29

Sie marschierten diesen restlichen Tag und den nächsten und folgten den Schleifen und Windungen des Mangold-Stroms, wie dieser sich beständig tiefer in die Wälder des Anar schlängelte und den Dunkelstreif durchquerte. Rone kam allmählich wieder zu Kräften, hatte sich aber noch nicht ganz erholt, und so kamen sie nur langsam voran. Nach einer kurzen Mahlzeit am zweiten Abend legte er sich unmittelbar darauf schlafen.

Brin blieb am Feuer sitzen und starrte in die Flammen. Ihr Denken war immer noch beherrscht von unglückseligen Erinnerungen und finsteren Gedanken. Einmal, kurz ehe sie spürte, wie der Schlaf sie übermannte, hatte sie das Gefühl, Jair wäre bei ihr. Unwillkürlich schaute sie hoch und suchte ihn. Doch es war niemand zu sehen, und die Logik sagte ihr, daß ihr Bruder in Wirklichkeit weit entfernt war. Sie seufzte, schob die Asche auf das Feuer und kroch in ihre Decken.

Erst im Laufe des Nachmittags des dritten Tages nach ihrem Aufbruch von der Handelsstation sollten Brin und Rone eine eigentümliche Felsformation erblicken, die in der Ferne finster in die Höhe ragte, und sie wußten, daß sie den Kamin gefunden hatten.

Der Kamin wurde als eine dunkle Silhouette sichtbar, die sich vor dem Hintergrund sich wandelnder Herbstfarben kräftig abhob, und sein zerklüfteter Gipfel beherrschte das flache, bewaldete Tal, über dem er Wache hielt. Seine Struktur erinnerte tatsächlich vom Aussehen her an einen Kamin und bestand aus einer Masse verwitterten Gesteins, das die begabte Hand der Natur gemeißelt und der Lauf der Jahre weiter geformt hatte. Bedrohliche Stille hing über dem hohen Schatten. Einsam und unerschütterlich lockte er den Beobachter inmitten des dunklen Meeres der weit ausgedehnten Wälder des Dunkelstreifs.

Als Brin auf dem Kamm einer Anhöhe stand und den Blick über das Land schweifen ließ, fühlte sie, wie ein lautloses Flüstern ihre Erschöpfung und ihre Ungewißheit durchdrang, und empfand unerwarteten Frieden. Eine weitere Etappe der weiten Reise nach Osten war geschafft. Die Erinnerungen dessen, was sie hatte durchstehen müssen, um an diesen Punkt zu gelangen, und die Mahnungen davor, was noch vor ihr lag, wirkten nun eigentümlich fern. Sie lächelte Rone zu, und den traf dieses Lächeln sichtlich unerwartet.

Dann faßte sie liebevoll nach seinem Arm und machte sich auf den Weg in das flache Tal hinab.

Die kaum erkennbare Wegspur schlängelte sich durch eine Mauer hoher Bäume. Als die Sonne sich beständig dem westlichen Horizont näherschob, schloß sich der Wald um sie her. Sie kletterten vorsichtig über umgestürzte Bäume und um zerklüftete Felsformationen, bis der dicht bewachsene Hang zum Talboden auslief. Unter dem Baldachin der Waldbäume wurde der Weg hier breiter und verlief sich dann völlig, als die Sträucher und das tote Reisig sich lichteten. Warmer Nachmittagssonnenschein strömte sanft durch die Spalten und Ritze der ineinander verschlungenen Äste über ihnen und erhellte die gesamte, düstere Waldgegend. Dutzende von weiten, hübschen kleinen Lichtungen durchzogen den Wald im Tal und erweckten einen Eindruck von Weiträumigkeit und Offenheit. Die Erde wurde hier weich und locker, war frei von Steinbrocken und mit einem Teppich unzähliger Zweigchen und Blätter bedeckt, der leise unter den Schritten des Talmädchens und des Hochländers raschelte.

Dieses liebliche Tal vermittelte ein Gefühl von Behaglichkeit und Vertrautheit, das im krassen Gegensatz zu der Wildnis ringsum stand, und Brin Ohmsford mußte unwillkürlich an Shady Vale denken. Die Geräusche des Lebens von Insekten und anderen Tieren, eine plötzliche und flüchtige Bewegung in den Bäumen, selbst der warme, frische Duft der herbstlichen Wälder — alles glich jenem fernen Dorf im Südland. Es gab keinen Rappahalladran, doch Dutzende kleiner Bäche schlängelten sich träge über ihren Weg. Das Mädchen aus Shady Vale atmete tief ein. Kein Wunder, daß der Waldbewohner Cogline gerade dieses Tal als sein Zuhause gewählt hatte.

