38 Schulung

Egwene saß mit übergeschlagenen Beinen in ihrem weißen Kleid auf dem Bett und ließ drei winzige Lichtkugeln über ihren Händen tanzen. Sie sollte so etwas eigentlich nicht tun, ohne daß wenigstens eine der Aufgenommenen zugegen war, aber schließlich trug Nynaeve, die wütend vor dem kleinen Kamin hin und her marschierte, den Schlangenring, den man den Aufgenommenen verlieh, und am Saum ihres weißen Kleids befanden sich die entsprechenden Farbkreise. Natürlich — ausbilden durfte sie trotzdem noch niemanden. Egwene hatte während dieser vergangenen dreizehn Wochen feststellen müssen, daß sie einfach nicht widerstehen konnte. Sie wußte ja, wie einfach es nun war, Saidar zu berühren. Sie fühlte es ständig, wie es auf sie wartete und sie wie der Duft eines Parfums oder das Gefühl von Seide an ihren Fingerspitzen anzog, lockte. Und wenn sie es einmal berührte, konnte sie sich kaum noch zurückhalten. Sie mußte die Macht lenken oder es zumindest versuchen. Das gelang ihr genauso oft, wie es eben nicht ging, doch auch dies spornte sie wiederum an.

Oft ängstigte es sie aber auch. Es jagte ihr Angst ein, wie oft sie die Macht zu verwenden suchte und wie ausgebrannt und trübselig sie sich fühlte, wenn sie den Strom der Macht nicht in sich spürte. Sie hätte am liebsten alles auf einmal in sich aufgenommen, trotz der Warnung, es könne sie ausbrennen, und diese Lust an der Macht erschreckte sie am meisten. Manchmal wünschte sie sich, sie wäre nie nach Tar Valon gekommen. Aber die Angst hielt sie nicht lange auf, genausowenig wie die Furcht, von einer Aes Sedai oder einer anderen Aufgenommenen als Nynaeve dabei erwischt zu werden.

Aber hier in ihrem eigenen Zimmer fühlte sie sich sicher genug. Min war auch da und saß auf dem dreibeinigen Hocker. Sie beobachtete Egwene, aber die kannte Min so gut, daß sie gewiß war, von ihr nicht verraten zu werden. Sie schätzte sich glücklich, seit ihrer Ankunft in Tar Valon zwei gute Freundinnen gewonnen zu haben.

Es war ein kleines, fensterloses Zimmer, wie alle Räume bei den Novizinnen. Nynaeve durchquerte es mit drei kurzen Schritten von einer weißgekalkten Wand zur anderen. Nynaeves eigenes Zimmer war viel größer, aber da sie unter den anderen Aufgenommenen keine Freundinnen gefunden hatte, kam sie in Egwenes Zimmer, wenn sie jemanden zum Reden brauchte — sogar jetzt, obwohl sie kein Wort sagte. Das kleine Feuer in dem engen Kamin hielt die erste Kühle des sich ankündigenden Herbstes im Schach. Egwene war allerdings sicher, daß er im Winter kaum ausreichen würde. Ein kleiner Arbeitstisch war praktisch das einzige richtige Möbelstück im Zimmer. Ihre Habseligkeiten hingen ordentlich an einer Reihe von Haken an der Wand oder lagen auf dem kurzen Regal über dem Tisch. Novizinnen beschäftigte man für gewöhnlich derart, daß sie kaum Zeit in ihren Zimmern verbringen konnten, aber heute hatten sie frei; erst das dritte Mal, seit sie und Nynaeve zur Weißen Burg gekommen waren.

»Else hat heute Galad schöne Augen gemacht, als er mit den Behütern übte«, sagte Min und schaukelte auf zwei Beinen ihres Hockers.

