Das Verhängnis

Farodin schlug die Tür hastig zu und schob den hölzernen Riegel vor. »Steck dein Schwert weg, sonst bringst du noch den einzigen Freund um, den du in dieser Stadt hast.« Er sah sich gehetzt um. »Gibt es einen zweiten Ausgang?«

Guillaume starrte ihn an, als wäre er ein Gespenst. »Was geht da vor sich?«

»Bewaffnete. Sie haben alle Straßen, die aus der Stadt herausführen, besetzt und dann den Tempel gestürmt. Sie scheinen nicht viel für Priester wie dich übrig zu haben.« Farodin trat an das Fenster zum Tempelplatz und schob die Läden ein Stück weit auf. »Sieh!«

Die Krieger waren bestens gewappnet. Fast alle trugen sie Kettenhemden und Helme mit schwarzen Pferdeschweifen. Etwa die Hälfte war mit Äxten oder Schwertern bewaffnet. Auf ihren roten Rundschilden prangte als Wappen ein weißer Stierkopf. Die übrigen Männer waren mit Armbrüsten ausgerüstet. Auch wenn sie die Priester ohne Rücksicht aus dem halb fertigen Tempel zerrten, war offensichtlich, dass es sich bei ihnen nicht um einfache Plünderer handelte. Sie gingen diszipliniert vor. Die Armbrustschützen sicherten den Platz, während die Axtkämpfer die Priester zu der großen Eiche trieben.

Auf Befehl eines hünenhaften blonden Kriegers wurde einer der Priester, ein korpulenter, schon etwas älterer Mann, von seinen Leidensgenossen getrennt. Man band ihm ein Seil um die Füße, warf das andere Ende über eine dicke Astgabel und zerrte ihn von den Beinen. Verzweifelt versuchte der Geistliche, seine rutschende Kutte über sein Gemächt zu zerren.

»Vater Ribauld!«, flüsterte Guillaume erschrocken. »Was tun sie da?«

»Ich habe gehört, wie die Bewaffneten deinen Namen genannt haben, Guillaume.« Farodin musterte den jungen Priester von Kopf bis Fuß. Ein Kämpfer war er gewiss nicht. »Wie es scheint, hast du dir gleich in zwei Welten Todfeinde gemacht. Was hast du getan, dass diese Männer nach dir suchen?«

Der Priester strich sich nachdenklich das Haar aus dem Gesicht. Eine kleine Geste nur, und doch erfüllte sie Farodin mit tiefem Schmerz. So hatten sich Aileen und auch Noroelle das Haar aus der Stirn gestrichen, wenn sie tief in Gedanken gewesen waren. Der Priester war erstaunlich zartgliedrig. In seinem Gesicht sah er Noroelle wie in einem fernen Spiegel. Sie lebte in ihm fort.

Farodin war Nuramon gefolgt, weil er in Sorge gewesen war, dass sein Gefährte dem Priester zur Flucht verhelfen könnte. In den vergangenen drei Jahren hatte Farodin seinen Frieden mit sich gemacht. Er hatte den Befehl der Königin angenommen. Gestern auf dem Tempelplatz wäre er dazu bereit gewesen, Guillaume zu töten. Doch jetzt … Er musste den Blick abwenden, so sehr erinnerte ihn Guillaume an Noroelle. Wenn er die Waffe gegen den Priester hob, dann wäre es so, als wendete er sie gegen Noroelle.

Ollowain hatte ihn gewarnt, als er das Lager verlassen hatte, um heimlich Nuramon zu folgen. Noch deutlich klangen die Worte des Schwertmeisters in seinen Ohren: _Vergiss nicht, er ist auch das Kind eines Devanthars, eines Meisters der Täuschung. Er missbraucht Noroelles Antlitz als eine Maske, hinter der sich das Böse verbirgt. Ein Devanthar ist der Fleisch gewordene Hass auf die Alben und uns, ihre Kinder. Was Gutes in ihm gewohnt haben mag, wird längst durch das Erbe des Vaters vergiftet sein. Du hast gesehen, was mit Gelvuun geschah. Wir können ihn nicht gefangen nehmen. In Wirklichkeit wären wir seine Gefangenen. Selbst wenn wir ihn in Ketten legten, könnte ein Wort der Macht uns alle töten. Und schlimmer noch: Stell dir vor, was eine solche Kreatur in Albenmark anrichten könnte! Wie sollten wir ihn bekämpfen? Wir müssen Emerelles Befehl ausführen! Ich habe heute Mittag auf dem Tempelplatz die Weisheit der Königin erkannt_.

»Sie kommen für etwas, das ich _nicht_ getan habe«, antwortete Guillaume auf Farodins Frage.

»Was?« Farodin schreckte aus seinen Gedanken auf.

Die Krieger auf dem Platz schlugen unterdessen mit langen Ruten auf Ribauld ein. Hilflos pendelte der Mann hin und her. Seine Schreie gellten über den Platz und mussten weithin in der Stadt zu hören sein. Doch keiner der Bürger eilte herbei, um dem Priester zu helfen.

