2 Fremde

Als Rand und Mat die ersten Fässer durch den Schankraum trugen, war Meister al'Vere schon dabei, ein paar Krüge mit seinem besten Bier zu füllen, aus eigener Herstellung und einem der Fässer, die in einem Gestell an der Seitenwand ruhten. Kratzi, die gelbe Katze, die zur Schenke gehörte, lag mit geschlossenen Augen und um die Beine geringeltem Schwanz obenauf. Tam stand vor dem großen offenen Kamin, aus Flußfels gebaut, und stopfte Tabak aus einem glänzenden Metallbehälter, der immer auf dem steinernen Kaminsims stand, in eine langstielige Pfeife. Der Kamin erstreckte sich durch die Hälfte des großen viereckigen Raums, und die Oberkante befand sich in Schulterhöhe eines ausgewachsenen Mannes. Die knackende Glut im Kamin vertrieb die Kälte, die von draußen eindrang.

Zu dieser Zeit, am arbeitsreichen Vortag des Festes, erwartete Rand einen bis auf Bran, seinen Vater und die Katze leeren Schankraum, aber vier weitere Mitglieder des Gemeinderats, Cenn eingeschlossen, saßen auf den Stühlen mit den hohen Lehnen vor dem Feuer, Krüge in der Hand, und um ihre Köpfe kräuselte sich blaugrauer Pfeifenrauch. Ausnahmsweise wurde einmal kein einziges Spielbrett benützt, und Brans Bücher standen vollständig und in Reih und Glied auf dem Regal gegenüber dem Kamin. Die Männer sprachen kaum miteinander, starrten nur still in ihr Bier oder kauten ungeduldig auf ihren Pfeifenstielen herum. Alles wartete auf Tam und Bran.

Sorgen waren für den Gemeinderat nichts Ungewöhnliches heutzutage, weder in Emondsfeld noch in Wachhügel oder Devenritt. Vielleicht noch nicht einmal in Taren-Fähre, obwohl man ja nie wissen konnte, was die Leute von Taren-Fähre von irgend etwas hielten.

Nur zwei der Männer am Feuer, Haral Luhhan, der Hufschmied, und Jon Thane, der Müller, sahen auf, als die Jungen eintraten. Meister Luhhan allerdings sah nicht bloß auf. Die Arme des Schmieds waren dicker als die Beine der meisten Männer, mit schweren Muskeln bepackt, und er trug immer noch seinen langen Lederschurz, als sei er direkt aus der Schmiede zu diesem Treffen geeilt. Mit finsterem Blick musterte er beide junge Männer, dann drehte er sich betont auf seinem Stuhl um und konzentrierte sich übertrieben darauf, die Pfeife mit dem dicken Daumen zu stopfen.

Neugierig verlangsamte Rand seinen Schritt — und konnte gerade noch einen Schmerzensschrei unterdrücken, als Mat ihm gegen den Knöchel trat. Sein Freund nickte eindringlich in Richtung auf die Hintertür des Schankraums und eilte dorthin, ohne auf ihn zu warten. Leicht humpelnd folgte ihm Rand etwas langsamer.

»Was sollte denn das heißen?« forderte Rand Aufklärung, sobald sie sich im Flur zur Küche befanden. »Du hast mir beinahe meinen Knöchel... «

»Es ist wegen des alten Luhhans«, sagte Mat und spähte dabei über Rands Schulter hinweg zum Schankraum hinüber. »Ich glaube, er hat mich im Verdacht... « Er sprach nicht weiter, da Frau al'Vere aus der Küche hastete. Der Duft nach frisch gebackenem Brot wehte vor ihr her.

Auf dem Tablett in ihren Händen lagen mehrere Laibe Krustenbrot, für das sie in ganz Emondsfeld bekannt war, und dazu Teller mit Gurken und Käsescheiben. Das Essen erinnerte Rand plötzlich daran, daß er heute nur einen Kanten Brot gegessen hatte, bevor er diesen Morgen den Hof verließ. Sein Magen machte sich mit peinlichem Knurren bemerkbar.

Frau al'Vere, eine schlanke Frau, die ihren dicken Haarzopf über eine Schulter nach hinten gezogen hatte, lächelte sie so mütterlich an, daß es beiden das Herz erwärmte. »Es gibt mehr davon in der Küche, falls ihr Hunger habt, und ich habe noch keinen Jungen in eurem Alter gekannt, der nicht ständig Hunger hatte. Na ja, genau wie alle anderen. Wenn ihr die lieber mögt — ich backe heute morgen auch Honigkuchen.«

Sie war eine der wenigen verheirateten Frauen in der Gegend, die nie versuchte, Tam mit irgend jemandem zu verkuppeln. Ihre Mütterlichkeit Rand gegenüber zeigte sie mit ihrem herzlichen Lächeln und einem schnellen Imbiß unter Beweis, sooft er in die Schenke kam. Allerdings war sie zu den anderen jungen Männern der Gegend genauso freundlich. Wenn sie ihn gelegentlich ansah, als wolle sie doch mehr für ihn tun, dann blieb es eben nur bei einem Blick, und dafür war er äußerst dankbar.