Die kleinen Kugeln flackerten einen Augenblick über Egwenes Händen. »Sie kann anschauen, wen sie will«, sagte Egwene leichthin. »Ich kann mir nicht vorstellen, warum mich das interessieren sollte.«

»Es läßt dich vermutlich völlig kalt. Er sieht schon wahnsinnig gut aus, wenn man ihm seine steifen Umgangsformen nachsieht. Da kann man schon mal hinsehen, besonders, wenn er kein Hemd anhat.«

Die Kugeln wirbelten erregt durch die Luft. »Ich habe gewiß keine Lust, Galad anzusehen, ob mit oder ohne Hemd.«

»Ich sollte dich nicht aufziehen«, sagte Min zerknirscht. »Tut mir leid. Aber du siehst ihn wohl ziemlich gern —verzieh dein Gesicht nicht so —, genau wie beinahe jede andere Frau in der Weißen Burg außer den Roten. Ich habe gesehen, wie Aes Sedai hinunter auf das Übungsgelände schielten, wenn er mit dem Schwert Paraden einübte; vor allem Grüne. Sie behaupten, sie schauen sich nur nach ihren Behütern um, aber wenn Galad nicht da ist, stehen erheblich weniger herum. Selbst die Köchinnen und Mägde kommen heraus, um ihn zu beobachten.«

Die Kugeln blieben mit einem Mal in der Luft stehen, und Egwene sah sie einen Augenblick lang konzentriert an. Sie verschwanden. Plötzlich kicherte sie. »Er sieht aber auch wirklich gut aus, findest du nicht? Selbst beim Laufen wirkt es, als ob er tanze.« Das Rot ihrer Wangen wurde noch dunkler. »Ich weiß, daß ich ihn nicht so anstarren sollte, aber ich kann mir nicht helfen.«

»Ich auch nicht«, sagte Min, »und ich kann schließlich sehen, wie er wirklich ist.«

»Aber wenn er gut ist...?«

»Egwene, Galad ist zum Haareausraufen gut. Er würde jederzeit jemandem weh tun, wenn er damit einem höheren Zweck dient. Er würde nicht einmal bemerken, wen er verletzt hat, weil er sich nur auf diesen höheren Zweck konzentriert, aber wenn, dann würde er erwarten, daß man ihn versteht und seine Handlungen billigt.«

»Na, du wirst es wohl wissen«, sagte Egwene. Sie hatte Mins Fähigkeit, andere Menschen nur anzusehen und alle möglichen Sachen über sie zu wissen, bereits erlebt. Min erzählte nicht alles, was sie gesehen hatte, und sie sah auch nicht immer etwas, aber es war häufig genug vorgekommen, um Egwene zu überzeugen. Sie blickte zu Nynaeve hinüber. Die tigerte immer noch im Zimmer herum und führte Selbstgespräche. Dann griff sie wieder nach Saidar und nahm ihr Jonglieren wieder auf, wenn auch offensichtlich unkonzentriert.

Min zuckte die Achseln. »Ich denke, ich kann es dir durchaus sagen. Er hat noch nicht einmal bemerkt, daß Else zusah. Er fragte sie, ob wie wisse, ob du nach dem Abendessen vielleicht in den Südgarten kommst, da heute ja ein freier Tag war. Ich habe sie bedauert.«

»Arme Else«, murmelte Egwene, und die Lichtkugeln über ihren Händen tanzten noch lebhafter. Min lachte.

Die Tür schlug vom Wind getrieben auf. Egwene quiekte und ließ die Kugeln verschwinden, bevor sie sah, daß es nur Elayne war.