»Siehst du die Stierköpfe auf den Schilden?«, fragte Guillaume. »Dies sind die Männer König Cabezans. Seine Leibwachen. Cabezan hat nach mir schicken lassen. Es heißt, dass ihm die Glieder bei lebendigem Leibe verfaulen und er einen langsamen, qualvollen Tod stirbt. Er hat mir befohlen, ihn zu heilen. Doch das kann ich nicht. Wenn ich dieses eine Leben rette, so werden Hunderte sterben, denn Cabezan ist ein grausamer Tyrann. Er hat seine eigenen Kinder ermordet, weil er fürchtete, dass sie seinen Thron begehren. Er ist vom Wahnsinn besessen … Man darf nur nackt vor ihn treten, weil er fürchtet, man könnte Waffen in seinen Gewändern verbergen. Wer zu seiner Leibwache gehören will, muss vor seinen Augen ein Neugeborenes mit bloßer Faust erschlagen … Er duldet nur Männer ohne Gewissen um sich. Mit Cabezan regiert das Böse in Fargon. Deshalb werde ich ihn nicht heilen … Ich darf es nicht. Wenn er endlich stirbt, dann wird ein Fluch von diesem Land genommen.«

Noch immer hallten die Schreie des Priesters über den Platz. »Ich darf nicht …« Guillaume standen Tränen in den Augen. »Ribauld ist wie ein Vater für mich. Ich bin bei einer armen Bauernfamilie aufgewachsen. Als meine Eltern … meine Pflegeeltern starben, nahm er mich auf. Er ist …«

Einer der jüngeren Priester, die von den Soldaten aus dem Tempel gezerrt worden waren, deutete mit ausgestrecktem Arm auf Guillaumes Haus.

»Gibt es hier einen zweiten Ausgang?«, fragte Farodin erneut. Schon kamen zwei Krieger über den Tempelplatz in ihre Richtung.

Der Priester schüttelte den Kopf. Er nahm ein langes Brotmesser vom Tisch und schob es in den Ärmel seiner Kutte. »Ich werde gehen, dann werden sie nicht auch euch töten. Aber König Cabezan wird mich nicht lebend zu Gesicht bekommen.«

Nuramon trat ihm in den Weg. »Tu das nicht. Komm mit uns!«

»Du meinst also, es sei klüger, dir zu einer Königin zu folgen, die dich geschickt hat, um mich zu töten?« In Guillaumes Worten lag keine Herausforderung; er klang unendlich traurig. »Ich weiß, dass du mir nichts Böses willst. Aber wenn ich jetzt dort hinausgehe, dann werde ich vielleicht euch und das Leben meiner Ordensbrüder retten. Und wenn du deiner Königin meinen Tod melden kannst, dann wird sie meine Mutter vielleicht begnadigen.« Er schob den Riegel der Tür zurück und trat auf den Platz.

Farodin konnte nicht fassen, dass Nuramon keinen weiteren Versuch machte, den Priester aufzuhalten. Er stürmte zur Tür, doch es war zu spät. Guillaume war bereits von den Kriegern gepackt worden.

»Ritter des Königs«, rief er mit tönender Stimme. »Lasst ab von meinen Brüdern. Ihr habt mich gefunden.«

Der blonde Anführer gab seinen Männern einen Wink, die Armbrüste zu senken. Er trat neben Ribauld, packte den alten Mann bei den Haaren und bog seinen Kopf weit in den Nacken zurück.

»Du also willst der Wunderheiler sein!«, rief der Ritter. Er zog ein Messer aus dem Gürtel und stieß es Ribauld durch die Kehle. »Dann zeigt uns mal, was du kannst.«

Farodin hielt den Atem an. Guillaume stand noch zu nah am Haus. Wenn er seine Heilkräfte einsetzte, dann würden er und Nuramon sterben.

Der alte Priester schwang am Seil hin und her. Wie ein Stück Schlachtvieh am Metzgerhaken hing er vom Baum. Seine Hände krallten sich jetzt um die Kehle.

Farodin stieß die Läden auf, sodass sie krachend gegen die Hauswand schlugen. Er griff mit beiden Händen nach dem Fenstersims, stieß sich davon ab und schnellte hinaus. Federnd landete er vor dem Haus. »Vergreife dich nicht an meiner Beute, Menschensohn!« Seine Stimme war wie Eis.

Der blonde Krieger legte die Hand auf den Schwertknauf. »Du hast deinen Auftritt gehabt. Nun mach dich davon.«

»Du greifst nach deiner Waffe? Willst du ein Duell?« Farodin lächelte. »Ich bin der erste Recke der Königin von Albenmark. Überlege dir gut, ob du Streit mit mir suchst. Ich bin hier, um den Priester Guillaume zu holen. Wie du siehst, war ich in seinem Haus. Ich habe ihn vor dir aufgespürt. Und ich werde mir meine Beute nicht entreißen lassen. Er hat gestern Mittag einen Elfen getötet. Dafür wird er sich verantworten.«

»Der erste Recke der Königin von Albenmark«, äffte ihn der blonde Krieger nach. »Und ich bin Umgrid, König von Trollheim.« Die Männer ringsherum lachten.

