19 Erinnerungen

Meine Königin?« Morgase blickte von dem Buch auf ihrem Schoß auf. Sonnenschein fiel schräg durch das Fenster des Gemachs gleich neben ihrem Schlafzimmer. Es war bereits heiß, und nicht einmal eine leichte Brise kam auf. Ihr Gesicht war feucht vom Schweiß. Bald war Mittagszeit, und sie hatte den Raum bisher nicht verlassen. Das sah ihr gar nicht ähnlich; sie erinnerte sich aber nicht mehr, warum sie beschlossen hatte, faul mit einem Buch den ganzen Vormittag über liegenzubleiben. In letzter Zeit hatte sie sich nicht mehr richtig auf das Lesen konzentrieren können. Der goldenen Uhr auf dem Kaminsims nach war schon eine Stunde vergangen, seit sie zum letztenmal umgeblättert hatte. Sie konnte sich auch nicht an den Inhalt erinnern. Das mußte wohl an der Hitze liegen.

Der junge Gardeoffizier im roten Kurzmantel, der vor ihr kniete und dabei eine Faust auf den rotgoldenen Teppich stützte, schien ihr irgendwie vertraut. Einst hatte sie den Namen jedes einzelnen Gardesoldaten gekannt, der zum Dienst im Palast abgestellt wurde. Vielleicht lag es an all diesen neuen Gesichtern. »Tallanvor«, sagte sie und war selbst überrascht darüber. Er war ein hochgewachsener und gutgebauter junger Mann, doch sie wußte nicht zu sagen, warum sie sich gerade an ihn erinnert hatte. Hatte er nicht vor langer Zeit jemanden zu ihr geführt? Vor langer Zeit? »Gardeleutnant Martyn Tallanvor.«

Er sah sie mit überraschend aufgewühltem Blick an, bevor er wieder die Augen niederschlug. »Meine Königin, vergebt mir, aber ich bin bestürzt, daß Ihr trotz der Neuigkeiten von heute morgen hiergeblieben seid.«

»Welche Neuigkeiten?« Es wäre gut, einmal etwas anderes zu erfahren als lediglich Alteimas Klatsch vom Hof von Tear. Manchmal war ihr, als hätte sie der Frau eigentlich eine Frage stellen wollen, doch dann klatschten die anderen wieder bloß, was früher gar nicht ihre Art gewesen war. Gaebril schien es zu gefallen, wenn er ihnen zuhörte. Dann saß er mit übergeschlagenen Beinen auf dem Sessel mit der hohen Lehne gleich vor dem Kamin, lächelte zufrieden und lauschte. Alteima hatte in letzter Zeit begonnen, ziemlich gewagte Kleider zu tragen; Morgase würde wohl ein ernstes Wörtchen mit ihr sprechen müssen. Dunkel erinnerte sie sich daran, dasselbe früher schon gedacht zu haben. Unsinn. Hätte ich daran gedacht, dann wäre das auch schon geschehen. Sie schüttelte den Kopf, und dann wurde ihr bewußt, daß sich ihre Gedanken ganz von dem jungen Offizier abgewandt hatten. Er hatte zu sprechen begonnen und dann wieder aufgehört, als er sah, daß sie gar nicht zuhörte. »Sagt es mir noch einmal. Ich war abgelenkt. Und steht auf dabei.«

Er erhob sich mit zorniger Miene. Sein Blick brannte förmlich auf ihr, bevor er erneut die Augen niederschlug. Sie sah an sich hinunter, um festzustellen, wohin er vorher gestarrt hatte, und dann errötete sie, denn ihr Kleid war extrem tief ausgeschnitten. Doch Gaebril gefiel es, wenn sie solche Gewänder trug. Bei diesem Gedanken war es ihr völlig gleichgültig, daß sie halbnackt vor einem ihrer Offiziere stand.

»Faßt Euch kurz«, sagte sie knapp. Wie kann er es nur wagen, mich so anzusehen? Ich sollte ihn auspeitschen lassen. »Welche Neuigkeiten sind denn so wichtig, daß Ihr deswegen in mein Gemach kommt, als sei es der Schankraum einer Taverne?« Sein Gesicht lief noch dunkler an, aber sie wußte nicht, ob aus angemessener Verlegenheit, oder ob sich lediglich sein Zorn noch gesteigert hatte. Wie kann er es nur wagen, auf seine Königin zornig zu sein? Glaubt der Mann, ich hätte nichts anderes zu tun, als ihm zuzuhören?

»Eine Rebellion, meine Königin«, sagte er mit ausdrucksloser Stimme, und alle Gedanken an Zorn und freche Blicke waren mit einemmal fortgewischt.

»Wo?«

»An den Zwei Flüssen, meine Königin. Jemand hat dort die alte Flagge von Manetheren gehißt, den Roten Adler. Ein Bote kam heute morgen aus Weißbrücke.«

Morgase trommelte mit den Fingern auf dem Buch, und ihre Gedanken waren, wie ihr schien, klarer als je zuvor. Irgend etwas mit den Zwei Flüssen nagte in ihr, aber sie kam noch nicht darauf, was es war. Diese Region war ja kaum ein richtiger Teil Andors, und das war schon seit Generationen so gewesen. Sie hatte genau wie die drei Königinnen vor ihr Schwierigkeiten gehabt, die Minenarbeiter und Schmelzer in den Verschleierten Bergen auch nur halbwegs unter Kontrolle zu halten. Und selbst das wäre nicht zu schaffen gewesen, wenn es einen anderen Weg gegeben hätte, die Metalle auszuführen, als eben ausgerechnet mitten durch Andor, wo die Handelsstraßen verliefen. Die Wahl, entweder weiterhin die Hand auf Gold, Eisen und die anderen Metalle aus den Bergwerken zu halten, oder statt dessen den Handel mit Wolle und Tabak von den Zwei Flüssen zu beherrschen, war ihr nicht schwergefallen. Aber ein Aufstand, mit dem sie nicht fertig wurde, obschon in einem Teil des Landes, den sie wohl nur der Landkarte nach regierte, konnte zum Flächenbrand werden und sich auf Teile des Landes ausbreiten, die nun wirklich für sie wichtig waren. Manetheren, das während der Trolloc-Kriege zerstört worden war, spukte noch immer vielen Menschen im Kopf herum. Außerdem gehörten ihr die Zwei Flüsse! Auch wenn sie lange Zeit sich selbst überlassen gewesen waren, gehörten sie doch zu ihrem Herrschaftsbereich.

»Wurde Lord Gaebril informiert?« Natürlich nicht. Sonst wäre er mit dieser Neuigkeit zu ihr gekommen und hätte Vorschläge mitgebracht, wie sie damit fertig werden könne. Seine Vorschläge und Anregungen waren immer zutreffend. Vorschläge? Irgendwie schien es ihr, als erinnere sie sich daran, daß er ihr gesagt hatte, was sie tun solle. Aber das war natürlich unmöglich.

»Er wurde informiert, meine Königin.« Tallanvors Stimme klang immer noch unbeteiligt, im Gegensatz zu seinem Gesicht, das nach wie vor zornrot glühte. »Er lachte. Er sagte, die Zwei Flüsse brächten ja wohl ständig Unruhen hervor, und eines Tages werde er sich ernsthaft damit beschäftigen müssen. Und er meinte, dieses unwesentliche Ärgernis müsse im Moment hinter andere, wichtigere Probleme zurücktreten.«

Das Buch fiel zu Boden, als sie aufsprang, und sie glaubte, auf Tallanvors Miene grimmige Befriedigung zu entdecken, während sie an ihm vorbeirauschte. Eine Dienerin sagte ihr, wo sie Gaebril finden könne, und so marschierte sie geradewegs zu dem von Säulen umgebenen Innenhof mit dem Marmorbrunnen, in dessen Becken Fische und Wasserlilien schwammen. Hier war es kühler und sogar ein wenig schattig.

Gaebril saß auf dem breiten, weißen Brunnenrand, und um ihn herum standen Lords und Ladies des Hofstaats. Sie erkannte nur weniger als die Hälfte von ihnen. Da war der dunkelhaarige Jarid aus dem Hause Sarand mit seinem kantigen Gesicht und neben ihm seine zänkische, blonde Frau Elenia. Diese affektierte Arymilla aus dem Hause Marne, die ihre braunen Rehaugen immer in vorgetäuschtem Interesse so weit aufriß, dazu das Bocksgesicht des knochigen Masin aus dem Hause Caeren, der trotz seines dünnen weißen Haars noch mit jeder Frau ins Bett ging, die er dazu bringen konnte. Naean aus dem Hause Arawn, bei der wie gewöhnlich ein höhnisches Lächeln die bleiche Schönheit minderte, und Lir aus dem Hause Baryn, ein sehniger, energiegeladener Mann, der heute ausgerechnet ein Schwert an der Seite trug, und Karind aus dem Hause Anschar, von der man sagte, ihr giftiger Blick habe bereits drei Ehemänner ins Grab gebracht. Die anderen kannte sie nicht, und das war schon einigermaßen eigenartig. Aber diese paar, die sie erkannte, hatte sie außer zu großen Anlässen niemals in den Palast hereingelassen. Jeder von ihnen hatte sich während des Streits um die Thronfolge gegen sie gestellt. Elenia und Naean hatten selbst Anspruch auf den Löwenthron erhoben. Was dachte sich Gaebril dabei, wenn er sie jetzt tatsächlich herbeiholte?