Ohne auf eine Antwort zu warten, fegte sie in den Schankraum. Sofort hörte man die Geräusche von über den Boden scharrenden Stuhlbeinen, als die Männer aufstanden, und Lobrufe auf den Duft des Brotes. Sie war mit Längen die beste Köchin in Emondsfeld, und es gab wohl keinen Mann weit und breit, der die Gelegenheit ungenutzt ließ, seine Füße unter ihren Tisch zu strecken.

»Honigkuchen«, sagte Mat und leckte sich die Lippen. »Hinterher«, erklärte ihm Rand mit fester Stimme, »oder wir werden nie fertig.«

Über der Kellertreppe hing eine Lampe, gleich neben der Küchentür, und eine weitere warf einen weiten Lichtkreis in den Raum unter der Schenke und verbannte bis auf einen kleinen düsteren Rest alle Dunkelheit in die entferntesten Ecken der massiven Steinwände. Holzgestelle entlang der Wände und quer über den Boden enthielten kleine Fässer mit Schnaps und Most und größere mit Bier und Wein. In einigen davon steckten Zapfhähne. Viele der Weinfässer trugen Kreidevermerke in Bran al'Veres Handschrift. Da stand, in welchem Jahr der Wein gekauft worden war und von welchem Händler und in welchem Ort er gekeltert worden war. Doch das gesamte Bier und der Schnaps stammten von den Zwei-Flüsse-Bauern oder von Bran selbst. Händler und Kaufleute brachten manchmal Schnaps oder Bier von anderswo mit, aber die Qualität war schlecht, und das Zeug kostete Unsummen. Außerdem wollte niemand solches Gebräu mehr als einmal trinken.

»Also«, sagte Rand, als sie ihre Fässer in die Gestelle legten, »was hast du getan, daß du Meister Luhhan so meiden mußt?«

Mat zuckte die Achseln. »Eigentlich nichts. Ich habe Adan al'Caar und einigen seiner hochnäsigen Freunde -Ewin Finngar und Dag Coplin — erzählt, daß ein paar Bauern Geisterhunde gesehen haben, die Feuer spuckend durch den Wald rannten. Sie haben's geschluckt wie süße Sahne.«

»Und deshalb ist Meister Luhhan böse auf dich?« fragte Rand zweifelnd.

»Nicht unbedingt.« Mat legte eine Pause ein und schüttelte den Kopf. »Siehst du, ich habe zweien seiner Hunde Mehl aufs Fell gestreut, bis sie ganz weiß waren. Dann habe ich sie in der Nähe von Dags Haus laufen lassen. Wie konnte ich ahnen, daß sie geradewegs nach Hause rannten? Das ist wirklich nicht meine Schuld. Wenn Frau Luhhan nicht die Tür offengelassen hätte, dann wären sie gar nicht reingekommen. Ich habe ja schließlich nicht gewollt, daß das ganze Haus voller Mehl war.« Er lachte kurz auf. »Ich habe gehört, daß sie den alten Luhhan mitsamt der Hunde mit einem Besen aus dem Haus gescheucht hat.«

Rand zuckte zusammen, lachte aber gleichzeitig. »Wenn ich du wäre, würde ich mir mehr Gedanken über Alsbet Luhhan machen als über den Schmied. Sie ist fast genauso stark und kann noch wütender werden als er. Aber was soll's? Wenn du schnell läufst, bemerkt er dich vielleicht nicht.« Mats Gesichtsausdruck zeigte, daß er Rands Äußerung keineswegs lustig fand.

Als sie durch den Schankraum zurückgingen, mußte Mat sich allerdings nicht beeilen. Die sechs Männer hatten ihre Stühle vor dem Kamin eng zusammengeschoben. Mit dem Rücken zum Feuer sprach Tam leise, und die anderen beugten sich vor, um ihn besser zu verstehen. Sie lauschten seinen Worten so konzentriert, daß sie vermutlich nicht einmal bemerkt hätten, wenn eine Herde Schafe durch den Raum getrieben worden wäre. Rand wollte gern näher treten, um zu hören, worüber sie sprachen, doch Mat zupfte ihn am Ärmel und warf ihm einen leidenden Blick zu. Mit einem Seufzer folgte er Mat hinaus zum Karren.

Bei ihrer Rückkehr in den Flur fanden sie oben auf der Kellertreppe ein Tablett vor, und der Duft von heißen Honigkuchen erfüllte den Flur. Auch zwei Krüge standen dabei und eine Kanne mit heißem gewürzten Süßmost. Trotz seiner eigenen Ermahnung, bis später zu warten, legte Rand die letzten beiden Packmärsche zwischen Karren und Keller mit einem Fäßchen unter einem Arm und einem Stück Honigkuchen in der Hand zurück.

