schoben die Arme durch das Baumstammgeflecht am Eingang. Ayari, der kleine Ayari, gesellte sich zu den dort kämpfenden Askaris.

»Mach mich los!« forderte ich drängend. Ich bäumte mich in den Fesseln auf. Weitere Kurii kletterten über die Mauer.

Der Schriftgelehrte warf Shaba einen verzweifelten Blick zu. »Binde ihn los«, sagte Shaba.

Zwei Kurii, die noch auf allen vieren hockten, blickten in unsere Richtung.

Am Eingang war Geschrei zu hören. Pangas zerfetzten das schützende Holzgitter.

Irgendwo kreischte eine Sklavin. Eine meiner Handfesseln sprang auf. Von den Kurii waren sicher viele goreanischer Abstammung, wilde degenerierte Kurii, Nachkommen gestrandeter Kurii oder Überlebende vernichteter Schiffe. Andere, so fürchtete ich, waren Schiffs-Kurii. »Beeil dich!« herrschte ich den Schriftgelehrten an. Einer der beiden Kurii, die in unsere Richtung blickten, hob plötzlich den Arm und deutete auf uns. Auf allen vieren, mit einer Wendigkeit und Geschwindigkeit, die bei einem so großen Wesen erschreckend anmuteten, griffen die beiden Geschöpfe an. Die andere Handfessel schnappte auf. Ich sah, wie sich eines der Ungeheuer, die Panga noch im Maul, auf Shaba stürzen wollte und dabei nach dem Ring an der Kette griff. Ich schleuderte dem anderen Kur die geöffneten Handschellen ins Gesicht. Das Biest, das Shaba angreifen wollte, fuhr plötzlich verblüfft zurück. Verwirrt starrte es auf seine Pfote, an der frisches Blut zu sehen war. Die Panga fiel ihm aus den Reißzähnen. Das Ungeheuer, das mir an den Kragen wollte, zerrte sich brüllend die Handschellen aus dem verwundeten Auge. Sein Maul blutete, denn es hatte zu fest auf die Panga gebissen. Halb kriechend, halb laufend versuchte ich die Stelle zu erreichen, wo Ngumi nach meiner Fesselung den Gurt mit Dolch und Scheide abgelegt hatte. Verzweifelt ließ ich mich zur Seite rollen. Die Panga des Ungeheuers, das es auf mich abgesehen hatte, schepperte funkensprühend gegen die Pflastersteine. Der Kur, der Shaba angegriffen hatte, verendete vor seinem Lager. Shaba hustete und spuckte Blut. Die vergiftete Klinge seines Zahnrings war geöffnet und wies Blutspuren auf. Wieder warf ich mich zur Seite, und erneut raste die Panga auf mich zu. Der Tisch, auf dem Shabas Kartenbehältnis und Notizbücher lagen, schien in zwei Hälften zu explodieren, Gegenstände und Splitter flogen in alle Richtungen.

Fauchend und brüllend sah sich der Kur um. Vorübergehend hatte er mich aus dem Auge verloren. Ich hielt mich auf seiner blinden Seite. Dann stieß ich den Kriegsschrei von Ko-ro-ba aus, sprang ihm auf den Rücken, krallte ihm einen Arm um die Kehle und versenkte den Dolch in sein Herz. Ich spürte den mächtigen Körper unter mir erbeben und sprang zur Seite davon.

Ich fuhr herum. Ein zweiter Kur wollte sich auf Shaba stürzen. Wieder brachte Shaba den Zahnring zum Einsatz. Ich sah, wie sich die sechs Glieder der Klaue um die Halskette schlossen, dann sah ich, wie sich die Krallen öffneten und das Ungeheuer schlaff zurückglitt. Es verweilte einen Augenblick lang in sitzender Haltung und fiel dann haltlos zur Seite.

Ich schob mir den blutigen Dolch zwischen die Zähne. Ich schmeckte das Blut eines Kur.

