37

Der alte Mann im Schaukelstuhl summte leise vor sich hin, während er in den in der Dämmerung liegenden Wald hinausblickte. Weit im Westen, jenseits der grünen Mauer der Bäume, die undurchdringlich die Lichtung umschloß, auf der seine Hütte stand, sank die Sonne unter den Horizont, und das Tageslicht wurde fahl und grau. Diese Tageszeit war dem alten Mann die liebste — wenn die Mittagshitze im Schatten des Abends abkühlte und die untergehende Sonne den fernen Himmel in leuchtendes Scharlachrot tauchte, dann in sanftes Lavendelblau, das allmählich ins tiefe Blau der Nacht überging. Dann roch die Luft sauber und frisch, befreit von dem muffigen Geruch nach Feuchtigkeit und Moder, der ihr in der Hitze des Tages anhaftete. Dann wisperten die Blätter des Waldes geheimnisvoll im milden Abendwind. In diesen wenigen Augenblicken schien es, als sei der Wildewald ein Stück Land wie jedes andere, und man konnte ihn als einen alten und vertrauten Freund annehmen. Oft sah der alte Mann das Tal so — als einen alten, vertrauten Freund, dem er eine tiefe, unerschütterliche Treue entgegenbrachte. Wenige konnten so empfinden wie er, aber es waren ja auch nur wenige, die das Tal so gut kannten wie er. Oh, es war trügerisch — erbarmungslos und voller Gefahren, die einen Mann vernichten konnten. Es gab Geschöpfe im Wildewald, die nirgends ihresgleichen hatten und gespenstisch durch die Schauermärchen geisterten, die man sich am mitternächtlichen Lagerfeuer erzählte. Im Wildewald lauerte der Tod, zu jeder Stunde, hart, grausam, unerbittlich. Dies war ein Land der Jäger und der Gejagten, und der alte Mann hatte es in den langen Jahren, seit er sich in diesem Tal niedergelassen hatte, von seiner besten und seiner schlimmsten Seite erlebt. Er trommelte mit den Fingern auf die Armlehnen des Schaukelstuhls und dachte zurück. Sechzig Jahre waren vergangen, seit er hierher gekommen war — eine lange Zeit und doch schien ihm, als sei es erst gestern gewesen. Dies war all die Jahre sein Zuhause gewesen, und es war ein Zuhause, das man achten konnte — nicht einfach irgendein Ort voller Häuser und Menschen, wo man sicher und behütet und in grenzenloser Langeweile dahinlebte; ein Ort der Einsamkeit und Tiefe, wo die Herausforderung wartete und wo man Mut brauchte; ein Ort, an dem nur wenige sich niederließen, weil nur diese wenigen an diesen Ort gehörten. Einige wenige wie er selbst, dachte er, und jetzt war nur noch er übrig von denen, die einst ins Tal gekommen waren. Alle anderen waren tot, in die Wildnis heimgegangen, in der sie gelebt hatten. Es waren nur noch diese Narren da, die sich wie verängstigte Hunde in den windschiefen Hütten von Grimpen Ward zusammendrängten, die einander gegenseitig — und jeden Dummen, der sich in ihre Mitte wagte — betrogen und beraubten. Doch das Tal gehörte nicht ihnen und würde nie ihnen gehören, denn sie begriffen nicht das Wesen dieses Tals und hatten auch kein Bedürfnis, es zu erkennen.

Verrückt nannten sie ihn — diese Narren in Grimpen Ward. Verrückt, in dieser Wildnis zu leben, ein alter Mann ganz allein. Er lächelte bei dem Gedanken. Vielleicht war es wirklich verrückt; doch er zog seine eigene Verrücktheit der ihren vor.

»Drifter«, rief er barsch, und der gewaltige schwarze Hund, der zu seinen Füßen ausgestreckt lag, erwachte und stand auf. Er war ein riesenhaftes Tier, der an einen Wolf ebenso wie an einen Bären erinnerte.

»Na du«, brummte der alte Mann, und der Hund legte den Kopf in den Schoß seines Herrn, um sich die Ohren kraulen zu lassen.

Irgendwo in der dichter werdenden Dunkelheit schrillte ein Schrei, flüchtig und durchdringend. Einen Moment lang hing sein verklingendes Echo in der Abenddämmerung, dann erstarb es. Drifter hob lauschend den Kopf. Der alte Mann nickte. Eine Sumpfkatze. Eine große. Irgendein Wesen war ihr in den Weg gelaufen, und sie hatte zugeschlagen.

