XI


Das Geborgene Land, Königreich Gauragar, Porista, 6241. Sonnenzyklus, Sommer.


Risava blieb vor einem unscheinbaren kleinen Haus stehen, das rechts und links von protzigen Bauten vermögender Bewohner eingekeilt war. »Hier ist es.« Sie öffnete die Tür und trat ein.

Tungdil, Sirka, Boindil, Goda und zwei Dutzend Zwerge folgten ihr nacheinander und kampfbereit; den mit Stroh gepolsterten Wagen ließen sie auf der Straße stehen.

Man sah sofort, dass sich selten jemand in den Mauern aufhielt. Auf einigen Möbeln lag eine dünne Staubschicht, und nur auf den Tischen und den Stühlen zeigten sich häufige Benutzungsspuren. Es roch nach kaltem Rauch.

»Wir kommen wegen des Kellers her«, sagte Risava, die im Flur vor der Treppe hinauf angehalten hatte und eine Stelle in der Wand berührte. Die Stufen schwenkten einfach herab, eine Steinplatte verschob sich und machte ihr Platz. Auf diese Weise wurde sie zu einer Treppe abwärts.

Aus dem Gewölbe drang der für Tungdil vertraute Geruch nach altem Papier und Pergament. »Ist das Nudins Bibliothek?«

»Nein. Es ist meine«, sagte die Frau, entzündete eine Lampe und ging voraus.

Bald drängten sie sich in dem kleinen Keller, dessen Wände über und über mit Regalen und Büchern voll gestellt waren. In der Mitte erhob sich der versteinerte Lot-Ionan, um ihn herum war ein Kreis mit magischen Symbolen gezeichnet worden; mehrere Runen fanden sich auf der Oberfläche der Statue.

»Wir haben schon alles vorbereitet«, erklärte sie. »Alles, was wir zu seiner Erweckung benötigen, ist die Magie.«

»Wir habt ihr ihn heruntergeschafft?«

Risava zeigte auf die Treppe. »Getragen. Es hat eine halbe Nacht gedauert.«

Ingrimmsch umrundete die Statue. »Sie hat ein paar üble Kratzer abbekommen«, sagte er und fuhr mit den Fingern prüfend über die Rillen.

Tungdil begutachtete die Schäden ebenfalls und fühlte sich merkwürdig dabei. Betrachtete er eine Statue oder einen Menschen? Aus dem Stein würde vielleicht bald Lot-Ionan werden, der Magus, bei dem er zyklenlang gelebt hatte, der ihn aufgezogen hatte. Es durfte kein Fehler geschehen. »Werden wir sie mit Mörtel schließen, ehe es uns gelingt, ihn zu einem lebenden Menschen zu machen? Nicht, dass er uns verblutet.« Er sah ein Loch in einem versteinerten Faltenwurf, das in Höhe des Rückgrats lag. »Oder einfach tot umfällt.« »Was meinst du?«, gab er die Frage an die Famuli weiter.

Dergard schüttelte den Kopf. »Ich würde es nicht tun.« Er betrachtete das fingerdicke Loch überrascht. »Das ist mir nicht aufgefallen. Es können nur Ratten oder irgendwelche anderen Tiere gewesen sein.« »Ich sehe es genauso.« Tungdil befahl den Zwergen, die Tragegurte aus dem Wagen zu holen. »Es wären Fremdkörper, echter Mörtel in seinem lebenden Körper. Es gehörte zum Zeitpunkt seiner Versteinerung nicht zu ihm, also wird es sich bei der Rückverwandlung ebenfalls nicht ändern.«

Ingrimmsch bückte sich, nahm etwas von dem Pulver auf, das er am Boden entdeckt hatte. »Steinmehl.« Er kratzte an der Öffnung herum. »Es passt zusammen. Dieses Loch wurde mit Absicht gebohrt.« Er wandte sich an Risava und Dergard »Ich kenne kein Tier außerhalb der Gebirge, das Stein fressen würde.«