Farodin strich sich das Haar zurück, sodass man seine spitzen Ohren sehen konnte. »Du also bist Umgrid?« Der Elf legte den Kopf schief. »Hässlich genug bist du wohl, um ein Troll zu sein.« Er machte eine halbe Drehung und blickte zu den Dächern der Häuser rings um den Platz.

»Wer kein Troll ist, sollte jetzt gehen. Dieser Platz ist von Elfen umstellt. Und wir werden uns Guillaume nicht abnehmen lassen.«

Einige der Krieger blickten ängstlich auf und hoben ihre Schilde.

»Worte! Nichts als Worte!« Der Anführer klang nun nicht mehr ganz so selbstsicher wie zuvor.

»Du solltest uns um Erlaubnis fragen, bevor du irgendeinen dieser Halsabschneider laufen lässt«, ertönte Nuramons Stimme. Der Elf hatte sein Schwert gezogen und stand nun in der Tür zu Guillaumes Haus.

»Schießt sie nieder.« Der Hauptmann der Krieger riss einem der Schützen die Armbrust aus der Hand und legte auf Farodin an.

Der Elf warf sich mit einem Hechtsprung nach vorn. Mit den Händen stieß er sich vom groben Pflaster ab, rollte über die linke Schulter ab und schaffte es so fast bis zum Brunnen. Ein Armbrustbolzen streifte seine Wange und hinterließ einen blutigen Striemen.

Farodin warf sich herum, um den Kriegern kein unbewegtes Ziel zu bieten. Er landete vor den Füßen eines Axtkämpfers. Der Mensch versetzte ihm mit seinem Rundschild einen Stoß, der Farodin aus dem Gleichgewicht brachte. Er torkelte und stieß gegen den Brunnenrand. Gerade noch konnte er einem Axthieb ausweichen, der nach seinem Kopf zielte.

Mit einem Tritt stieß Farodin den Schild des Menschen zur Seite und zog sein Schwert. Ein Rückhandhieb schlitzte dem Krieger den Bauch auf. Der Elf riss dem Sterbenden die Axt aus der Hand. Von überall her stürmten Kämpfer herbei. Nuramon verteidigte sich im Hauseingang bereits gegen zwei Krieger. Ihre Sache war hoffnungslos. Sie waren den Menschen mehr als zehn zu eins unterlegen.

Farodin sprang vom Brunnenrand und warf die Axt nach einem Armbrustschützen, der auf ihn anlegte. Mit einem grässlichen Knirschen fand die Waffe ihr Ziel.

Der Elf wich einem weiteren Axthieb aus, parierte ein Schwert und stach einem der Angreifer über den Schildrand hinweg in die Schulter. In weitem Kreis hatten ihn nun Krieger umringt.

»Nun, wer ist der Erste von euch, wenn es ans Sterben geht?«, fragte Farodin herausfordernd.

Der hünenhafte Hauptmann hatte sich inzwischen einen Helm aufgesetzt und einen Schild um den Arm geschnallt. »Holen wir ihn uns!« Er hob eine doppelköpfige Axt und stürmte los.

Von allen Seiten griffen sie Farodin an. Der Elfenkrieger ging in die Hocke, um den wütenden Hieben auszuweichen. Sein Schwert beschrieb einen flachen Kreis. Wie ein heißes Messer durch Wachs, so schnitt seine Klinge durch die Beine derjenigen, die ihm zu nahe kamen.

Etwas streifte Farodins linken Arm. Warmes Blut tränkte sein Hemd. Mit tödlicher Ruhe fing er einen Axthieb ab, der nach seiner Brust zielte. Sein Schwert zersplitterte den hölzernen Schaft der Waffe. Die Menschen bewegten sich unbeholfen. Farodin hatte es schon oft bei Mandred beobachtet. Sie waren mutig und stark, doch im Vergleich zu einem Elfen, der sich Jahrhunderte im Schwertkampf geübt hatte, waren sie wie Kinder. Und doch konnte es am Ausgang des Kampfes schwerlich einen Zweifel geben. Sie waren einfach zu viele.

Wie ein Tänzer bewegte sich Farodin durch die Reihen der Gegner, tauchte unter Hieben weg oder ließ sie von seiner Klinge abgleiten, um sofort mit einem Gegenschlag zu reagieren.

Plötzlich stand er dem blonden Anführer gegenüber.

»Aus deinen Ohren werde ich mir eine Halskette machen«, zischte der Mann. Er griff mit einem wuchtigen Hieb an, der auf Farodins Schwertarm zielte, wechselte dann aber mitten im Schlag die Angriffsrichtung.