Er legte das letzte Fäßchen in das Gestell, wischte sich die Krümel vom Mund, während Mat ablud, und sagte dann: »Und was nun den Gauk...«

Füße trampelten die Treppe herunter, und Ewin Finngar stürzte in seiner Erregung beinahe auf den Kellerboden. Sein feistes Gesicht strahlte vor Eifer. Er mußte seine Neuigkeiten loswerden. »Es sind Fremde im Dorf!« Er kam zu Atem und sah Mat schief an. »Geisterhunde habe ich keine gesehen, aber ich hörte, jemand habe Meister Luhhans Hunde mit Mehl gepudert. Ich habe auch gehört, daß Frau Luhhan weiß, wer dafür verantwortlich sein dürfte.«

Die Jahre, die Mat und Rand von Ewin trennten, der erst vierzehn war, sorgten normalerweise dafür, daß sie alles, was er sagte, ziemlich schnell abtaten. Diesmal jedoch blickten sie sich überrascht an und sprachen beide gleichzeitig.

»Im Dorf?« fragte Rand. »Nicht im Wald?«

Und Mat fügte im gleichen Moment hinzu: »Hatte er einen schwarzen Mantel an? Hast du sein Gesicht sehen können?«

Ewin sah unsicher von einem zum anderen und sagte dann schnell, als Mat drohend auf ihn zu trat: »Natürlich habe ich sein Gesicht sehen können. Und sein Mantel ist grün. Oder vielleicht grau. Er wechselt die Farbe. Er scheint sich immer dem Hintergrund anzupassen, vor dem er steht. Manchmal kann man ihn gar nicht sehen, auch wenn man ihn geradewegs anblickt. Nicht, bis er sich bewegt. Und ihrer ist blau wie der Himmel und zehnmal schöner als alle Festkleider, die ich je gesehen habe. Sie ist auch zehnmal hübscher als alle, die ich je gesehen habe. Sie ist eine hochgestellte Dame wie in den Geschichten. Sie muß eine sein.«

»Sie?« fragte Rand. »Von wem redest du?« Er sah Mat an, der beide Hände auf den Kopf gelegt und die Augen zugedrückt hatte.

»Von denen wollte ich dir erzählen«, äußerte sich Mat schließlich, »bevor du mich als Helfer... « Er brach ab und öffnete die Augen, um Ewin scharf anzusehen. »Sie sind gestern abend angekommen«, fuhr er nach einem Augenblick fort, »und haben sich Zimmer hier in der Schenke genommen. Ich sah, wie sie heranritten. Ihre Pferde, Rand! Ich habe noch nie so große und schlanke Pferde gesehen. Sie sehen aus, als könnten sie immer und ewig weitergaloppieren. Ich glaube, er arbeitet für sie.«

»Er steht in ihren Diensten«, unterbrach ihn Ewin. »Das nennt man ›in Diensten stehen‹, jedenfalls in den Geschichten, die ich gehört habe.«

Mat fuhr fort, als habe Ewin gar nicht gesprochen. »Jedenfalls hört er auf sie, tut, was sie sagt. Aber er benimmt sich nicht wie ein Knecht. Vielleicht ist er ein Soldat. Die Art, wie er sein Schwert trägt, als sei es ein Teil von ihm wie seine Hand oder sein Fuß. Neben ihm wirken die Begleitsoldaten der Kaufleute wie Köter. Und sie, Rand! Ich habe mir niemals eine solche Frau auch nur vorgestellt. Es ist, als stamme sie aus den Geschichten eines Gauklers. Sie ist, wie... Wie... « Er unterbrach seinen Redefluß und sah Ewin gekränkt an. »... wie eine hochgestellte Dame«, endete er mit einem Seufzer.

»Aber wer sind sie?« fragte Rand. Von den Kaufleuten abgesehen, die einmal im Jahr kamen, um Tabak und Wolle zu kaufen, und den fahrenden Händlern, kamen niemals Fremde zu den Zwei Flüssen, jedenfalls so gut wie nie. Vielleicht kamen sie bis zu Taren Fähre, aber nicht noch weiter nach Süden. Die meisten Kaufleute und Händler kamen auch schon seit Jahren und zählten somit nicht als Fremde. Vielleicht konnte man sie als Außenstehende bezeichnen. Es war gute fünf Jahre her, daß zuletzt ein echter ›Fremder‹ in Emondsfeld erschienen war, und er hatte versucht, sich hier zu verstecken. Er hatte oben in Baerlon irgendwelche Schwierigkeiten gehabt, die keiner im Dorf verstand. Er war nicht lange geblieben. »Was wollen sie?«

»Was sie wollen?« rief Mat. »Es ist mir gleich, was sie wollen. Fremde, Rand, und Fremde, wie du sie dir nicht erträumt hast. Denk mal!«

Rand öffnete den Mund und schloß ihn wortlos wieder. Der schwarzgekleidete Reiter hatte ihn so nervös gemacht wie eine Katze im Hunderennen. Es schien schon ein mehr als seltsamer Zufall zu sein, daß sich drei Fremde auf einmal hier beim Dorf aufhielten. Drei — falls der seine Farben ändernde Mantel dieses Burschen niemals schwarz wurde.