Die beiden Menschen waren ratlos. »Ich schwöre bei Samusin, dass wir es nicht waren«, sagte Risava. »Vielleicht ein vierter Famulus, der Nöd'onn ergeben ist und der Lot-Ionan lieber tot sehen will?«, schlug Goda vor. »Das Loch war versteckt. Es sollte wohl als Absicherung dienen, falls die Erweckung funktioniert.« »Dann hätten sie ihm doch gleich den Kopf abschlagen können, Schülerin«, meinte Ingrimmsch und bedachte sie mit einem tadelnden Blick. »Das würde dir eigentlich fünfzig Liegestützen einbringen. Aber ich bin großzügig.« Tungdil riss eine leere Seite aus einem Buch, rollte sie eng und schob sie in das Loch, um zu messen, wie tief sie sich hineinschieben ließ. »Nur so tief wie mein kleiner Finger. Das wird ein Mensch überstehen.« Er strich über die Statue. »Er kann sich außerdem sofort heilen. Wir müssen das Wagnis eingehen.«

Die Zwerge kehrten mit den Tragegurten zurück. In einer gemeinschaftlichen Kraftanstrengung verluden sie den versteinerten Magus auf den Karren und betteten ihn auf das Stroh.

»Gib mir den Stein!« Die dunklen Augen des Monstrums erstrahlten in finsterem Grün. Das Wesen schüttelte die Ketten von den Unterarmschienen, die Albzeichen darauf glommen auf und gaben das Leuchten an die Eisenringe weiter. Gleich darauf schwang es die Ketten gegen Rodario und gegen Gandogar; beide wurden darin eingeschnürt.

Im nächsten Moment und bevor jemand der Spectatores etwas unternahm, drückte sich das Wesen vom Boden ab und katapultierte sich mit Schwung durch das Bühnenbild. Es zerrte seine beiden Gefangenen hinter sich her, als wögen sie nichts. Lose Teile der Dekoration fielen herunter. Eine Strebe begrub Tassia unter sich und keilte sie ein, während um sie herum Soldaten und Zwerge rannten, um die Verfolgung aufzunehmen. »Helft mir«, weinte sie ängstlich. Balken und Teile des Zeltes brachen ein, Qualm kräuselte sich. Tassia hörte, wie viele Menschen an ihr vorüber liefen, um sich selbst in Sicherheit zu bringen oder das Monstrum zu verfolgen. Da blieb kaum Zeit, einer Schauspielerin beizustehen.

Schließlich kam Furgas, um sie aus ihrer misslichen Lage zu befreien. Schluchzend warf sie sich an seine Schulter und suchte nach Halt. Wie erstarrt ließ er sie gewähren, schließlich legte er zögernd die Arme um sie und tröstete sie.

»Komm, ich bringe dich weg.« Er befahl der Schauspielertruppe, die gelähmt umherstand, die kleinen Flämmchen zu ersticken, und trug Tassia hinaus, wo er sie auf ein behelfsmäßiges Lager bettete. »Hier kann dir nichts passieren«, sagte er beschwichtigend. »Ich muss los und Rodario retten.«

Sie nickte und fing sich wieder, doch der Schreck über den Anblick des Monstrums saß tief. Furgas rannte immer dem Lärm nach und sah an den erleuchteten Fenstern Poristas, dass der Krach die Bewohner aus dem Schlaf gerissen hatte. Es dauerte nicht lange, und er fand einen großen Pulk Soldaten und Zwerge, die sich um Gandogar und Rodario scharten.

War der Schauspieler vergleichsweise glimpflich davongekommen, hatte das Monstrum Gandogar den Unterarm ausgerissen. Ohnmächtig lag der Zwerg auf dem Pflaster und wurde von einem Heiler versorgt, der den Arm abband.

Rodario blutete aus vielen Schürf- und Platzwunden. Sowohl er als auch der Großkönig hatten Brandspuren auf der Kleidung, die von den heißen Ketten stammten. Er hielt sich den Kopf. »Furchtbar«, sagte er undeutlich. »Ich wurde beinahe zu Tode geschleift. Es hat die Kraft von zwanzig Pferden.« Er schaute zu Gandogar. »Dieser tapfere Zwerg wollte ihm den Diamanten nicht geben und hat das Ungeheuer sogar angegriffen. Es hat einfach eine Kette um den Arm geschleudert und mit einem Ruck...« Er wurde bleich und hielt sich die Hand vor den Mund. »Ich darf nicht daran denken.«

»Wo ist es hin?«, wollte einer der Soldaten wissen.