Mit einem tänzelnden Schritt wich Farodin aus und trat dem Hünen dann voller Kraft unter die Schildkante. Mit einem üblen Knirschen schlug die eisenverstärkte Oberkante des Schildes unter das Kinn seines Angreifers. Der Hüne biss sich die Unterlippe durch und spuckte Blut.

Farodin vollführte eine Drehung und versetzte dem Schild einen weiteren Tritt, der diesen zur Seite stieß. Mit der flachen Seite des Schwertes traf er den Hauptmann mitten ins Gesicht.

Der Hüne strauchelte. Farodin fing ihn auf, riss ihm den Helm vom Kopf und setzte ihm die Klinge an den Hals. »Hört auf zu kämpfen, oder euer Anführer stirbt!«, rief der Elf mit schallender Stimme.

Die Krieger wichen zurück. Unheimliche Stille senkte sich über den Platz, unterbrochen allein vom leisen Stöhnen der Verwundeten.

Nuramon trat aus dem Haus des Priesters. Sein ledernes Jagdhemd war blutverschmiert.

»Wir ziehen uns in den Tempel zurück!«, rief Farodin ihm zu.

»Ihr kommt niemals lebend aus Aniscans«, sagte der Hauptmann der Menschen drohend und laut genug, dass seine Männer ihn hören konnten. »Die Brücke ist besetzt. Alle Straßen sind versperrt. Wir waren darauf vorbereitet, dass der Heiler Schwierigkeiten macht. Gib auf, und ich verspreche dir einen schnellen Tod.«

»Wir sind Elfen«, entgegnete Farodin kühl. »Glaubst du wirklich, du könntest uns aufhalten?« Er winkte Nuramon zu, und sein Gefährte zog sich mit zwei Priestern zum Tor des Tempels zurück.

Guillaume war leichenblass. Während der Kämpfe hatte er einfach nur dagestanden und zugesehen. Offenbar war er völlig unfähig, jemandem ein Leid zuzufügen.

»Du blutest, Elf«, sagte der blonde Krieger. »Du bist aus Fleisch und Blut, so wie ich. Und du kannst sterben, so wie ich. Bevor die Sonne untergeht, werde ich Wein aus deiner Hirnschale trinken.«

»Für einen Mann mit einem Schwert an der Kehle blickst du bemerkenswert zuversichtlich in die Zukunft.« Farodin ging langsam rückwärts in Richtung des hohen Tempelportals.

Die Armbrustschützen rings herum luden ihre Waffen nach.

Farodin dachte an Mandred und die übrigen Gefährten, die er auf dem Weinberg zurückgelassen hatte. Würden sie kommen? Sie mussten gesehen haben, wie der Tempel angegriffen wurde.

Schnell stieß er seinen Gefangenen zu Boden und sprang durch das Tor des Tempels. Armbrustbolzen sirrten an ihm vorbei. Nuramon schlug die schwere Eichentür zu und legte den Torbalken vor. Farodin betrachtete besorgt Nuramons blutverschmiertes Hemd. »Wie schlimm ist es?«

Der Elf blickte an sich hinab. »Ich glaube, das ist eher Menschenblut als mein eigenes.«

Es war dunkel und kühl im Tempel. Massige Holzsäulen strebten der Decke entgegen, die von starken Balken getragen wurde. Der ganze Tempel bestand aus einem hohen Raum. Es gab keine Möbelstücke und kein Podest, auf dem ein Redner stehen konnte. Der einzige Schmuck war ein Menhir, ein fast drei Schritt hoher Stein, in den gewundene Schriftzeichen eingeritzt waren. Die Wände waren weiß getüncht und wurden von zwei Galerien gegliedert, die jeweils ganz um die Innenwände des Tempelsaals liefen. Noch über den Galerien lagen hohe Fenster, durch die blasses Morgenlicht schimmerte. In Nischen entlang der Wände brannten Öllämpchen, und rings um den Menhir waren kupferne Räucherpfannen aufgestellt, von denen blasser Rauch aufstieg.

Der ganze Bau erinnerte Farodin mehr an einen Festungsturm als an einen Tempel. Was für ein Gott mochte Tjured wohl sein? Ein Krieger war er jedenfalls nicht, so hilflos, wie sich seine Diener gebärdeten. Die beiden Priester knieten vor dem Menhir in der Mitte der runden Tempelhalle. Unterwürfig beteten sie zu ihrem Gott und dankten ihm für ihre Rettung.

»Guillaume?«, rief Nuramon, der noch immer bei der Flügeltür stand. »Wo bist du?«

Der Heiler trat hinter einer Säule hervor. Er wirkte ungewöhnlich ruhig, ja fast entrückt. »Du hättest mich ihnen überlassen sollen. Nach dem Blutbad auf dem Tempelplatz werden sie erst ruhen, wenn wir alle tot sind.«

»Kann es sein, dass du deinen Tod herbeisehnst?«, fragte Farodin aufgebracht.

