29

Am folgenden Morgen marschierten die Elfen und ihre Verbündeten aus dem Sarandanon hinaus in Richtung Norden. Der neue Tag hatte noch nicht mehr als ein schwaches silbernes Leuchten über den östlichen Wäldern erkämpft, als der lange Zug sich durch den Engpaß des Baen Draw drängte und sich in das Hügelland hineinschob, das jenseits davon lag. Rüstungen und Harnische klirrten und knarrten, Stiefel und Hufe schlugen in dröhnendem Rhythmus auf die Erde, Männer wie Pferde pafften weiße Dampfwölkchen in die frostigklare Morgenluft. Niemand sprach, pfiff oder sang gar. Gespannte Erwartung hielt alle in Atem. Elfen-Jäger und Grenzländer wußten, daß die Schlacht bevorstand. In Windungen schlängelte sich der Zug kahle, schroffe Hügel hinauf, die von Wind und Regen zerfressen und ausgehöhlt waren. Weit entfernt noch hob sich die massige dunkle Silhouette des Grimmzacken-Gebirges vom langsam heller werdenden Nachthimmel ab, während die Sonne allmählich den Himmel heraufzog, ein gewaltiges Massiv aus nadelspitzen Gipfeln und messerscharfen Graten, steilen Wänden und gähnenden Schluchten. Der Tag erwärmte sich langsam. Die Morgenstunden zerrannen, und das Heer schwenkte nach Westen, marschierte in langen Kolonnen durch das unfreundliche, hügelige Land. Im Süden funkelten blau die Wogen des Innisbore-Sees, und über dem bewegten Wasserspiegel kreisten weiße Möwen, deren Schreie schrill und gespenstisch durch die Stille hallten. Am Mittag erreichte das Heer die Grimmzacken-Berge, und Eventine gab das Zeichen zum Anhalten. Als eine dunkle, abweisende Mauer aus grauem Fels erhob sich die Bergkette vor dem Horizont. Tausende von Fuß ragten die nackten Felsspitzen in den Himmel hinein, stumm, schroff und kalt. Nichts wartete dort als Leere, Finsternis und Tod.

Zwei Pässe führten über das Grimmzacken-Gebirge, schmale Durchlässe, die das Land der Elfen mit der Rauhen Platte verbanden. Im Süden lag das Halys-Joch, im Norden der Spindelpaß. Wenn die Dämonen, wie Allanon vorhergesagt hatte, innerhalb der Rauhen Platte die Mauer der Verfemung durchbrechen würden, dann mußten sie, wollten sie Arborlon erreichen, über einen dieser Pässe nach Osten ziehen. Und dort wollten die Elfen sie erwarten und aufhalten.

»Hier trennen wir uns«, verkündete Eventine, nachdem er seine Offiziere um sich versammelt hatte.

Andor ritt näher an den kleinen Kreis der Männer heran, um genau zu hören, was besprochen wurde.

»Das Heer teilt sich hier. Die eine Hälfte marschiert mit Prinz Arion und Oberbefehlshaber Pindanon nach Norden, um den Spindelpaß zu sichern. Die andere zieht mit mir nach Süden zum Halys-Joch. Befehlshaber Jans?« Das von Wind und Wetter gegerbte Gesicht des Führers der Freitruppe tauchte im Kreis der Offiziere auf. »Ich möchte, daß die Freitruppe mit mir nach Süden marschiert. Pindanon, gebt den Befehl.«

Der Ring der Reiter löste sich auf. Andor blickte zu Arion hinüber, der ihn mit kalten Augen fixierte und sich dann abwandte.

»Andor, ich möchte, daß du mit mir reitest«, rief sein Vater ihm zu.

Kael Pindanon kam zum König zurückgaloppiert. Es war alles bereit. Mit festem Händedruck sagten die beiden alten Kameraden einander Lebewohl. Noch einmal hielt Andor nach seinem Bruder Ausschau, doch Arion war schon auf dem Weg zur Spitze seiner Kolonne.

Allanon tauchte an Andors Seite auf. Sein dunkles Gesicht war unbewegt.

»Sein Zorn ist unbegründet und fehl am Platz«, sagte der Druide leise und ritt weiter.