»... die Größe unserer Güter in Cairhien, mein Lord«, sagte Arymilla gerade und beugte sich fast über Gaebril, als Morgase sich ihnen näherte. Keiner von ihnen beachtete sie sonderlich. Als sei sie eine Dienerin, die Wein brachte!

»Ich will mit dir über das Problem mit den Zwei Flüssen sprechen, Gaebril. Unter vier Augen.«

»Das wurde bereits erledigt, meine Liebe«, sagte er gelangweilt und ließ seine Finger ins Wasser hängen. »Ich beschäftige mich gerade mit anderen Dingen. Ich glaubte, du wolltest während der Hitze des Tages lesen? Du solltest in deine Gemächer zurückkehren, bis die Kühle des Abends hereinbricht, soweit man bei diesem Wetter davon sprechen kann.«

Meine Liebe. Er hatte sie vor diesen Eindringlingen ›meine Liebe‹ genannt! So sehr sie das mochte, wenn sie allein miteinander waren... Elenia verbarg ihren Mund hinter der vorgehaltenen Hand. »Ich denke nicht, das ich das tun werde, Lord Gaebril«, sagte Morgase in eisigem Tonfall. »Ihr werdet jetzt mit mir kommen. Und diese anderen hier werden sich bei meiner Rückkehr nicht mehr im Palast befinden, sonst verbanne ich sie ganz aus Caemlyn.«

Mit einemmal war er auf den Beinen; ein großer Mann, der über ihr aufragte. Sie schien nicht mehr in der Lage, auf etwas anderes zu blicken als in seine dunklen Augen. Ihre Haut brannte, als wehe ein eisiger Wind durch den kleinen Hof. »Du gehst jetzt und wartest auf mich, Morgase.« Seine Stimme war wie ein fernes Dröhnen, das alles andere übertönte. »Ich habe alles angeordnet, was erledigt werden mußte. Heute abend komme ich zu dir. Jetzt geh! Du wirst jetzt gehen.«

Sie hatte eine Hand erhoben, um die Tür ihres Gemachs zu öffnen, als ihr klar wurde, wo sie sich befand. Und was geschehen war. Er hatte ihr befohlen, zu gehen, und sie war gegangen. Entsetzt blickte sie die Tür an, sah vor sich das freche Grinsen der Männer und das offene Lachen einiger Frauen. Was ist mit mir passiert? Wie konnte ich bei einem Mann derart schwach werden? Sie spürte immer noch den Drang, hineinzugehen und auf ihn zu warten.

Wie vor den Kopf geschlagen, zwang sie sich, umzukehren und wegzugehen. Es kostete sie viel Mühe. Innerlich wand sie sich vor Schmerz, als sie sich Gaebrils Enttäuschung vorstellte, wenn er sie nicht dort vorfand, wo er sie zu finden erwartete, und als sie sich dieses Gedankens bewußt wurde, verursachte ihr das noch größere Schmerzen.

Zuerst hatte sie keine Ahnung, warum und wohin sie ging, nur daß sie nicht so einfach gehorsam warten würde, nicht auf Gaebril und im übrigen auf keinen Mann oder keine Frau dieser Welt. Immer wieder kam ihr dieser Innenhof mit dem Brunnen in den Sinn, wie er ihr befohlen hatte, zu gehen, und diese haßerfüllten und gleichzeitig amüsierten Blicke der Beobachter. Ihr Verstand war nach wie vor benebelt. Sie verstand nicht, wie und warum das alles hatte geschehen können. Sie mußte sich zwingen, an etwas zu denken, das sie verstand, mit dem sie fertig werden konnte. An Jarid Sarand und die anderen.

Als sie den Thron damals bestiegen hatte, hatte sie eine Amnestie erlassen für alles, was während des Thronnachfolgestreits vorgefallen war, und diese Amnestie galt für alle, die sich gegen sie gestellt hatten. Es schien der beste Weg zu sein, alle Feindseligkeiten zu begraben, bevor sie zu einem schwelenden Brand von Intrigen und Gegenintrigen führten, wie es in so vielen Ländern der Fall war.

Man nannte es das ›Spiel der Häuser‹ — Daes Dae'mar —oder auch das Große Spiel, und es führte zu endlosen, verwickelten Fehden zwischen den Adelsfamilien und gar zum Sturz von Herrschern. Das Große Spiel stand im Mittelpunkt des Bürgerkriegs in Cairhien und hatte zweifellos seinen Teil zu dem Aufruhr in Arad Doman und Tarabon beigetragen. Die Amnestie hatte damals alle betreffen müssen, um zu verhindern, daß auch in Andor Daes Dae'mar in Gang kam; doch hätte sie einige davon ausgenommen, wären es auf jeden Fall gerade jene sieben gewesen.

Das wußte Gaebril. In der Öffentlichkeit hatte sie sich ihre Abneigung nicht anmerken lassen, doch privat war dies durchaus zur Sprache gekommen. Man hatte ihnen den Mund zwangsweise öffnen müssen, damit sie ihren Treueeid leisteten, und sie konnte die Lüge von ihren Lippen ablesen. Jeder von ihnen würde die Chance beim Schopf ergreifen, sie zu stürzen, und alle sieben zusammen...

Es gab eigentlich nur einen Schluß, den sie aus all dem ziehen konnte: Gaebril hatte sich gegen sie gestellt. Aber bestimmt nicht, um statt ihrer Elenia oder Naean auf den Thron zu setzen. Nicht, wenn er mich schon hat, dachte sie bitter, und ich mich wie sein Schoßhündchen verhalte. Wahrscheinlich wollte er sie endgültig verdrängen und sich zum ersten König machen, den Andor je gehabt hatte. Und trotzdem verspürte sie noch immer den Wunsch, zu ihrem Buch zurückzukehren und auf ihn zu warten. Selbst jetzt sehnte sie sich noch nach seiner Berührung.

Erst als sie die gealterten Gesichter im Gang bemerkte, die runzligen Wangen und meist gebeugten Rücken, wurde ihr bewußt, wo sie sich befand: im Quartier der Pensionäre. Einige Diener kehrten zu ihren Familien zurück, wenn sie in die Jahre kamen, aber andere hatten so lange Zeit im Palast zugebracht, daß sie sich ein anderes Leben nicht mehr vorstellen konnten. Hier hatten sie ihre eigenen kleinen Wohnungen, ihren eigenen schattigen Garten und einen großen Hof. Wie jede Königin vor ihr half sie ihnen, ihre kleine Pension aufzubessern, indem sie ihnen gestattete, in der Hofküche Lebensmittel unter Preis zu erwerben, und in der Krankenstube des Palastes wurden ihre Wehwehchen behandelt. Mühsame Verbeugungen und unsichere Knickse folgten ihr, und dazu Gemurmel wie: »Das Licht leuchte Euch, meine Königin«, oder »Das Licht segne Euch, meine Königin«, und »Das Licht schütze Euch, meine Königin«. Sie dankte geistesabwesend. Nun wußte sie, wohin sie ging.

Linis Tür sah aus wie jede andere in dem grüngefliesten Korridor, mit einem sich aufbäumenden Löwen von Andor als einziger Verzierung. Sie dachte nicht daran anzuklopfen, bevor sie eintrat, denn sie war die Königin und das war ihr Palast. Ihr altes Kindermädchen war nicht da, aber der über einem kleinen Feuer im Backsteinkamin dampfende Teekessel sagte ihr, daß es nicht lang dauern könne, bis sie zurückkehrte.

Die beiden gemütlichen Zimmer waren ordentlich eingerichtet, das Bett war perfekt gemacht, die beiden Stühle haargenau vor dem Tisch ausgerichtet, auf dem exakt in der Mitte eine blaue Vase mit ein wenig Grünzeug stand. Lini hatte immer penibel auf Ordnung geachtet. Morgase hätte wetten können, daß selbst im Kleiderschrank im Schlafzimmer jedes Kleid im gleichen Abstand vom nächsten hing, so wie die Kochtöpfe im Schrank neben dem Kamin dieses Zimmers. Auf dem Kaminsims bildeten sechs auf Elfenbein gemalte Portraits in kleinen Holzständern eine gerade Linie. Wie Lini sich die von ihrem Gehalt als Kindermädchen hatte leisten können, konnte sich Morgase nach wie vor nicht vorstellen, aber natürlich war es ihr schlecht möglich, eine solche Frage zu stellen. Paarweise betrachtet, stellten sie drei junge Frauen dar und die gleichen drei als Babies. Elayne war dabei und auch sie selbst. Sie nahm das Portrait herunter, das sie mit vierzehn zeigte, ein schlankes Füllen von einem Mädchen, und konnte kaum glauben, daß sie einmal so unschuldig ausgesehen hatte. Sie hatte dieses elfenbeinfarbene Seidenkleid an dem Tag getragen, als sie zur Weißen Burg abreiste. Zu der Zeit hatte sie nicht einmal davon geträumt, einst Königin zu werden. Lediglich die vage Hoffnung darauf, zur Aes Sedai erhoben zu werden, hatte sie damals motiviert.

Geistesabwesend spielte sie an dem Ring der Großen Schlange an ihrer linken Hand herum. Den hatte sie sich, genaugenommen, nicht verdient, denn Frauen, die die Macht nicht lenken konnten, bekamen eigentlich einen solchen Ring nicht verliehen. Doch sie war kurz vor ihrem sechzehnten Namenstag zurückgekehrt, um im Namen des Hauses Trakand den Kampf um die Rosenkrone aufzunehmen, und als sie knapp zwei Jahre später den Thron tatsächlich bestieg, hatte man ihr den Ring überreicht. Es war Tradition, daß die Tochter-Erbin von Andor immer in der Weißen Burg ausgebildet wurde, und so gab man ihr in Anerkennung der langen und treuen Unterstützung der Burg durch Andor den Ring als Geschenk, ob sie nun die Macht benützen konnte oder nicht.

