Die Wahrzeichen des cymrischen Zuges zusammen mit Llauron zu sehen war so, wie sie zum ersten Mal zu sehen. Dass sie diesmal zu Pferde waren, machte einen Teil des Unterschiedes aus. Llauron hatte ihr einen Apfelschimmel geliehen und seinen hoch geschätzten weißen Madrianer für sich selbst behalten. Rhapsody hatte lächeln müssen, als der alte Mann aufstieg. Anwyns Söhne bevorzugten exquisite Pferde. Anborns schwarzer Hengst war eines der schönsten Tiere, die sie je gesehen hatte. Llaurons Ross war beinahe genauso beeindruckend. Sie reisten als Erstes zum Haus der Erinnerung und fanden eine Ruine vor; nur einige der Grundmauern standen noch. Rhapsodys Herz zog sich zusammen, als sie es sah. Sie dachte an die wunderbare Bibliothek und die historische Bedeutung dieses Außenpostens, um deretwegen sie sich beim ersten Besuch des Hauses die Zeit genommen hatte, das Feuer zu löschen, das während der Schlacht aufgeflammt war. Der zerstörerische Feuerball, der die dämonischen Gewächse vernichtet hatte, welche Ylorc auf der Suche nach dem Erdenkind durchdrungen hatten, hatte auch das Haus der Erinnerung in Schutt und Asche gelegt. Wenigstens war damit das Grauen der Opferungen getilgt worden; nichts als geschwärztes Holz und Asche waren übrig geblieben.
Besorgt sah sie Llauron an, dessen Familiengeschichte eng mit diesem Außenposten verbunden war, doch der Mann schien recht gelassen zu sein. Er bückte sich, fuhr mit der Hand über einen Haufen aus grauem Holz und schwarzer Asche, in welchem die Überreste von Ledergebundenen Büchern steckten, und ließ den Staub durch seine Finger rieseln. Nach kurzem Nachdenken sah er zu ihr hoch und lächelte sanft.
»Eine Schande, nicht wahr? Es war ein so wunderbares Museum.« Llauron warf die Asche zu Boden und stand auf, wobei er sich die Hände an seiner grauen Robe säuberte. »Da sich nun das nächste cymrische Zeitalter abzeichnet, wird es nötig sein, neue Außenposten und neue Museen zu errichten, nicht wahr, meine Liebe?«
Rhapsody erwiderte sein Lächeln. »Vermutlich.«
Llauron wurde wieder ernst, während sie über die rußigen Pflastersteine schritten, welche die Überreste des Hofes mit Ausnahme seines Mittelpunktes bedeckten, in dem der große Ableger der Sagia, der Eiche der tiefen Wurzeln von Serendair, gesund und stark inmitten all der Zerstörung stand. »Du weißt, Rhapsody, dass es in deiner Macht steht, diesem Land das größte Vermächtnis zu hinterlassen, das es je erhalten hat. Das ist eine großartige Gelegenheit für ein Mädchen niedriger Herkunft; es ist die Möglichkeit, die Geschichte so zu beeinflussen, wie es keiner der cymrischen Fürsten je getan hat.«
Rhapsody schluckte die sarkastische Bemerkung herunter, die ihr auf der Zunge lag. »Und was ist das für eine Gelegenheit, Llauron?«
Das Funkeln in Llaurons blauen Augen verschwand. »Den Baum zu beschützen.«
Rhapsody warf einen Blick auf die junge Sagia-Eiche und erinnerte sich daran, wie krank und hoffnungslos sie ausgesehen hatte, als sie sie vor so langer Zeit zum ersten Mal gesehen hatte. Llauron selbst hatte ihr die Salbe gegeben, die sie bei der Heilung verwendet hatte; sie hatte die vergifteten Wurzeln damit eingerieben und sie mit einem Heillied geschützt. Nun erhoben sich die glänzenden Äste weit über ihren Kopf; weiße hölzerne Arme waren tief in den klaren Winterhimmel gereckt und mit weißen Blüten übersät. Sie lächelte und deutete auf die kleine Schäferharfe, die in der untersten Astgabelung steckte und unablässig ihren Refrain spielte.
»Ich glaube, das habe ich schon getan«, sagte sie.