Müßig ließ er den Blick über vertraute Formen gleiten, die sich aus dem Halbdunkel hoben. Hinter ihm stand die Hütte, in der er lebte, klein, aber solide gebaut, aus Holzbalken und —schindeln errichtet, mit Mörtel abgedichtet. Ein Stück zurückgesetzt von der Hütte befanden sich ein Schuppen und ein Brunnen. In einer kleinen eingezäunten Koppel graste ein Maultier. Hinter der Hütte waren eine Werkbank und ein großer Stapel Holz. Er zimmerte und schnitzte gern, brachte einen großen Teil seiner Tage damit zu, aus dem Holz, das er sich von den mächtigen alten Bäumen an der Lichtung holte, alle möglichen Gegenstände und Möbelstücke zu arbeiten, die er gern ansah. Wertloses Zeug, vermutete er, in den Augen anderer, aber für andere Leute hatte er ja ohnehin nicht viel übrig, da war ihre Meinung für ihn auch nicht wichtig. Er sah nur höchst selten andere Menschen, und selbst das war ihm beinahe noch zuviel. Er war froh, wenn sie ihn in Ruhe ließen. Drifter war ihm Gesellschaft genug. Und diese nichtsnutzigen Katzen, die ständig hier umherstreunten und hinter den Abfällen her waren wie die Aasgeier. Und das Maultier, ein bißchen störrisch, aber zuverlässig.

Er reckte seine Glieder und stand auf. Die Sonne war untergegangen; am Nachthimmel traten Mond und Sterne ihre Herrschaft an. Es war an der Zeit, sein Nachtmahl zu richten. Er warf einen Blick auf den Dreifuß und den Kessel über dem kleinen Feuer, das nur ein paar Schritte von ihm entfernt loderte. Die Suppe vom gestrigen Tag. Viel war es nicht mehr, reichte höchstens noch für eine Mahlzeit.

Kopfschüttelnd trottete er zum Feuer. Er war ein ziemlich kleiner Mann, vom Alter gebeugt, schmächtig und dünn wie eine Zaunlatte. Fedriges weißes Haar umkränzte seinen kahlen Kopf und wuchs die Wangen hinunter zu einem buschigen Bart. So braun und zerknittert wie Leder war die Haut seines zähen alten Körpers, und die Augen waren kaum sichtbar unter den hängenden, faltigen Lidern.

Vor dem Kessel blieb er stehen und blickte hinein, während er überlegte, wie er den Suppenrest etwas schmackhafter anrichten könnte. Und in diesem Moment vernahm er, weit entfernt noch, irgendwo im Dunkel des Pfades, der sich zu seiner Hütte wand, Geräusche, die das Nahen von Pferden und einem Wagen ankündigten. Er wandte sich um und spähte abwartend in die Nacht. Drifter, der an seiner Seite stand, knurrte mißtrauisch, und der alte Mann versetzte ihm einen warnenden Puff.

Die Geräusche kamen näher. Nach einer Weile tauchten Schatten aus dem Dunkel auf und glitten den Hang der Anhöhe hinunter, die die Lichtung begrenzte — ein Wagen, der von zwei Pferden gezogen wurde, und dahinter ein halbes Dutzend Reiter. Die Stimmung des alten Mannes sank, als er den Wagen erblickte. Er kannte ihn gut, wußte, daß er diesem Schurken Cephelo gehörte. Voller Abscheu spie er aus, spielte ernsthaft mit dem Gedanken, Drifter auf die Bande zu hetzen.

Am äußersten Rand der Lichtung hielten Reiter und Wagen an. Cephelos dunkle Gestalt sprang vom Pferd und kam näher. Als der Fahrensmann den Alten erreichte, zog er schwungvoll den breiten Schlapphut.

»Einen schönen guten Abend, Hebel.«

Der alte Mann brummte verächtlich.

»Cephelo. Was wollt Ihr?«

Cephelo spielte den Gekränkten.

»Hebel, ist das vielleicht eine Begrüßung für zwei Leute, die so viel füreinander getan haben wie wir? Dies ist wahrhaftig keine Begrüßung für zwei Männer, die Mühsal und Unglücksfälle des Lebens geteilt haben. Seid mir also gegrüßt.«

Der Fahrensmann ergriff die Hand des Alten und schüttelte sie kräftig. Hebel widersetzte sich nicht, tat aber auch nichts dazu.

»Gut seht Ihr aus.« Cephelo lächelte entwaffnend. »Das Hochland ist gut für die Schmerzen und Leiden des Alters, denke ich mir.«

»Was Ihr nicht sagt.« Hebel spie erneut aus und rümpfte die Nase. »Also, was verkauft Ihr, Cephelo — ein Wundermittel vielleicht für die Alten und Schwachen?«

Cephelo warf einen Blick zurück zu jenen, die mit ihm gekommen waren, und zuckte entschuldigend die Schultern.

»Ihr seid in hohem Maße unfreundlich, Hebel. Wirklich, höchst unfreundlich.«

Der Alte folgte seinem Blick.

»Was habt Ihr denn mit dem Rest Eurer Meute angestellt? Haben die sich einem anderen Dieb angeschlossen?«

Diesmal verdüsterte sich das Gesicht des Fahrensmannes.

