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Der süße Duft von warmem Zimt und Kardamom kitzelte ihn in der Nase. Es folgten reichere, schwerere Aromen, die Gwydion sanft zwangen, die Augen zu öffnen. Er richtete den Blick auf seine glühende Frau, die neben ihm auf dem Bettrand saß und ein Frühstückstablett auf dem Schoß hielt. Sie fächelte mit der Hand den aufsteigenden Dampf in seine Richtung und lächelte ihn an.

»Guten Morgen, mein Herr«, sagte sie in ihrer besten Dienstmädchenstimme. »Wie wäre es mit einem kleinen Appetithäppchen vor der Rückkehr zum Konzil?«

»Sehr gern, aber es hat das Bett bereits verlassen und mag es gar nicht, wenn man es als klein bezeichnet.« Er grinste sie durch den Dampf an und ergab sich der aromatischen Sinfonie.

»Welch ein himmlischer Duft.«

»Es freut mich, dass du ihn magst. Der Zimt und die süßeren Gewürze sind wie die Flöten und Pikkoli. Sie reizen deine Nase, während...«

»Ich meinte nicht das Essen«, sagte er verschmitzt. »Und wer hat dir erlaubt, unsere königlichen Arme zu entfernen?«

Rhapsody sah an sich herunter. »Entfernen? Sie sind doch noch dran.«

»Oh, stimmt. Du solltest dich übrigens an das königliche ›wir‹ gewöhnen, denn du bist schließlich die Herrin der Cymrer.«

»Erinnere mich nicht daran«, sagte sie mit gespielter Grimmigkeit. »Das ist alles deine Schuld.«

»Ich bekenne mich mit Freude als schuldig. Das ist wahrscheinlich das Einzige, für das mir das cymrische Konzil je danken wird.«

»Verlass dich nicht darauf«, sagte sie. »Iss jetzt dein Frühstück. Da sind Zimtstangen ...« Sein Lachen hätte beinahe das Tablett aus dem Gleichgewicht gebracht. »Vorsicht! Außerdem habe ich dir diesen schrecklichen Kaffee gemacht, den du so magst, igitt!«

»Oh, danke vielmals.« Gwydion nahm die ihm dargebotene Tasse dankbar entgegen und hielt sie fest, während Rhapsody Schlagsahne hineingab. Er nahm einen Schluck und grinste.

»Wunderbar. Vielen Dank.«

Sie seufzte in gespielter Verzweiflung. »Er hasst meinen Tee, aber wenigstens liebt er meinen Kaffee.«

»Er liebt auch deinen Tee, das hat er dir schon vor Jahrhunderten gesagt. Er liebt alles, was von dir kommt. Ich vermute, das bedeutet, dass ich morgen das Frühstück machen muss?«

»Richtig«, sagte sie ernst. »Wir sollten jeden Morgen wechseln, damit wir beide die Gelegenheit bekommen, einmal auszuschlafen.«

Er nahm noch einen Schluck. »Machst du Scherze? Du schläfst doch niemals aus. Immer machst du sauber oder singst oder tust sonst etwas in den drei Stunden, bevor ich aufstehe. Wenn du aufgestanden und angezogen bist, dauert es noch zwei Stunden bis Sonnenaufgang. Es ist draußen noch dunkel, Emily.«

Sie kreuzte die Arme über den Knien. »Noch ein paar Nächte wie die letzte, und das wird nie wieder passieren. Ich hatte fast erwartet, beim Aufwachen einen tiefen, rauchenden Spalt im Bett zu entdecken. Ich werde ausschlafen müssen, damit ich überlebe.« Sie sah zu, wie sein Gesicht hinter der Tasse rot wurde. »Ist der Kaffee zu heiß?«

»Nein, er ist prima, danke.«

Ihr Lachen perlte wie Glockenklang; die Schwingungen durchliefen ganz Elysian. »Sam, du wirst ja rot!«

Gwydion stellte die leere Tasse zurück auf das Tablett. »Ja, an jeder Stelle meines Körpers. Willst du es sehen?« Sie lachte und drückte seine Hand von ihrem Knie weg. »Hier, meine Dame«, sagte er und lächelte heimtückisch. Sobald sie es gesehen hatte, stand sie auf. Seine ausgestreckten Armen beachtete sie nicht.