»Sie heißt Moiraine«, sagte Ewin in das kurze Schweigen hinein. »Ich hörte, wie er sie so anredete. Moiraine nannte er sie. Die Lady Moiraine. Er heißt Lan. Die Seherin kann sie vielleicht nicht leiden, aber mir gefällt sie.«

»Wie kommst du darauf, daß Nynaeve sie nicht leiden kann?« fragte Rand.

»Sie hat heute morgen die Seherin nach dem Weg gefragt«, sagte Ewin, »und sie mit ›Kind‹ angesprochen.« Rand und Mat pfiffen leise durch die Zähne, und Ewin überschlug sich fast vor Eifer. Er erklärte: »Die Lady Moiraine wußte nicht, daß sie die Seherin ist. Als sie es erfuhr, hat sie sich entschuldigt. Tatsächlich! Und sie stellte ihr dann Fragen über Kräuter und über die Leute in Emondsfeld mit dem gleichen Respekt wie jede Frau hier im Dorf, oder vielleicht noch mehr. Sie fragt immerzu, wie alt die Leute sind und wie lange sie schon hier wohnen und... Ach, ich weiß nicht, was alles. Jedenfalls antwortete Nynaeve, als habe sie in einen unreifen Apfel gebissen. Und dann, als die Lady Moiraine wegging, hat ihr Nynaeve nachgeschaut, wie... Also jedenfalls, freundlich war der Blick nicht, kann ich euch sagen.«

»Ist das alles?« fragte Rand. »Du kennst ja Nynaeves Launen. Als Cenn Buie sie letztes Jahr ›Kind‹ nannte, schlug sie ihm ihren Stock über den Schädel, und dabei ist er im Gemeinderat, und alt genug, um ihr Großvater zu sein, ist er außerdem. Sie geht bei jeder Gelegenheit hoch, und kaum hat sie sich umgedreht, ist der Ärger auch schon verflogen.«

»Für mich ist das schon zu lang«, murmelte Ewin.

»Mir ist es ganz gleich, wem Nynaeve über den Schädel schlägt, solange ich's nicht bin«, gluckste Mat vergnügt. »Das wird das beste Bel Tine, das es jemals gab. Ein Gaukler, eine Lady — wer kann mehr verlangen? Wer braucht schon ein Feuerwerk?«

»Ein Gaukler?« fragte Ewin mit überkieksender Stimme.

»Komm schon, Rand«, fuhr Mat fort, wobei er den jüngeren überging. »Wir sind doch hier fertig. Du mußt den Burschen sehen!«

Er sprang die Treppen hoch. Ewin kam hinterher und rief: »Ist wirklich ein Gaukler da, Mat? Das ist keine Schwindelei wie die Geisterhunde, nicht wahr? Oder wie die Frösche?«

Rand blieb lange genug unten, um die Lampe auf ganz kleine Flamme zu stellen, dann eilte er hinterher.

Im Schankraum hatten sich Rowan Hurn und Samel Crawe zu den anderen vor dem Feuer gesellt, so daß nun der gesamte Gemeinderat versammelt war. Jetzt sprach Bran al'Vere. Seine normalerweise derblaute Stimme war so gedämpft, daß jenseits der zusammengerückten Stühle nur ein dumpfes Murmeln zu hören war. Der Bürgermeister betonte seine Worte, indem er mit dem dicken Zeigefinger in die Fläche der anderen Hand klopfte und einen Mann nach dem anderen anblickte. Alle nickten ihm ihr Einverständnis zu, was er auch sagen mochte, nur bei Cenn sah das etwas zurückhaltender aus als bei den anderen.

Die Art, wie sie alle eng zusammengerückt miteinander sprachen, sagte mehr als ein Hinweisschild. Worüber immer sie sprachen, es ging — im Moment jedenfalls — nur den Gemeinderat etwas an. Sie hätten sicher etwas dagegen gehabt, daß Rand lauschte. Zögernd riß er sich los. Es gab ja auch noch den Gaukler. Und diese Fremden.

Draußen waren Bela und der Karren verschwunden. Hu oder Tad, die Stallburschen der Schenke, hatten sie weggebracht. Mat und Ewin standen ein paar Schritte vom Eingang der Schenke entfernt. Ihre Mäntel wurden vom Wind hin und her gerissen. Sie blickten sich wütend in die Augen.