»Ich habe sie vorausgeschickt. Sie haben die Hauptstraße nach Osten genommen und werden mich im Tirfing erwarten. Ich bin mit diesen wenigen in einer recht dringlichen Sache zu Euch gekommen. Vielleicht können wir uns darüber unterhalten.«

»Redet nur«, versetzte Hebel. »Soviel Ihr wollt.«

»Und dürfen wir Euer Feuer teilen?«

Hebel zuckte die Schultern.

»Ich habe nicht genug zu essen da, um Euch alle durchzufüttern — tät’s auch gar nicht, wenn ich’s hätte. Vielleicht habt Ihr selbst was mitgebracht, hm?«

Cephelo ließ einen übertriebenen Seufzer hören.

»Richtig. Heute sollt Ihr unser Nachtmahl teilen.«

Er rief den anderen etwas zu. Die Reiter sprangen von ihren Pferden und banden sie fest. Eine alte Frau, die zusammen mit einem jungen Paar auf dem Wagen gefahren war, stieg jetzt herunter, holte Vorräte und Gerätschaften aus dem Wagen und schlurfte schweigend zum Feuer. Die beiden jungen Leute, die an ihrer Seite gesessen hatten, zögerten. Erst auf Cephelos Aufforderung traten sie näher. Zu ihnen gesellte sich ein rankes, dunkelhaariges Mädchen aus der kleinen Truppe der Reiter.

Wortlos wandte sich Hebel ab und setzte sich wieder in seinen Schaukelstuhl. Die beiden jungen Leute, die vom Wagen gestiegen waren, hatten etwas Besonderes an sich, aber er hätte nicht sagen können, was es war. Sie sahen wie Fahrensleute aus, aber doch auch wieder nicht. Er beobachtete sie, als sie mit Cephelo und dem dunkelhaarigen Mädchen herankamen. Alle vier setzten sich zu Füßen des alten Mannes ins Gras, wobei das dunkelhaarige Mädchen ganz dicht an den jungen Mann heranrückte und ihm einen kecken Blick zuwarf.

»Meine Tochter Eretria.« Cephelo schoß einen ärgerlichen Blick auf das Mädchen ab, als er sie vorstellte. »Diese beiden sind Elfen.«

»Ich bin nicht blind«, erklärte Hebel ungeduldig. Jetzt war ihm klar, warum sie sich von den Fahrensleuten unterschieden. »Was tun die denn bei Euch?«

»Wir sind ausgezogen, um etwas Wichtiges zu suchen.«

»Zu suchen?« Hebel beugte sich vor. »Ihr?« Er verzog das zerknitterte Gesicht und musterte den jungen Mann. »Ihr macht mir einen aufgeweckten Eindruck. Was hat Euch bewogen, Euch mit dem da zusammenzutun?«

»Er braucht einen Führer in diesem elenden Gebiet«, erklärte Cephelo. Etwas zu rasch, fand Hebel. »Warum nur müßt Ihr unbedingt in dieser trostlosen Wildnis leben, Hebel? Eines Tages werde ich hier vorbeikommen und nur noch Eure Knochen finden, Alter — nur weil Ihr Euch beharrlich weigert, Euch in zivilisiertere Gefilde zu begeben.«

»Als würde Euch das etwas ausmachen«, brummte Hebel. »Für einen Mann wie mich ist dieses Land so gut wie jedes andere. Ich kenne es, ich kenne seine Bewohner, weiß, wann ich Abstand halten, oder wann ich meine Zähne zeigen muß. Euch überleb’ ich noch lange, Cephelo — das könnt Ihr mir glauben.« Er wippte gemächlich in seinem Schaukelstuhl, während Drifter sich an seiner Seite niederließ. »Also, was wollt Ihr von mir?«

Cephelo zuckte die Schultern.

»Ein bißchen reden, wie ich schon gesagt habe.«

Hebel lachte rauh. »Ein bißchen reden? Kommt, Cephelo, macht mir nichts vor! Was wollt Ihr wirklich? Vergeudet nicht meine Zeit — ich hab’ nicht mehr viel davon.«

»Für mich selbst will ich nichts. Für die beiden jungen Elfen will ich etwas von dem Wissen, das in Eurem kahlen alten Hirn gespeichert ist. Es hat mir gewaltige Mühe gemacht, hier zu Euch heraufzukommen, aber es gibt Umstände, die —«

Hebel hatte genug gehört.

»Was kocht Ihr da drüben?« fragte er, vom Geruch des Essens abgelenkt, das im Kessel dampfte. »Was ist da drin?«

»Woher soll ich das wissen?« fuhr Cephelo ihn gereizt an.