»Ich weiß es nicht.« Rodario zeigte auf die Dächer. »Es tat einen gewaltigen Satz und war verschwunden. Ohne Mühe gelangte es hinauf auf den Giebel und hopste zum nächsten. Ihr werdet es nicht mehr einholen. Es ist sicherlich schon lange über die Mauer gesprungen.«

Bruron erschien, umringt von seiner Leibwache, und verstand, dass er zu spät gekommen war. »Ruft die Versammlung ein«, befahl er seinen Untergebenen. »Und schafft mir Tungdil Goldhand her. Wir brauchen einen neuen Plan und müssen uns beeilen, wenn wir das Geborgene Land retten wollen. Es gibt nun keinen Zweifel mehr, dass die Unauslöschlichen alle Diamanten besitzen.« Fluchend wandte er sich um und kehrte zu dem Zelt zurück.

Furgas stützte Rodario. »Wie geht es Tassia?«

»Sie hat einen Kratzer an der Schulter«, beruhigte Furgas den Mimen. »Nichts Schlimmes.« »Unglaublich.« Rodario schaute hinauf zu den Dächern, als könnte er das Monstrum dort sehen. »Da besaß ich den mächtigsten Stein und habe es nicht einmal bemerkt.« Er lachte unglück lieh. »Ich Esel kann einen Diamanten nicht von einem Bergkristall unterscheiden.«

Furgas drückte ihn freundschaftlich. »Gräme dich nicht. Du wusstest nicht, wie der Stein aussieht. Es hätte dir also nichts gebracht, und das Unglück wäre nicht zu verhindern gewesen.«

Rodario seufzte und nickte stumm.

»He! Seid vorsichtig, ihr Ungeschicklinge, sonst bricht ihm die Nase ab«, rief Ingrimmsch feixend. »Dafür würde er euch in Gnome verwandeln.«

Die Zwerge, die schwitzend Lot-Ionans Statue hoch hievten, lachten und gaben sich weiterhin Mühe, den Magus sanft zu verladen.

Da hörten sie die Signalhörner durch die Nacht schallen. Mit der Ruhe war es in Porista vorbei. »Was hat das nun wieder zu bedeuten?«, brummte Ingrimmsch. »Veranstalten sie eine Treibjagd auf den Schauspieler?«

Es klirrte leise, eine grüne leuchtende Eisenkette schnellte aus dem Himmel herab und wickelte sich um den Hals von Risava.

Sie griff danach, rang keuchend nach Luft, aber schon gleich darauf rissen ihre Haut, die Muskeln und die Wirbel auseinander, als bestünden sie aus Papier und morschem Holz. Ihr Torso stand einen Moment aufrecht, dann brach er zuckend zusammen; aus dem Halsstumpf schoss das Blut. Mit einem dumpfen Geräusch prallte der Kopf der Famula auf das Pflaster.

»Stellt euch gegen die Wand!« Tungdil lief zur Seite und presste sich gegen die Hausmauer, um es der Kette unmöglich zu machen, sich um ihn zu wickeln. Er hob die Feuerklinge und schaute nach oben. »Das Fröschi«, knurrte Boindil. »Dieses Mal entkommst du mir nicht. Oh, ich werde dir deine Hüpfbeine ausreißen und dich kriechen lassen. Du wirst für die Verstümmelung meines Bartes bluten.« Das Wesen huschte über den Dächern nach rechts und links, überwand auch größere Distanzen mühelos und zeigte sich immer wieder den Zwergen, um sie zu verhöhnen.

»Was will es hier?«, fragte Goda und ließ die Giebel nicht aus den Augen.

Tungdil schaute zu Risavas Leiche. »Sie müssen gespürt haben, dass es Hoffnung für das Geborgene Land gibt.« Er wandte sich an Dergard und bedeutete zehn Zwergen, den Mann zu schützen. »Ingrimmsch und Goda, ihr leitet sie. Der Rest geht mit mir«, befahl er und rannte auf den Karren zu, auf dem Lot-Ionan lag. »Los, schaffen wir ihn fort.«

Die Ketten zischten leise klingelnd heran und rissen die beiden Zwerge, die neben Tungdil gerannt waren, einfach weg. Sie schnellten schreiend in die Höhe und kamen in zwei Hälften aus dem Himmel gestürzt, als habe sie ein grausames Riesenkind zerbrochen und fallen lassen.