Das Lächeln des Fürbitters kehrte zurück. »Verzeihung, meine Liebe, ich habe mich falsch ausgedrückt. Natürlich hast du diesem Baum schon deinen Schutzmantel umgelegt. Aber ich meinte den Großen Weißen Baum.«
Sie schüttelte überrascht den Kopf. »Den Großen Weißen Baum?«
»Ja.«
Ein plötzlicher winterlicher Windstoß kräuselte ihr den Mantel und fuhr mit kaltem Atem über ihre zitternden Arme. »Ich verstehe nicht, Llauron. Beschützt du als Fürbitter diesen Baum nicht selbst?«
»Doch.« Die Stimme des alten Mannes wurde sanft und tief wie zu jenen Tagen, als er sie in Geschichte oder Baumkunde unterrichtet hatte. »Und damit werde ich bis zum Ende meiner Tage fortfahren. Aber es scheint mir, dass deine Dienste diesem jungen Schössling einen besonderen Schutz verliehen haben, meine Liebe, den selbst der Große Weiße Baum nicht genießt einen Schutz vor den Verheerungen des Feuers.«
Er lächelte, während er eine weit ausholende Geste machte. »Sieh dich um. Jahrhunderte voller Geschichte, was sowohl das Gebäude als auch seinen Inhalt angeht, sind in wenigen Augenblicken zu bloßem Ruß und Schutt geworden. Aber der Baum steht noch immer unversehrt da; er weist nicht einmal eine Brandspur oder einen Fleck auf. Das ist wirklich sehr bemerkenswert und beispiellos. In den verschiedenen Kämpfen des cymrischen Krieges und etlichen schlimmen Gewittern und Blitzeinschlägen hat der Große Weiße Baum Schaden gelitten und wäre einmal sogar beinahe in der Schlacht um den Äußeren Kreis vernichtet worden. Sogar ich als vereidigter Wächter kann ihn nicht so schützen wie du.« In seinen Augen blitzte es.
»Du, meine Liebe, scheinst in der Lage zu sein, das Feuer in seine Schranken zu weisen und ihm den Anspruch auf all das zu verweigern, was unter deinem Schutz steht und was du liebst. Ich beobachte dich schon seit langer Zeit, Rhapsody, und habe gesehen, wie das Feuer auf jede deiner Bewegungen reagiert. Ich habe gesehen, wie es aufspringt, um dich zu begrüßen, wie es zu einem stetigen, schwachen Brennen niedersinkt, wenn du es willst. Das ist eine große Gabe, die zweifellos in den besten Händen ruht. Ich als dein alter Lehrer bitte dich nur um einen einzigen Gefallen. Gewähre diesen Schutz dem heiligsten Lebewesen auf unserem Kontinent: dem Baum selbst. Er ist das Kennzeichen des letzten der fünf Orte, an denen die Zeit ihren Ursprung hat. Was könnte wichtiger sein?«
»Llauron...«
»Rhapsody, du erinnerst dich an die Legenden über die Insel Serendair, die ich dir erzählt habe, als du bei mir gelernt hast, nicht wahr?«
Ihre Kehle wurde trocken. »Ja.«
»Diese Insel war einst ein Ort tiefer Magie, Rhapsody, und das Mutterland vieler verzauberter Wesen ein Ort, wo die alte Macht schwer in der Luft hing. Die Welt ist seit dem Untergang der Insel ein viel einfacherer Ort geworden. Weißt du warum?«
Rhapsody hatte darüber ihre eigenen Vorstellungen, aber sie schüttelte nur den Kopf.
»Es war der Verlust des Baumes, meine Liebe, der großen Eiche der Tiefen Wurzeln, der Sagia. Der Tod der Sagia hat viel von der Magie der Welt mit sich genommen. Jeder der Großen Bäume der Legende zufolge waren es fünf wuchs an einem der fünf Geburtsorte der Zeit, wo je eines der fünf Elemente seinen Ursprung nahm. Die Sagia wuchs an der Stelle, wo der Äther geboren wurde und das Sternenlicht zuerst die Erde berührte. Der Äther war das erste aller Elemente, und seine Magie war die stärkste. Die Sagia versank in den Fluten, als Serendair unterging. Der Verlust, den die Welt erlitt, als die Insel vom Feuer des Schlafenden Kindes verzehrt wurde, ist unermesslich.« Plötzlich keuchte Llauron und hustete trocken und stoßweise. Rhapsody streckte ihm die Hand entgegen, doch er stieß sie fort und redete weiter.