»Hat man nicht auch euch geschickt, um mich zu töten? Welchen Sinn macht es, darum zu kämpfen, wem das Vorrecht zukommt, mein Henker zu sein?«

Farodin machte eine wegwerfende Geste. »Wer im Kampf über den Tod sinniert, den wird das Leben verlassen. Mach dich lieber nützlich. Bring uns zum Hinterausgang. Vielleicht können wir dort unbemerkt hinausschlüpfen.«

Guillaume breitete hilflos die Hände aus. »Dies ist ein Tempel und keine Festung. Es gibt keinen Hinterausgang, keine verborgenen Tunnel oder Geheimtüren.«

Farodin sah sich ungläubig um. Neben dem Portal strebte eine Wendeltreppe hinauf zu den beiden Galerien. Dicht unter dem Dachgebälk war das Mauerwerk von hohen Bogenfenstern aus buntem Glas durchbrochen. Sie zeigten Bilder von Priestern in den nachtblauen Kutten des Tjuredkultes. Verwirrt betrachtete der Elf die Fenster. Eines der Glasbilder zeigte einen Priester, der in einen Kessel auf einem Feuer gestürzt wurde. Auf einem anderen Bild hackte man einem Priester Arme und Beine ab, auf einem dritten wurde ein Mann in nachtblauer Kutte von Wilden in Tierhäuten auf einem Scheiterhaufen verbrannt. Fast alle Glasfenster zeigten solche Mordszenen. Jetzt verstand Farodin, warum Guillaume so gelassen blieb. Ein schreckliches Ende zu nehmen war offenbar die höchste Erfüllung eines Tjuredpriesters.

Ein Donnerschlag riss den Elfen aus seinen Gedanken. Feiner Staub rieselte aus den Ritzen des Tempelportals. Ein weiterer Donnerschlag folgte. Die schweren Torflügel knirschten in ihren Angeln. Farodin fluchte leise. Offensichtlich hatten die Wachen des Königs etwas gefunden, was sich als Rammbock verwenden ließ.

»Hört auf zu beten und tut etwas Nützliches«, herrschte der Elf die beiden Priester an, die vor dem Menhir knieten. »Holt alle Öllämpchen aus den Nischen. Nuramon, sieh dich um, ob du eine Fackel findest. Und dann macht, dass ihr auf die oberste Galerie kommt. Ich werde euch aus dieser Falle wieder herausbringen.«

Knirschend riss eines der dicken Eichenbretter des Portals. Lange würde das Tor nicht mehr halten.

Unbarmherzig trieb Farodin die Priester zur Eile an. Während sie die Wendeltreppe hinaufstiegen, mussten sie ihre langen Kutten wie Frauenröcke raffen, um nicht zu stolpern. Von der zweiten Galerie aus konnte man die Fenster des Tempels erreichen. Wegen der Stärke der Tempelmauern lagen sie in tiefen Nischen. Wenn er die Arme ausstreckte, konnte Farodin gerade bis zur Unterkante der Fensternische greifen. Mit einem Ruck zog er sich hoch und stand vor dem Glasbild eines Priesters, dessen zerschmetterte Gliedmaßen durch die Speichen eines Rades geflochten wurden. Die Gesichter der Folterknechte wirkten maskenhaft; auch hatte der Künstler nicht bedacht, wie die Farben des bunten Glases mit dem Morgenlicht harmonieren würden. Es war ein minderwertiges Kunstwerk, wie es selbst ein Unbegabter in ein bis zwei Jahren halbwegs ehrgeiziger Arbeit erschaffen konnte. Einem Vergleich mit den Glasfenstern in Emerelles Burg, die aus tausenden Glasfragmenten zusammengefügt waren, konnte dieses Machwerk nicht standhalten. An jenen Fenstern hatten die begabtesten Künstler Albenmarks Jahrzehnte gearbeitet, um ein vollkommenes Wechselspiel von Licht und Glas zu jeder Tagesstunde zu erreichen.

Farodin zog sein Schwert und schlug dem gläsernen Priester in sein schmerzverzerrtes Antlitz. Klirrend zerbrachen die Scheiben. Mit wenigen Hieben entfernte der Elf die Bleifassungen der Glasfragmente, sodass man durch die Fensternische treten und die Angreifer auf dem Tempelplatz beobachten konnte.

Auf der Galerie hörte Farodin die Priester lamentieren. Deutlich war die Stimme Guillaumes zu vernehmen. »Bei Tjured, er hat ein Bildnis des heiligen Romuald zerstört. Wir sind verloren!«

Farodin trat ein Stück in die Nische zurück, damit man ihn vom Platz aus nicht entdecken konnte. Der Tempelturm war von einem hölzernen Gerüst umgeben. Kaum mehr als einen Schritt unterhalb des Fensters lag eine schmale Plattform für die Steinmetzen, die an der Fassade arbeiteten. Von dort konnte man weiter über das Gerüst klettern. Misstrauisch musterte Farodin die hölzernen Pfeiler und Streben. Alles erschien ihm unfertig.