Gleich darauf sprang die Kreatur vor Tungdil auf die Straße, bleckte triumphierend die Zähne und ließ die Ketten schlängeln und tanzen.

»Ich töte euch alle«, versprach es mit klarer Stimme. Das Zucken eines Armes genügte, und die Kette mordete einen der Untergründigen, indem ihr Ende den Kopf des Zwerges zerschmetterte.

Sirka erschien an Tungdils Seite. »Fangen wir an. Ich lenke es ab, und du schlägst zu«, sagte sie ernst und attackierte das Monstrum, ohne Tungdils Zustimmung abzuwarten.

Während sie angriff, schoss die zweite Kette auf sie zu und wickelte sich um ihre Waffe; das Eisen wurde glühend rot.

Aufschreiend ließ die Untergründige los, aber sie gab noch lange nicht auf. Sie zog ihren Dolch und stach nach dem Ungeheuer.

Tungdil schwang die Feuerklinge, drehte sich um die eigene Achse und schlug nach dem Oberschenkel des übergroßen Gegners. Die Axt entflammte, die Diamanten strahlten in kaltem Licht, und der Kopf zog einen feurigen Schweif hinter sich her.

Das Scheusal sah die Gefahr für sich kommen und hechtete zur Seite, nahm den verhältnismäßig ungefährlichen Dolchstich in den Unterleib hin und entging damit der Feuerklinge. Die Axt verfehlte es um Barthaaresbreite. Dafür traf es der unterarmlange Sporn des Krähenschnabels in die Kniescheibe. »Na, wie gefällt dir die Waffe meines Bruders, Fröschi?«, lachte Ingrimmsch böse und riss am Griff, um das Wesen zu Fall zu bringen. »Du hast doch nicht geglaubt, dass ich den Rückzug antrete, wenn ich dieses Viech töten kann, Gelehrter?« Das Wesen brüllte auf. In der hellen, elbenhaften Stimme klang das Tierhafte eines Orkschreis mit, dann streckte es die Hand blitzschnell nach Ingrimmsch aus und fasste ihn an der Schulter. Die Albaerunen an der Armschiene leuchteten auf.

Der Zwerg schrie, hielt den Griff seiner Waffe störrisch fest und riss immer noch daran.

»Vorsicht!« Tungdil schwang die Feuerklinge ein weiteres Mal. Jetzt fand die Schneide ein Ziel und trennte den Unterarm des Scheusals samt den Schonern und der Kette ab.

Ihr Gegner starrte auf die abgeschlagene Hand und auf sein schwarzes Blut, das aus der Wunde spritzte, wankte rückwärts und drückte sich aufheulend vom Boden ab. Trotz seiner Verletzung und dem Krähenschnabel im Knie, gelang es ihm, bis auf das nächste Dach zu springen. Schindeln und Strohhalme fielen aufs Pflaster. Das Ungeheuer war verschwunden.

Goda rannte los, verfolgte es.

»Halt, komm zurück!« Ingrimmsch hockte auf dem Boden. Eine Qualmwolke stieg von seiner Schulter auf, es stank nach verbranntem Fleisch, heißem Eisen und versengtem Leder. »Schau dir das an! Das Fröschi hat mich erwischt«, knurrte er durch die Zähne. »Wir hätten es beinahe getötet, oder?«

Tungdil sparte sich seine Vorwürfe, sein Freund war mit den Schmerzen schon genug gestraft. Das Kettenhemd hatte sich durch die Wirkung der Magie erhitzt, sich durch alle Lagen der Kleidung bis in die Haut gebrannt und ein schwarzes Muster darin hinterlassen. »Du bist schon wahnsinnig, Boindil«, sagte er nur und half ihm aufzustehen. »Suchen wir Goda.«

Die Zwergin kehrte bereits zurück. In ihren Händen hielt sie den blutigen Krähenschnabel, der Sporn war abgebrochen und fehlte. »Ich habe es krachen gehört und bin nachsehen gegangen«, erklärte sie und reichte die Waffe ihrem Meister.