Sie stellte ihr Portrait zurück und nahm dasjenige ihrer Mutter herunter, die zu der Zeit vielleicht zwei Jahre älter gewesen war. Lini war das Kindermädchen von drei Generationen der Trakand-Frauen gewesen. Maighdin Trakand war auf dem Bild bereits eine schöne Frau. Morgase erinnerte sich noch an dieses Lächeln und wie daraus ein stolzes mütterliches Strahlen geworden war. Maighdin hätte eigentlich der Löwenthron gebührt. Doch ein Fieber hatte sie ihr entrissen, und so war ein junges Mädchen plötzlich zum Hochsitz des Hauses Trakand geworden, mitten in einer Auseinandersetzung um den Thron und lediglich unterstützt von den Vasallen ihres Hauses und ihrem Hofbarden. Ich habe den Löwenthron gewonnen. Ich werde ihn nicht aufgeben und nicht zulassen, daß ein Mann ihn besteigt. Tausend Jahre lang ist Andor von Königinnen regiert worden, und das wird jetzt nicht anders werden!

»Pfuschst du wieder an meinen Sachen herum, Kind?«

Die Stimme löste lange vergessen geglaubte Reflexe aus. Morgase hatte die Miniatur schon hinter dem Rücken verborgen, bevor sie sich dessen bewußt wurde. Dann schüttelte sie schuldbewußt den Kopf und stellte das Portrait in seinen Ständer auf dem Kaminsims zurück. »Ich bin nicht mehr das Mädchen aus dem Kinderzimmer, Lini. Daran mußt du denken, sonst wirst du eines Tages etwas sagen, was ich nicht durchgehen lassen darf.«

»Mein Hals ist mager und alt«, sagte Lini und legte ein Netz mit Karotten und Zwiebeln auf den Tisch. Sie wirkte zerbrechlich in ihrem sauberen grauen Kleid. Das weiße Haar hatte sie zu einem Knoten gebunden, und die Haut spannte sich wie Pergament über ihr schmales Gesicht.

Doch sie ging hoch aufgerichtet, ihre Stimme war klar und fest, und ihre dunklen Augen blickten so scharf wie immer drein. »Wenn du ihn einem Henker oder einem Scharfrichter übergeben willst, dann nur zu. Ich bin sowieso bald am Ende. ›Ein verknorzter alter Zweig macht die Klinge stumpf, die den jungen Trieb durchschneidet.‹«

Morgase seufzte. Lini würde sich nie ändern. Sie machte nicht einmal einen Knicks, wenn der ganze Hofstaat zuschaute. »Du wirst höchstens noch zäher durch das Alter. Ich bin nicht sicher, ob der Scharfrichter eine Axt findet, die scharf genug ist für deinen Hals.«

»Du hast mich lange nicht besucht, also nehme ich an, dich beschäftigt irgend etwas. Als du noch in meinem Kinderzimmer warst und auch später, bist du immer zu mir gekommen, wenn du mit einem Problem nicht fertig wurdest. Soll ich uns eine Kanne Tee bereiten?«

»Lange nicht besucht, Lini? Ich besuche dich doch jede Woche, und das ist ein Wunder, so, wie du mit mir umgehst. Ich würde die höchststehende Lady Andors ins Exil schicken, wenn sie nur halb soviel sagte wie du.«

Lini sah sie gelassen an. »Du hast meine Zimmer seit dem Frühling nicht mehr betreten. Und ich rede so wie immer; ich bin jetzt zu alt, um mich noch zu ändern. Möchtest du Tee?«

»Nein.« Morgase faßte sich verwirrt an den Kopf. Sie besuchte Lini doch jede Woche. Sie erinnerte sich deutlich, daß sie... Nein, sie konnte sich nicht daran erinnern. Gaebril hatte ihre Stunden so vollständig ausgefüllt, daß es ihr manchmal schwerfiel, sich an etwas anderes als ihn zu erinnern. »Nein, ich möchte keinen Tee. Ich weiß selbst nicht, warum ich herkam. Du kannst mir bei meinem Problem sowieso nicht helfen.«

Ihr altes Kindermädchen schnaubte, doch irgendwie brachte sie es fertig, daß selbst dieses Geräusch noch fein und damenhaft wirkte. »Dein Problem ist Gaebril, oder? Nur schämst du dich, mir das zu sagen. Mädchen, ich habe dir in der Wiege die Windeln gewechselt, ich habe dich gepflegt, wenn du krank warst und dein Magen rebelliert hat, und ich habe dir alles beigebracht, was du über die Männer wissen mußtest. Du hast dich nie geschämt, mit mir über etwas zu sprechen, und jetzt ist nicht der rechte Zeitpunkt für solche Neuerungen.«

»Gaebril?« Morgase riß die Augen auf. »Das weißt du? Woher denn?«

»O Kind«, sagte Lini traurig, »jeder weiß das, aber niemand hat den Mut, es dir zu sagen. Ich hätte es getan, wenn du dich nicht von mir ferngehalten hättest, aber ich konnte ja mit so etwas nicht zu dir gerannt kommen, oder? Das ist eben so eine Sache, die eine Frau nicht glauben kann, bis sie es von selbst herausfindet.«

»Wovon sprichst du eigentlich?« wollte Morgase wissen. »Es war deine Pflicht, zu mir zu kommen, wenn du etwas wußtest, Lini. Es wäre jedermanns Pflicht gewesen! Licht, ich bin wohl die letzte, die etwas erfährt, und nun ist es vielleicht zu spät, um noch etwas zu ändern!«

»Zu spät?« fragte Lini ungläubig. »Warum sollte es zu spät sein? Werft doch einfach Gaebril aus dem Palast und aus Andor hinaus, und schickt gleich Alteima und die anderen hinterher, dann ist die Sache erledigt. Zu spät —daß ich nicht lache!«

Einen Augenblick lang verschlug es Morgase die Sprache. »Alteima«, brachte sie schließlich heraus, »und... die anderen?«

Lini sah sie mit großen Augen an und schüttelte dann angewidert den Kopf. »Ich bin eine törichte alte Närrin. Mein Verstand ist ja wohl ausgetrocknet. Na ja, jetzt weißt du Bescheid. ›Wenn der Honig erst aus der Wabe ist, kann man ihn nicht zurückgießen. ‹« Ihre Stimme klang nun sanfter und doch gleichzeitig knapp und sachlich. So hatte sie mit Morgase gesprochen, als sie ihr sagte, ihr Pony habe sich das Bein gebrochen und müsse getötet werden. »Gaebril verbringt wohl die meisten Nächte mit dir, aber er widmet Alteima beinahe genauso viel Zeit wie dir. Für die anderen sechs bleibt ihm dann kaum mehr Zeit, aber immerhin. Fünf davon haben Zimmer im Palast, damit er schneller zu ihnen kommt. Eine, ein junges Ding mit ganz großen Augen, schmuggelt er herein und wieder hinaus, und selbst bei dieser Hitze muß sie sich immer in eine lange Robe hüllen. Vielleicht hat sie einen Ehemann. Es tut mir ja leid, Mädchen, aber das ist nun mal die Wahrheit. ›Besser, sich dem Bären zu stellen, als davor wegzurennen.‹«

Morgase bekam weiche Knie, und wenn ihr Lini nicht ganz schnell einen Stuhl untergeschoben hätte, wäre sie wohl zu Boden gegangen. Alteima. Nun erschien es ihr in einem anderen Licht, daß er sie so gern beim Tratschen miteinander beobachtete. Ein Mann, der genüßlich seinen beiden Lieblingskatzen beim Spielen zusah. Und dann noch sechs andere! Zorn kochte in ihr hoch, ein Zorn, wie er nicht dagewesen war, als sie lediglich glaubte, er sei hinter ihrem Thron her. Da hatte sie noch kalt und nüchtern überlegen können, so gut das ihr eben in letzter Zeit möglich gewesen war. Das war eine Gefahr gewesen, der man mit kühlem Kopf entgegentreten konnte. Aber nun dieses! Der Mann hatte seine Geliebten in ihrem Palast eingenistet! Er hatte sie zu nichts weniger gemacht als zu eben einem seiner Flittchen! Sie wollte seinen Kopf haben. Sie wünschte, daß man ihm bei lebendigem Leib die Haut abzog. Das Licht sei ihr gnädig, aber sie sehnte sich nach seiner Berührung. Ich werde wahnsinnig!

»Das wird zusammen mit allem anderen abgehandelt werden«, sagte sie eisig. Viel hing jetzt davon ab, wer sich gerade in Caemlyn befand und wer sich auf den Landgütern aufhielt. »Wo ist Lord Pelivar? Lord Abelle? Lady Arathelle?« Sie führten starke Häuser und hatten viele Vasallen.

»Im Exil«, sagte Lini bedächtig und warf ihr dabei einen eigenartigen Blick zu. »Du hast sie im letzten Frühjahr aus der Stadt verbannt.«

Morgase erwiderte den Blick mit großen Augen. Sie konnte sich an nichts erinnern. Erst jetzt kam ihr eine ganz vage und dunkle Erinnerung. »Lady Ellorien?« fragte sie in schleppendem Ton. »Lady Aemlyn und Lord Luan?« Weitere starke Häuser. Es waren Häuser, die bereits hinter ihr gestanden hatten, bevor sie den Thron bestieg.