»Zum letzten Mal«, fauchte Mat, »ich spiele dir keinen Streich! Es ist wirklich ein Gaukler da. Jetzt hau ab! Rand, sag du diesem Wollkopf, daß ich die Wahrheit sage, damit er mich in Ruhe läßt.«

Rand zog seinen Umhang enger und tat einen Schritt vorwärts, um Mat zu unterstützen. Doch die Worte erstarben ihm auf den Lippen, als sich ihm die Nackenhaare sträubten. Er wurde wieder beobachtet. Es war keineswegs das Gefühl, das er bei dem verhüllten Reiter empfunden hatte, aber es war auch nicht angenehm, besonders so kurze Zeit nach dem Zusammentreffen im Wald.

Ein kurzer Rundblick über das Grün zeigte ihm nur, was er auch zuvor dort erblickt hatte: spielende Kinder, Menschen, die das Fest vorbereiteten, und kaum ein Blick in seine Richtung. Der Frühlingsbaum stand nun allein da und wartete. Geschäftigkeit und kindliche Rufe erfüllten die Gassen. Alles war so, wie es sein sollte. Außer, daß er beobachtet wurde.

Dann brachte ihn etwas dazu, sich umzudrehen und aufzuschauen. Am Rand des Ziegeldachs der Schenke saß ein großer Rabe und schwankte ein wenig im böigen Wind. Er hielt den Kopf schräg und äugte mit einem schwarzen Knopfauge — nach ihm, dachte er. Er schluckte, und urplötzlich stieg heißer, scharfer Zorn in ihm auf.

»Dreckiger Aasfresser«, murmelte er.

»Ich hab's satt, angestarrt zu werden«, grollte Mat, und Rand bemerkte, daß sein Freund neben ihn getreten war und den Raben ebenfalls böse anblickte.

Sie tauschten einen Blick, und dann suchten ihre Hände gleichzeitig nach Steinen.

Die beiden Steine flogen genau auf ihr Ziel zu... Und der Rabe hüpfte zur Seite. Die Steine pfiffen über die Stelle, an der er sich gerade noch befunden hatte. Er schlug einmal mit den Flügeln, legte den Kopf wieder schräg, fixierte sie mit einem toten schwarzen Auge, ohne jede Angst, ohne ein Anzeichen, daß irgend etwas geschehen war.

Rand sah den Vogel verwirrt an. »Hast du jemals einen Raben gesehen, der sich so verhielt?« fragte er ruhig.

Mat schüttelte den Kopf, ohne den Raben aus den Augen zu verlieren. »Nie. Und auch noch keinen anderen Vogel.«

»Ein übler Vogel«, sagte eine Frauenstimme hinter ihnen. Trotz des darin mitschwingenden Ekels klang die Stimme melodiös. »Selbst in guten Zeiten sollte man ihm mißtrauen.«

Mit einem schrillen Schrei warf sich der Rabe so kraftvoll in die Luft hinaus, daß zwei schwarze Federn vom Rand des Daches herunterschwebten.

Überrascht drehten sich Rand und Mat herum und verfolgten den schnellen Flug des Vogels über das Grün hinweg in Richtung auf die wolkenverhangenen Verschleierten Berge zu, die hinter dem Westwald hoch aufragten, bis er zu einem verschwindend kleinen Fleck am Westhimmel wurde und dann ganz außer Sicht war.

Rands Blick fiel auf die Frau, die sie angesprochen hatte. Auch sie hatte den Flug des Raben verfolgt und wandte sich nun ihnen zu. Ihr Blick traf den seinen. Er konnte sie nur stumm anstarren. Dies mußte die Lady Moiraine sein, und sie war alles wert, was Mat und Ewin über sie gesagt hatten, alles und noch mehr.

Als er gehört hatte, daß sie Nynaeve als Kind bezeichnet hatte, stellte er sie sich als alte Dame vor, doch das war sie nicht. Zumindest war er nicht in der Lage, ihr Alter auch nur zu schätzen. Zuerst dachte er, sie sei genauso jung wie Nynaeve, aber je länger er sie ansah, desto mehr war er überzeugt, daß sie doch älter war. Um ihre großen dunklen Augen herum lag eine Reife, ein Hauch von Lebenserfahrung, die niemand Junges besitzen konnte. Einen Moment lang glaubte er, diese Augen seien tiefe Seen, die ihn gleich verschlingen würden. Es war klar, warum Mat und Ewin sie als eine Lady aus den Erzählungen eines Gauklers bezeichnet hatten. Sie besaß eine Anmut und beherrschte die Szenerie in einem Maße, daß er sich unbeholfen und plump vorkam. Sie reichte ihm zwar kaum bis zur Brust, aber ihre Ausstrahlung ließ ihre Größe genau richtig erscheinen, und er kam sich mit seiner Länge linkisch vor.