Laut dröhnten Pindanons Befehle über das Heer hinweg. Banner und Lanzen wurden grüßend geschwenkt, als das Heer der Elfen sich teilte. Laute Rufe der Zuversicht und des Übermuts zerrissen die morgendliche Stille und hallten von den Hängen der Berge wider. Eine Zeitlang war der Tag erfüllt von sorglosen Stimmen und unbekümmertem Gelächter. Dann setzte sich Pindanons Zug in nördlicher Richtung in Bewegung, wälzte sich unter einer gewaltigen Staubwolke in das Hügelland hinein und verschwand aus dem Blickfeld.

Die Soldaten des Königs wandten sich nach Süden. Viele Stunden marschierten sie am Fuß der Grimmzacken-Berge entlang, folgten dem stetigen Auf und Ab des vorgelagerten Hügellandes. Die Sonne schwand langsam über die Bergrücken nach Westen, und die Schatten wurden länger, dunkle Muster bildend. Die unbewegte, schwüle Luft des Mittags kühlte sich in einem leichten Südwind ab, der aus den fernen Wäldern herüberwehte. Allmählich weiteten sich die Hügel zu einer grasbewachsenen Ebene. An ihrem Rand öffnete sich im Schatten schroffer Felsspitzen das dunkel gähnende Maul des Halys-Joch-Passes.

Eventine ließ sein Heer halten, um kurz mit seinen Offizieren zu beratschlagen. Unterhalb des Ostzugangs zum Paß dehnten sich mehrere Meilen offenen Landes, das sich südlich am Waldrand hinzog. Wenn es den Dämonen gelingen sollte, einen Weg zu finden, um das Grimmzacken-Gebirge unterhalb des Halys-Jochs zu überqueren, konnten sie durch die Waldgebiete nordwärts ziehen und das Elfenheer im Paß einschließen. Eine Nachhut mußte ein solches Manöver verhindern. Am besten konnte eine Kavallerie-Einheit diese Aufgabe übernehmen; die Kavallerie würde innerhalb des engen Passes ohnehin nicht von großem Nutzen sein.

Andor sah, wie der Blick seines Vaters flüchtig zu Stee Jans wanderte, sich dann wieder entfernte. Kavallerie-Einheiten des Elfenheers würden die Nachhut bilden, verkündete der König.

Nachdem der Befehl dazu erteilt war, löste sich die Kavallerie vom Gros des Heeres und verteilte sich über die Ebene. Auf ein Signal von Eventine hin nahm das übrige Heer den Marsch zum Halys-Joch in Angriff.

Schroffe Felswände blickten düster auf die Elfen herab, während diese durch den breiten, schattigen Einschnitt zwischen den Bergen marschierten. Beinahe augenblicklich begann das Gelände anzusteigen, und der Weg führte die Soldaten im kahlen Fels immer höher hinauf. Rasch kühlte die Luft ab, und der Klang von Hufeisen und Stiefeln, die auf nackten Stein schlugen, brach sich in gespenstischem Echo. Das Gelände stieg weiter an, und der Weg wurde immer beschwerlicher. Der Boden war von Geröll übersät, und Spalten und Risse klafften auf Schritt und Tritt. Männer und Pferde stolperten und rutschten immer wieder, und das Tempo verlangsamte sich.

Dann kam der Zug jäh zum Halten. Vor dem Heer gähnte plötzlich eine schier bodenlose Kluft, ein gewaltiger Spalt, der sich, den Paß auf Hunderten von Schritten der Länge nach sprengend, in schwarzem Nichts verlor. Zur Linken schwang sich der Weg breit und eben an der Bergflanke entlang abwärts, um am Ende der Kluft in einen Hohlweg zu münden. Auf der rechten Seite zog sich ein schmaler Sims am Rand des Abgrunds entlang, ein unsicherer, bröckeliger Pfad, der mit Müh und Not einem einzelnen Reiter Platz bot. Blickte man aufwärts, so hatte man den Eindruck, daß die kahlen Felswände sich emporstrebend nach innen neigten, so daß vom Himmel nur ein dünnes, ausgefranstes blaues Band zu sehen war. Das Heer schwenkte nach links, um den breiteren Weg hinunter zu marschieren. Durch den Hohlweg gelangte es in eine Schlucht, die erhellt war vom Sonnenlicht des Nachmittags. Grün leuchteten niedrige Büsche und kurzes grobes Gras, und zwischen den Felsbrocken, die auf dem Boden der Schlucht verstreut lagen, schlängelte sich ein dünnes Bächlein hindurch, um dann in einer kleinen, von Büschen beschatteten Mulde einen Teich zu bilden. Kaninchen sprangen auf und jagten davon, als das Heer in die Schlucht eindrang, und eine Schar Vögel, die am Bachrand getrunken hatte, ergriff flügelschlagend die Flucht.