Mit der Hand ergriff ich die Panga, die der von mir getötete Kur besessen hatte. Die Waffe war schwer. Ich konnte sie nur mit beiden Händen führen.

Kurz blickte ich zu Shaba zurück, der sich mit gesenktem Kopf in die Decken verkrallt hatte. Sie waren blutdurchtränkt. Ngumi eilte zu ihm. Shaba hob den Kopf. »Kämpfe!« sagte er. »Rettet euch!«

»Ich werde dich nie verlassen!« rief Ngumi. Dann schrie er auf, denn ein mächtiger Pangahieb hatte seinen Körper förmlich in zwei Teile gespalten. Ich sprang los und stach von vorn auf den Kur ein, der Ngumi getötet hatte. Der breite Kopf hielt meinem Streich nicht stand. Ich warf einen letzten Blick auf Ngumi und bemerkte, daß seine Tätowierungen, die bei einem Schriftgelehrten, einem Mann der Zivilisation, so erstaunlich wirkten, identisch waren mit den Zeichnungen auf Shabas Gesicht.

»Hilfe!« gellte eine Stimme. »Sie brechen durch!«

Ich lief zum Eingang, sprang brüllend auf die Steine und hieb gegen Arme und Pfoten, die das primitive Holzgitter anzuheben versuchten. Hastig wurden die Arme zurückgezogen. Heulend wichen Kurii zurück.

»Andere kommen über die Mauern!« rief eine Stimme.

»Bindet mich los!« vernahm ich eine Stimme. Ich eilte zu Turgus und trennte seine Fesseln durch. Er ergriff den Stoßspeer eines gefallenen Askari und stürzte sich in den Kampf. Anschließend öffnete ich mit schnellen Schritten die Fesseln der erschrocken dahockenden Sklavinnen. »Herr!« rief Janice. Vielleicht konnten die Mädchen fliehen. Allerdings waren sie innerhalb der Mauern eingeschlossen.

Ich fuhr herum und begegnete dem Angriff eines anderen Kur. Ich blockierte seinen Hieb mit der Panga und wurde von dem Aufprall ein Dutzend Fuß zurückgeschleudert. Die Hand tat mir weh. Wieder griff das Ungeheuer an, und Steinsplitter sprühten aus der Wand rechts neben meinem Kopf. Ich wich zur Seite aus und erwischte ihn mit der Panga. Ächzend trat er zurück und hielt sich den Unterleib.

»Kisu, paß auf!« rief ich.

Kisu machte kehrt, doch schon warf sich eine Gestalt zwischen ihn und den Angreifer. Ein Stoßspeer wurde dem Kur in den Leib gerammt, wieder herausgerissen und noch mehrmals zum Einsatz gebracht, bis das erzürnte, erstaunte Ungeheuer zurücktaumelte und sogleich von hinten durch einen Askari erlegt wurde.

Kisu blickte auf den Mann, der den Angreifer zurückgetrieben hatte. »Dank, mein Ubar«, sagte er. Und dann standen Kisu, der Rebell, und Bila Huruma, der Ubar des Äquatorreiches, Seite an Seite und machten sich daran, die Angriffe weiterer Kurii abzuwehren. Ich hielt meine Panga mit beiden Händen. Mir bluteten die Lippen, da ich mich an dem Dolch geschnitten hatte, den ich zwischen den Zähnen hielt. Ich blickte mich um. Dann schob ich den Dolch in meine Tunika und wischte mir das Blut aus dem Gesicht, ehe ich mich wieder in den Kampf stürzte. Von hinten attackierte ich einen Kur, der sich über einen gefallenen Askari beugte, und erlegte ihn mit einem Hieb. Einen anderen schaltete ich ebenfalls von hinten aus, indem ich seine Wirbelsäule traf. Immer neue Kurii kletterten über die Mauer. Der Druck auf das Torgitter hatte ebenfalls nicht nachgelassen, und ich lief hinüber und trieb die Kurii mit heftigen Klingenstreichen zurück. Ein Anführer fauchte und gestikulierte. Andere brachten zwei der schlanken Baumstämme nach vorn, mit deren Hilfe die Kurii zuvor die Mauern erklommen hatten. Ich legte den Kopf in den Nacken und atmete durch. Ich griff nach dem Dolch in meiner Tunika und sicherte ihn noch etwas besser im Stoff.