Die goldenhaarige Tochter-Erbin von Andor schob die Tür zu und hängte ihren Umhang an einen Haken. »Ich habe es gerade erfahren«, sagte sie: »Die Gerüchte stimmen. König Galldrian ist tot. Dann wird es einen Krieg um seine Nachfolge geben.«

Min schnaubte. »Bürgerkrieg. Krieg um die Nachfolge. Dumme Bezeichnungen für die gleiche Sache. Hast du was dagegen, wenn wir nicht darüber sprechen? Wir hören doch nichts anderes. Krieg in Cairhien. Krieg auf der Toman-Halbinsel. Sie haben vielleicht in Saldaea den falschen Drachen geschnappt, aber in Tear herrscht immer noch Krieg. Das meiste sind sowieso nur Gerüchte. Gestern hörte ich, wie eine der Köchinnen behauptete, sie habe gehört, daß Artur Falkenflügel auf Tanchico zu marschiere. Artur Falkenflügel!«

»Ich dachte, du wolltest nicht darüber reden«, sagte Egwene.

»Ich sah Logain«, warf Elayne ein. »Er saß auf einer Bank im Innenhof und weinte. Er rannte weg, als er mich sah. Ich kann mir nicht helfen, er tut mir einfach leid.«

»Besser, er weint, als wir anderen alle, Elayne«, sagte Min.

»Ich weiß, was er ist«, meinte Elayne ruhig. »Oder genauer, was er war. Er ist es nicht mehr, und ich kann ihn nun durchaus bedauern.«

Egwene ließ sich gegen die Wand sacken. Rand. Logain erinnerte sie immer an Rand. Sie hatte nun einige Monate keinen Traum mehr von ihm gehabt, jedenfalls nicht die Art von Träumen wie damals auf der Flußkönigin. Anaiya ließ sie immer noch all ihre Träume aufschreiben, und die Aes Sedai überprüfte sie auf Hinweise oder Verbindungen zu irgendwelchen Ereignissen, aber es war nichts von Rand dabei außer ein paar Träumen, die Anaiyas Meinung nach nur aussagten, daß sie ihn vermisse. Seltsamerweise hatte sie ein Gefühl, als gebe es ihn nicht mehr, als habe er zu existieren aufgehört, genau wie ihre Träume, und zwar ein paar Wochen, nachdem sie die Weiße Burg erreicht hatten. Und ich sitze da und denke darüber nach, wie elegant Galad läuft, dachte sie bitter. Rand muß es einfach gutgehen. Falls man ihn gefangen und einer Dämpfung unterzogen hätte, dann hätte ich doch etwas davon gehört. Das jagte ihr einen kalten Schauder über den Rücken — wie immer, wenn ihr dieser Gedanke kam: eine Dämpfung bei Rand, Rand, wie er weinte und sterben wollte, so wie Logain...

Elayne setzte sich neben sie aufs Bett und zog die Beine an, so daß sie auf ihren Füßen hockte. »Falls du in Galad verknallt bist, Egwene, wirst du für mich keine Sympathie empfinden. Ich werde dich von Nynaeve mit einem dieser schrecklichen Kräutertees, von denen sie immer erzählt, betäuben lassen.« Sie zog die Augenbrauen in Richtung Nynaeve hoch. Die hatte noch nicht einmal von ihrem Eintreten Notiz genommen. »Was ist mit ihr los? Sagt ja nicht, sie sei jetzt auch noch hinter Galad her!«

»Wir lassen sie besser in Ruhe.« Min beugte sich zu den beiden hinüber und senkte die Stimme. »Diese magere Aufgenommene Irella hat ihr gesagt, sie sei eine unbeholfene Kuh und habe nur halb soviel Talent wie sie, und da hat ihr Nynaeve eins aufs Ohr gegeben.« Elayne zog den Kopf ein. »Genau«, murmelte Min. »Sie schleppten sie im Handumdrehen in Sheriams Büro, und seither kann man nichts mehr mit ihr anfangen.«

Offensichtlich hatte Min nicht leise genug gesprochen, denn von Nynaeve her erklang ein Grollen. Plötzlich schlug die Tür ein zweites Mal auf, und ein Sturmwind fuhr in das Zimmer. Er bewegte die Decken auf Egwenes Bett nicht im geringsten, doch Min und der Hocker kippten und purzelten an die Wand hinüber. Sofort erstarb der Wind wieder, und Nynaeve stand mit verlegenem Gesicht da.