Die Wanderer drangen tiefer in den Wald ein, und die Zeit verstrich sehr langsam. Ab und zu konnten sie zwischen dem Gespinst der dunklen Äste ein Stück des Kamins erspähen, der sich als hochragender Schatten schwarz vom blauen Himmel ab zeichnete, und sie hielten darauf zu. Sie marschierten schweigend, so erschöpft waren sie, und beeilten sich, ihre heutige Wegstrecke zu Ende zu bringen; ihre Gedanken waren auf den Weg vor ihnen und die Geräusche und den Anblick des Waldes konzentriert.

Schließlich blieb Rone Leah stehen und faßte zur Vorsicht mahnend nach Brins Arm, während er geradeaus starrte.

„Hörst du das?“ fragte er ruhig, nachdem er einen Augenblick lang gelauscht hatte.

Brin nickte. Es war eine Stimme — eine dünne, kaum hörbare, aber eindeutig menschliche Stimme. Sie warteten einen Moment, um die Richtung abzuschätzen, und begannen dann, darauf zuzugehen. Die Stimme verstummte eine Weile und erklang dann wieder lauter und fast wütend. Wer immer da sprach, er befand sich direkt vor ihnen.

„Du solltest dich jetzt besser wieder zeigen!“ Die Stimme klang hoch und durchdringend. „Ich habe keine Zeit für solche Spielchen!“

Es ertönte Gemurmel und Fluchen, und das Talmädchen und der Hochländer schauten einander fragend an.

„Nun komm schon raus, komm raus!“ keifte die Stimme und verebbte dann zu ärgerlichem Gebrummel. „Ich hätte dich im Moor lassen sollen... wenn ich nicht so ein weiches Herz hätte...“

Dann wurde noch mehr geschimpft, und sie hörten, wie etwas durchs Unterholz brach.

„Ich habe aber auch meine Tricks, weißt du! Ich habe Pulver, mit dem ich dir den Boden unter den Füßen wegpusten kann, und Zaubertränke, die dir Knoten in deine Innereien machen würden! Das solltest du doch wissen, du... Ich möchte mal sehen, wie du an einem Seil hochkletterst! Das will ich sehen! Ich will mal sehen, daß du irgend etwas anderes machst, als mir Schwierigkeiten zu bereiten. Was würdest du denn davon halten, wenn ich dich einfach hierlasse? Ha, wie würde dir das gefallen? Ich schätze, dann kämst du dir nicht mehr so clever vor. Jetzt komm da raus!“

Brin und Rone traten durch die dichtstehenden Bäume und Sträucher, die ihnen die Sicht versperrten, und standen am Rand einer kleinen Lichtung mit einem weiten, ruhigen Teich in der Mitte. Auf der anderen Seite kroch ein alter Mann ziellos auf Händen, und Knien herum. Als er sie kommen hörte, rappelte er sich in die Höhe.

„Aha! Du hast dich also durchgerungen...!“ Er hielt plötzlich inne, als er sie sah. „Wer seid ihr denn? Na, egal. Es spielt nicht die geringste Rolle. Haut ab hier und verschwindet dorthin, wo ihr hergekommen seid!“

Er drehte sich mit einer verscheuchenden Handbewegung um und kroch wieder am Waldrand entlang, wobei seine knochendünnen Arme nach links und rechts tasteten und sein magerer, gekrümmter Körper wie ein verdrehtes Stück Reisig aussah. Große Büschel zottigen weißen Haars und Barts hingen um seine Schultern, und seine grünen Kleider und das kurze Cape waren zerfetzt und zerschlissen. Das Talmädchen und der Hochländer starrten erst ihn und dann einander verblüfft an.

„Das ist einfach albern!“ wütete der alte Mann weiter und schrie seinen Zorn den schweigenden Bäumen entgegen. Dann drehte er sich um und sah, daß die Wanderer noch immer da waren. „Na, worauf wartet ihr noch? Macht, daß ihr fortkommt! Das ist mein Zuhause, und ich habe euch nicht eingeladen! Also raus, raus hier!“

„Hier lebt Ihr?“ erkundigte sich Rone und schaute sich voller Zweifel um.