»Wie war es möglich, daß wir überrascht wurden?« fragte ich Ayari, der am Eingang kämpfte.

»Die Wächter an der kleinen Brücke wurden überfallen und getötet«, antwortete er. »Die Ungeheuer nahmen die Brücke ein und überquerten den Graben.«

»Ein wahres Gemetzel«, stellte ich fest.

Ich sah mich um. Die ovalen Lederschilde und die Stoßspeere der Askaris mochten bei Stammesfehden unbesiegbar sein, doch gegen die schweren und scharfen Pangas der Kurii konnten sie wenig ausrichten. Sie waren nicht mit den klobigen Äxten und schweren Schilden aus Torvaldsland zu vergleichen.

Bila Huruma schrie seinen Männern etwas zu. Er hatte seinen Schild fortgeworfen – vielleicht war er ihm auch vom Arm geschlagen worden. »Nehmt sie euch einzeln vor!« brüllte er. »Greift zu fünft an, einer lenkt ab, die vier anderen attackieren!«

»Er verbessert unsere Taktik«, sagte Ayari.

»Er ist ein Ubar«, stellte ich fest.

Ein Askari mochte sich heftiger Pangastreiche mit der Klinge seines Speers erwehren, während vier andere das Ungeheuer umschwärmten und ihre Waffen zum Einsatz brachten. Wie schon angedeutet, mußte es sich bei den Kurii im großen und ganzen um wilde Kurii handeln, die es gewöhnt waren, allein zu kämpfen. Sie mochten einander nahe sein, doch sie kämpften letztlich allein, wie sie es aus den Wäldern gewöhnt waren. Sie waren furchteinflößend und überaus stark – doch sie hatten keine Kampfausbildung.

»Es sind zu viele«, sagte ich.

»Es stimmt schon, daß wir verloren sind«, sagte Ayari, »aber wir werden einen gutem Kampf liefern.«

»Brav gesprochen, kleiner Bursche!« sagte ich.

Ich sah Bila Huruma auf ein Knie niedergehen. Ein riesiger Kur stand neben ihm, die Panga über den Kopf erhoben. Hinter Bila Huruma gellte plötzlich ein lauter Ukungu-Schrei auf, und ein Eingeborenenspeer wurde am Ubar vorbeigestoßen und bohrte sich dem Kur ins Herz.

»Danke, Rebell«, sagte Bila Huruma und stand wieder auf. Kisu zog die Waffe heraus und grinste. »Jetzt schulde ich dir nichts mehr«, sagte er.

»Stimmt«, antwortete Bila Huruma, und wieder kämpften die beiden Seite an Seite, Rebell und Ubar.

Nun rief einer der Kur-Anführer seine Streitkräfte zur Ordnung und formierte sie zu losen Reihen, um zu verhindern, daß seine Kämpfer weiterhin einzeln angegriffen wurden. Ich bezweifelte nicht, daß er ein Schiffs-Kur war. Ich bewunderte sein Vermögen, die degenerierten Kurii unter sein Kommando zu zwingen. Vielleicht hatte sich in ihnen noch ein Rest von Erinnerung an die Disziplin und Würde ihrer Vergangenheit gehalten, sicher aber an die Zwänge der Schiffs-Treue.

»Es ist aus mit uns«, sagte ich. »Jetzt kämpfen sie zusammen.«

Bila Huruma sammelte seine Männer um sich. Viele waren verwundet. Es waren wohl nicht mehr als hundert am Leben.

