DIE SCHIFFE VON GATEWAY

Die auf Gateway verfügbaren Fahrzeuge sind zu interstellarem Flug mit Überlichtgeschwindigkeit fähig. Die Antriebsmethode ist bislang unverständlich geblieben (vergl. Piloten-Handbuch). Es gibt zusätzlich ein ziemlich konventionelles Raketenantriebssystem mit flüssigem Wasserstoff und flüssigem Sauerstoff für die Lagesteuerung und den Antrieb des Landefahrzeugs, das sich in jedem Interstellar-Fahrzeug befindet.

Es gibt drei Hauptklassen, bezeichnet als Klasse 1, Klasse 3 und Klasse 5, entsprechend der Anzahl von Personen, die sie befördern können. Manche Fahrzeuge sind besonders massiv gebaut und tragen die Bezeichnung ›gepanzert‹. Die meisten Fahrzeuge in der gepanzerten Klasse sind Fünfer.

Jedes Fahrzeug ist darauf programmiert, mit automatischer Navigation eine Reihe von Zielen zu erreichen. Die Rückkehr erfolgt automatisch und ist in der Praxis sehr zuverlässig.

Ihr Lehrgang im Steuern der Schiffe wird Sie ausreichend darauf vorbereiten, alle notwendigen Aufgaben beim Navigieren Ihres Fahrzeugs zu erfüllen. Zur Frage der Sicherheitsbestimmungen siehe jedoch das Piloten-Handbuch.

Wie auch immer. Sobald man die ersten fünf Zahlen eingestellt hat, können die sieben anderen auf ganz willkürliche Werte eingestellt werden, und man fliegt trotzdem los, sobald man die Startwarze drückt.

Gewöhnlich nimmt man – oder nehmen die Kursprogrammierer, die von der Gesellschaft eigens dafür bezahlt werden – wahllos vier Zahlen. Dann dreht man die fünfte Ziffer, bis man eine Art rosarotes Warnglühen erzielt. Manchmal ist es schwach, manchmal grell. Wenn man da aufhört und das flache Oval unter der Warze drückt, beginnen die Zahlen zu kriechen, nur ein paar Millimeter hin oder her, und das rosarote Leuchten wird stärker. Wenn sie stillstehen, wird es zu ›Shocking Pink‹ und schockierend grell. Metschnikow sagt, das sei ein automatisches Feinjustierungsgerät. Die Maschine berücksichtigt menschlichen Irrtum – Verzeihung, Hitschi-Irrtum –, und wenn man an eine gültige Zieleinstellung herankommt, wird die Feinregulierung automatisch vorgenommen. Wahrscheinlich hat er Recht.

(Jeden einzelnen Schritt zu lernen, kostete natürlich viel Zeit und Geld und auch manches Menschenleben. Es ist gefährlich, Prospektor zu sein. Bei den ersten Flügen war es sogar selbstmörderisch.)

Manchmal kann man alle Einstellungen der fünften Ziffer durchprobieren und doch nichts finden. Dann flucht man. Man stellt eine der anderen vier um und versucht es von neuem. Der Zyklus dauert nur einige Sekunden, aber Prüfpiloten haben bis zu hundert Stunden lang neue Einstellungen ausprobiert, bis sie die richtige Farbe hatten.

Bis ich hinausflog, hatten die Prüfpiloten und Kursprogrammierer natürlich an die zweihundert mögliche Einstellungen erarbeitet, die als gute Farben galten, aber noch nicht verwendet worden waren – ebenso alle die schon benützten Einstellungen, bei denen es sich kein zweites Mal lohnte. Oder von denen die Besatzungen nicht zurückgekommen sind.

Aber das wusste ich damals alles noch nicht, und als ich mich auf dem umgebauten Hitschi-Sitz niederließ, war alles neu, neu, neu. Und ich weiß nicht, ob ich Ihnen nahe bringen kann, wie man sich dabei fühlt.