Egwene eilte zur Tür und spähte hinaus. Die Mittagssonne ließ die letzten Überreste der gestrigen Regengüsse verdunsten. Der immer noch feuchte Balkon, der sich um den Innenhof der Novizinnenquartiere zog, war leer, und alle Türen in der langen Reihe waren geschlossen. Die Novizinnen, die den freien Tag in den Gartenanlagen verbracht hatten, holten nun zweifellos den versäumten Schlaf nach. Sie konnten nicht beobachtet worden sein. Sie schloß die Tür und nahm ihren Platz neben Elayne ein. Nynaeve half Min wieder auf die Beine.

»Tut mir leid, Min«, sagte Nynaeve mit gepreßter Stimme. »Manchmal geht mein Temperament... Ich kann nicht erwarten, daß du mir verzeihst, nach dem, was ich angerichtet habe.« Sie holte tief Luft. »Wenn du mich Sheriam melden willst, verstehe ich dich durchaus. Ich hab es verdient.«

Egwene wäre es lieber gewesen, sie hätte dieses Eingeständnis nicht gehört. Nynaeve konnte später wegen solcher Dinge ganz schön giftig werden. Sie suchte nach etwas, worauf sie sich konzentrieren konnte, damit Nynaeve glaubte, sie habe gar nicht hingehört. Unwillkürlich berührte sie erneut Saidar und fing wieder an, mit den Lichtkugeln zu jonglieren. Elayne machte schnell mit. Egwene bemerkte, wie sich das Glühen um die Tochter-Erbin herum aufbaute, noch bevor drei winzige Kugeln über ihren Handflächen erschienen. Sie warfen die kleinen, glühenden Bälle einander zu und ließen sie immer kompliziertere Figuren umeinander herum beschreiben. Manchmal erlosch einer davon, wenn eines der Mädchen es nicht rechtzeitig schaffte, ihn bei der Annäherung zu übernehmen, doch dann flammte er wieder mit leicht veränderter Farbe oder Größe auf.

Die Eine Macht erfüllte Egwene mit Leben. Sie roch den schwachen Rosenduft von Elaynes Seife, die sie beim morgendlichen Bad benutzt hatte. Sie konnte den rauhen Verputz der Wände fühlen, die glattgetretenen Steinplatten des Fußbodens, und zwar genauso deutlich wie das Bett, auf dem sie saß. Sie hörte Min und Nynaeve atmen und verstand ihre leisen Worte.

»Wenn es ums Vergeben geht«, sagte Min, »dann solltest du vielleicht eher mir verzeihen. Du hast dein Temperament, und ich bin ein Großmaul. Ich vergebe dir, wenn du mir vergibst.« Unter Entschuldigungen, die sogar ernst klangen, umarmten sich die beiden Frauen. »Aber wenn du das noch mal machst«, lachte Min, »werde ich dir eins aufs Ohr geben.«

»Das nächste Mal werfe ich etwas nach dir«, antwortete Nynaeve. Auch sie lachte dabei, doch ihr Lachen brach unvermittelt ab, als ihr Blick auf Egwene und Elayne fiel. »Ihr hört sofort damit auf, oder jemand wird tatsächlich zur Rektorin gehen! Zwei Jemands!«

»Nynaeve, das würdest du doch nicht machen!« protestierte Egwene. Als sie aber Nynaeves Blick bemerkte, unterbrach sie geschwind ihren Kontakt zu Saidar. »Schon gut, ich glaube dir ja. Du mußt es mir nicht beweisen.«

»Wir müssen üben«, sagte Elayne. »Sie verlangen immer mehr von uns. Wenn wir nicht noch für uns allein übten, würden wir nicht mehr mitkommen.« Ihr Gesicht wirkte ruhig und gesammelt, aber sie hatte genauso eilig wie Egwene Saidar fahren lassen.