»Die Große Weiße Eiche wächst am letzten der Geburtsorte der Zeit, wo das Element der Erde erschaffen wurde. Sie beschützt die Erde und erhält deren Magie am Leben. Stell dir vor, welch ein Ort die Erde wäre, wenn wir auch diesen Baum verlieren würden. Sie wäre so farblos, so bedeutungslos, dass das Leben kaum mehr lebenswert wäre. Vor allem du, eine Canwr, eine Benennerin, wirst dir nicht wünschen, dass etwas so Schreckliches geschieht, nicht wahr?«
Rhapsody verbarg ein Lächeln angesichts des dramatischen Endes von Llaurons Rede. »Nein, natürlich nicht.«
»Ausgezeichnet. Nun, meine Liebe, tu mir bitte diesen Gefallen. Versprich mir, dass du nach unserer Rückkehr in meine Festung in Gwynwald den Großen Weißen Baum mit demselben Zauber belegst, den du bei diesem jungen Schössling angewendet hast. Betrachte es als ein Geschenk an deinen demütigen Bewunderer.«
Rhapsody schluckte, sagte aber nichts. Das Feuer, welches das Haus der Erinnerung zerstört hatte, war in gewisser Weise ihr eigenes Werk gewesen; es war das Mittel gewesen, mit dem sie und die Bolg die Dämonenpflanze vernichtet hatten, die zwischen den Wurzeln des Schösslings gewachsen war. Sie hätte auch den Baum vernichten können; Rhapsody wusste nicht genau, was ihn vor dem Untergang bewahrt hatte. Llauron schien geradezu verzweifelt zu sein und großen Wert darauf zu legen, dass sie der heiligen Eiche unter seiner Obhut denselben Schutz gewährte. Warum sollte sie es ihm nicht versprechen?
»In Ordnung, ich werde es versuchen«, sagte sie, lächelte und zupfte den Mantel des Fürbitters zurecht, der ihm von der Schulter gerutscht war. »Dafür musst du mir versprechen, vorsichtiger mit deiner Gesundheit umzugehen, Llauron. Wenn du in diesem beißenden Frost den Hals entblößt, wirst du dir eine Erkältung holen.«
»Dann sollten wir einen Handel eingehen«, meinte Llauron fröhlich. »Ich werde Hut und Handschuhe anziehen und den Hals bedeckt halten, wenn du bei dem Großen Weißen Baum dasselbe Schutzritual anwendest wie bei dem Schössling, damit er vor der Vernichtung durch Feuer bewahrt wird. Dann sind die Waagschalen im Gleichgewicht. Einverstanden?« Er streckte die Hand aus.
Rhapsody sah ihn seltsam an. Den Ausdruck, die Waage schalen seien im Gleichgewicht, hatte sie zuerst in Sorbold gehört; vielleicht war er weiter verbreitet, als sie geglaubt hatte. Im Hinterkopf hörte sie wieder den schrecklichen, tiefen und donnernden Gesang: Tovvrik, Tovvrik, Tovvrik. Sie erschauerte unwillkürlich und sah in Llaurons erwartungsvolles Gesicht. In der Art, wie seine Augen im Winterlicht glitzerten, lag etwas, das sie beunruhigte, doch seine Bitte erschien ihr durchaus berechtigt. Sie dachte noch einen Moment lang nach, dann ergriff sie seine Hand und schüttelte sie.
»Einverstanden. Ich habe allerdings nicht vor, mit dir in den Kreis zurückzukehren, Llauron«, sagte sie. »Ich muss mich bald auf den Weg nach Ylorc machen. Aber ich glaube, ich kann es auch von dort aus machen, nämlich durch die Wurzeln des Schösslings. Sie sind mit denen des Großen Weißen Baumes verschlungen; zumindest hat Grunthor das gesagt.«
»Wie wunderbar«, meinte Llauron. Er ging rasch zu seinem Pferd, öffnete die Satteltasche an der linken Flanke und holte aus den Tiefen ein Paar Handschuhe, einen Hut und einen Schal hervor, alles aus weicher, ungefärbter Wolle.