»Im Exil«, antwortete Lini genauso bedächtig. »Ihr habt Ellorien auspeitschen lassen, weil sie nach dem Grund fragte.« Sie bückte sich und strich Morgase die Haare aus dem Gesicht. Ihre schwieligen Finger streichelten kurz ihre Wange wie früher, wenn sie nachfühlte, ob Morgase Fieber habe. »Fühlst du dich wohl, Mädchen?«

Morgase nickte dumpf, vor allem weil sie sich nun undeutlich erinnerte. Ellorien, wie sie vor Empörung geschrien hatte, als man ihr das Kleid hinten herunterriß.

Das Haus Traemane war das allererste gewesen, das Trakand unterstützt hatte, geführt von einer molligen, hübschen Frau, die nur ein paar Jahre älter war als Morgase. Geführt von Ellorien, die nun zu ihren engsten Freunden gehörte. Oder besser, gehört hatte. Elayne war nach Elloriens Großmutter benannt worden. Dunkel erinnerte sie sich daran, daß andere die Stadt verlassen hatten, sich von ihr abgewandt hatten, wie es jetzt wohl offensichtlich war. Und die Verbliebenen? Entweder waren es Häuser, die zu schwach waren, um jetzt von Nutzen zu sein, oder es waren sowieso Kriecher. Sie schien sich daran zu erinnern, daß sie unzählige Dokumente unterzeichnet und damit neue Adelstitel geschaffen hatte, die ihr von Gaebril vorgelegt worden waren. Gaebrils Speichellecker und ihre Feinde —und das waren alle, bei denen man davon ausgehen konnte, daß sie in Caemlyn noch Macht besaßen.

»Es ist mir gleich, was du da behaupten magst«, sagte Lini mit Entschlossenheit im Tonfall. »Du hast kein Fieber, aber mit dir stimmt trotzdem etwas nicht. Du brauchst eine Heilerin von den Aes Sedai, das ist ganz klar.«

»Keine Aes Sedai.« Morgases Stimme klang noch härter. Sie berührte kurz ihren Ring. Ihr war bewußt, daß ihre Feindseligkeit der Burg gegenüber in einem inzwischen völlig unvernünftigen Maße gewachsen war, aber sie konnte sich einfach nicht dazu zwingen, jemandem zu trauen, der versuchte, ihre eigene Tochter vor ihr zu verbergen. Auf ihren Brief an die neue Amyrlin, in dem sie Elaynes Rückkehr forderte — niemand forderte etwas von einer Amyrlin, doch sie hatte das getan —, hatte sie noch keine Antwort erhalten. Er mochte wohl auch Tar Valon gerade erst erreicht haben. Auf jeden Fall war es für sie eine schlichte Tatsache, daß sie keine Aes Sedai in ihrer Nähe dulden würde. Und doch konnte sie gleichzeitig nicht an Elayne denken, ohne einen gewissen Stolz zu empfinden. Nach so kurzer Zeit bereits zur Aufgenommenen erhoben zu werden! Elayne würde möglicherweise einst die erste Frau auf dem Thron von Andor sein, die zugleich eine vollwertige Aes Sedai war und nicht nur eine in der Burg Ausgebildete. Es ergab keinen Sinn, im selben Augenblick so gegensätzliche Empfindungen zu spüren, aber zur Zeit ergab überhaupt nichts mehr einen Sinn. Und ihre Tochter würde niemals den Löwenthron besteigen, wenn ihn ihre Mutter nicht für sie sicherte.

»Ich sagte, keine Aes Sedai, Lini, also brauchst du mich gar nicht mehr so anschauen. Diesmal bringst du mich nicht dazu, irgendeine schlechtschmeckende Medizin zu schlucken. Außerdem glaube ich nicht, daß man zur Zeit in Caemlyn eine Aes Sedai, gleich welcher Farbe, finden könnte.« Ihre alten Gefolgsleute waren weg, durch ihre eigene Unterschrift verbannt, und wahrscheinlich waren sie jetzt zu unversöhnlichen Feinden geworden, so, wie sie Ellorien mitgespielt hatte. Neue Lords und Ladies in ihrem Palast. Neue Gesichter bei der Garde. Wieviel Loyalität ihr gegenüber war noch geblieben? »Kennst du einen Gardeleutnant namens Tallanvor, Lini?« Als die andere Frau rasch nickte, fuhr sie fort: »Suche ihn bitte für mich und bringe ihn hierher. Und sollte jemand nach mir fragen, dann sage allen im Quartier der Pensionäre, daß ich nicht da bin.«

»An diesem Gaebril und seinen Frauen ist doch noch mehr dran, oder?«

»Geh nur, Lini. Und beeil dich. Wir haben nicht viel Zeit.« Den Schatten nach zu schließen, die sie im dicht mit Bäumen bestandenen Garten hinter dem Fenster erkennen konnte, hatte die Sonne den Zenit überschritten. Der Abend würde nur zu bald hereinbrechen. Der Abend, und dann würde Gaebril nach ihr suchen.

Als Lini ging, blieb Morgase steif auf dem Stuhl sitzen. Sie wagte nicht, aufzustehen. Wohl waren ihre Knie wieder kräftiger, doch sie fürchtete, wenn sie aufstünde und sich zu bewegen begänne, würde sie nicht mehr aufhören können, bis sie sich wieder in ihrem Gemach befände und auf Gaebril wartete. So stark war der Drang, besonders jetzt, da sie allein war. Und sobald er sie anblickte, sobald er sie berührte, würde sie ihm zweifellos wieder alles vergeben. Vielleicht würde sie sogar alles vergessen, wenn sie bedachte, wie verschwommen und unvollständig ihre Erinnerungen an die letzte Zeit waren. Wüßte sie es nicht besser, hätte sie auf den Gedanken kommen können, er habe auf irgendeine Weise die Eine Macht bei ihr eingesetzt, doch kein Mann mit dieser Gabe überlebte lange genug, um sein Alter zu erreichen.

Lini hatte oftmals gesagt, für jede Frau gebe es einen Mann auf der Welt, bei dem sie sich wie eine hirnlose Närrin benimmt, aber sie hatte nie gedacht, daß das auch für sie gelte. Nun, sie hatte noch nie viel Glück bei der Wahl ihrer Männer gehabt, auch wenn ihr das anfangs so erschienen sein mochte.

Taringail Damodred hatte sie aus politischen Gründen geheiratet. Er war vorher mit Tigraine verheiratet gewesen, der Tochter-Erbin, deren Verschwinden den ganzen Streit um die Thronfolge nach Modrelleins Tod ausgelöst hatte. Die Heirat mit ihm hatte eine Verbindung zur alten Königin hergestellt und damit die meisten ihrer Gegner besänftigt. Außerdem, was noch wichtiger gewesen war, hatte sie damit den Pakt wahren können, der die endlosen Kriege mit Cairhien beendet hatte. Aus solchen Gründen wählten Königinnen eben ihre Ehemänner aus. Taringail war ein kalter, unnahbarer Mann gewesen, und trotz zweier wunderbarer Kinder war nie Liebe zwischen ihnen aufgekommen. Es war schon beinahe eine Erleichterung gewesen, als er bei einem Jagdunfall ums Leben kam.

Thomdril Merrilin, Hausbarde und dann Hofbarde, war zuerst die reinste Freude für sie gewesen, so intelligent und geistreich, wie er war, ein lachender Mann, der die Tricks des Spiels der Häuser benützte, um ihr zum Thron zu verhelfen und, sobald sie ihn innehatte, Andor zu stärken. Er war damals doppelt so alt wie sie gewesen, und doch hätte sie ihn vielleicht geheiratet — Heiraten mit Bürgerlichen waren in Andor nicht so ungewöhnlich —, wenn er nicht wortlos verschwunden und mit ihr anschließend das Temperament durchgegangen wäre. Sie hatte nie erfahren, warum er eigentlich gegangen war, aber das spielte keine Rolle. Als er schließlich zurückkehrte, hätte sie bestimmt den Haftbefehl gegen ihn zurückgenommen, doch statt wie sonst ihren Zorn sanft, aber bestimmt aufzufangen, hatte er ihre harten Worte erwidert und Dinge gesagt, die sie ihm niemals vergeben konnte. Ihre Ohren brannten jetzt noch, wenn sie daran dachte, daß er sie ein verwöhntes Kind genannt hatte und eine Marionette Tar Valons. Er hatte sie tatsächlich handfest geschüttelt — seine Königin!

Dann war die Zeit Gareth Brynes gekommen, eines starken und fähigen Mannes, so schroff wie sein Gesicht und genauso stur wie sie. Doch er hatte sich als verräterischer Narr erwiesen. Er hatte keinen Platz mehr in ihrem Leben. Es schien Jahre her zu sein, daß sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, und nicht erst wenig mehr als ein halbes Jahr.

Und schließlich Gaebril. Die Krone auf ihrer Liste von Fehlschlägen. Wenigstens hatten die anderen nicht versucht, sie vom Thron zu verdrängen und sich selbst an diese Stelle zu bringen.

Nicht so viele Männer für das Leben einer Frau, und doch waren es zu viele. Etwas anderes, das Lini oftmals sagte, war, daß Männer eigentlich nur gut für drei Dinge seien, in diesen Fällen allerdings schon sehr gut. Sie hatte auf dem Thron gesessen, bevor Lini sie für alt genug hielt, ihr diese drei Dinge zu nennen. Wenn ich mich nur ans Tanzen gehalten hätte, dachte sie trocken, hätte ich mir einiges ersparen können.