Alles in allem glich sie niemandem, den er je zuvor gesehen hatte. Die weite Kapuze des Mantels umrahmte ihr Gesicht und das dunkle Haar, das in weichen Locken frei hing. Er hatte noch nie eine erwachsene Frau gesehen, deren Haar nicht zu Zöpfen geflochten war; jedes Mädchen der Zwei Flüsse wartete ungeduldig darauf, daß der Frauenzirkel ihres Dorfes feststellte, sie sei alt genug, um einen Zopf zu tragen. Ihre Kleidung wirkte ebenso fremdartig. Ihr Umhang war aus himmelblauem Samt mit viel silbernem Zierrat, Blättern und Ranken und Blumen am ganzen Saum entlang. Ihr Kleid schimmerte leicht, wenn sie sich bewegte. Es war von einem dunkleren Blau als der Mantel und wies einen cremefarbenen Schrägstreifen auf. Um den Hals trug sie ein Halsband aus schweren Goldringen, während ihr von einer anderen, feineren Goldkette, die im Haar befestigt war, ein kleiner blauglitzernder Edelstein in die Mitte der Stirn herunterhing.

Um die Taille lag ein breiter Gürtel aus gewobenen Goldfäden, und am Ringfinger der linken Hand steckte ein Goldring in Form einer Schlange, die sich in den eigenen Schwanz biß. Er hatte nun wirklich noch nie einen solchen Ring gesehen, aber er erkannte die Große Schlange, ein noch älteres Symbol für die Ewigkeit als das Rad der Zeit.

Schöner als alle Festkleider hatte Ewin gesagt, und er hatte recht gehabt. Niemand bei den Zwei Flüssen kleidete sich so. Niemals.

»Guten Morgen, Frau... äh... Lady Moiraine«, sagte Rand. Sein Gesicht wurde ganz heiß, als er sich so versprach.

»Guten Morgen, Lady Moiraine«, kam das etwas geschliffenere Echo von Mat, doch ein wenig unsicher klangen auch seine Worte.

Sie lächelte, und Rand fragte sich, ob er irgend etwas für sie tun könnte, damit er eine Entschuldigung dafür hatte, in ihrer Nähe zu verweilen. Er wußte, daß sie alle anlächelte, doch es schien ihm, als lächle sie nur für ihn allein. Es war wirklich so, als sei die Erzählung eines Gauklers zum Leben erwacht. Mats Gesicht zeigte ein albernes Grinsen.

»Ihr kennt meinen Namen«, sagte sie, und es klang erfreut. Als ob ihre Gegenwart, und wenn sie von noch so kurzer Dauer war, nicht das Gesprächsthema Nummer eins im Dorf für das nächste Jahr wäre! »Aber ihr müßt mich Moiraine nennen, nicht Lady. Und wie heißt ihr?«

Ewin sprang in die Bresche, noch bevor einer der beiden anderen den Mund aufbrachte. »Mein Name ist Ewin Finngar, Lady. Ich habe denen Euren Namen gesagt, deswegen kannten sie ihn. Ich hörte, wie Lan ihn erwähnte, aber gelauscht habe ich nicht. Niemand wie Ihr ist jemals zuvor nach Emondsfeld gekommen. Es ist auch ein Gaukler hier im Dorf zum Bel Tine. Und heute ist Winternacht! Kommt Ihr in mein Haus? Meine Mutter hat Apfelkuchen gebacken.«

»Wir werden ja sehen«, antwortete sie und legte die Hand auf Ewins Schulter. Ihre Augen glitzerten amüsiert, doch ansonsten blieb sie ernst. »Ich weiß nicht, inwieweit ich mit einem Gaukler konkurrieren kann, Ewin. Aber ihr alle müßt mich wirklich Moiraine nennen.« Sie schaute Rand und Mat erwartungsvoll an.

»Ich bin Matrim Cauthon, La... äh... Moiraine«, sagte Mat. Er verbeugte sich steif und ruckartig, und beim Aufrichten lief er rot an.

Rand hatte sich gefragt, ob er auch so etwas tun sollte, so wie die Männer in den Erzählungen, aber nachdem er Mats Beispiel gesehen hatte, nannte er nur seinen Namen.

Zumindest versprach er sich diesmal nicht wieder.

Moiraine sah erst ihn, dann Mat und dann wieder ihn an. Rand dachte bei sich, ihr Lächeln, das kaum die Mundwinkel berührte, wirke wie das Egwenes, wenn sie ein Geheimnis hatte. »Es kann sein, daß ich während meines Aufenthalts in Emondsfeld von Zeit zu Zeit ein paar kleine Aufträge habe«, sagte sie. »Vielleicht wärt ihr gewillt, mir zu helfen?« Sie lachte, als sie sich mit ihrer Zustimmung beinahe überschlugen. »Hier«, sagte sie und Rand war überrascht, als sie ihm eine Münze in die Hand drückte und ihm die Hand mit ihren beiden Händen darum zudrückte.

»Es ist nicht nötig«, begann er, aber sie wischte seinen Protest mit einer Handbewegung beiseite und gab Ewin auch eine Münze; schließlich drückte sie auch Mats Hand um eine Münze, wie sie es bei Rand getan hatte.