Die Elfen marschierten bis an das andere Ende der Schlucht. Von dort führte der Paß in Windungen durch eine breite Klamm in die weite Einsamkeit der Rauhen Platte hinunter. Mit scharfer Geste hob Eventine die Hand zum Zeichen, daß das Heer halt machen sollte. Aufmerksam schweifte sein Blick durch die Klamm, über Felsnischen und steile Hänge, dann nickte er. Hier würde das Heer sich dem Ansturm der Dämonen entgegenstellen.

Der Abend stahl sich ins Grimmzacken-Gebirge, graues Zwielicht verdunkelte die Sonne, die im Untergehen den Himmel über der Rauhen Platte in funkelndes rotgoldenes Feuer tauchte. Hinter der Bergkette stieg die silberne Scheibe des Mondes über den Wäldern auf, und schon blitzten die ersten Sterne am Himmel. Das Halys-Joch lag in tiefe Stille getaucht.

Andor Elessedil stand allein auf einer kleinen Anhöhe etwa in der Mitte der Klamm, die zur Rauhen Platte hinunterführte. In den Armen hielt er den silberweißen Stab des Ellcrys. Während sein Blick über die Reihen der Elfen-Jäger und der Freitruppen-Soldaten schweifte, überdachte er zum wiederholten Male während der letzten halben Stunde die Taktik, die sein Vater zur Verteidigung des Passes ersonnen hatte. Ein breiter Hügelrücken zog sich mehrere hundert Schritte von der Öffnung des Passes entfernt quer durch die Klamm, ein Felsplateau, das auf einen von Krüppelbüschen überwucherten und mit Geröll übersäten Hang hinunterblickte. Hier wollte das Heer der Elfen die Dämonen erwarten. Vorn würde das Plateau mit Bogenschützen bemannt werden, die ihre Pfeile auf die Dämonen abschießen würden, sobald diese von der Rauhen Platte her durch die Öffnung des Halys-Joch-Passes drangen, um den Hang hinaufzuklettern. Wenn die Dämonen dann so nahe herankamen, daß die Schützen mit ihren langen Bogen nichts mehr ausrichten konnten, würde eine Phalanx von Lanzern und Pikenieren sie ablösen, um sich der Wucht des Angriffs entgegenzustemmen. Eine zweite Schlachtenreihe würde in Reserve gehalten werden, um der ersten Verstärkung zu geben. Die Verteidiger würden das Plateau so lange wie möglich halten, dann mehrere hundert Schritte zurückweichen und neuerlich Stellung beziehen. Wenn die Klamm verloren war, würden sie bis zum Eingang in die Schlucht zurückweichen. Wenn auch der verlorenging, würde die Schlucht selbst verteidigt werden — und so weiter, bis schließlich das Heer ganz aus dem Paß hinausgedrängt wurde. Es war ein trefflicher Plan. Leicht, sagte sich Andor, würde der Paß von den Dämonen nicht zu nehmen sein. Die Verteidigungspositionen waren gut gewählt; und wenn der Angriff erfolgte, würde er die Elfen nicht unvorbereitet treffen.

Er hob den Blick und spähte zur Rauhen Platte hinaus. Nichts rührte sich. Verlassen und still lag das Land. Von den Dämonen war nirgends eine Spur zu entdecken.

Doch sie würden kommen, dessen war Andor sicher. Seine Hände glitten langsam über das glatte Holz des Ellcrys-Stabs, und seine Finger zeichneten die Maserung der Rinde nach. Eventine hatte den Stab in seine Obhut übergeben, während er selbst den Hang hinuntergestiegen war, um die Abwehrstellungen der Elfen zu inspizieren. Tief sog Andor die Nachtluft ein. Würde der Stab die Elfen wirklich beschützen? Würde er seine Zauberkraft jenen verleihen, die nurmehr Sterbliche waren, und nicht mehr Geschöpfe der Geisterwelt, wie es ihre Vorväter einst gewesen waren? Er betrachtete den silbernen Stab, während er ihn mit beiden Händen fest umfaßte und versuchte, Kraft und Mut aus ihm zu ziehen. Allanon hatte gesagt, daß die Macht des Ellcrys über die Dämonen in diesem Stab geborgen war und daß sie die Bösen schwächen und sie verletzlich machen würde für die Waffen der Elfen. Doch Zweifel trübten Andors Zuversicht. Die Dämonen stellten eine unbegreifliche Macht des Bösen dar, aus einer Welt geboren, die längst vergangen war, die keiner außer ihnen je gesehen hatte, die kein anderer sich auch nur vorstellen konnte.