Die Schatten im Garten jenseits des Fensters waren um ungefähr eine Stunde weitergewandert, als Lini endlich mit dem jungen Tallanvor zurückkehrte, der schon auf ein Knie niedersank, als sie noch die Tür schloß. »Zuerst wollte er gar nicht mitkommen«, sagte sie. »Vor fünfzig Jahren, schätze ich, hätte ich ihm einiges von dem gezeigt, was du der Welt zur Schau stellst, und er wäre mir bestimmt schnell hinterhergelaufen, aber heutzutage muß ich mich auf Vernunftgründe beschränken.«

Tallanvor wandte den Kopf und blickte mit saurer Miene zu ihr auf. »Ihr habt mir gedroht, mich mit einem Stock hierherzutreiben, wenn ich nicht mitkäme. Ihr hattet Glück, daß ich mich fragte, was Euch so wichtig sein könne, anstatt Euch von jemandem in die Krankenstube schleppen zu lassen.« Ihr strenges Schnauben störte ihn nicht im geringsten. Sein ätzender Blick wurde zornig, als er sich wieder Morgase zuwandte. »Wie ich sehe, ist Euer Zusammentreffen mit Gaebril nicht positiv verlaufen, meine Königin. Ich hatte... auf mehr gehofft.«

Er sah ihr geradewegs in die Augen, doch Linis Kommentar hatte sie wieder auf das Kleid aufmerksam gemacht, das sie trug. Sie hatte das Gefühl, glühende Pfeile zeigten auf ihren entblößten Busen. Es kostete sie Mühe, die Hände ruhig in ihrem Schoß zu halten. »Ihr seid ein scharfsinniger Bursche, Tallanvor. Und loyal, wie ich glaube, sonst wärt Ihr nicht mit den Nachrichten über die Zwei Flüsse zu mir gekommen.«

»Ich bin kein junger Bursche mehr«, fuhr er sie an und richtete sich im Knien ganz steif auf. »Ich bin ein Mann, der sein Leben dem Dienst für seine Königin verschworen hat.«

Sie ließ ihre Beherrschung fahren und fauchte zurück: »Wenn Ihr ein Mann seid, dann benehmt Euch wie einer. Steht auf und beantwortet die Fragen Eurer Königin wahrheitsgemäß. Und denkt immer daran, daß ich Eure Königin bin, junger Tallanvor. Was auch Eurer Meinung nach geschehen sein mag: Ich bin die Königin von Andor.«

»Vergebt mir, meine Königin. Ich höre und gehorche.« Die Worte entsprachen den Vorschriften, wenn sie auch nicht gerade reumütig klangen, doch er stand mit hoch erhobenem Kopf vor ihr und blickte sie so trotzig an wie immer. Licht, der Mann war genauso halsstarrig wie einst Gareth Bryne.

»Wie viele loyale Männer habe ich noch unter den Gardesoldaten im Palast? Wie viele werden ihrem Eid gehorsam bleiben und mir folgen?«

»Ich«, sagte er leise und mit einemmal war all sein Zorn verflogen, obwohl er ihr immer noch eindringlich in die Augen sah. »Was den Rest betrifft... Wenn Ihr treue Männer finden wollt, müßt Ihr nach ihnen in den entfernten Garnisonen suchen, vielleicht sogar bis Weißbrücke hin. Einige aus Caemlyn wurden mit den ausgehobenen Truppen nach Cairhien geschickt, doch die anderen hier in der Stadt sind bis zum letzten Mann Gaebrils Leute. Ihr neuer... Ihr neuer Eid wird auf den Thron und das Gesetz geleistet, aber nicht mehr auf die Königin.«

Es war schlimmer, als sie befürchtet hatte, aber sie hatte das schon halbwegs erwartet. Was immer er sein mochte, ein Narr war Gaebril jedenfalls nicht. »Dann muß ich woandershin gehen, um die Regierung wieder in meine Hände zu nehmen.« Es würde schwierig werden, die Häuser zurückzugewinnen, nach all den Verbannungen, nach Ellorien, aber es mußte sein. »Gaebril wird vielleicht versuchen, mich am Verlassen des Palastes zu hindern.« Dabei kam ihr eine verschwommene Erinnerung an zwei Gelegenheiten, da sie zu gehen versucht hatte, und jedesmal hatte Gaebril sie davon abgehalten. »Also werdet Ihr uns zwei Pferde besorgen und auf der Straße hinter den südlichen Stallungen auf mich warten. Ich werde Euch dort treffen, für einen Ausritt gekleidet.«

»Zu öffentlich«, sagte er. »Und zu nahe. Gaebrils Männer erkennen Euch möglicherweise, wie Ihr euch auch verkleiden mögt. Ich kenne einen Mann... Würdet Ihr eine Schenke finden, die ›Der Königin Segen‹ heißt, im westlichen Teil der Neustadt?« Die Neustadt war nur neu gemessen an der Innenstadt, die sie wie ein Ring umgab.

»Das kann ich.« Sie hatte es allerdings nicht gern, wenn man ihr widersprach, sogar dann, wenn es Hand und Fuß hatte. Bryne hatte das auch getan. Es würde ihr ein Vergnügen sein, diesem jungen Mann zu zeigen, wie gut sie sich verkleiden konnte. Sie hatte die Angewohnheit, wenigstens einmal im Jahr wie eine ganz normale Bürgerin gekleidet durch die Straßen zu schlendern und den Pulsschlag der Stadt zu fühlen. Dieses Jahr hatte sie das noch gar nicht getan, fiel ihr bei diesem Gedankengang auf. Jedenfalls war sie niemals erkannt worden. »Aber kann man diesem Mann trauen, junger Tallanvor?«

»Basel Gill ist Euch genauso treu ergeben wie ich.« Er zögerte, und Pein stand kurz auf seinem Gesicht geschrieben, wurde jedoch schnell wieder vom Zorn verdrängt. »Warum habt Ihr so lange gewartet? Ihr müßt es doch gewußt haben, gesehen haben, und doch habt Ihr gewartet, bis Gaebril seine Hände um den Hals Andors gelegt hatte. Warum habt Ihr nur gewartet?«

Aha. Das war ehrlicher Zorn und aus einem ehrenhaften Grund, und er verdiente eine ehrliche Antwort. Nur wußte sie keine Antwort, jedenfalls keine, die sie ihm geben konnte. »Es steht Euch nicht zu, die Entscheidungen Eurer Königin in Frage zu stellen, junger Mann«, sagte sie sanft, aber entschieden. »Ein loyaler Untertan, so treu ergeben, wie Ihr seid, dient, ohne zu fragen.«

Er atmete langgezogen aus. »Ich werde im Stall von ›Der Königin Segen‹ auf Euch warten, meine Königin.« Und mit einer Verbeugung, die jedem Staatsbesuch Ehre gemacht hätte, war er verschwunden.

»Warum redest du ihn immer als ›jung‹ an?« wollte Lini wissen, sobald die Tür geschlossen war. »Das macht ihn störrisch. ›Nur eine Närrin steckt eine Klette unter den Sattel, bevor sie losreitet.‹«

»Er ist doch jung, Lini. Jung genug, um mein Sohn zu sein.«

Lini schnaubte, und diesmal klang es gar nicht mehr damenhaft. »Er ist ein paar Jahre älter als Galad, und Galad ist zu alt, um dein Sohn zu sein. Du hast noch mit Puppen gespielt, als Tallanvor geboren wurde, und damals hast du geglaubt, die Babies kämen auf die gleiche Art wie Puppen auf die Welt.«

Seufzend fragte sich Morgase, ob die Frau wohl auch ihre Mutter schon so behandelt habe. Wahrscheinlich. Und falls Lini lang genug lebte, um Elayne auf dem Thron zu erleben, und daran zweifelte sie überhaupt nicht — Lini war für die Ewigkeit geschaffen —, würde sie Elayne wahrscheinlich auch nicht anders behandeln. Das setzte allerdings voraus, daß es noch einen Thron gab, den Elayne erben konnte. »Die Frage ist nur, ist er wirklich so loyal, wie es scheint, Lini? Ein einziger treuer Gardesoldat, obwohl alle anderen loyalen Männer weggeschickt wurden? Das erscheint mir plötzlich zu schön, um wahr zu sein.«

»Er hat den neuen Eid abgelegt.« Morgase öffnete den Mund, doch Lini kam ihr zuvor. »Ich habe ihn hinterher gesehen, allein hinter den Stallungen. Deshalb wußte ich auch, wen du meinst, denn ich hatte nach seinem Namen gefragt. Mich hat er damals nicht gesehen. Er lag auf den Knien und Tränen liefen ihm übers Gesicht. Er hat abwechselnd Entschuldigungen dir gegenüber gestammelt und den alten Eid wiederholt. Nicht einfach auf ›die Königin von Andor‹, sondern auf ›Königin Morgase von Andor‹. Er hat auf die alte Art geschworen, auf sein Schwert nämlich, und damit hat er sich in den Arm geschnitten, um zu zeigen, daß er lieber den letzten Blutstropfen vergießen werde als meineidig zu werden. Ich habe einige Erfahrung mit Männern, Mädchen. Der da wird dir folgen, auch wenn er mit bloßen Händen einem ganzen Heer gegenübersteht.«