»Natürlich ist es nötig«, sagte sie. »Man kann doch von euch nicht erwarten, daß ihr umsonst arbeitet. Betrachtet die Münzen als Andenken und behaltet sie, damit ihr euch daran erinnert, daß ihr zu mir kommen sollt, wenn ich es verlange. Die Münzen verbinden uns jetzt miteinander.«

»Ich werde das nie vergessen«, posaunte Ewin heraus.

»Wir werden uns später unterhalten«, sagte sie, »und ihr müßt mir alles über euch erzählen.«

»Lady... Entsch... Moiraine?« fragte Rand zögernd, als sie sich abwandte. Sie blieb stehen und blickte über die Schulter zurück. Er mußte schlucken, bevor er fortfuhr: »Warum seid Ihr nach Emondsfeld gekommen?« Ihr Gesichtsausdruck änderte sich nicht, und doch wünschte er plötzlich, er hätte die Frage nicht gestellt. Er konnte nicht einmal sagen, warum. Er wollte jedenfalls rasch klarstellen, warum er gefragt hatte. »Ich wollte nicht unhöflich sein. Es tut mir leid. Es ist nur so, daß niemand außer den Kaufleuten und Händlern zu den Zwei Flüssen kommt, wenn der Schnee nicht allzu tief ist, so daß sie aus Baerlon herunterkommen können. Fast niemand. Bestimmt niemand wie Ihr. Die Leibwächter der Kaufleute sagen manchmal, dies sei der hintere Winkel der Ewigkeit, und ich schätze, von draußen gesehen mag es so scheinen. Ich wundere mich nur.«

Ihr Lächeln verschwand nun ganz langsam von ihrem Gesicht, als habe sie sich an etwas erinnert. Einen Augenblick lang sah sie ihn nur einfach an. »Ich studiere die Geschichte«, sagte sie schließlich, »und sammle alte Erzählungen. Diese Gegend, die ihr heute Zwei Flüsse nennt, hat mich schon immer angezogen. Manchmal beschäftige ich mich mit Ereignissen, die vor langer Zeit hier geschehen sind, hier und anderswo.«

»Ereignisse?« fragte Rand. »Was kann denn in Zwei Flüsse je geschehen sein, daß es jemanden wie Euch interessiert — ich meine, was könnte hier schon passiert sein?«

»Und wie sonst als Zwei Flüsse wollt Ihr dieses Land nennen?« fügte Mat hinzu. »So hieß es schon immer.«

»Während sich das Rad der Zeit dreht«, sagte Moiraine halb zu sich selbst und mit einem abwesenden Blick, »führen Orte viele verschiedene Namen. Auch die Menschen tragen viele Namen und viele Gesichter. Unterschiedliche Gesichter, doch immer der gleiche Mensch. Doch niemand kennt das Große Muster, das vom Rad gewebt wird; wir kennen nicht einmal das Muster eines Zeitalters. Wir können nur beobachten und studieren und hoffen.«

Rand starrte sie an, unfähig, auch nur ein Wort herauszubringen oder zu fragen, was sie damit meinte. Er war sich nicht sicher, ob ihre Worte auch für sie bestimmt gewesen waren. Die anderen beiden schwiegen genau wie er, stellte er fest. Ewin stand der Mund offen.

Moiraines Blick kehrte zu ihnen zurück, und alle drei schüttelten sich ein wenig, als erwachten sie. »Wir werden uns später darüber unterhalten«, sagte sie. Keiner von ihnen sagte ein Wort. »Später.« Sie ging in Richtung Wagenbrücke. Es sah mehr wie ein Gleiten aus als ein Gehen. Ihr Umhang breitete sich nach beiden Seiten aus wie Flügel.

Als sie ging, verließ ein hochgewachsener Mann, den Rand vorher gar nicht bemerkt hatte, den Schatten der Schenke und folgte ihr, die eine Hand am langen Knauf seines Schwertes. Seine Kleidung war von einer dunklen graugrünen Farbe, die vor Blättern oder im Schatten fast verschwand, und sein Umhang wirbelte durch Schattierungen von Grau und Grün und Braun, wie er so im Wind flatterte. Je nach dem Hintergrund war dieser Umhang manchmal beinahe unsichtbar. Er trug das Haar lang. An den Schläfen zeigte sich Grau. Das Haar wurde von einem schmalen Lederband zurückgehalten. Das Gesicht schien aus kantigem Fels gehauen, wettergegerbt, doch faltenlos und nicht vom Alter gezeichnet, bis auf das Grau in den Haaren. Seine Bewegungen erinnerten Rand an einen Wolf.

Als er an ihnen vorbeiging, streifte sein Blick kurz die drei jungen Männer. Seine Augen waren so kalt und blau wie der Mittwinterhimmel. Es schien, als wöge er sie in seinem Geist ab, doch es gab kein Anzeichen dafür, was ihm die Waage angezeigt hatte. Er beschleunigte seine Schritte, bis er Moiraine eingeholt hatte. Dann ging er langsam an ihrer Seite weiter und beugte sich nieder, um mit ihr zu sprechen. Rand stieß die Luft aus und merkte erst jetzt, daß er sie angehalten hatte.