Der alte Mann schaute ihn an, als wäre er nicht ganz bei Trost. „Hast du nicht gehört? Was glaubst du, warum ich sonst um diese Uhrzeit hier wäre?“

„Ich weiß es nicht“, mußte der Hochländer zugeben.

„Um diese Tageszeit sollte man zu Hause sein“, fuhr der andere in fast scheltendem Ton fort. „Was macht ihr überhaupt hier? Habt ihr kein Zuhause, wo ihr hingehen könntet?“

„Wir sind den ganzen Weg von Shady Vale im Südland gekommen“, wollte Brin dem alten Mann erklären, doch der gaffte sie nur verständnislos an. „Das liegt mehrere Tagesritte hinter dem Regenbogensee.“ Der Gesichtsausdruck des alten Mannes blieb unverändert.

„Jedenfalls suchen wir hier nach jemandem, der...“

„Hier gibt es niemanden außer mir.“ Der alte Mann schüttelte entschieden den Kopf. „Und Wisper, und den kann ich nicht finden. Wo glaubt ihr...?“

Er hielt verwirrt inne und wandte sich ab, als wollte er seine Suche nach dem rätselhaften Vermißten wieder aufnehmen. Brin warf Rone einen zweifelnden Blick zu.

„Wartet eine Minute!“ rief sie hinter dem alten Mann her, der sich darauf mit einem Ruck umdrehte. „Ein Holzfäller hat uns von dem Mann erzählt. Er berichtete uns, er würde hier draußen leben und sein Name sei Cogline.“

Der Alte zuckte mit den Schultern. „Noch nie gehört!“

„Nun ja, vielleicht lebt er in einer anderen Gegend dieses Tales. Vielleicht könntet Ihr uns sagen, wo wir...“

„Du hörst wohl nicht gut, wie?“ unterbrach der andere sie gereizt. „Ich weiß nicht, wo das liegt, wo ihr herkommt — und es ist mir auch egal —, aber ich wette, ihr habt es nicht gerne, wenn komische Leute in Eurem Zuhause rumlaufen, oder? Ich wette, Ihr kennt jeden, der dort lebt, zu Besuch ist oder was auch immer! Warum also glaubt ihr, daß es sich bei mir anders verhalten sollte?“

„Ihr meint, dieses ganze Tal wäre Euer Zuhause?“ fragte Rone ungläubig.

„Natürlich ist es mein Zuhause. Das habe ich euch jetzt schon ein halbes Dutzendmal gesagt! Nun verschwindet hier und laßt mich in Frieden!“

Er stampfte mit einem mit Sandale bekleideten Fuß kräftig auf und wartete, daß sie gingen. Doch die beiden blieben einfach stehen.

„Das hier ist doch der Kamin, oder?“ fragte Rone hartnäckig und geriet nun etwas in Wut über den zänkischen Alten.

Der Greis reckte resolut das magere Kinn vor. „Und wenn?“

„Wenn ja, dann muß ein Mann namens Cogline hier wohnen — oder zumindest hat er bis vor zwei Jahren hier gewohnt. Und davor muß er jahrelang hier gelebt haben, hat man uns erzählt. Wenn Ihr also schon einige Zeit hier draußen seid, müßt Ihr etwas über ihn wissen.“

Der alte Mann schwieg einen Augenblick und zog nachdenklich die buschigen Augenbrauen zusammen. Dann schüttelte er entschieden den zottigen Kopf. „Ich habe euch schon einmal erklärt, daß ich noch nie von ihm gehört habe. Hier gibt’s keinen mit diesem Namen, weder jetzt noch früher. Niemanden.“

Aber Brin hatte etwas in den Augen des alten Mannes beobachtet. Sie trat einen Schritt näher und blieb vor ihm stehen. „Ihr kennt den Namen, nicht wahr? Cogline — ihr kennt ihn.“

Der Alte gab nicht nach. „Vielleicht, vielleicht auch nicht. Jedenfalls muß ich dir das nicht auf die Nase binden!“

Brin deutete mit dem Zeigefinger auf seine Brust. „Ihr seid Cogline, stimmt’s?“

Der alte Mann brach in heftiges Gelächter aus. „Ich? Cogline? Ha, ha, das wäre ja witzig! Da hätte ich ja eine Menge Talent! Haha, das ist ja ein Witz!“

Das Talmädchen und der Hochländer beobachteten ihn fassungslos, wie er unter hysterischem Gelächter vornüberkippte und sich zu Boden fallen ließ. Rone nahm Brin am Arm und zog sie zu sich herum.