Es tat gut, das zu hören. Wenn sie ihm nicht vertrauen konnte, müßte sie demnächst sogar an Lini zweifeln. Nein, bestimmt nicht an Lini. Er hatte also auf die alte Art geschworen? Das war mittlerweile eigentlich der Stoff von Legenden. Ihre Gedanken schweiften schon wieder ab. Sicherlich trübte doch Gaebril nun ihren Verstand nicht mehr, bei allem, was sie jetzt wußte. Warum wünschte sich ein Teil ihrer selbst dann immer noch, in ihr Gemach zurückzugehen und auf ihn zu warten? Sie mußte sich konzentrieren. »Ich brauche ein einfaches Kleid, Lini. Eines, das nicht zu gut sitzt. Ein bißchen Ruß aus dem Kamin dazu, und... «

Lini bestand darauf mitzukommen. Morgase hätte sie auf einem Stuhl festbinden müssen, um sie zurückzulassen. Sie hatte wohl immer schon zerbrechlich gewirkt, war aber kräftiger, als sie aussah. Als sie aus dem kleinen Seitenausgang schlüpften, sah Morgase sich selbst kaum noch ähnlich. Ein wenig Ruß hatte ihr rotgoldenes Haar dunkel gefärbt, ihm den Glanz genommen, so daß es jetzt strähnig und ungepflegt wirkte. Der Schweiß, der über ihr Gesicht rann, tat ein übriges. Niemand glaubte, daß Königinnen schwitzten. Ein sackartiges Kleid aus grober und sehr rauher grauer Wolle mit einem Hosenrock vollendete die Verkleidung. Selbst ihr Unterhemd und die Strümpfe waren aus grober Wolle gefertigt. Sie sah aus wie eine Bauersfrau, die mit ihrem Zugpferd zum Markt geritten war und sich nun noch ein wenig in der Stadt umsehen wollte. Lini sah aus wie immer, mit steifem Kreuz und strenger Miene. Sie hatte ein Reitkleid aus grüner Wolle an, das wohl gut geschnitten war, aber etwa zehn Jahre hinter der Mode herhinkte.

Morgase unterdrückte den Wunsch, sich zu kratzen, und verwünschte die andere, weil sie ihren Wunsch, daß das Kleid nicht gut sitzen solle, so wörtlich genommen hatte. Ihr altes Kindermädchen hatte das tief ausgeschnittene Kleid unter das Bett gestopft und etwas geknurrt von »Waren zeigen, die sie gar nicht verkaufen wolle«. Als Morgase behauptete, den Spruch habe sie wohl gerade selber erfunden, gab sie ihr zur Antwort: »Wenn ich in meinem Alter etwas erfinde, ist es immer noch eine alte Redensart.« Morgase hegte den leisen Verdacht, dieses kratzige, sackartige Kleid sei die Bestrafung für das tief ausgeschnittene, das sie vorher getragen hatte.

Die Innenstadt war auf Hügeln erbaut, und die Straßen folgten den natürlichen Hanglinien, so daß sie plötzliche Ausblicke auf Parks mit unzähligen Bäumen und Denkmalen gewährten, oder auf mit glasierten Ziegeln geschmückte Türme, die im Sonnenschein in hundert verschiedenen Farben schimmerten. Plötzliche Anhöhen gaben dann den Blick auf die gesamte Stadt Caemlyn frei und auf die sanfte Ebene und die Wälder in der Ferne. Morgase beachtete nichts davon, als sie sich durch die Menschenmenge auf den Straßen drängte. Normalerweise hätte sie sich bemüht, den Gesprächen zu lauschen, um die Stimmung im Volk einschätzen zu können. Diesmal hörte sie jedoch nur das Stimmengewirr einer großen Stadt. Sie dachte auch nicht daran, einen Versuch zu unternehmen, das Volk in eine Rebellion zu führen. Tausende von meist nur mit Steinen und ihrem Zorn bewaffneten Männern konnten durchaus die Wachen am Königspalast überwältigen, doch spätestens bei den Ausschreitungen im Frühjahr, durch die sie auf Gaebril aufmerksam geworden war, und die gerade noch niedergeschlagenen Aufstände im Jahr zuvor hatte sie gesehen, was eine wütende Volksmenge anrichten konnte. Sie wollte wieder in Caemlyn regieren und nicht statt dessen die Stadt niederbrennen.

Jenseits der weißen Mauer um die Innenstadt zeigte die Neustadt ihre eigene Schönheit. Hohe, schlanke Türme und in Weiß und Gold schimmernde Kuppeln, riesige Flächen roter Ziegeldächer und dahinter die mächtige Stadtmauer in blassem Grau mit silberner und weißer Marmorierung und ihren vielen Türmchen. Breite Prachtstraßen mit gras- und baumbewachsenen Mittelstreifen waren von Menschen und Wagen und Kutschen verstopft. Morgase bemerkte am Rande, daß das Gras wegen der Trockenheit abstarb, doch ansonsten konzentrierte sie sich auf das, was sie suchte.

Sie nutzte die Erfahrung ihrer früheren jährlichen Stadtausflüge und wählte sorgfältig die Leute, die sie nach dem Weg fragte. Meist waren es Männer. Sie wußte, wie sie auf Männer wirkte, selbst mit Ruß im Haar, und einige Frauen würden ihr aus Eifersucht die falsche Richtung sagen. Männer andererseits zerbrachen sich den Kopf, um ja die richtige Richtung zu weisen und sie so zu beeindrucken. Keiner mit einer zu selbstgefälligen Miene und keiner mit zu grobem Gesicht. Die ersteren waren oft beleidigt, wenn man sie ansprach, als gingen sie nicht selbst auch zu Fuß durch die Stadt, und die anderen glaubten möglicherweise, eine Frau, die sie nach dem Weg fragte, habe etwas ganz anderes im Sinn. Ein Bursche mit einem Kinn, das zu groß war, um in sein Gesicht zu passen, und der Nähzeug aus einem Bauchladen feilbot, grinste sie an und sagte: »Hat Euch schon mal jemand gesagt, daß Ihr der Königin ähnlich seht? Sie hat uns wohl ganz schön in die Klemme gebracht, aber eine hübsche Frau ist sie allemal.«

Sie lachte geschmeichelt und herausfordernd, was ihr einen strengen Blick von Lini einbrachte. »Spart Euch die Schmeichelei für Eure Frau. An der zweiten Kreuzung nach links, habt Ihr gesagt? Ich danke Euch. Und auch für das Kompliment.« Während sie sich weiter durch die Menge schob, verfinsterte sich ihr Gesicht. Sie hatte zuviel in dieser Art zu hören bekommen. Nicht, daß sie wie die Königin aussehe, sondern daß Morgase ein schlimmes Durcheinander angerichtet habe. Gaebril hatte, wie es schien, die Steuern drastisch erhöht, um Geld für sein Heer zu haben, aber das lastete man ihr an, und natürlich zurecht. Die Verantwortung lag bei der Königin. Genauso waren andere Gesetze aus dem Palast erlassen worden, die wenig Sinn ergaben, aber den Menschen das Leben schwerer machten. Sie hörte, wie man heimlich über sie klatschte, und daß Andor wohl lange genug von Königinnen regiert worden sei. Es war nur Geschwätz, aber was ein Mann im Flüsterton auszusprechen wagte, das dachten zehn andere genauso. Vielleicht wäre es doch nicht so leicht gewesen, die Volksmenge gegen Gaebril auf die Straßen zu bringen, wie sie geglaubt hatte.

Schließlich fand sie ihr Ziel, ein breites Steingebäude mit einem Schild über dem Eingang, auf dem ein Mann vor einer Frau mit goldenen Haaren unter der Rosenkrone kniete. Die Frau hatte ihm eine Hand auf den Kopf gelegt. ›Der Königin Segen.‹ Falls es sie darstellen sollte, war es nicht sehr ähnlich. Die Wangen waren zu fett.

Erst als sie vor der Schenke stehenblieb, wurde ihr bewußt, daß Lini erschöpft keuchte. Sie war zu schnell gegangen und die Frau war nun wirklich nicht mehr die jüngste. »Lini, es tut mir leid. Ich hätte nicht so schnell...«

»Wenn ich nicht mit dir schritthalten kann, Mädchen, wie soll ich dann in der Lage sein, mich um Elaynes Babys zu kümmern? Willst du hier Wurzeln schlagen? ›Schlurfende Füße werden einen Weg niemals beenden.‹ Er sagte, er werde im Stall warten.«

Die weißhaarige Frau stolzierte knurrend weiter, und Morgase folgte ihr um die Schenke herum. Bevor sie in das Steingebäude des Stalls trat, hob sie die Hand an die Stirn und blickte zur Sonne auf. Keine zwei Stunden mehr bis zum Einbruch der Dämmerung. Spätestens dann würde Gaebril nach ihr suchen, wenn nicht schon jetzt.

Tallanvor war nicht allein in dem von Boxen gesäumten Stall. Als er auf dem strohbedeckten Boden vor ihr auf ein Knie niedersank, in einen grünen Wollmantel gehüllt, über den er das Schwert gegürtet hatte, da knieten neben ihm zwei Männer und eine Frau, wenn auch ein wenig unsicher, wahrscheinlich ihrer Verkleidung wegen. Der dickliche Mann mit dem rosigen Gesicht und der Halbglatze mußte Basel Gill sein, der Wirt. Er hatte sich einen alten Lederharnisch übergezogen, auf den Stahlplatten genäht waren und der sich gewaltig um seinen Bauch spannte, und auch er trug ein Schwert an der Hüfte.

»Meine Königin«, sagte Gill, »ich habe schon jahrelang kein Schwert mehr getragen — seit dem Aielkrieg nicht mehr —, aber ich betrachtete es als eine Ehre, wenn ich Euch folgen dürfte.« Es hätte eigentlich lächerlich wirken sollen, war es aber nicht.