»Nein, es tut mir Leid«, sagte sie und entfernte sich von ihm. »Wir müssen bald wieder auf dem Konzil sein. Ich kenne diese Masche.«

»Das ist keine Masche, das ist ein königlicher Erlass.«

»Ich hasse es, dich zu enttäuschen, aber es warten hunderttausend Leute auf uns, und sie könnten unsere Abwesenheit bemerken.«

Ashe fuhr sich mit der Hand durch die ungekämmten Haare. »Kein Wunder, dass Anwyn nicht gegen dich ankommen konnte«, sagte er. »Du bist hart. Bitte, Emily, komm zurück ins Bett. Vergiss das Konzil. Ich werde in einer schrecklichen Stimmung sein, wenn du nicht kommst.«

»Tut mir Leid«, wiederholte sie, doch ihr Lächeln drückte Mitgefühl aus. »Wie ich es sehe, ist eine schreckliche Stimmung auf dem Konzil sowieso unvermeidlich. Bei mir war es jedenfalls gestern so. Aber ich werde jetzt ein Bad nehmen Verzeihung, ein königliches Bad. Möchtest du mitkommen?«

»Ja!« Er machte eine theatralische Pause. »Ich hoffe, du meinst es ernst.«

»Du bist wirklich schlimm. Komm mit.« Sie ergriff seine Hand und zog ihn aus dem Bett. Als sie zum Badezimmer gingen, legte er den Arm um sie. »Schlimm? Wie schlimm, so etwas zu sagen, meine Dame. Ich versichere dir, meine Absichten sind ...«

»Rein ehrenhaft, das habe ich schon einmal gehört. Willst du vorher ein Buch lesen?«

»Keine schlechte Idee«, meinte er und schaute nachdenklich drein. Er bückte sich, hob den Band auf, den sie ihm in der vergangenen Nacht an den Kopf geworden hatte, und klemmte ihn sich unter den Arm. »Ohne es fühle ich mich sicherer«, lachte Rhapsody, zog es ihm unter dem Ellbogen hervor und warf es auf den Haufen zerknitterter Kleider.

»Komm«, sagte er, während seine Augen gefährlich glänzten. »Wir machen unsere eigene Version von Crynellas Kerze.«

»Wie bitte?«

Er küsste ihr Haar, als er die Tür für sie aufhielt. »Du weißt schon: Wasser in Feuer.«

Gwydion lehnte sich in der lauwarmen Wanne zurück und seufzte. Das Wasser floss durch das Loch am Boden der Wanne ab es handelte sich um eine von Gwylliams wunderbaren Erfindungen und setzte Ashes Brust und Hüfte der warmen, dampf schweren Luft des Badezimmers aus. Mit dem Wasser flössen auch die Angst und Einsamkeit des letzten halben Jahres von ihm ab. Er sah hinüber zu seiner Frau auf der anderen Seite des Badezimmers und seufzte erneut. Er war glücklich.

Rhapsody stand unbekleidet vor dem langen Silberspiegel und betrachtete sich aus verschiedenen Perspektiven. Ihre Augen schienen starr auf den Bereich des Bauchs gerichtet zu sein, und ihr Gesicht wirkte sehr nachdenklich. Gwydion packte den Rand der Wanne und erhob sich tropfend aus dem abkühlenden Wasser. Er trat hinter sie, nahm sie in die Arme und lachte, als sie sich unter ihm wand.

»Iiiiiihhhhh, hol ein Handtuch!« Sie küsste ihn und drehte sich dann wieder dem Spiegel zu. Er zog sie näher zu sich heran und liebkoste sie mit der Nase. »Nein, ich ziehe es vor, am Feuer zu trocknen«, sagte er neckisch und genoss das Gefühl ihres warmen Rückens auf seiner Haut. Ihre ganze Aufmerksamkeit war noch auf den Spiegel gerichtet. Das hatte er bei ihr noch nie erlebt. »Was schaust du dir so genau an?«

Rhapsody warf noch einen Blick in den Spiegel, dann antwortete sie: »Ich versuche herauszufinden, warum sich mein Bauch angefühlt hat, als ob er sich ausdehnt, warum Elynsynos glaubte, es wachse etwas Böses in mir, und ob wirklich du es warst in jener Nacht in den Zahnfelsen. Du warst es doch, nicht wahr? Oder habe ich es nur geträumt?«

Gwydion fuhr mit der Hand besänftigend durch ihre Haare, während sich ihre Augen in Besorgnis weiteren. »Ja, ja«, sagte er rasch, drehte sie um und nahm sie in die Arme. »Das war ich, Aria, in jedem unbeholfenen, dummen Augenblick. Und vor diesem geschmacklosen Stelldichein habe ich dich seit dem Beginn unserer Liebe keinen Augenblick allein gelassen. Falls du in jener Nacht nach meinem Weggang nicht mit jemandem verkehrt hast, der genauso aussieht wie ich, hat der Dämon eindeutig gelogen.«

Rhapsodys Gesicht, das gegen die harten Muskeln seiner Brust gepresst war, nahm ein halbherziges Lächeln an. In seiner Stimme lag eine Frage, die er niemals offen stellen würde, also antwortete sie ihm: »Nachdem du gegangen bist, habe ich mit niemandem mehr geschlafen, Sam. Ich dachte, seit letzter Nacht wäre dir das klar. Aber das erklärt noch nicht, warum ich dieses Gefühl in meinem Bauch habe und was Elynsynos wahrgenommen hat.«

Gwydion sah sie nachdenklich an, nahm sie bei der Hand und führte sie zurück in das Schlafzimmer und auf das Bett. »Leg dich hin«, sagte er sanft. »Vielleicht entdecke ich etwas.« Sie legte sich auf die Kissen, während er sich neben sie setzte und eine Hand auf ihren flachen Bauch legte. Es gab keinerlei Anzeichen für eine Schwellung.