Er hielt inne in seinem Gedankenfluß. Keiner außer Allanon, verbesserte er sich, und Allanon selbst war vielleicht ein Teil dieser dunklen, vergessenen Welt.

Sein Vater, der König, tauchte plötzlich aus der Finsternis auf und trat an seine Seite. Stumm reichte Andor ihm den Ellcrys-Stab zurück. Müdigkeit und Besorgnis zeichneten das Antlitz des alten Mannes, spiegelten sich in seinen Augen wider. Andor zwang sich, den Blick abzuwenden.

»Ist alles in Ordnung?« fragte er nach einem kurzen Schweigen.

Der König nickte verschlossen.

»Alle Verteidigungsstellungen sind planmäßig bezogen.«

Sie schwiegen wieder. Andor hatte das Bedürfnis, mehr mit seinem Vater zu sprechen. In ihm machte ein Unbehagen sich breit, das sich nicht beruhigen ließ und den Wunsch in ihm weckte, seinem Vater nahe zu sein. Dann hätte er ihm das begreiflich gemacht. Doch aus irgendeinem Grund fiel es ihm schwer, mit seinem Vater über solche Dinge zu sprechen. Sie hatten sich beide noch nie sehr gut darauf verstanden, einander ihre Gefühle auszudrücken.

Seine Stimmung verdüsterte sich. Auch mit Arion war es so —ganz besonders mit Arion. Zwischen ihnen stand eine Wand der Entfremdung, die er nie richtig verstanden hatte; sie hätte vielleicht zum Einstürzen gebracht werden können, wäre einer von ihnen fähig gewesen, darüber zu sprechen. Doch keiner von beiden hatte es je versucht. Und jetzt war es natürlich noch schlimmer geworden. Arion war zornig über das, was sich auf der Sitzung des Hohen Rates zugetragen hatte; war zornig über Andors Bereitwilligkeit, Amberle als rechtmäßige Überbringerin des Ellcrys-Samens anzuerkennen, und über seine Weigerung, von ihr, wie Arion das für richtig hielt, Rechenschaft für ihr Tun zu verlangen; und so lehnte er es nun ab, auch nur ein Wort mit seinem Bruder zu wechseln. So viel Bitterkeit gärte in Arion! Doch es war eine Bitterkeit, die Andor verstand. Als Amberle damals Arborlon verlassen hatte, ohne Erklärung ihre Pflichten als eine der Erwählten im Stich gelassen hatte, da hatten beide Brüder diese Bitterkeit erfahren — er so sehr wie Arion, denn auch er hatte das Kind geliebt. Allzulange aber hatte er sich von dieser Bitterkeit blenden lassen. Erst als er sie wiedergesehen hatte, war es ihm vergönnt gewesen, einen Teil der früheren Gefühle, die er ihr entgegengebracht hatte, wiederzuentdecken. Gern hätte er das alles Arion erklärt; er hatte das Bedürfnis, es ihm zu erklären. Doch es schien keinen Weg zu geben.

Er fuhr zusammen, als er sich plötzlich bewußt wurde, daß Allanon neben ihm stand. Der Druide war geräuschlos aus dem Nichts aufgetaucht, nicht einmal ein Rascheln der schwarzen Gewänder, die seine Gestalt einhüllten, hatte ihn verraten. Das von der Kapuze beschattete Gesicht blickte Andor einen Moment lang an, dann wandte Allanon sich an den König.

»Ihr schlaft nicht?«

Eventine wirkte zerstreut. »Nein. Noch nicht.«

»Ihr müßt aber ruhen, Elfenkönig.«

»Bald. Allanon, glaubt Ihr, daß Amberle noch am Leben ist?«

Andor stockte der Atem, und er warf einen scheuen Blick auf den Druiden. Allanon besann sich einen Augenblick, bevor er antwortete.