„Um der Katze willen. Brin — der Alte ist verrückt!“ flüsterte er.

„Was sagst du da? Verrückt bin ich?“ Der Greis war wieder auf den Beinen und sein faltiges Gesicht von Zorn gerötet. „Ich sollte dir zeigen, wie verrückt ich bin! Und jetzt raus aus meinem Haus! Ich wollte euch von Anfang an nicht hierhaben, und ich will euch immer noch nicht! Raus!“

„Wir wollten Euch nichts Böses“, versuchte ein verlegener Rone sich zu entschuldigen.

„Raus, raus, raus! Ich werde euch in Rauchwölkchen verwandeln! Ich werde euch in Brand stecken und zusehen, wie ihr verbrennt. Ich werde... ich werde...“

Er hüpfte in unbeherrschtem Zorn auf und ab, seine knochigen Hände ballten sich zu Fäusten, und sein zottiges, weißes Haar flog in alle Richtungen. Rone trat hinzu, um ihn zu beruhigen.

„Bleib mir vom Leib!“ kreischte der andere laut und streckte einen dünnen Arm wie eine Waffe aus. Der Hochländer blieb auf der Stelle stehen. „Bleib zurück! Oh, wo steckt nur dieser dumme...! Wisper!“

Rone schaute sich erwartungsvoll um, doch niemand erschien. Der alte Mann war inzwischen außer sich vor Wut, wirbelte herum, brüllte in den dunklen Wald und ruderte mit den Armen wie mit Windmühlenflügeln.

„Wisper! Wisper! Komm sofort hierher und beschütze mich vor diesen Unruhestiftern! Wisper, zum Teufel mit dir! Willst du zulassen, daß sie mich umbringen? Muß ich mich ihnen einfach widerstandslos ergeben? Wozu bist du eigentlich nutze, du Dummkopf...! Ich hätte nie meine Zeit mit dir vergeuden sollen! Komm heraus! Auf der Stelle!“

Das Talmädchen und der Hochländer beobachteten die Possen des Alten mit einer Mischung aus Argwohn und Erheiterung. Wer immer Wisper war, offenbar hatte er vor einiger Zeit beschlossen, daß er mit alledem nichts zu tun haben wollte. Doch der alte Mann war nicht bereit aufzugeben. Er hüpfte weiter hysterisch herum und brüllte in die Leere. Schließlich drehte Rone sich wieder zu Brin um.

„So kommen wir nicht weiter“, erklärte er und sprach bewußt leise. „Machen wir uns auf den Weg und sehen zu, wie wir uns auf eigene Faust durchschlagen. Der alte Mann hat offensichtlich den Verstand verloren.“

Aber Brin schüttelte den Kopf, als sie an die Worte des Holzfällers Jeft über Cogline denken mußte: ein merkwürdiger Kauz, verrückter als ein Esel auf dem Eis. „Laß es mich noch einmal versuchen“, entgegnete sie.

Sie ging auf den alten Mann zu, doch der fuhr sie sogleich an. „Du willst nicht auf mich hören, wie? Ich warne dich zum letzten Mal. Wisper! Wo steckst du? Komm hier heraus. Komm her! Komm her!“

Brin blieb unwillkürlich stehen und schaute sich um. Es war noch immer nichts zu sehen. Dann stapfte Rone an ihr vorbei und winkte ungeduldig.

„Nun hört mal her, alter Mann. Was genug ist, ist genug. Hier gibt es niemanden außer Euch und uns, also hör auf mit diesem...“

„Ha, niemanden außer mir, glaubt ihr?“ Der Alte sprang triumphierend in die Höhe und landete in geduckter Haltung. „Ich werde euch zeigen, wer hier ist, ihr... ihr Eindringlinge! Kommt nur mit zu mir, ja? Ich werde es euch schon zeigen! Wisper! Wisper! Verdammter...“