Ich meine, da saß ich, auf einem Platz, auf dem vor einer halben Jahrmillion Hitschi gesessen hatten. Das Ding vor mir war ein Zielwähler. Das Schiff konnte überallhin fliegen. Überallhin! Wenn ich das richtige Ziel wählte, konnte ich zum Sirius, Procyon, vielleicht sogar zu den Magellanschen Wolken gelangen!

Klara hatte genug davon, mit dem Kopf nach unten zu hängen, und zwängte sich zwischen uns hindurch.

»Jetzt Sie, Broadhead«, sagte sie, legte eine Hand auf meine Schulter, während ich am Rücken das spürte, was ihre Brüste sein mussten.

Ich zögerte.

»Gibt es keine Möglichkeit festzustellen, wo man ankommen wird?«, fragte ich.

»Doch«, meinte sie, »wenn Sie ein Hitschi mit Pilotenausbildung sind.«

»Und nicht einmal die Farbe sagt einem, ob man weiter hinaus gelangt als bei einer anderen?«

»Hier hat noch niemand einen solchen Zusammenhang entdeckt. Man versucht es natürlich fortwährend. Ein ganzes Team verbringt seine Zeit damit, Berichte von zurückgekehrten Flügen mit den Einstellungen zu vergleichen, die beim Start bestanden haben. Bis jetzt war alles erfolglos. Also, machen wir weiter, Broadhead. Legen Sie die ganze Hand auf das erste Rad, das die anderen bedient haben. Drehen Sie. Es erfordert mehr Kraft, als Sie glauben.«

So war es. Ich hatte beinahe Angst davor, so kräftig zu drehen, dass es funktionierte. Sie beugte sich vor und legte ihre Hand auf meine, und ich begriff, dass der angenehme Moschusöl-Geruch, den ich seit einiger Zeit wahrnahm, von ihr stammte. Es war auch nicht bloß der Duft; ihre Pheromone kuschelten sich behaglich in meine Chemorezeptoren. Eine sehr hübsche Abwechslung vom übrigen Gateway-Gestank.

Aber trotzdem leuchtete bei mir nichts auf, obwohl ich es fünf Minuten lang versuchte, bis sie mich wegscheuchte und es Sheri noch einmal probieren ließ.


Als ich in mein Zimmer zurückkam, hatte jemand sauber gemacht. Ich fragte mich dankbar, wer das gewesen sein mochte, war aber zu müde, um mir lange Gedanken darüber zu machen. Geringe Schwerkraft kann ermüdend sein, bis man sich daran gewöhnt hat; man überanstrengt seine ganzen Muskeln, weil man ein völlig neues Reaktionsmuster erlernen muss.

Ich spannte meine Hängematte auf und döste gerade ein, als ich an meiner Tür ein Kratzen hörte. Sheri sagte: »Bob?«

»Was ist?«

»Schläfst du?«

Offensichtlich nicht, aber ich legte die Frage so aus, wie sie gemeint war.

»Nein. Ich liege da und denke nach.«

»Hab’ ich auch gemacht … Bob?«

»Ja?«

»Möchtest du, dass ich in deine Hängematte komme?«

Ich strengte mich an, so weit aufzuwachen, dass ich die Frage auf ihren Kern untersuchen konnte.

»Ich möchte es wirklich«, setzte sie hinzu.

»Gut. Klar. Ich meine, sehr gern.« Sie schlüpfte in mein Zimmer, und ich machte Platz in der Hängematte, die langsam schwankte, als sie hineinkroch. Sie trug ein gestricktes T-Shirt und Unterhose und fühlte sich weich an, als wir in der Matte sanft zusammenrollten.

»Es muss nicht Sex sein, Freund«, sagte sie. »Ich bin für alles zu haben.«

»Mal sehen, was sich entwickelt. Hast du Angst?«

Ihr Atem war das Süßeste an ihr; ich konnte ihn an meiner Wange spüren.

»Viel mehr, als ich ursprünglich gedacht habe.«

»Warum?«

»Bob …« Sie schob sich bequem zurecht, dann verdrehte sie den Hals, um mich über die Schulter anzusehen. »Manchmal sagst du die blödesten Dinge.«

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