»Rindfleisch, glaube ich, Rindfleisch und Gemüse.« Hebel rieb sich die runzligen braunen Hände. »Ich finde, wir sollten erst essen und dann reden. Habt Ihr auch etwas von Eurem Bier bei Euch, Fahrensmann?«

So verzehrten sie also zunächst das Nachtmahl — Eintopf, Brot, Dörrobst und Nüsse. Es wurde nicht viel gesprochen, während sie aßen, aber Blicke flogen hin und her, und diese Blicke verrieten Hebel mehr als alle Worte, die seine Gäste vielleicht geäußert hätten. Die Elfen, sagte er sich, waren hier, weil sie keine andere Wahl hatten. Sie hielten von Cephelo und seiner Meute so wenig wie er. Cephelo war natürlich hier, weil er sich einen schnellen Gewinn erhoffte. Das dunkelhaarige Mädchen, die Tochter des Fahrensmann, gab ihm jedoch Rätsel auf. Die Blicke, die sie dem jungen Elf zuwarf, verrieten etwas über ihre Absichten, doch es steckte noch etwas anderes in ihr, was sie sorgfältig verheimlichte. Der Alte wurde immer neugieriger.

Endlich war das Nachtmahl beendet und das Bier fast bis zur Neige getrunken. Hebel nahm eine lange Pfeife, entzündete sie und paffte eine dicke Rauchwolke in die Luft.

Cephelo versuchte nochmals sein Glück.

»Dieser junge Elf und seine Schwester brauchen Eure Hilfe. Sie haben schon einen weiten Weg hinter sich, aber sie können ihre Reise nicht fortsetzen, wenn Ihr ihnen diese Hilfe verweigert. Ich habe ihnen gesagt, daß Ihr ihnen selbstlos helfen werdet.«

Der Alte schnaubte verächtlich. Dieses Spielchen kannte er zur Genüge.

»Ich mag Elfen nicht. Sie bilden sich ein, sie sind was Besseres und wollen mit Leuten wie mir nichts zu tun haben.« Er zog die Brauen hoch. »Fahrensleute mag ich auch nicht, wie Ihr wohl wißt. Die mag ich sogar noch weniger als Elfen.«

Eretria lachte. »Ich habe den Eindruck, es gibt eine Menge Dinge, die Ihr nicht mögt.«

»Halt den Mund!« fuhr Cephelo sie wütend an.

Eretria preßte die Lippen aufeinander, und Hebel sah den Zorn in ihren Augen.

Er lachte leise. »Nichts für ungut, Mädchen.« Er blickte Cephelo an. »Was gebt Ihr mir, wenn ich den Elfen helfe, Cephelo? Ihr müßt mir schon einen reellen Vorschlag machen, wenn Ihr von mir was wissen wollt.«

Cephelo funkelte ihn wütend an.

»Stellt meine Geduld nicht auf eine zu harte Probe, Hebel.«

»Ha! Wollt Ihr mir drohen oder gar die Kehle durchschneiden? Dann erfahrt Ihr gar nichts von mir. Also — was gebt Ihr mir?«

»Kleider, Bettzeug, Leder, Seide — ganz gleich.« Der Fahrensmann machte eine wegwerfende Handbewegung.

»Das hab’ ich alles selbst.« Hebel spie aus.

Nur mit Mühe beherrschte sich Cephelo.

»Ja, was wollt Ihr dann? Heraus damit, Alter.«

Drifter knurrte warnend. Hebel brachte ihn mit einem Puff zum Schweigen.

»Messer«, verkündete er. »Ein halbes Dutzend gute Klingen. Eine Axt und zwei Dutzend Pfeile, Eschenholz und gefiedert. Und einen Schleifstein.«

Cephelo nickte unwirsch. »Abgemacht. Ihr seid ein alter Dieb. Aber jetzt gebt mir was dafür zurück.«

Hebel zuckte die Schultern.

»Was wollt Ihr denn wissen?«

Cephelo deutete auf den jungen Mann.

»Der Elf ist ein Heilkundiger. Er ist auf der Suche nach einer Wurzel, die eine seltene Medizin ergibt. In seinen Büchern über die Heilkunst steht, daß sie hier im Wildewald zu finden ist, an einem Ort namens Sichermal.«

Auf die Worte des Fahrensmannes folgte ein langes Schweigen. Alle warteten.

»Also?« fragte Cephelo schließlich gereizt.

»Also was?« fragte der Alte zurück.

»Wo ist dieser Ort? Sichermal.«

Hebel lächelte schelmisch. »Da, wo er immer schon war, vermute ich.«Er sah die Überraschung auf den Zügen des anderen. »Ja, ich kenne den Namen, Cephelo. Ein alter Name, von allen vergessen, denke ich. Aber nicht von mir. Grabgruften sind es — unterirdische Gänge in einem Berg.«

»Das muß es sein!« Der junge Mann sprang auf. Sein Gesicht war erregt. Dann bemerkte er, daß ihn alle anstarrten, und er setzte sich hastig wieder nieder. »Jedenfalls ist es in den Büchern so beschrieben«, fügte er kleinlaut hinzu.