»Und was geschieht, wenn ihr zuviel der Macht an euch zieht und keiner da ist, der euch aufhalten kann?« fragte Nynaeve. »Ich wünschte, ihr hättet ein bißchen mehr Angst. Ich habe Angst. Glaubt ihr vielleicht, ich wüßte nicht, wie ihr euch fühlt? Sie ist immer da, und ihr möchtet euch vollsaugen damit. Manchmal kann ich mich auch kaum zurückhalten; ich will alles auf einmal. Ich weiß, daß ich verbrennen würde, und trotzdem will ich es tun.« Sie schauderte. »Ich wünschte wirklich, ihr hättet etwas mehr Angst davor.«

»Ich fürchte mich schon«, sagte Egwene seufzend. »Ich habe sogar schreckliche Angst. Aber das hilft überhaupt nicht. Wie ist es bei dir, Elayne?«

»Das einzige, wovor ich mich fürchte«, meinte Elayne schnippisch, »ist Geschirrspülen. Mir scheint, ich muß jeden Tag abspülen.« Egwene warf ihr Kissen nach Elayne. Elayne fing es vor ihrem Kopf ab und warf es zurück. Dann ließ sie jedoch die Schultern hängen. »Ach, ja, stimmt schon. Ich habe solche Angst, daß ich nicht weiß, warum meine Zähne nicht die ganze Zeit klappern. Elaida hat mir gesagt, ich würde mich derart ängstigen, daß ich am liebsten mit dem Fahrenden Volk wegrennen wollte, aber damals habe ich das nicht verstanden. Ein Mann, der einen Ochsen so antreibt wie man uns antreibt, wäre überall deswegen verschrien. Ich bin die ganze Zeit über müde. Ich wache müde auf und gehe erschöpft schlafen. Manchmal habe ich solche Angst davor, ich könnte mehr Macht an mich reißen und lenken, als ich beherrsche, daß ich... « Sie blickte auf ihren Schoß herab und beendete den Satz nicht.

Egwene wußte, was sie unausgesprochen gelassen hatte. Ihre Zimmer lagen direkt nebeneinander, und wie in vielen dieser Novizinnenzimmer hatten irgendwelche Vorbewohnerinnen vor langer Zeit schon ein kleines Loch durch die Zwischenwand gebohrt. Es war zu klein, um bemerkt zu werden, wenn man nicht gerade genau wußte, wo es sich befand, aber sehr nützlich, wenn man sich nach dem Löschen der Lampen noch unterhalten wollte. Zu der Zeit durften die Mädchen ihre Zimmer nicht mehr verlassen. Egwene hatte mehr als einmal gehört, wie Elayne sich in den Schlaf geweint hatte, und sie bezweifelte nicht, daß Elayne ihr eigenes Weinen gehört hatte.

»Die Idee mit dem Fahrenden Volk ist verlockend«, stimmte Nynaeve zu, »aber wohin du auch immer gehst, es ändert nichts an deinen Fähigkeiten. Vor Saidar kannst du nicht wegrennen.« Es klang nicht so, als gefiele ihr das, was sie gesagt hatte.

»Was siehst du, Min?« fragte Elayne. »Werden wir alle mächtige Aes Sedai oder müssen wir den Rest unseres Lebens damit verbringen, als Novizinnen Geschirr abzuspülen, oder werden wir... « Sie zuckte unangenehm berührt die Achseln, als wolle sie die dritte Alternative, die ihr eingefallen war, lieber nicht aussprechen. Heimgeschickt. Aus der Burg geworfen. Seit Egwene angekommen war, hatte man bereits zwei Novizinnen weggeschickt, und jede sprach von ihnen nur im Flüsterton, als seien sie tot.

Min rutschte auf ihrem Hocker umher. »Ich lese nicht gern Freundinnen die Zukunft«, knurrte sie. »Die Freundschaft ist dabei meist im Weg. Ich versuche dann, aus allem nur das Beste herauszulesen. Deshalb tue ich das nicht mehr für euch. Außerdem hat sich bei euch auch nichts geändert, seit... « Sie blinzelte sie an, und plötzlich runzelte sie die Stirn. »Das ist neu«, hauchte sie.