Seitlich des Tempelturms lag ein Pilgerhaus. Seine Fassade war durch Nischen untergliedert, in denen Statuen von Heiligen standen. Es war prächtiger geschmückt als der Turm, in dem die Menschen zu ihrem Gott Tjured beteten. Mit etwas Wagemut konnte man vom Gerüst auf das Dach springen. Von dort mochte man auf andere Dächer gelangen und den Häschern des Königs entkommen.

Farodin kletterte durch das Fenster zurück. Die Priester erwarteten ihn mit verschlossenen Mienen. Hilflos zuckte Nuramon mit den Schultern. »Ich verstehe sie nicht.«

»Was ist daran so schwer zu verstehen?«, fragte ein junger rothaariger Priester. »Ihr habt ein Bildnis des heiligen Romuald zerstört. Er war ein jähzorniger Mann, der erst spät seinen Weg zu Tjured fand und den die Heiden in den Wäldern von Drusna ermordeten. Er hat alle verflucht, die die Hand gegen ihn erhoben haben. Binnen Jahresfrist waren seine Mörder tot. Die Heiden waren davon so beeindruckt, dass sie zu tausenden den Glauben an Tjured annahmen. Sein Fluch wirkt noch bis auf den heutigen Tag weiter, sagt man. Wer eines seiner Bildnisse schändet, der muss mit dem Schlimmsten rechnen. Selbst als Heiliger ist Romuald ein zorniger Mann geblieben.«

Farodin traute seinen Ohren nicht. Wie konnte man nur solchen Unsinn glauben? »Ihr habt nichts getan. Romualds Fluch wird allein mich treffen. Ihr braucht euch keine Sorgen zu machen, wir …« Krachend zerbarst das Tempelportal.

»Nuramon, geh voraus. Führe die Priester. Wir müssen einzeln über das Baugerüst klettern und dann zum Nachbarhaus hinüber. So fallen wir weniger auf. Und wir sollten das Gerüst nicht mit zu viel Gewicht belasten.«

Unten aus der Tempelhalle erklangen die Rufe der Krieger.

»Gießt das Öl der Lampen über das Gerüst, wenn ihr flieht.«

»Warum ich?«, fragte Nuramon. »Du kennst den Weg…«

»Und ich bin der bessere Schwertkämpfer.«

Nuramon sah ihn beleidigt an.

»Geh schon! Ich werde sie aufhalten.«

Auf der Wendeltreppe waren schwere Schritte zu hören. Farodin griff nach den Lampen und warf sie die Stufen hinab. Dann riss er einen Ärmel von seinem Hemd und tränkte ihn mit Öl. Am Docht einer Lampe entzündete er den Stoff. Das Öl war von minderer Qualität. Es fing schwer Feuer, und dicker, schwarzer Qualm stieg auf, als es endlich brannte. Der Elf warf den Ärmel die Treppe hinab und beobachtete, wie die Flammen über das vergossene Öl leckten. Schnell verzehrte das Feuer den Stoff … und verlosch.

Fassungslos starrte Farodin die Stufen hinab. Das Öl war von allzu schlechter Qualität gewesen! Der erste Krieger kam um die Wende der Treppe in Sicht. Ängstlich duckte er sich hinter seinen Schild. Der Anblick des Elfen ließ ihn zögern. Dann wurde er von nachfolgenden Kämpfern weitergeschoben.

Farodin streckte sich und lockerte seine Muskeln. Er war entschlossen, den Menschen einen guten Kampf zu liefern.

Aus den Augenwinkeln sah er, wie eine Gruppe Schützen unten in der Halle anlegte. Ihre Salve war schlecht gezielt. Armbrustbolzen schlugen in die hölzerne Verkleidung der Galerie; klirrend zerbrach eines der großen Fenster.

Angefeuert von den zornigen Rufen seiner Kameraden, machte der Schildträger einen weiten Satz nach vorn und rutschte auf den ölverschmierten Stufen aus. Schwer schlug er auf die Steintreppe und riss etliche seiner Kameraden mit sich.

»Komm!« Guillaume stand in der Fensternische und winkte Farodin zu. »Die anderen sind schon auf dem Dach.«

Der Elf schob sein Schwert in die Scheide zurück. Guillaume packte seinen Arm und zog ihn hoch zur Fensternische. Der Priester war trotz seines schlanken Körperbaus erstaunlich stark. Mit nur einer Hand hatte er Farodin hinaufgeholfen. War diese Kraft ein Erbe seines Vaters?

Ein Armbrustbolzen schlug knirschend in die gewölbte Decke der Fensternische. Vom Platz vor dem Tempel war die Stimme des Anführers der Krieger zu hören. Er hatte ihren Fluchtweg entdeckt.

»Geh du zuerst!«, sagte Farodin.