»Tatsächlich?« Paffend wippte Hebel in seinem Stuhl auf und ab. »Und stand in Euren Büchern auch was von der Senke?«

Der junge Mann schüttelte den Kopf und sah das Elfenmädchen an, das ebenfalls den Kopf schüttelte. Cephelo jedoch beugte sich mit einem Ruck nach vorn und kniff die Augen zusammen.

»Ihr meint, dieses Sichermal liegt in der Senke, Alter?«

In Cephelos Stimme lag eine Ängstlichkeit, die Hebel nicht entging. Er lachte leise.

»Ja, mitten in der Senke. Nun, seid Ihr immer noch auf der Suche nach Sichermal, Cephelo?«

Der junge Mann neigte sich vor.

»Wo ist die Senke?«

»Im Süden von hier. Eine Tagesreise«, antwortete der Alte. Es war an der Zeit, dieser Torheit ein Ende zu machen. »Tief und finster ist sie, Elf- eine schwarze Grube, wo alles, was hineinfällt, auf immer verschwindet. Der Tod, Elf. Wer sich in die Senke hineinwagt, kommt nicht wieder heraus. Jene, die dort leben, sorgen dafür.«

Der junge Mann schüttelte den Kopf.

»Das verstehe ich nicht.«

Eretria murmelte leise etwas vor sich hin, während ihr Blick hastig über das Gesicht des jungen Mannes flog. Sie wußte Bescheid, das sah Hebel. Er senkte die Stimme zu einem Flüstern.

»Dort leben die Hexenschwestern, Elf. Morag und Mallenroh. Ihnen gehört die Senke, ihnen und den Wesen, die sie schaffen, um ihnen zu dienen — Wesen, die aus Hexenkunst geboren sind.«

»Aber wo in der Senke liegt Sichermal?« beharrte der junge Mann. »Ihr spracht von einem Berg —«

»Die Hochwarte — ein seltsamer Gipfel, der aus der Senke emporragt wie ein Arm aus dem Grabe. Dort liegt Sichermal.« Der Alte hielt inne und breitete die Hände aus. »So war es jedenfalls einmal. Ich war schon seit vielen, vielen Jahren nicht mehr in der Senke. Keiner wagt sich da mehr hinein.«

Der junge Mann nickte nachdenklich.

»Erzählst du mir mehr über diese Hexenschwestern?«

Hebels Augen verengten sich.

»Morag und Mallenroh — die letzten ihrer Sippe. Einstmals, Elf, gab es viele ihrer Art — jetzt gibt es nur noch zwei. Manche behaupten, sie seien Gehilfinnen des Dämonen-Lords gewesen. Andere meinen, sie seien lange vor ihm dagewesen. Ihre Macht, heißt es, sei so groß wie die der Druiden. Wer weiß? Die Wahrheit wissen nur sie selbst. Sucht sie, wenn Ihr wollt. Ein Elf mehr oder weniger — für mich spielt das keine Rolle.«

Er lachte schneidend, verschluckte sich, hob seinen Becher und trank etwas von seinem Bier. Sein klappriger Körper neigte sich vor, als seine Augen die des jungen Mannes suchten.

»Schwestern sind sie, Morag und Mallenroh. Blutsschwestern. Doch großer Haß lodert zwischen ihnen — ein Haß, der einem alten Unrecht entsprungen ist, ob echt oder eingebildet, das kann ich nicht sagen. Doch sie befehden einander in der Senke, Elf. Morag lebt im Osten und Mallenroh im Westen, und jede versucht, die andere zu vernichten und das Land und die Macht der Schwester an sich zu reißen. Und in der Mitte, genau zwischen den beiden, steht die Hochwarte — und dort liegt Sichermal.«

»Habt Ihr es gesehen?«

»Ich? Nein, ich nicht. Die Senke gehört den Schwestern; das Tal ist weit genug für mich.« Hebel schaukelte sachte hin und her, während er sich seinen Erinnerungen hingab. »Einmal, vor vielen, vielen Jahren, ich kann sie nicht einmal mehr zählen, war ich am Rand der Senke auf der Jagd. Töricht war es, aber damals war ich noch entschlossen, das ganze Land kennenzulernen, das ich mir zur Heimat erwählt hatte, und die Geschichten waren ja nur Geschichten. Tagelang jagte ich im Schatten der Senke und sah nichts. Aber eines Nachts dann, als ich schlief, ganz allein an der Glut meines Lagerfeuers, da kam sie zu mir — Mallenroh, ein Geschöpf wie aus einem Traum mit langem grauen Haar, das aus Nachtschatten gesponnen war, und ihr Gesicht war das Gesicht der Frau Tod. Sie kam zu mir und sagte, sie habe das Bedürfnis, mit einem von menschlichem Geblüt zu sprechen, mit einem wie mir. Die ganze Nacht sprach sie mit mir, erzählte mir von sich und von ihrer Schwester Morag und von der Fehde, die sie um die Vorherrschaft über die Senke miteinander führten.«

Er hatte sich ganz seinen Erinnerungen ergeben, und seine Stimme klang fern und leise.