»Das war Lan«, sagte Ewin mit kehliger Stimme, als habe auch er die Luft angehalten. Das war aber auch ein Blick gewesen, bei dem einem der Atem stocken konnte. »Ich wette, er ist ein Behüter.«

»Sei kein Narr!« Mat lachte, doch das Lachen klang zittrig. »Behüter gibt es nur in Geschichten. Und auf jeden Fall haben sie Schwerter und goldüberzogene Rüstungen mit Edelsteinen dran, und sie bleiben immer oben im Norden, in der Großen Fäule, und kämpfen gegen das Böse und gegen Trollocs und so was.«

»Er könnte ein Behüter sein.« Ewin bestand darauf. »Hast du bei ihm irgendwo Gold und Edelsteine gesehen?« schalt Mat. »Haben wir hier bei den Zwei Flüssen etwa Trollocs? Wir haben Schafe. Ich frage mich wirklich, was hier jemals geschehen sein kann, daß jemand wie sie sich dafür interessiert.«

»Es könnte schon sein«, antwortete Rand langsam. »Man sagt, die Schenke stehe hier schon seit tausend Jahren oder mehr.«

»Tausend Schafsjahre vielleicht«, meinte Mat.

»Ein silberner Pfennig!« platzte Ewin heraus. »Sie hat mir einen ganzen Silberpfennig gegeben! Stellt euch vor, was ich dafür kaufen kann, wenn der Händler kommt.«

Rand öffnete die Faust, um die Münze anzusehen, die sie ihm gegeben hatte, und beinahe hätte er sie vor Überraschung fallen gelassen. Zwar war ihm die dicke Silbermünze mit dem aufgeprägten Bild einer Frau, die in der erhobenen Hand eine Flamme hielt, nicht geläufig, aber er hatte Bran öfter beobachtet, wenn er die Münzen der Kaufleute aus einem Dutzend verschiedener Länder abgewogen hatte, und er kannte ihren ungefähren Wert. Soviel Silber reichte, um überall im Gebiet der Zwei Flüsse ein gutes Pferd zu erwerben, und es bliebe sicher noch etwas übrig.

Er sah Mat an und erkannte auf seinem Gesicht den gleichen verblüfften Ausdruck, den auch seine Miene zeigen mußte. Er hielt die Hand schräg, so daß Mat die Münze sehen konnte, Ewin aber nicht, und zog fragend die Augenbrauen hoch. Mat nickte, und eine Minute lang blickten sich beide staunend an.

»Welche Art von Diensten wird sie uns wohl auftragen?« fragte Rand schließlich.

»Ich weiß nicht«, sagte Mat mit fester Stimme, »und es interessiert mich nicht. Ich werde die Münze nicht ausgeben. Auch dann nicht, wenn der Händler kommt.« Damit steckte er das Geldstück in die Manteltasche.

Rand nickte und tat es ihm mit langsamen Bewegungen gleich. Er war sich nicht über den Grund im klaren, aber was Mat gesagt hatte, schien richtig. Die Münze sollte nicht ausgegeben werden. Nicht, wenn sie von ihr stammte. Er konnte sich nicht denken, wofür Silber sonst noch gut sein sollte, doch...

»Denkt ihr, daß ich meine auch aufheben sollte?« Quälende Unentschlossenheit prägte Ewins Gesichtsausdruck.

»Nicht, wenn du nicht willst«, sagte Mat.

»Ich glaube, sie gab sie dir zum Ausgeben«, sagte Rand.

Ewin blickte seine Münze an, schüttelte den Kopf und stopfte den Silberpfennig in die Tasche. »Ich behalte sie«, sagte er bedauernd.

»Es gibt ja auch noch den Gaukler«, sagte Rand, und die Miene des Jungen hellte sich auf.

»Wenn er jemals aufsteht«, fügte Mat hinzu.

»Rand«, fragte Ewin, »ist wirklich ein Gaukler da?«

»Du wirst schon sehen«, antwortete Rand lachend. Es war klar, daß Ewin es nicht glauben würde, bis er den Gaukler mit eigenen Augen sah. »Früher oder später muß er ja wohl runterkommen.«

Rufe waren von jenseits der Wagenbrücke zu hören. Als Rand sah, was los war, lachte er vor Freude. Eine durcheinanderwirbelnde Menge von Dorfbewohnern, vom grauhaarigen Opa bis zu watschelnden Kleinkindern, begleitete einen hohen Planwagen zur Brücke, einen riesigen Wagen, der von acht Pferden gezogen wurde. Außen an der halbrund übergezogenen Plane hingen Bündel von Waren wie Trauben an einem Strunk. Der Händler war endlich da. Fremde und ein Gaukler, Feuerwerk und ein fahrender Händler. Es würde das beste Bel Tine aller Zeiten werden.

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