Rone schüttelte hoffnungslos den Kopf und grinste, als plötzlich wie aus dem Nichts keine zehn Meter vor ihm der größte Kater auftauchte, den er jemals in seinem Leben gesehen hatte. Er war von dunkelgrauer Grundfarbe mit schwarzen Streifen an den Flanken, die nach oben über seinen schräg abfallenden Rücken liefen, mit schwarzem Gesicht, schwarzen Ohren, schwarzem Schwanz und breiten, fast schwerfällig wirkenden schwarzen Pfoten; das Tier maß gut über drei Meter und sein massiger, zottiger Kopf befand sich in gleicher Höhe zu dem seinen. Geballte Muskeln zuckten unter dem seidigen Fell, als er sich träge schüttelte und Hochländer und Talmädchen aus funkelnden, zusammengekniffenen, leuchtenden, tiefblauen Augen musterte. Er schien sie einen Augenblick lang abzuschätzen und öffnete dann den Rachen zu einem lautlosen Gähnen, das blitzende, rasiermesserscharfe Zähne entblößte.

Rone Leah schluckte schwer und blieb reglos stehen.

„Aha, das findest du nicht so witzig, möchte ich wetten!“ prahlte der alte Mann hämisch und begann fröhlich zu kichern, während er auf mageren Beinen umhertanzte. „Dachtest, ich wäre verrückt, wie? Dachtest, ich spräche mit mir selbst, wie? Na, und was denkst du jetzt?“

„Keiner hat Euch etwas Böses gewollt“, wiederholte Brin, als die riesige Katze Rone neugierig betrachtete.

Der Alte schob sich einen Schritt nach vorn; seine Augen funkelten unter dem buschigen Haar, das ihm über die runzlige Stirn fiel.

„Denkst du, er würde dich gern verspeisen? Ist es das, was dir durch den Kopf geht? Ja, er wird hungrig, der alte Wisper. Ihr beide gäbet ein leckeres Betthupferl für ihn ab. Ha! Na, was ist? Ihr seht ein bißchen blaß aus, als ob euch nicht so gut wäre. Zu schade, zu schade das. Vielleicht solltet ihr...“

Das Grinsen wich plötzlich aus seinem Gesicht. „Wisper, nein! Wisper, nein, warte, laß das sein...“

Und bei diesen Worten verschwand die Katze einfach und war fort, fast so, als hätte sie sich in Luft aufgelöst. Einen Augenblick lang starrten sie alle drei auf die Stelle, wo sie eben noch gesessen hatte. Dann stampfte der alte Mann ärgerlich mit dem Fuß auf und trat in die leere Luft vor sich.

„Zum Teufel mit dir! Hör sofort damit auf, verstanden! Zeig dich, du dummes Tier, oder ich...“ Er verstummte zornig und musterte dann Brin und Rone. „Verschwindet aus meinem Haus. Raus hier!“

Rone Leah hatte nun genug. Ein verrückter alter Kerl und ein Kater, der sich in Luft auflöste, waren einfach zuviel für ihn. Er wirbelte wortlos herum, stapfte an Brin vorbei und knurrte ihr zu, daß sie ihm folgen sollte. Aber Brin zauderte und wollte noch immer nicht aufgeben.

„Ihr versteht einfach nicht, wie wichtig das ist!“ rief sie aufgeregt. Der Greis erstarrte. „Ihr könnt uns nicht einfach so abwimmeln. Wir brauchen Eure Hilfe! Bitte, sagt uns, wo wir den alten Mann namens Cogline finden.“

Der Alte sah sie schweigend an; sein dürrer Körper war gekrümmt, die zottigen Augenbrauen mürrisch zusammengezogen. Dann warf er unvermittelt die Hände in die Luft und schüttelte resigniert das weiße Haupt.

„Nun gut — was ihr wollt, wenn ich euch damit nur loswerde!“ Er seufzte tief und gab sich alle Mühe, niedergeschlagen zu wirken. „Versteht ihr, es wird euch keinen Deut weiterhelfen — keinen Deut!“

Das Talmädchen wartete wortlos. Rone hinter ihr hatte sich wieder umgedreht. Der Greis legte nachdenklich den Kopf zur Seite. Eine magere Hand fuhr rasch durch sein zerzaustes Haar.

„Der alte Cogline liegt dort drüben direkt am Fuß des großen Felsens.“ Er wedelte mit der Hand fast beiläufig in Richtung des Kamins. „Wo ich ihn vor über einem Jahr begraben habe.“

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