»Am Morgen war sie fort, beinahe so, als sei sie nie gewesen. Ich habe sie nie wiedergesehen, bis heute nicht. Ich hätte glauben können, es sei alles nur Einbildung gewesen — keine Wirklichkeit —, aber sie hat etwas von mir mit sich fortgenommen — ein Stück Leben könnte man sagen.«

Langsam schüttelte er den Kopf.

»Das meiste von dem, was sie mir erzählte, stob auseinander wie die losen Fetzen eines Traums. Aber ich erinnere mich ihrer Worte über Sichermal, Elf. Unterirdische Gänge im Schoß der Hochwarte, sagte sie. Ein Ort aus einem anderen Zeitalter, wo einst ein seltsamer Zauber verhängt worden war. So alt, daß nicht einmal die Schwestern seine Bedeutung kennen. Ja, das hat Mallenroh mir erzählt. Daran erinnere ich mich — daran zumindest.«

Danach schwieg er, in Gedanken bei den Geschehnissen jener Nacht. Selbst nach allen diesen Jahren war die Erinnerung so klar wie die Gesichter jener, die hier um ihn herumsaßen. Mallenroh! Eigenartig, schoß es ihm durch den Kopf, daß er sich ihrer so lebhaft erinnerte.

Der junge Mann legte seine Hand auf die Armlehne des Schaukelstuhls, und seine Stimme war verhalten, als er sprach.

»Ihr erinnert genug, Hebel.«

Der Alte blickte den Elf verwundert an. Er verstand nicht. Dann sah er in den Augen des anderen, was dieser beabsichtigte. Er war entschlossen, dorthin zu gehen. Er war entschlossen, sich in die Senke zu wagen. Impulsiv beugte Hebel sich zu ihm hinunter.

»Geht nicht«, flüsterte er eindringlich. »Geht nicht!«

Der junge Mann lächelte schwach.

»Ich muß, wenn Cephelo seine Belohnung haben soll.«

Der Fahrensmann schwieg. Sein dunkelhäutiges Gesicht war unergründlich. Eretria warf ihm einen scharfen Blick zu, dann blickte sie wieder den jungen Elf an.

»Tu es nicht, Heiler«, bat sie. »Hör auf das, was der Alte sagt. Die Senke ist gefährlich. Such deine Medizin anderswo.«

Der Elf schüttelte den Kopf.

»Es gibt kein Woanders. Laß es ruhen, Eretria.«

Einen Moment lang spannte sich der Körper des Mädchens zum Zerreißen, und das dunkelhäutige Gesicht lief rot an unter dem Druck von Emotionen, die hinausdrängten. Doch es gelang ihr, sie zu unterdrücken. Beherrscht stand sie auf und blickte kalt zu ihm hinunter.

»Du bist ein Narr«, sagte sie und ging davon in die Finsternis.

Hebel beobachtete den jungen Mann, sah, wie sein Blick dem Mädchen folgte, als es sich entfernte. Das Elfenmädchen blickte nicht einmal auf. Ihre seltsamen grünen Augen schienen nach innen gerichtet zu sein, und ihre feinen Züge waren verborgen im Schatten des langen Haares, das ihr tief ins Gesicht fiel.

»Ist diese Wurzel denn so wichtig?« fragte der alte Mann verwundert. Seine Frage war nicht nur an den jungen Mann gerichtet, sondern auch an das Mädchen. »Ist sie denn nirgends sonst zu finden?«

»Laßt sie doch!« mischte sich Cephelo unvermittelt ein, und seine schwarzen Augen huschten von einem Gesicht zum anderen. »Es ist ihre Entscheidung, und sie haben sie getroffen.«

Hebel runzelte die Stirn.

»So mir nichts, dir nichts wollt Ihr sie in den Tod schicken, Cephelo? Was ist denn das für eine Belohnung, von der der Elf spricht?«

Der Fahrensmann lachte. »Ob man eine Belohnung bekommt oder nicht, hängt von den Launen des Schicksals ab, Alter. Verliert man dort eine, gewinnt man da eine andere. Der Elf und seine Schwester müssen tun, wozu es sie drängt. Wir haben kein Recht, ein Urteil zu fällen, oder sie daran zu hindern.«

»Wir müssen es tun.« Das Elfenmädchen sprach leise aber bestimmt, das erste Mal überhaupt, seit sie sich gesetzt hatten. Tief sah sie dabei dem alten Mann in die Augen.