Weitere Kurii sprangen über die Mauern.

Plötzlich ertönte hinter uns ein Knacken und Splittern. Immer wieder wurden die Baumstämme gegen das schwache Holzgeflecht gerammt, das den Eingang versperrte.

»Wir müssen sie aufhalten!« rief Ayari.

»Unmöglich«, sagte ich. Plötzlich brach die Barriere, und Kurii schwärmten herein, einige mit Pangas bewaffnet, andere mit Knüppeln und angespitzten Stöcken. Wir wurden förmlich aus unserer Position im Innenhof geschwemmt.

Und schon wurde mir die Panga aus der Hand gerissen, tief vergraben im Leib des Kur, den ich damit angegriffen hatte.

»Formiert euch!« schrie ich. »Mit dem Rücken zur Mauer!«

Männer strömten an mir vorbei, um an der Mauer Position zu beziehen. Ich sprang einem Kur auf die Brust und krallte mich mit einer Hand in seinem langen Nackenfell fest. Mit der anderen trieb ich den Dolch, den ich aus meiner Tunika gerissen hatte, immer wieder in seine Brust. Der Kur trug Goldringe in den Ohren, und ich war sicher, daß es sich um einen Schiffs-Kur handelte. Ich sprang zu Boden, als das Ungeheuer aufschrie, herumwirbelte und dann zu Boden ging.

Turgus bohrte einen Speer in die Brust eines wie wahnsinnig angreifenden Kur.

Und schon hatte ich das Gefühl, ringsum von Kurii umgeben zu sein, Wesen, die sich allerdings kaum um mich zu kümmern schienen, weil sie es auf die Männer vor der Mauer abgesehen hatte. Ich attackierte ein Ungeheuer, das sich an mir vorbeidrängte, und wurde förmlich mitgerissen, mich an Pelz und Dolch festhaltend. Ich bekam den Dolch frei als ich soeben von einem anderen Kur entdeckt wurde. Schon raste die Klinge empor. Es ist schwierig, mit einer so kleinen Waffe das Gehirn eines Kur zu erreichen. Möglich ist es jedoch, wenn man den richtigen Winkel trifft und durch die Augenhöhle zustößt. Auch durch das Ohr ist es denkbar, wo der Schädel ein wenig dünner ist. Der Kur stieß einen Schmerzensschrei aus, und ich verlor meinen Dolch, als sich das Wesen die Klauen vors Gesicht riß. Brüllend zerrte es sich die Waffe heraus und versuchte dann mich zu packen. Ich wich zurück. Das Wesen starb, ehe es mich erreichte. Ich schob mich weiter zurück und befand mich dann inmitten von Menschen. Waffen prallten aufeinander. Die goldene Kette, die Bila Huruma mir geschenkt hatte, war blutig. Ich bemerkte, daß ein Kur hinter unseren Männern über die Mauer langte. Ich sprang die ausgetretene Treppe empor, die an dieser Stelle zur Mauerkrone führte. Ich nahm die goldene Kette ab und hieb sie dem Ungeheuer ins Gesicht, das rückwärts in die Tiefe stürzte. Auf der Mauer entlanglaufend, stieß ich einen Baumstamm zurück, der dagegen gelehnt wurde. Zwei Kurii sprangen von dem stürzenden Baum. Im nächsten Augenblick entdeckte ich innerhalb der Mauern einen Kur. Er befand sich hinter unseren Männern. Er hob die Panga. Ich sprang dem Wesen von der Mauer aus auf die Schultern und legte ihm die goldene Kette um den Hals. Das Geschöpf griff nach mir, konnte mich aber nicht abschütteln. Ich behielt den Kopf unten und wich immer wieder der zustoßenden Panga aus. Dann zog ich die Kette an. Der Kur warf sich gegen die Mauer und zerdrückte mich beinahe. Mein Rücken fühlte sich feucht an, und der rauhe Stein verursachte Schmerzen. Ich ließ nicht locker. Ich spürte die Klauen des Kur, die mich zu erreichen versuchten. Dann knackte etwas in seinem Hals. Die Panga fiel zu Boden. Der Kur begann zu schwanken. Zitternd hielten meine Hände die goldene Kette, die sich tief in den Hals des Kur gegraben hatten. Und dann stürzte das Ungeheuer. Ich sprang zu Boden, riß die Kette los und legte sie mir wieder um den Hals. Dann griff ich nach der zu Boden gefallenen Panga. Zu meinem Entsetzen langte das Ungeheuer nach mir. Ich sah, wie sich seine mächtigen Lungen füllten und die Augen mich anstarrten. Es atmete Luft in den Körper, Blut strömte ihm aus dem Mund. Es ist nicht leicht, einen Kur zu töten. Ich hieb mit der Panga zu. »Verzeih mir, mein Freund«, sagte ich, denn ich griff nicht mit den Streichen eines Kriegers an, sondern mit denen eines Schlächters. Ich torkelte und fühlte mich schwach, und meine Hände zitterten.