Rhapsody warf einen Blick auf die Ruine des Hauses der Erinnerung und versuchte die tiefe Kälte zu vertreiben, die sich wie eine Schneedecke auf sie gelegt hatte. Sie wartete, bis Llauron zurückkehrte. Nun war er wärmer angezogen und ging sogleich zum Stamm des Schösslings.
»Kennst du den wahren Namen des Großen Weißen Baumes?«, fragte sie.
Llauron bedachte sie mit einem ernsten Blick und schüttelte dann den Kopf.
»Ich fürchte, nein«, sagte er widerstrebend. »Wird dich das davon abhalten, deine Magie bei dem Baum einzusetzen?«
Rhapsody seufzte. »Ich weiß es nicht. Ich glaube nicht. Ich kenne ein paar der Namen, die die Filiden und die Lirin ihm gegeben haben, aber es wäre besser, den wahren Namen zu kennen.«
»Leider muss es uns auf andere Weise gelingen«, sagte Llauron. »Versuch es, meine Liebe. Ich werde so still wie möglich sein.«
Sie schaute hoch in das glatte, weiße Geäst, das im Winterwind schaukelte. Die hellen Blüten raschelten unter dem klaren Himmel. Sie schloss die Augen und lauschte dem Gesang des Windes, der im Einklang mit dem Lied des Baumes stand. Es war dasselbe Lied, das sie im Innern der Erde gehört hatte, als sie und die beiden Bolg entlang der Sagia-Wurzel, der Mutter des Baumes, gereist waren ein reiches Lied voller Weisheit und Macht, eine langsam sich vorwärts bewegende Melodie mit unendlich oft wechselnden Tönen, ohne den Zwang, schneller werden zu müssen, und doch jünger und heller als unter der Erde und zusammenschmelzend mit der Musik des Himmels, die den Baum einhüllte.
Sanft legte Rhapsody die Hand auf den Stamm des Schösslings, schwang sich auf ihn ein und sang. Sie rief jedes einzelne uranfängliche Element außer dem, vor welchem sie den Baum schützen wollte, denn sie wusste, dass diese Elemente die ganze magische Kraft enthielten.
Grüne Erde unter den Wurzeln bewache dich Weiter Himmel über den Zweigen schütze dich Kalter Wind umhülle dich, Regen überschütte dich Feuer aber soll dich nie verletzen.
Nach einigen Augenblicken spürte Rhapsody, wie das Lied durch den Stamm des jungen Baumes und bis hoch zu seinen Ästen pulste, bis zu den Blüten, welche seine Zweige schmückten. Sie spürte, wie das Lied dem Pflanzensaft gleich durch den Baum und in den Boden bis zu den Wurzeln wanderte.
Langsam sang sie einige der Namen, mit denen die Filiden den Großen Weißen Baum benannten, und hoffte, ihr Lied auf diese Weise zu ihm zu schicken.
Zeichen des Anfangs, lebe Mutter des Waldes, gedeihe Tempel der Vögel, wachse Feuer soll dich nie verletzen.
Eine unendliche Harmonie strömte von dem Schössling aus, zu der sich einen Augenblick später ein tiefer, reicher Kontrapunkt gesellte, bei dem es sich nur um die Stimme des Großen Weißen Baumes handeln konnte, der singend Antwort gab. Es war ein silberner Klang, der ein Zittern durch ihr Blut jagte und Erinnerungen aus alter Zeit mitbrachte, an ein verlorenes Land, in dem sie zum ersten Mal die Stimme des Wurzelbruders des großen Baumes gehört hatte des Baumes, der sie und ihre beiden Gefährten vor allen Gefahren bewahrt und sie in die Sicherheit und das Leben dieses neuen Landes geführt hatte. Sie kam zum letzten Vers und benannte die Eigenschaften des Feuers, das den Baum berühren konnte, ohne ihm zu schaden.
Licht des Frühlings erleuchte dich
Heiße Sommersonne wärme dich
Blattwerk aus flammenden Farben bekröne dich
Doch Feuer soll dich nie verletzen.
