Ich weiß nicht, warum ich immer wieder zu Sigfrid Seelenklempner gehe. Mein Termin mit ihm ist immer am Mittwochnachmittag, und es passt ihm nicht, wenn ich vorher trinke oder Drogen nehme. Dieser Termin macht mir den ganzen Tag kaputt. Ich zahle viel für diese Tage. Sie ahnen ja nicht, was es kostet, in meinem Stil zu leben. Meine Wohnung über dem Washington Square kostet achtzehntausend Dollar im Monat. Meine Aufenthaltssteuer für das Leben unter der großen Kuppel macht noch einmal über dreitausend aus. (So viel kostet es nicht einmal auf Gateway!) Ich habe ein paar dicke Konten für Pelze, Wein, Damenunterwäsche, Schmuck, Blumen eingerichtet … Sigfrid sagt, ich versuche, Liebe zu erkaufen. Gut, das mache ich. Was lässt sich dagegen einwenden? Ich kann es mir leisten. Und dabei ist noch nicht mitgerechnet, was mich der medizinische Vollschutz kostet.

Aber Sigfrid ist umsonst. Der medizinische Vollschutz deckt auch psychiatrische Therapie ab, von jeder Art, die mir beliebt; ich könnte Gruppenbetasten oder innere Massage für denselben Preis haben, nämlich umsonst. Manchmal ziehe ich ihn damit auf.

»Selbst wenn man bedenkt, dass du nur ein Haufen rostiger Bolzen bist, taugst du nicht viel«, sage ich. »Aber dein Preis ist richtig.«

Er fragt: »Hast du das Gefühl, dass du selbst wertvoller bist, wenn du das sagst?«

»Eigentlich nicht.«

»Warum beharrst du dann darauf, dich immer wieder daran zu erinnern, dass ich eine Maschine bin? Oder dass ich nichts koste? Oder dass ich über meine Programmierung nicht hinauskann?«

»Du bist mir einfach zuwider, Sigfrid.« Ich weiß, dass ihn das nicht befriedigen wird, also erkläre ich es ihm: »Du hast mir den Vormittag ruiniert. Diese Freundin von mir, S. Ya. Laworowna, hat gestern bei mir übernachtet. Die ist einmalig.« Ich erzähle Sigfrid ein bisschen davon, wie S. Ya. ist, vor allem, wenn sie sich in der Trikothose von mir entfernt und das lange, schmutziggoldene Haar bis zu ihren Hüften herabhängt.

»Klingt sehr anregend«, meint Sigfrid.

»Darauf kannst du deine Schrauben verwetten. Nur wird sie morgens sehr langsam wach. Gerade, als sie wieder lebendig wurde, musste ich mein Sommerhaus über dem Tappan-See verlassen und hierher kommen.«

»Liebst du sie, Bob?«

Die Antwort ist ›nein‹, also möchte ich ihm einreden, sie sei ›ja‹. Ich sage: »Nein.«

»Ich glaube, das ist eine ehrliche Antwort, Rob«, sagt er anerkennend und enttäuschenderweise. »Bist du deshalb wütend auf mich?«

»Ach, ich weiß nicht. Einfach schlechter Laune, denke ich.«

»Fällt dir irgendein Grund dafür ein?«

Er kann länger warten als ich, und nach einer Weile sage ich: »Na ja, ich habe gestern beim Roulette hoch verloren.«

»Mehr, als du dir leisten kannst?«

»Guter Gott, nein!« Aber ärgerlich ist es trotzdem. Anderes kommt auch noch hinzu. Es fängt an, wieder kühl zu werden. Mein Haus über dem Tappan-See liegt nicht unter der Kuppel, und da war es keine so gute Idee, zum Brunch mit S. Ya. auf der Terrasse zu sitzen. Das möchte ich Sigfrid gegenüber nicht erwähnen. Er würde etwas ganz Vernünftiges sagen, wie etwa, warum ich mir das Essen nicht im Haus servieren lasse. Und ich würde ihm wieder einmal klar machen müssen, dass ich als Junge davon träumte, ein Sommerhaus über dem Tappan-See zu haben und auf der Terrasse den Brunch einzunehmen. Sie hatten den Hudson gerade aufgestaut, als ich ungefähr zwölf Jahre alt war. Ich träumte oft davon, großen Erfolg zu haben und wie die reichen Leute zu leben. Das hat er alles schon gehört.

Sigfrid räuspert sich.

»Danke, Bob«, sagt er, um mir zu zeigen, dass die Stunde vorbei ist. »Sehe ich dich nächste Woche?«

»Tust du das nicht immer?«, antworte ich lächelnd. »Wie die Zeit vergeht. Eigentlich wollte ich heute ein bisschen früher gehen.«

»Wirklich?«

»Ich bin wieder mit S. Ya. verabredet«, erkläre ich ihm. »Sie kommt heute Abend mit mir erneut ins Sommerhaus. Offen gesagt, was sie tun wird, ist bessere Therapie als das, was du machst.«

»Ist das alles, was du dir von einer Beziehung erwartest, Robbie?«, fragt er.

»Nur Sex, meinst du?« Die Antwort in diesem Fall ist ›nein‹, aber er soll noch nicht wissen, was ich mir von der Beziehung zu S. Ya. Laworowna erhoffe. »Sie unterscheidet sich ein wenig von meinen anderen Freundinnen, Sigfrid. Sie hat zum einen fast so viel Geld wie ich. Einen verdammt guten Job. Ich bewundere sie.«

Das stimmt im Grunde gar nicht. Oder vielmehr, es ist mir nicht von großer Bedeutung, ob ich sie bewundere oder nicht. S. Ya. hat einen Zug, der mich sogar noch mehr beeindruckt als die erfreulichste Rückenansicht, die der liebe Gott je einer Frau hat zuteil werden lassen. Ihr verdammt guter Job hat mit Informationstechnik zu tun. Sie hat die Akademogorsker Universität besucht, sie war Mitglied des Max-Planck-Instituts für Maschinenintelligenz, und sie lehrt an der Universität von New York KI für graduierte Studenten. Sie weiß mehr über Sigfrid, als er über sich selbst, und das eröffnet mir interessante Möglichkeiten.

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