Er nahm sich Zeit und untersuchte sie mit allen geschärften Sinnen seiner Drachennatur, erhielt jedoch nur das bestätigt, was er von Anfang an gewusst hatte. Sie war unverändert. Er hatte jede Einzelheit ihres Körpers bis in ihr tiefstes Selbst in der Erinnerung bewahrt, wie es nur einem Drachen möglich war, und wusste unwiderlegbar, dass sie nicht schwanger war oder etwas Lebendiges in sich trug. Es gab allerdings eine winzige Spur von Verunreinigung in ihrem Blut, die mit jedem Herzschlag abnahm, als ob das endlose Kreisen des Blutes sie auflöste. Dazu war ein Glühen in ihr, das er nicht benennen konnte, eine undeutliche Energie, vielleicht ihr Band zum Element des Feuers. Er lächelte sie beruhigend an und hoffte, damit die Unsicherheit in ihrem Blick zu tilgen.

»Was hat der Dämon gesagt?«, fragte er sanft.

Sie dachte kurz nach. ›»Virack urg caz‹«, sagte sie schließlich und erschauerte angesichts der Erinnerung. »Dann sagte er: ›Empfange.‹ Und danach ›Merlus‹ oder etwas Ähnliches, und schließlich: ›Wachse.‹«

Ein Zittern lief über Ashes Rücken. »In Ordnung, meine Liebe. Ich kann dir versichern, dass nichts mehr in dir wächst.«

Rhapsody erschauderte. »Nichts mehr?«

Gwydion streichelte ihren Arm. »Da war nie etwas Wirkliches. Du weißt, dass es verschiedene Arten gibt, auf die der F’dor jemanden besitzen kann, wie die Soldaten, die nur seinen Befehlen folgten und sich an nichts erinnerten.« Sie nickte. »Der Dämon wusste zweifellos, dass er in der Falle saß und sterben würde. Daher hat er einen letzten Versuch unternommen und einen Samen gepflanzt. Nicht den Samen für ein Kind, sondern den Samen des Zweifels. Er hatte dich vorbereitet und die ganze Zeit mit dir gesprochen. Er kannte die Schwingungen deines Hirns und wusste, wie er dich etwas glauben machen konnte. Die F’dor sind die Väter der Täuschung. Aber weil du eine Benennerin bist, Rhapsody, bist du für so etwas besonders empfänglich. Wie oft hast du mir schon gesagt, dass du gern das glaubst, was du willst, und es dann wahr werden lässt, anstatt die Wirklichkeit hinzunehmen?«

»Ja«, gab sie widerwillig zu.

Gwydion liebkoste ihr Gesicht. »In gewisser Weise hast du ihn dazu eingeladen und es nicht einmal gewusst«, sagte er leise und versuchte den Ausdruck der Angst aus ihrem Gesicht zu vertreiben. »Sobald du die Möglichkeit in Betracht gezogen hast, dass er die Wahrheit sagen könnte, hast du ihm bei dir Eintritt verschafft. Er hat ein kleines Stück von dir besetzt, und je mehr du ihm geglaubt hast, desto mehr hat er von dir Besitz ergriffen. Die Saat des Zweifels ist gewachsen. Wenn du nicht mehr daran gezweifelt, sondern es als wahr angesehen hättest, wäre deine Seele in seinen Besitz übergegangen. Dann hättest du ganz ihm gehört.«

Er streichelte ihren Bauch, als er sah, wie er sich zusammenzog. »Die gute Nachricht ist, dass diese Besessenheit aufgehört hat, da dieser Glaube jetzt ausradiert ist. In gewisser Weise haben dich deine Hoffnung und dein Glaube gerettet. Seitdem du die Wahrheit erkannt hast, hat jeder Atemzug und jeder Herzschlag deinen Körper von den Überbleibseln dieser Besessenheit gereinigt. Jetzt bist du davon befreit. Du gehörst wieder ganz dir selbst.«

Rhapsody lächelte. Sie ergriff seine Hand und küsste sie. »Das stimmt nicht«, sagte sie. »Ich gehöre ganz dir.«

Gwydion grinste. »Ich hatte gehofft, dass du das sagen würdest«, meinte er schelmisch und beugte sich über sie. »Warum wohl habe ich dir gesagt, du sollst dich auf das Bett legen?«

Sie zog ihn zu sich herab, küsste ihn und umschlang ihn mit ihren schlanken Beinen. »Mal sehen, ob ich es errate.«

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