»Sie ist am Leben.«

Als er darauf wiederum schwieg, sah Eventine ihn von der Seite an.

»Wie könnt Ihr das so bestimmt wissen?«

»Ich kann es nicht wissen; aber ich glaube es.«

»Weshalb glaubt Ihr dann, daß sie noch am Leben ist?«

Der Druide hob den Kopf, und die tief eingesunkenen Augen blickten gen Himmel.

»Weil Wil Ohmsford die Elfensteine noch nicht eingesetzt hat. Wäre Amberles Leben in Gefahr, so würde er sich der Kraft der Steine bedienen, um sie zu schützen.«

Andor runzelte die Stirn. Die Elfensteine? Wil Ohmsford? Was hatte das alles zu bedeuten? Dann fiel ihm die zweite vermummte Gestalt im Ratssaal ein, die mit Allanon und Amberle eingetreten war und sich nicht geoffenbart hatte. Das mußte Wil Ohmsford gewesen sein. Hastig wandte er sich nach Allanon um. Fragen formten sich auf seinen Lippen. Doch er sprach sie nicht aus. Statt dessen wandte er sich wieder ab. Vielleicht war es besser, dachte er, diese Fragen nicht zu stellen. Wenn Allanon ihn mehr hätte wissen lassen wollen, dann hätte er von selbst gesprochen. Warum aber hatte der Druide überhaupt etwas erwähnt?

Verwirrt starrte er in die wilde Einöde der Rauhen Platte hinaus. Die Sonne verschwand hinter dem Horizont, und ihre leuchtenden Farben verschmolzen langsam mit den Schatten der Nacht.

»Am Eingang zum Paß sind Wachfeuer aufgeschichtet worden«, murmelte Eventine. »Ich muß den Befehl geben, sie zu entzünden.«

Wieder schritt er in die Klamm hinunter, und Andor blieb mit Allanon allein zurück. Schweigend standen sie beide da, reglose Gestalten in der heranbrechenden Dunkelheit, und blickten dem alten König nach, der über Fels und Geröll abwärts wanderte. Die Minuten verrannen. Andor glaubte schon, Allanon hätte ihn vergessen, da schwebte plötzlich die Stimme des Druiden durch die Stille.

»Möchtet Ihr mehr über Wil Ohmsford wissen, Elfenprinz?«

Andor starrte den großen Alten verwundert an und nickte dann erstaunt.

»Gut.« Allanon sah ihn nicht an. »So hört.«

Leise erzählte er Andor von Wil Ohmsford — von seinem Erbe und seinem Auftrag. Erinnerungen kamen dem Elfenprinzen an Berichte seines Vaters von den beiden Talbewohnern Shea und Flick Ohmsford und von ihrer Suche nach dem legendären Schwert von Shannara. Und nun war Sheas Enkel, zauberischer Kräfte teilhaftig, die keinem Elf seit der Vernichtung der Alten Welt zugänglich gewesen waren, zu Amberles Beschützer berufen worden.

Als der Druide zum Ende kam, schwieg Andor lange Zeit. Schweigsam blickte er in die Schatten, in die sein Vater eingetaucht war, und dachte über das Gehörte nach. Dann hob er den Kopf und blickte den Druiden wieder an.

»Warum habt Ihr mir das erzählt, Allanon?«

»Das ist etwas, was Ihr wissen solltet.«

Andor schüttelte langsam den Kopf.

»Nein — ich meine, warum gerade mir?«

Da endlich wandte der Druide sich um und sah ihn an. Das Raubvogelgesicht war kaum zu erkennen im Schutz der Kapuze.

»Aus vielen Gründen, Andor«, sagte er leise. »Vielleicht, weil Ihr Euch für Amberle entschiedet an jenem Abend, als kein anderer im Hohen Rat für sie Partei ergreifen wollte. Vielleicht deshalb.«

Seine schwarzen Augen ruhten lange unverwandt auf Andor, dann wandte er sich wieder ab.

»Ihr solltet jetzt ruhen. Auch Ihr solltet schlafen.«

Andor nickte, in Gedanken weit fort. Hatte der Druide wirklich seine Frage beantwortet? Er streifte Allanon mit einem kurzen Blick. Das dunkle Gesicht verriet keine Regung. Und als Andor wenig später noch einmal den Kopf erhob, um den Druiden forschend zu betrachten, war dieser verschwunden.

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