»Der schöne Sporn«, bedauerte er die Beschädigung und berührte die zackigen Eisenstummel. »Ich werde den Krähenschnabel reparieren müssen.«

Goda schlüpfte unter seine Achsel und stützte ihn, er benutzte den Krähenschnabel als Stock. »Du musst dich ausruhen und deine Wunde versorgen lassen.«

»Ach, das ist nichts«, spielte er die Verletzung herunter. »Ich hatte schon schlimmere, klaffende Schnitte, aus denen mir Blut und Gedärme quollen. Das bisschen verbrannte Haut ist nicht tragisch.«

Tungdil schaute zu der Gruppe Zwerge, die sich um Dergard formierten, dann auf Risavas erkaltenden Leichnam. »Damit haben wir nur noch zwei Magi«, murmelte er. »Wir werden sie gut schützen müssen. Es wird nicht der letzte Anschlag gewesen sein.« Er gab das Zeichen, zu ihrer Unterkunft zurückzukehren, und wollte eben einen Boten senden, um die Versammlung einzuberufen, da kam ihnen ein Soldat entgegengerannt. »Da seid Ihr ja, Tungdil Goldhand! König Bruron sucht Euch überall. Der letzte Diamant ist von den Monstren gestohlen worden«, keuchte der Mann. »Es geschah während der Vorstellung. Es überraschte uns alle. Wir hatten keine Gelegenheit, es aufzuhalten. Wir erwarten Euer Erscheinen, um die Vorgehensweise zu beraten«, schloss er seine Nachricht.

»Verdammt! Das Fröschi hatte den Stein bei sich. Und wir haben es entkommen lassen«, ächzte Ingrimmsch. »Oh, Vraccas. Wie konnte das geschehen?«

Tungdil stieß die Luft aus und schaute zu Sirka. »Die Zwerge und die Untergründigen haben mindestens eine Gemeinsamkeit.« Er wollte ihr anerkennend auf die Schulter klopfen, legte stattdessen seine Hand auf ihren Rücken und ließ sie zu seiner eigenen Verwunderung dort. Sie übte eine enorme Anziehungskraft auf ihn aus. Er betrachtete ihr Gesicht, dachte an den Kuss und hätte diese Erfahrung gern wiederholt. Jetzt, in diesem Augenblick.

»Den Mut?«, sagte sie und lächelte.

»Genau«, stimmte er rasch zu, weil er viel zu lange geschwiegen und sie angestarrt hatte. An Ingrimmschs und Godas Blicken bemerkte er, dass ihnen sein Verhalten aufgefallen war. Schnell nahm er die Hand von Sirkas Rücken. Erst musste er mit Balyndis sprechen.

Sie eilten durch die Gassen und Straßen Poristas, in denen es nun vor Wachen wimmelte.

»Eine Sache noch, Tungdil Goldhand«, sprach ihn der Bote an. »Wir haben einen Toten in Eurem Zimmer gefunden. Allem Anschein nach ist er erstochen worden und starb an den Folgen seiner Verletzungen.« »Das kann nicht sein«, erwiderte Tungdil sofort, während sie auf das Versammlungszelt zugingen. »Es war ein Einbrecher, den ich überraschte und stellte. Ich habe ihn am Oberschenkel und in der linken Seite getroffen. Die Stiche waren nicht tödlich.«

»Das ist merkwürdig. Ich habe den Toten mit eigenen Augen gesehen, und ich versichere Euch, dass er vom Bauch bis zum Hals säuberlich aufgeschlitzt worden ist.«

»Das Fröschi! Das Monstrum hat auch ihn geholt!«, rief Ingrimmsch entsetzt und schaute zu Dergard und den zwergischen Wächtern, die ihn umgaben. »Ihr lasst ihn nicht mehr alleine, selbst wenn er seine Notdurft verrichten muss, verstanden?«

Tungdil wechselte einen Blick mit Sirka, und er las ihre Gedanken: Das Monstrum hätte den Verletzten zerrissen, von einem Dach geworfen, ihm die Kehle zerbissen, ihn aber niemals mit einem Messer oder einer scharfen Klinge getötet. Wenn er den Toten sah, würde er mehr dazu sagen können.

Die Untergründige kam an seine Seite, legte ihre Hand dieses Mal auf seinen Rücken und neigte sich zu ihm. »Ich denke, es gibt einen Verräter unter euch, Tungdil«, flüsterte sie.

Er teilte ihre Einschätzung. Die Dritten besaßen einen langen Arm, der bis nach Porista reichte.

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