Der Priester zögerte.

»Worauf wartest du?«

»Ich … Ich habe Angst … vor der Höhe. Wenn ich nach unten blicke, dann bin ich wie gelähmt. Ich … Ich kann nicht. Lass mich zurück!«

Farodin packte Guillaume grob beim Arm. »Dann gehen wir zusammen!« Er zerrte ihn zum Rand der Nische. Gemeinsam sprangen sie auf die hölzerne Plattform unter dem Fenster. Das Gerüst erzitterte unter ihrem Aufprall. Mit klopfendem Herzen drückte sich Farodin gegen die Steinwand.

Ein dumpfer Schlag ertönte, und wieder erbebte das ganze Gerüst. Irgendwo unter ihnen löste sich eine hölzerne Strebe und stürzte polternd in die Tiefe.

Als das Gerüst ein drittes Mal erzitterte, beugte sich Farodin über den Rand und sah mit Entsetzen, was geschah. Unten beim Portal hatte eine Gruppe Krieger einen schweren Balken gepackt und rammte ihn immer wieder gegen die Tragestreben des Gerüsts. Diese Narren schienen nicht daran zu denken, dass sie selbst unter Trümmern begraben würden, wenn das mehr als zwanzig Schritt hohe Baugerüst in sich zusammenstürzte!

Irgendetwas unter ihnen zersplitterte. Es gab einen Ruck; eine der Bauplattformen neigte sich und stürzte in die Tiefe, wobei sie etliche Stützstreben zerschlug.

Farodin fühlte, wie sich sein Magen schmerzhaft zusammenzog. Nur noch wenige Herzschläge, und das ganze Gerüst mochte in sich zusammenbrechen.

»Vorsicht!«, gellte die Stimme des Priesters.

Der Elf schnellte herum. Im selben Moment landete der Krieger, der zuvor die Treppenstufen hinabgerutscht war, auf dem Baupodest. Ein splitterndes Geräusch begleitete den Aufprall des schweren Mannes. In blitzendem Bogen schoss seine Axt nach vorn.

Farodin ließ sich fallen, um dem Hieb auszuweichen. Er wollte einen Fuß hinter die Ferse des Angreifers haken, als die Arbeitsplattform nachgab. Im Reflex klammerte sich der Elf an einen Holzpfeiler, während sein Gegner mit rudernden Armen in die Tiefe stürzte. Für den Moment schien es, als hätte die schwere Holzplattform noch einmal ein labiles Gleichgewicht gefunden. In steilem Winkel zeigte sie abwärts.

Farodins Herz raste wie eine Trommel. Sie mussten fort von dem Gerüst. Wie um den Gedanken zu unterstreichen, schlug ein Armbrustbolzen nur eine Handbreit neben seinem Kopf ins Holz.

Der Priester hatte sich auf ein schmales Brett gerettet, das zu einer Leiter führte, von der aus man zur nächsten Ebene des Gerüsts hinabsteigen konnte. Guillaume hatte die Arme um die Knie geschlungen und drückte sich so gut wie möglich gegen die Wand des Turms. Nuramon und die beiden Tjuredpriester lagen auf dem Dach des Pilgerhauses, um den Armbrustschützen auf dem Tempelplatz kein Ziel zu bieten. Farodin konnte sehen, wie der Hauptmann der Leibwachen kleine Trupps seiner Männer aussandte, um das Haus zu umstellen. Der Fluchtversuch war gescheitert!

Krachend schlug unten am Gerüst der Rammbock gegen die Holzpfeiler. Ein Kreischen und Knirschen lief durch die fragile Holzkonstruktion. Die Plattform neben Farodin neigte sich. Beklommen blickte der Elf hinab. Wie ein riesiges Axtblatt würde sie etliche Querstreben durchschlagen, sobald sie sich löste.

Farodin hangelte sich an einem Balken entlang zu dem Brett, auf dem Guillaume kauerte. Der Priester hatte die Augen geschlossen und betete leise.

»Wir müssen hier fort«, rief Farodin. »Hier wird jeden Augenblick alles zusammenbrechen.«

»Ich kann nicht«, stöhnte Guillaume. »Ich kann mich keinen Zoll mehr bewegen. Ich …« Er schluchzte. »Meine Angst ist stärker als ich.«

»Du hast Angst zu stürzen? Wenn du dich nicht bewegst, dann sterben wir beide!« Wie um Farodins Worte zu unterstreichen, ging ein neuerlicher Ruck durch das Gerüst. Die beschädigte Plattform schwang hin und her. Plötzlich gab es einen scharfen Knall. Die letzte Halterung hatte unter dem Gewicht nachgegeben, und die Plattform stürzte in die Tiefe.

Farodin packte den Priester und schob ihn nach vorne. Wie ein riesiges Beil durchschlug die Arbeitsplattform Rundhölzer und Streben. Ein ganzer Abschnitt des Gerüstes löste sich vom Hauptkörper und neigte sich langsam in Richtung der Eiche auf dem Tempelplatz.