Morgase musterte die anderen beiden, einen kräftig gebauten Mann im groben, grauen Mantel, die Nase oftmals gebrochen, wie sie deutlich sehen konnte, wie geschwollen wirkende Augenlider und Narben im Gesicht, und dazu eine kleine, hübsche Frau von noch nicht ganz mittleren Jahren. Sie schien zu diesem Straßenschläger zu gehören, doch ihr hochgeschlossenes blaues Wollkleid war von zu feiner Machart, um von einem wie ihm zu stammen.

Trotz seines trägen Blicks schien der Kerl ihre Zweifel wahrzunehmen. »Ich heiße Lamgwin, meine Königin, und ich bin ein treuer Gefolgsmann meiner Königin. Was geschehen ist, das war nicht recht, und es muß geändert werden. Ich möchte ebenfalls mit Euch gehen. Breane und ich, wir beide wollen mit Euch kommen.«

»Erhebt Euch«, sagte sie zu ihnen. »Es kann noch einige Tage dauern, bis Ihr mich öffentlich als Eure Königin ansprechen könnt. Ich akzeptiere Eure Begleitung sehr gern, Meister Gill. Und auch Eure, Meister Lamgwin, doch es wird sicherer für Eure Frau sein, wenn sie hier in Caemlyn bleibt. Es stehen uns harte Zeiten bevor.«

Breane wischte Strohhalme von ihrem Rock und warf ihr und Lini dabei einen scharfen Blick zu. »Ich habe schon schwere Zeiten mitgemacht«, sagte sie im Dialekt Cairhiens. Wenn sich Morgase nicht irrte, war sie von adliger Herkunft; vielleicht eine der Flüchtlinge. »Und ich habe nicht gewußt, was ein guter Mann ist, bis ich Lamgwin fand. Oder bis er mich fand. Die Loyalität und Liebe, die er für Euch empfindet, die empfinde ich ihm gegenüber noch zehnmal so stark. Er folgt Euch, doch ich folge ihm. Ich werde nicht zurückbleiben.«

Morgase atmete tief durch und nickte dann zustimmend. Die Frau schien sowieso nicht davon abzubringen zu sein. Ein prächtiger Grundstock für das Heer, das ihren Thron zurückgewinnen sollte: ein junger Soldat, der ständig an ihr herumkritisierte, ein fast kahlköpfiger Wirt, der wirkte, als habe er zwanzig Jahre lang nicht mehr auf einem Pferd gesessen, ein Straßenschläger, der aussah, als schlafe er beinahe ein, und dazu eine geflohene Adlige aus Cairhien, die ihr klargemacht hatte, daß ihre Loyalität lediglich ihm gegenüber bestand. Und natürlich Lini. Lini, die sie behandelte, als gehöre sie noch immer ins Kinderzimmer. In der Tat, das war wirklich ein prächtiger Grundstock!

»Wohin gehen wir, meine Königin?« fragte Gill, während er die bereits gesattelten Pferde aus ihren Boxen holte. Lamgwin bewegte sich überraschend schnell und geschmeidig, um einen weiteren an beiden Seiten hochgezogenen Damensattel für Lini um den Bauch eines Pferdes zu gürten. Morgase bemerkte erschrocken, daß sie daran überhaupt nicht gedacht hatte. Licht, Gaebril kann mir doch wohl nicht derart den Verstand geraubt haben! Dabei spürte sie nach wie vor den Drang, in ihr Gemach zurückzukehren. Es lag nicht an ihm. Sie hatte sich bereits darauf konzentrieren müssen, den Palast zu verlassen und hierher zu kommen. Einst wäre sie zuerst zu Ellorien geflohen, aber Pelivar oder Arathelle sollten es auch tun. Sobald sie einen Weg gefunden hatte, ihnen zu erklären, wieso sie sie damals ins Exil geschickt hatte.

Bevor sie den Mund aufbekam, sagte Tallanvor: »Wir müssen zu Gareth Bryne gehen. Unter den Großen Häusern bestehen Euch gegenüber einige Ressentiments, meine Königin, aber wenn Bryne Euch folgt, werden sie Euch wieder Gefolgschaft geloben, wenn auch nur, weil sie wissen, daß Bryne jede Schlacht gewinnen wird.«

Sie biß sich fast auf die Zunge, damit sie sich nicht augenblicklich weigerte. Bryne war ein Verräter. Aber er war auch einer der besten Heerführer dieses Zeitalters. Seine Gegenwart würde tatsächlich überzeugend wirken, wenn sie Pelivar und die anderen vergessen machen wollte, was sie ihnen angetan hatte. Also gut. Zweifellos würde er die Chance beim Schopf ergreifen, wieder Generalhauptmann der Königlichen Garde zu werden. Und wenn nicht, käme sie auch ohne ihn aus.

Als die Sonne den Horizont küßte, befanden sie sich bereits fünf Meilen außerhalb Caemlyns und ritten stramm in Richtung Korequellen.

In der Nacht fühlte sich Padan Fain am wohlsten. Als er durch die mit Wandbehängen geschmückten Gänge der Weißen Burg schlich, schien es ihm, als bilde die Dunkelheit draußen eine Tarnkappe, die ihn vor seinen Feinden verbarg, und das, obwohl die vergoldeten Spiegellampen ihr Licht in die Korridore warfen. Das Gefühl trog, soviel wußte er. Er hatte viele Feinde, und sie waren überall. Gerade jetzt in diesem Augenblick, so wie immer im wachen Zustand, konnte er Rand al'Thor fühlen. Er spürte nicht, wo sich al'Thor befand, aber daß er irgendwo dort draußen noch am Leben war. Immer noch. Diese Gabe, dieses Bewußtsein von der Existenz al'Thors, hatte er im Shayol Ghul erhalten, im Krater des Verderbens.

Sein Verstand schreckte vor den Erinnerungen an das zurück, was ihm dort angetan worden war. Da war er destilliert worden und neu geschaffen. Aber später dann, in Aridhol, war er wiedergeboren worden. Wiedergeboren, um alte und neue Feinde zu vernichten.

Noch etwas konnte er spüren, während er lauernd durch die nachtleeren Gänge der Burg schlich, etwas, das ihm gehörte, das ihm gestohlen worden war. In diesem Moment trieb ihn ein gierigeres Verlangen vorwärts als sein Wunsch, al'Thor sterben zu sehen oder die Burg zu zerstören, oder sich an seinem uralten Gegner zu rächen. Es war das hungrige Verlangen, endlich wieder ganz zu sein, vollständig.

Die schwere, getäfelte Holztür hatte dicke Scharniere und Eisenbügel, und das schwarze Eisenschloß war beinahe so groß wie sein Kopf. Nur wenige Türen in der Burg wurden jemals abgeschlossen, denn wer würde es wagen, mitten unter den Aes Sedai zu stehlen; doch ein paar Dinge in der Burg wurden als so gefährlich eingeschätzt, daß sie nicht einfach jedem zugänglich sein durften. Und die gefährlichsten überhaupt befanden sich hinter dieser Tür, von einem kräftigen Schloß behütet.

Er kicherte leise und nahm zwei dünne, gekrümmte Metallstifte aus der Manteltasche. Dann führte er sie in das Schlüsselloch ein, drückte ein wenig, suchte, drehte. Mit einem leisen Klicken schnappte der Riegel zurück. Einen Augenblick lang lehnte er sich mit heiserem Auflachen an die Tür. Von einem kräftigen Schloß behütet. Von der Macht der Aes Sedai umgeben und durch einfaches Metall geschützt. Zu dieser Stunde sollten selbst die Diener und die Novizinnen ihre Arbeit beendet haben, aber es könnte immer noch jemand wach sein und vielleicht vorbeikommen. Gelegentliche Wellen von Heiterkeit durchbebten ihn, als er die Dietriche in seine Tasche zurücksteckte und eine dicke Bienenwachskerze herausholte. Den Docht entzündete er an einer Ständerlampe in der Nähe.

Er hielt die Kerze hoch und schloß die Tür hinter sich. Nun konnte er sich umsehen. An den Wänden standen Regale, auf deren Brettern einfache Schachteln wie auch kunstvoll eingelegte Kästen aller möglichen Formen und Größen lagen, kleine Figuren aus Knochen oder Elfenbein oder einem dunkleren Material, und dazu Gegenstände aus Metall und Glas und Kristall, die im Kerzenschein funkelten und glitzerten. Nichts, was irgendwie gefährlich wirkte. Alles war mit Staub bedeckt. Selbst die Aes Sedai kamen nur selten hierher und anderen gestatteten sie das Betreten dieses Raums sowieso nicht. Das, was er suchte, zog ihn magisch an.

Auf einem in Hüfthöhe angebrachten Brett stand ein dunkler Metallkasten. Er öffnete ihn und enthüllte so drei Finger breite Bleiwände, die im Innern gerade noch Platz ließen für einen gekrümmten Dolch in einer goldenen Scheide, in dessen Heft ein großer Rubin eingesetzt war. Weder das Gold noch der blutrot schimmernde Rubin interessierten ihn. Hastig goß er ein wenig Wachs neben den Kasten und setzte die Kerze darauf, damit sie nicht umkippte, und dann hob er den Dolch heraus.

Er seufzte, als er ihn berührte, und streckte sich genießerisch. Er war wieder vollständig, eins mit dem, was ihn vor so langer Zeit an sich gebunden hatte, eins mit dem, was ihm auf ganz reale Art und Weise Leben verliehen hatte.