Die Harmonie brandete auf und wurde zu dem Heillied, das die Harfe seit einem Jahr spielte. Rhapsody lächelte zufrieden und wandte sich an Llauron, der sie mit großer Neugier beobachtete.
»Ich fürchte, mehr kann ich nicht tun. Ich weiß nicht, ob es ausreicht.«
Llauron schenkte ihr ein warmes Lächeln. »Ich bin sicher, das wird es. Und ich schätze deine Bemühungen, meine Liebe. Vielen Dank.«
Rhapsody nickte und zog die Kapuze über. »Keine Ursache. Jetzt sollten wir uns aber auf den Weg machen. Wir haben noch einen langen Ritt und viel Arbeit vor uns.«
Sie reisten auf dem alten Weg, führten ihre Pferde durch den Wald und hielten manchmal an, um Hinweiszeichen zu betrachten, die völlig überwuchert und zugeschneit waren; selbst die Zeit hatte sie vergessen. Rhapsody hatte den Drachenkrallendolch bei sich; sie benutzte ihn nun, um die Erde abzukratzen und auf diese Weise etwas Gutes damit zu tun.
Die Erinnerung an die Rolle, welche der Dolch in Jos letzten Augenblicken gespielt hatte, war zu stark, um ihn je wieder als Waffe einzusetzen.
Vorsichtig entfernte sie die gefrorenen Unkrautbüschel und Dornen, welche die verschiedenen Gedenktafeln und Steine überwucherten, und bemerkte dabei Llaurons immer wärmer werdendes Lächeln. An jedem Ort sang sie ein beschützendes Lied und rief die Windrosen hervor, die noch unter dem Schnee schliefen, in der Hoffnung, dass der Frühling diesem Ort neue Schönheit schenken möge. Der Weg hatte für sie kaum eine Bedeutung; sie hatte die Cymrer nicht gekannt und sah sie als seltsames und sorgenvolles Volk an, aber es war sehr wichtig für Llauron, wie sie mit seiner Geschichte umging. Daher machte sie nicht den Vorschlag, gleich umzukehren.
Sie überquerten die unsichtbare Grenze nach Navarne, wo viele Wegweiser überwuchert und vernachlässigt waren. »Weißt du, eigentlich bin ich überrascht, dass Herzog Stephen sich nicht besser um diese Zeichen kümmert«, sagte Rhapsody, als sie aufstand und ihren Dolch wegsteckte, nachdem sie sich um den dritten cymrischen Ort in Navarne gekümmert hatte.
»Er ist doch schließlich ein Erforscher der cymrischen Geschichte.«
»Es ist in unserer Zeit schwierig, ein orlandischer Herrscher mit cymrischer Abstammung zu sein«, entgegnete Llauron, beugte sich vor und betrachtete das alte Zeichen. »Das königliche Geblüt wird anerkannt, aber wegen des Krieges und der Gräueltaten Anwyns und Gwylliams ist ein Makel zurückgeblieben. Stephens Verhaltensweise ist in gewisser Hinsicht typisch für viele Cymrer der späteren Generationen. Es ist annehmbar, ein kleines Museum im eigenen Schloss zu haben, doch die übrigen Überbleibsel des cymrischen Erbes bleiben unbeachtet. Aber das wird sich bald ändern, nicht wahr, meine Liebe? Gwydion wird uns allen Grund dazu geben, wieder stolz auf unser Erbe zu sein.«
Rhapsody lächelte, als sie aufstieg. »Ja, dessen bin ich mir sicher.«
In ihrem Versteck in dem südlich gelegenen Wäldchen bedeutete Lark den anderen, still zu sein, und lauschte dann dem Hufgetrappel, das sich allmählich entfernte.
Als sie Llaurons Madarian nicht mehr hören konnte, wandte sie sich an die anderen, die ebenfalls abtrünnige Filiden waren, und nickte.
»Seid Ihr fertig, Mutter?«
Lark nickte erneut.
»Also gut«, meinte Khaddyr und befingerte nervös den Gürtel seines Umhangs. »Folgt ihnen nicht zu dicht. Er muss von der Reise erschöpft sein, klar?« Das zustimmende Nicken zauberte ein Lächeln auf sein Gesicht. »Gut. Wir sollten aufbrechen.«