»Gut.« Cephelo sprang auf. »Der Worte sind genug gesagt in dieser Sache. Der Abend ist noch lange nicht um, und es ist noch viel gutes Bier da, das darauf wartet, getrunken zu werden. Teilt es mit mir, meine Freunde. Wir wollen von den Zeiten sprechen, die gewesen sind, nicht Mutmaßungen über die Zeiten anstellen, die erst kommen werden. Hebel, Ihr sollt hören, was diese Narren in Grimpen Ward jetzt wieder angestellt haben — hirnverbrannt, weiß Gott!«

In scharfem Ton rief er nach der alten Frau, die sogleich mit einem großen Krug Bier herbeieilte. Einige der anderen Fahrensleute gesellten sich jetzt zu ihnen, und Cephelo füllte allen die Becher. Lachend und voller Übermut schickte er sich dann an, eine ganze Sammlung toller Geschichten zum besten zu geben — über Orte, die er wahrscheinlich nie besucht hatte, über Menschen, denen er wahrscheinlich nie begegnet war. Keck und ausgelassen war die Rede des Fahrensmannes, und seine Leute lachten mit ihm über sein wildes Geflunker, während sie immer von neuem ihre Becher füllten.

Hebel lauschte den Geschichten voller Mißtrauen. Allzu schnell, so schien es ihm, hatte Cephelo seine an die Elfen gerichteten Warnungen verächtlich gemacht. Auch konnte er der scheinbaren Interesselosigkeit des Fahrensmannes an der Belohnung, die den jungen Elf erwartete, wenn er die Wurzel fand, nicht glauben. Da stimmte etwas nicht; der Fahrensmann wußte schließlich so gut wie er, daß noch niemand lebend aus der Senke zurückgekehrt war.

Sachte schaukelte er in seinem alten Stuhl hin und her, mit einer Hand leicht Drifters zottigen Kopf kraulend. Wie sonst konnte er den Elf noch warnen, fragte er sich. Was konnte er noch sagen, was nicht schon gesagt worden war, um ihn von seinem törichten Unterfangen abzubringen? Vielleicht nichts; der Junge schien entschlossen.

Er überlegte, ob die beiden jungen Elfen wohl mit Mallenroh zusammentreffen würden, so wie er vor vielen Jahren. Bei der Vorstellung, daß dies der Fall sein könnte, stieg Neid in seiner Seite auf.

Wenig später erhob sich Wil Ohmsford aus dem Kreis der Zecher und ging zu dem Brunnen gleich hinter der Hütte des alten Mannes. Amberle schlief schon in Decken gehüllt am Feuer. Sie war völlig erschöpft von den Anstrengungen des Tages und den vorhergehenden Ereignissen. Auch er selbst fühlte sich ungewöhnlich schläfrig, obwohl er von dem Bier der Fahrensleute kaum etwas getrunken hatte. Vielleicht, dachte er, half da ein Schluck kaltes Wasser und später erholsamer Schlaf.

Er hatte gerade in tiefen Zügen aus dem Metallbecher getrunken, der an der Kette mit dem Eimer festgehakt war, als Eretria aus dem Schatten zu ihm trat.

»Ich verstehe dich nicht, Heiler«, sagte sie sehr direkt.

Er hakte den Becher wieder an die Kette und ließ sich auf dem Steinrand des Brunnens nieder.

»Ich hab’ mich abgestrampelt wie eine Wilde, um dir in Grimpen Ward das Leben zu retten«, fuhr sie fort. »Es war nicht leicht, Cephelo so weit zu bereden, daß er mich dir überhaupt helfen ließ. Wirklich nicht, das kannst du mir glauben. Und jetzt! Die ganze Liebesmüh war wohl vergebens. Ich hätte dich und das Elfenmädchen, das du als deine Schwester ausgibst, genausogut den Banditen in Grimpen Ward überlassen können. Obwohl man dich warnte, bestehst du darauf, dich in die Senke zu wagen. Ich möchte wissen, warum. Hat Cephelo etwas damit zu tun? Ich weiß nicht, was für eine Abmachung du mit ihm getroffen hast, aber nichts, was er dir versprochen hat — selbst wenn er die Absicht hätte, sein Versprechen zu erfüllen, was ich bezweifle —, ist das Risiko wert, das du eingehen willst.«

»Cephelo hat nichts damit zu tun«, erwiderte Wil ruhig.

»Wenn er dir in irgendeiner Weise gedroht hat, dann würde ich dir gegen ihn helfen«, erklärte Eretria fest. »Ich würde dir helfen.«

»Das weiß ich. Aber Cephelo hat mit diesem Entschluß wirklich nichts zu tun.«

»Was hat es dann für einen Grund? Warum mußt du es tun?«

Wil senkte die Lider.

»Die Medizin, die —«

»Lüg mich nicht an!« fiel Eretria ihm zornig ins Wort und setzte sich neben ihn auf den Brunnenrand. »Mag sein, daß Cephelo diesen Unsinn glaubt, aber er hörte nur deine Worte, Heiler. Deine Augen sah er nicht. Deine Rede kannst du vielleicht verstellen, nicht aber deinen Blick. Dieses Mädchen ist nicht deine Schwester; sie ist dein Schützling, und die Verantwortung für sie ist dir offensichtlich teuer. Nicht Wurzeln und Medizin suchst du, sondern etwas weitaus Bedeutsameres. Sag mir, was hoffst du dort in der Senke zu finden?«

Langsam hob Wil den Blick und sah ihr in die Augen. Eine Weile antwortete er ihr nicht. Sie griff impulsiv nach seiner Hand.