Eisenscharniere knarrten schwach, und er huschte zur Tür, wobei er die gekrümmte Klinge entblößte. Die blasse junge Frau, die gerade die Tür öffnete, hatte gerade noch Zeit, Augen und Mund aufzureißen und zu versuchen, sich durch einen Sprung nach hinten in Sicherheit zu bringen, doch schon schnitt er sie in die Wange. Aus der gleichen Bewegung heraus ließ er die Scheide fallen und packte ihren Arm, damit er sie an sich vorbei in den Lagerraum zerren konnte. Er steckte noch einmal den Kopf hinaus und spähte den Gang hinauf und hinunter. Er war leer.

Er nahm sich Zeit damit, seinen Kopf zurückzuziehen und die Tür wieder zu schließen. Er wußte, was er vorfinden würde. Die junge Frau lag sich windend auf dem Steinboden, bemühte sich, zu schreien, und brachte doch nichts heraus. Ihre Hände krallten nach einem Gesicht, das bereits schwarz und bis zur Unkenntlichkeit angeschwollen war. Die dunkle Schwellung verbreitete sich wie zäh herunterfließendes Öl bis zu ihren Schultern. Ihr schneeweißer Rock mit den Farbstreifen am Saum wurde von ihren hin und her zuckenden Beinen zerfetzt. Er leckte einen Blutspritzer von seinem Handrücken und kicherte, während er die Scheide wieder aufhob.

»Ihr seid ein Narr.«

Er wirbelte mit dem Dolch in der Hand herum, doch die Luft in seiner unmittelbaren Umgebung verfestigte sich urplötzlich und schloß ihn vom Hals bis an die Sohlen seiner Stiefel wie eine harte Schale ein. Da hing er nun. Die Füße berührten den Boden nur noch mit den Ballen, der Dolch war ausgestreckt, zum Zustechen bereit, und er starrte Alviarin an, die die Tür schloß und sich dagegen lehnte, um ihn zu mustern. Diesmal hatte sie nicht geknarrt.

Das leise Scharren der Pantoffeln an den Füßen des sterbenden Mädchens auf dem Fußboden konnte ihre Geräusche nicht überdeckt haben. Er blinzelte, als plötzlich Schweiß in seinen Augen brannte.

»Habt Ihr wirklich geglaubt«, fuhr die Aes Sedai fort, »dieser Raum bliebe unbewacht, ohne eine einzige Wächterin? Das Schloß wurde durch ein Machtgewebe gesichert. Diese törichte junge Frau war heute abend an der Reihe, das Gewebe zu überwachen. Hätte sie genau das getan, was man von ihr erwartete, dann stünden jetzt ein Dutzend Behüter und genauso viele Aes Sedai vor dieser Tür. Sie zahlt den Preis für ihre Dummheit.«

Die Geräusche hinter ihm verstummten und er kniff die Augen zusammen. Alviarin war wohl keine Gelbe Ajah, doch sie hätte wenigstens einen Versuch machen können, die junge Frau zu heilen. Und sie hatte auch keinen Alarm gegeben, wie es die Aufgenommene bereits hätte tun sollen, sonst stünde sie jetzt nicht allein hier. »Ihr seid eine Schwarze Ajah«, flüsterte er.

»Eine gefährliche Anschuldigung«, sagte sie gelassen. Es war allerdings nicht klar, für wen sie gefährlich sei. »Siuan Sanche versuchte, zu behaupten, es gäbe die Schwarzen Ajah wirklich, als sie unter Folter befragt wurde. Sie bettelte förmlich darum, uns von ihnen berichten zu dürfen. Elaida wollte nicht darauf hören und wird es auch weiterhin nicht. Geschichten von angeblichen Schwarzen Ajah sind lediglich bösartige Verleumdungen, die gegen die Burg gerichtet sind.«

»Ihr seid eine Schwarze Ajah«, sagte er mit erhobener Stimme.

»Ihr wolltet das hier stehlen?« Es klang, als habe er überhaupt nichts gesagt. »Der Rubin ist es nicht wert, Fain. Oder wie Ihr auch wirklich heißen mögt. Diese Klinge ist vergiftet, und nur ein Narr würde sie mit etwas anderem als einer Zange berühren oder sich ihr länger als notwendig nähern. Ihr seht ja, was sie Verine angetan hat. Also, warum seid ihr hergekommen und habt geradewegs das ergriffen, von dem Ihr nicht einmal hättet wissen sollen, daß es sich hier befindet? Ihr könnt nicht genug Zeit gehabt haben, um alles zu durchsuchen.«

»Ich könnte Elaida für Euch beseitigen. Eine Berührung damit, und selbst die Macht kann sie nicht mehr retten.« Er versuchte, mit dem Dolch zu gestikulieren, aber er konnte ihn nicht um Haaresbreite bewegen. Hätte er damit zustoßen können, wäre Alviarin mittlerweile nicht mehr am Leben. »Ihr könntet die Erste in der Burg sein und nicht nur die Zweite.«

Sie lachte ihn aus. Es klang wie kühle, verächtlich bimmelnde Glöckchen. »Glaubt Ihr, ich könnte nicht die Erste werden, wenn ich es wollte? Der Rang der Zweiten ist mir gerade recht. Laßt doch Elaida behaupten, ihr gebühre die Ehre für das, was sie Erfolge nennt, und laßt sie auch ihrer Fehler wegen ins Schwitzen kommen. Ich weiß, wo die wahre Macht liegt. Nun beantwortet mir meine Fragen, sonst findet man morgen hier zwei Leichen anstatt nur einer.«

Es würde in jedem Fall zwei geben, ob er nun mit brauchbaren Lügen antwortete oder nicht, denn sie hatte nicht vor, ihn am Leben zu lassen. »Ich habe Thakan'dar gesehen.« Das zu gestehen tat weh, denn die Erinnerungen, die es mit sich brachte, waren solche purer Agonie. Er vermied es, zu wimmern, zwang statt dessen die Worte heraus: »Das große Nebelmeer, das lautlos gegen die schwarzen Klippen anrollt und hochbrandet, die Feuer der Schmieden, die darunter rot glühen, und die Blitze, die aus einem Himmel herabstoßen, der einen Menschen zum Wahnsinn treiben kann.« Er wollte nicht weitersprechen, zwang sich aber dazu. »Ich habe den Weg hinunter zum Bauch des Shayol Ghul genommen, den langen Weg, auf dem steinerne Fänge von oben her meinen Kopf berührten, bis zum Ufer eines Sees aus Flammen und zerschmolzenem Fels...« — Nein, nicht noch einmal! —, »in dessen endlosen Tiefen der Große Herr der Dunkelheit gefangen ist. Der Himmel über Shayol Ghul ist schon zur Mittagszeit schwarz von seinem Atem.«

Alviarin stand jetzt hoch aufgerichtet da und hatte die Augen aufgerissen. Nicht vor Angst, aber doch beeindruckt. »Ich habe gehört...«, begann sie leise, schüttelte sich aber dann und blickte ihn durchdringend an. »Wer seid Ihr? Warum seid Ihr hier? Hat Euch einer der Ver... der Auserwählten gesandt? Warum wurde ich nicht informiert?«

Er warf den Kopf in den Nacken und lachte. »Dürfen Euresgleichen die Aufgaben kennen, die mir und meinesgleichen auferlegt werden?« Sein Dialekt aus Lugard war wieder deutlich zu hören; in gewisser Weise war es ja auch seine Heimatstadt. »Vertrauen Euch die Auserwählten etwa alles an?« Etwas in ihm schien ihm zuzurufen, das sei nicht die richtige Art und Weise, aber er haßte die Aes Sedai, und dieses Etwas in ihm haßte sie ebenso. »Seid vorsichtig, hübsche kleine Aes Sedai, oder sie übergeben Euch einem Myrddraal als Spielzeug.«

Ihr Blick traf seine Augen wie ein Eiszapfen. »Wir werden ja sehen, Meister Fain. Ich werde dieses Durcheinander beseitigen, das Ihr angerichtet habt, und dann werden wir feststellen, wer von uns bei den Auserwählten der Angesehenere ist.« Sie beäugte kurz den Dolch und schob sich rückwärts durch die Tür. Die Luft, die ihn fest einschloß, löste ihre Klammer um ihn erst, als sie bereits eine volle Minute weg war.

Lautlos knurrte er in sich hinein. Narr. Das Spiel der Aes Sedai mitspielen, vor ihnen zu kriechen, und dann alles in einem Augenblick des Zorns aufs Spiel zu setzen. Er steckte den Dolch in die Scheide zurück, wobei er sich leicht ritzte. Unbewußt leckte er die kleine Wunde, bevor er die Waffe unter seinem Mantel verbarg. Er war keineswegs, was sie von ihm glaubte. Sicher, einst war er ein Schattenfreund gewesen, doch jetzt war er weit davon entfernt. Entfernt, und er stand darüber. Er war etwas anderes. Mehr als zuvor. Falls sie es fertigbrachte, mit einem der Verlorenen Kontakt aufzunehmen, bevor er sie beseitigen konnte... Besser, das gar nicht erst zu versuchen. Keine Zeit mehr, das Horn von Valere aufzuspüren. Er hatte Anhänger, die ihn außerhalb der Stadt erwarteten. Sie sollten jedenfalls immer noch dort warten. Er hatte ihnen schließlich reichlich Angst eingejagt. Er hoffte, daß ein paar der Menschen noch am Leben seien.

Bevor die Sonne aufging, befand er sich nicht mehr in der Burg und hatte die Insel von Tar Valon verlassen. Al'Thor war irgendwo dort draußen. Und er war nun wieder vollständig.

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