Ich hörte, wie Bila Huruma seine Männer an der Mauer zusammenrief. Dann brüllte er: »Attacke!«

Seine Kühnheit überraschte die Kurii. Doch schon wenige Momente später waren Bila Huruma, Kisu, Turgus, Ayari und die Askaris wieder zurückgetrieben worden.

Die Lage war hoffnungslos, und doch meine ich, daß die Kurii vor den Menschen Respekt zu empfinden begannen.

Ein Anführer der Kurii formierte entschlossen seine Ungeheuer neu. Ich war sicher, daß für den Sieg der anderen nur noch eine massierte Attacke der Ungeheuer erforderlich sein würde. Zu meiner Überraschung aber sah ich, wie der Kur-Anführer, ein riesiger brauner Kur, der zweifellos aus den fernen Schiffen stammte, vor dem schwarzen Ubar grüßend die Pfote hob. Daraufhin hob Bila Huruma schweratmend seinen Stoßspeer mit blutiger Faust. »Askari hodari!« rief er. Ich bebte vor Erregung. Große Ehre hatte er dem Ungeheuer erwiesen, das nicht einmal ein Mensch war. Der Salut des Kur-Befehlshabers war bestätigt und erwidert worden. Die Worte, die Bila Huruma gesprochen hatte, entstammten der Ushindi-Sprache und ließen sich etwa als »Mutiger Soldat« übersetzen.

»Ich habe ihn!« vernahmen wir einen Schrei. Wir blickten zum aufgebrochenen Eingang. Dort stand Msaliti, einen blutigen Dolch in der Hand haltend, während er in der anderen eine Kette mit einem daran baumelnden Ring schwenkte.

»Er hat den Ring!« rief ich.

Ich blickte zum Lager des Shaba. Es war von toten Kurii und niedergestreckten Askaris umgeben. Hustend hielt sich Shaba die Brust. Der Zahnring, der vergiftete Ring, war geleert. Msaliti hatte seine Chance abgewartet und war dann über Shaba hergefallen. Nach den Wunden zu urteilen, war Shaba vier- oder fünfmal getroffen worden. Anschließend hatte Msaliti Kette und Ring ergriffen und war zum Eingang geeilt. Die Kurii standen zwischen uns und Msaliti.

Der Befehlshaber der Kurii hob die Pfote und entblößte die mächtigen Reißzähne. Es war ein Zeichen seines Triumphs, ein Ausdruck seiner Freude. Eilig gab er seinen Ungeheuern neue Befehle. Msaliti sprang von der Steinschwelle und verließ die festungsähnliche Einfriedung. Die Kurii musterten uns fauchend und ließen uns nicht aus den Augen, als sie sich nun Schritt für Schritt zurückzuziehen begannen – offensichtlich war es bei den Befehlen ihres Kommandanten darum gegangen. Er hatte gesiegt und wollte keines seiner Ungeheuer mehr riskieren. Außerdem brauchte er sie, um den sicheren Transport des Ringes zum vorbereiteten Treffpunkt zu garantieren, von wo er später auf die Stahlwelten zurückgebracht oder auf dieser Welt vernichtend gegen die Menschen und Priesterkönige eingesetzt werden würde.