Die Panik hatte Farodin ungeahnte Kräfte verliehen. Er riss den Priester hoch und trug ihn auf den Armen, wie ein großes Kind. Ängstlich klammerte sich Guillaume an ihn. Der Elf konnte kaum noch sehen, wohin er trat.

Alles am Gerüst schien nun in Bewegung zu geraten. Die Planke, auf der er lief, zitterte immer stärker. Mit Schrecken sah Farodin, wie Halteklammern aus der Mauer des Tempels brachen. Sie würden es nicht mehr die Leiter hinab bis zu der Plattform schaffen, von der aus man mit einem kleinen Sprung auf das Dach des Gästehauses gelangte. Sie mussten einen Absprung aus größerer Höhe wagen!

Farodin rannte, wie er selten in seinem Leben gerannt war. Streben und splitternde Kanthölzer hagelten von oben auf sie herab. Das Gerüst schwang hin und her wie ein Betrunkener. Der Elf wusste, dass er zusammen mit Guillaume zu schwer war, um den weiten Sprung zu schaffen. Wie ein Ertrinkender, der in seiner Angst seinen Retter mit in die Tiefe zieht, klammerte sich der Priester an den Elfen.

Ohne Vorwarnung sackte die Planke durch, auf der sie liefen. Zwei Schritte noch, und sie hätten den Absprungpunkt erreicht … Im Fallen griff Farodin nach einem Haltetau, das um einen Stützbalken geschlungen war, der sich ebenfalls schon in die Tiefe neigte.

Etwas Schweres traf Farodin in den Rücken, wie der Fausthieb eines Trolls. Er spürte mehrere Rippen brechen. Das Halteseil war in Richtung des Pilgerhauses geschwungen und pendelte nun zurück.

Halb bewusstlos löste Farodin seinen Griff. Guillaume stieß einen gellenden Schrei aus, als sie fielen. Sie schlugen hart auf das Dach. Schindeln zersplitterten unter dem Aufprall. Farodin wurde herumgerissen. Haltlos rollte er die Schräge hinab. Seine Hände tasteten hilflos über die glatten Schindeln, dann rutschte er über die Kante des Daches. Mit der Linken erwischte er gerade noch einen hervorstehenden Balken. Sein Körper schwang herum und schlug hart gegen die Mauer des Hauses.

»Dort ist einer«, rief jemand unter ihm.

Farodin hielt sich nun mit beiden Händen am Balken fest, doch seine Kräfte reichten nicht mehr, sich hochzuziehen. Armbrustbolzen schlugen neben ihm ein.

Mit ohrenbetäubendem Getöse brach das Gerüst am Tempel in sich zusammen. Staub wallte über den Platz.

Ein Schlag traf Farodins rechten Oberschenkel. Der Elf schrie vor Schmerz. Ein Geschoss hatte sein Bein durchschlagen und steckte blutverschmiert in der Hauswand.

Langsam glitten Farodins Finger vom Balkenende. Sein Wille war gebrochen. Er konnte nicht mehr kämpfen.

»Nimm meine Hand.«

Farodin blickte in angstweite, himmelblaue Augen. Guillaume war an den Rand des Daches gerobbt und streckte ihm die Hand hin.

»Ich kann nicht mehr …«

»Tjured, verbanne meine Angst«, murmelte der Priester. Blanker Schweiß stand ihm auf dem Gesicht, als er sich ein kleines Stück weiter vorschob und nach Farodins Handgelenk griff. Mit einem Ruck, der ihm fast den Arm auskugelte, war der Elf auf das Dach gezogen.

Farodin atmete hechelnd. Ihm war kalt. Die Wunde in seinem Oberschenkel blutete stark.

Guillaume, der sich mit einem Fuß zwischen den Dachsparren eingehakt hatte, um Halt zu finden, richtete sich halb auf. Besorgt blickte er auf die Wunde. »Ich werde dein Bein abbinden. Sonst wirst du …«

Ein letzter Lebensfunke glomm in Farodin auf. Erschrocken robbte er ein Stück vom Priester fort. »Rühr mich nicht an. Du … Versuch nicht, mich …«

Guillaume lächelte müde. »Abbinden. Ich sprach nicht von heilen. Ich möchte doch …« Er hustete. Blut rann von seinen Lippen. Der Priester tastete nach seinem Mund und starrte auf die blutbesudelten Finger. Ein dunkler Fleck breitete sich rasch auf seiner Kutte aus. Ein Armbrustbolzen hatte ihn dicht unter dem Rippenbogen getroffen und seinen Leib durchschlagen.

Plötzlich kippte Guillaume wie ein gefällter Baum. Farodin versuchte ihn zu greifen, doch das alles ging zu schnell. Der Priester stürzte über die Dachkante. Farodin konnte hören, wie Noroelles Sohn auf dem Pflaster des Tempelplatzes aufschlug.

Загрузка...