»Ich würde dich nie verraten. Niemals!«

Er lächelte schwach. »Das ist vielleicht das einzige an dir, dessen ich sicher bin, Eretria. Ich will dir soviel sagen: Großes Unheil bedroht dieses Land — bedroht alle Länder. Das Mittel, das vor diesem Unheil schützen kann, ist nur in Sichermal zu finden. Amberle und ich sind ausgesandt worden, es zu suchen.«

Die Augen Eretrias blitzten feurig.

»Dann laß mich mit euch ziehen. Nimm mich mit, so wie du mich schon längst hättest mitnehmen sollen.«

Wil seufzte. »Wie kann ich das? Eben hast du mir gesagt, was für ein Narr ich bin, daß ich nicht ablasse von meinem Entschluß, in die Senke hinunterzugehen. Und jetzt soll ich auch dich zur Närrin machen. Nein. Dein Platz ist bei deinen Leuten — wenigstens vorläufig. Es ist besser für dich, wenn du weiter nach Osten ziehst, so weit wie möglich fort vom Westland.«

»Heiler, ich soll von diesem Teufel verschachert werden, der sich als mein Vater ausgibt! Und zwar sobald wir die größeren Städte des Südlandes erreichen.« Ihre Stimme war hart und schneidend. »Glaubst du vielleicht, daß ein solches Schicksal erträglicher ist als das, was ich vielleicht an deiner Seite erleben werde? Nein. Nimm mich mit!«

»Eretria —!«

»Hör mich an. Ich kenne mich aus in diesem Gebiet, denn die Fahrensleute haben es unzählige Male durchquert. Ich weiß vielleicht etwas, was euch weiterhelfen wird. Und wenn nicht, so werde ich euch doch auf jeden Fall kein Hemmschuh sein. Ich kann auf mich selbst achtgeben — besser als dem Elfenmädchen. Ich verlange nichts von dir, Heiler, was nicht auch du von mir verlangen würdest, wäre unsere Situation umgekehrt. Du mußt mich mitnehmen.«

»Eretria, selbst wenn ich damit einverstanden wäre, würde Cephelo dich niemals ziehen lassen.«

»Cephelo würde es erst erfahren, wenn es zu spät ist, etwas daran zu ändern.« Ihre Stimme war hell und erregt. »Nimm mich mit, Heiler. Sag ja.«

Er hätte beinahe zugestimmt. Sie war von solch einer wunderbaren Schönheit, daß es selbst unter normalen Umständen schwer gewesen wäre, ihr irgend etwas abzuschlagen. In diesem Augenblick aber, da sie neben ihm saß mit erwartungsvoll blitzenden Augen, lag eine Verzweiflung in ihrem Ton, die ihn rührte. Sie hatte Angst vor Cephelo und vor dem was er mit ihr anstellen würde. Sie würde nicht betteln, das wußte Wil, aber sie würde weit gehen, um ihn zu bewegen, ihr in die Freiheit zu helfen.

Doch in der Senke wartete der Tod, hatte der alte Mann gesagt. Keiner wagte sich hinein. Es würde schwierig genug werden, Amberle zu beschützen; wenn auch Eretria ihm versichert hatte, daß sie auf sich selbst achtgeben konnte, so würde ihn, das wußte er, das doch nicht daran hindern, sich um sie zu sorgen.

Langsam schüttelte er den Kopf.

»Ich kann nicht, Eretria. Ich kann nicht.«

Lange blieb es still, während sie ihn nur stumm anstarrte. In ihren Augen standen Ungläubigkeit und Zorn; Aufregung und freudige Erwartung darin waren erloschen. Langsam erhob sie sich.

»Obwohl ich dir das Leben gerettet habe, bist du nicht bereit, das meine zu retten. Nun gut.« Sie trat von ihm zurück, während ihr die Tränen über das Gesicht rannen. »Zweimal hast du mich abgewiesen, Wil Ohmsford. Du wirst keine Gelegenheit bekommen, es noch einmal zu tun.«

Sie wirbelte herum und eilte davon. Doch schon nach ein paar Schritten blieb sie stehen.

»Es wird der Tag kommen, Heiler, das sage ich dir voraus, an dem du wünschen wirst, du hättest meine Hilfe nicht so unüberlegt abgelehnt.«

Dann war sie fort, in den Schatten der Nacht verschwunden.

Wil blieb noch eine Weile am Brunnen sitzen und wünschte verzweifelt, daß alles anders wäre, daß es einen vernünftigen Weg gäbe, ihr zu helfen. Dann stand er auf, von Schläfrigkeit überwältigt, und ging wankend davon, um sich zur Ruhe zu legen.

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