Meine Panga mit beiden Händen haltend, wollte ich die Ungeheuer verfolgen. Doch Kisu packte mich und hielt mich zurück. Bila Huruma stellte sich ebenfalls zwischen mich und unsere zottigen Feinde.

»Nein!« rief Kisu.

»Nein!« rief auch Bila Huruma. »Es wäre Wahnsinn, ihnen zu folgen.«

»Bleib bei uns, Tarl!« rief Ayari.

Auch Turgus faßte nach meinem Arm. Ich kam nicht mehr frei.

»Laßt mich los!« forderte ich.

»Du kannst nichts mehr ändern«, sagte Kisu.

Im Griff meiner Freunde sah ich zu, wie die Kurii sich zurückzogen. Gehorsam verließen die zottigen Ungeheuer die Festungsanlage. Ich bewunderte den Befehlshaber der Kurii, der seinen wilden Kämpfern eine solche Disziplin aufzuerlegen vermochte.

Bila Huruma eilte zu Shaba.

Ich schüttelte Turgus und Kisu ab und rannte zum Eingang der Festung. Als ich die Höhe der Steinschwelle erreichte, sah ich, daß die schwimmende Brücke an unserem Ende losgeschnitten worden war und jetzt auf der anderen Seite an Land gezogen wurde. Zwischen mir und den Ungeheuern erstreckte sich der gefährliche Graben, etwa vierzig Fuß breit, in dem sich die tödlichen Fische tummelten.

Ich stieg von den Steinen, die von Shabas Leuten im Eingang aufgetürmt worden waren.

Ich blickte über den Graben zu den Kurii hinüber. Kisu, Turgus und Ayari standen hinter mir.

Auf der anderen Seite des Grabens hob Msaliti Kette und Ring über den Kopf. »Ich habe gesiegt!« rief er.

Der Befehlshaber der Kurii entriß ihm die Kette und legte sie sich um den Kopf.

»Ich habe gesiegt!« rief Msaliti.

Nun gab der Befehlshaber der Kurii einem seiner Ungeheuer einen Befehl. Msaliti schrie entsetzt auf, als das Monstrum ihn hoch über den Kopf hob und in den Graben schleuderte.

Augenblicklich sprang Msaliti auf und begann zu kreischen. Er stürzte erneut, kam wieder hoch und sank wieder um. Ringsum brodelte das Wasser, das sich rot zu färben begann. Msaliti bewegte sich wie durch einen zähen Morast und kam schreiend auf uns zu. Ich entriß Kisu den Eingeborenenspeer und hielt ihn Msaliti hin, der schreiend danach griff. Wir zogen ihn aus dem Wasser. Füße und Beine waren nicht wiederzuerkennen. Wir rissen die gierigen Fische aus seinem Fleisch. Dann lag er vor uns, und wir versuchten mit Stoffstreifen die Blutung zu stillen.

Auf der anderen Seite zogen die Kurii im Gänsemarsch ab.

Wir gaben uns größte Mühe, Msalitis Leben zu retten. Schließlich gelang es uns, die Wunden wirksam abzubinden.

In diesem Augenblick tauchte Bila Huruma neben mir auf.

»Shaba ist tot«, sagte er.

Msaliti hob die Hand vor dem Ubar. »Mein Ubar«, sagte er.

Bila Huruma betrachtete Msaliti voller Trauer. Dann sagte er zu seinen Askaris: »Werft ihn den Fischen zum Fraße vor!«

»Mein Ubar!« kreischte Msaliti, aber schon ging er im Graben unter, umschwärmt von Fischen.

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