»Was?« fragte Nynaeve in scharfem Ton.

Min zögerte, bevor sie antwortete: »Gefahr. Ihr befindet euch alle in irgendeiner Gefahr. Oder ihr werdet euch sehr bald in einer Gefahr befinden. Ich kann nichts Genaues erkennen, aber die Gefahr ist deutlich sichtbar.«

»Seht ihr?« sagte Nynaeve zu den beiden Mädchen, die auf dem Bett saßen. »Ihr müßt vorsichtig sein. Wir alle müssen uns in acht nehmen. Ihr müßt mir beide versprechen, daß ihr nicht mehr allein die Macht benützt, ohne jemanden, der euch anleitet.«

»Ich will gar nicht mehr darüber sprechen«, sagte Egwene.

Elayne nickte eifrig. »Ja. Sprechen wir über etwas anderes. Min, wenn du ein Kleid anziehst, möchte ich darauf wetten, daß Gawyn dich bittet, mit ihm spazierenzugehen. Du weißt ja, daß er dir schöne Augen macht, aber ich glaube, die Hosen und der Männermantel schrecken ihn ab.«

»Ich ziehe mich so an, wie es mir paßt, und das ändere ich auch nicht für einen Lord, selbst wenn er dein Bruder ist.« Min sagte das beinahe abwesend. Sie sah sie immer noch schief an und hatte die Stirn gerunzelt. Dieses Thema hatten sie schon ein paar Mal angeschnitten. »Manchmal ist es nützlich, für einen Jungen gehalten zu werden.«

»Keiner, der dich zweimal ansieht, glaubt dir, daß du ein Junge bist.« Elayne lächelte.

Egwene war nervös. Elayne brachte eine gezwungene Fröhlichkeit in die Unterhaltung, doch Min achtete kaum darauf, und Nynaeve wirkte, als wolle sie die anderen erneut warnen.

Als sich die Tür wieder öffnete, schoß Egwene sofort hoch, um sie zu schließen. Sie war für jede Tätigkeit dankbar, die sie von ihren trüben Gedanken ablenkte. Bevor sie jedoch die Tür erreichte, trat eine dunkeläugige Aes Sedai ein, deren blondes Haar zu einer Unzahl von Zöpfen geflochten war. Egwene schnappte überrascht nach Luft, nicht nur, weil es eine Aes Sedai war, sondern vor allem, da es sich ausgerechnet um Liandrin handelte. Sie hatte gar nicht gewußt, daß Liandrin in die Weiße Burg zurückgekehrt war, aber davon einmal ganz abgesehen schickte man üblicherweise nach einer Novizin, wenn eine Aes Sedai sie zu sprechen wünschte. Wenn eine der Schwestern selbst herkam, konnte dies nichts Gutes bedeuten.

Im Zimmer war es — mit fünf Frauen — jetzt ziemlich eng. Liandrin blieb stehen, rückte ihre Stola mit den roten Fransen zurecht und musterte sie. Min rührte sich nicht, doch Elayne erhob sich, und die drei, die nun standen, knicksten vor Liandrin. Nynaeve allerdings bewegte kaum das Knie dabei. Egwene glaubte nicht, daß Nynaeve sich je daran gewöhnen würde, andere im Rang über sich zu haben.

Liandrins Blick ruhte schließlich auf Nynaeve. »Und warum befindest du dich hier im Quartier der Novizinnen, Kind?« Ihre Stimme klang eisig.

»Ich besuche Freundinnen«, sagte Nynaeve mit gepreßter Stimme. Einen Augenblick später fügte sie widerwillig hinzu:

»Liandrin Sedai.«

»Die Aufgenommenen können unter den Novizinnen keine Freundinnen haben. Das solltest du mittlerweile gelernt haben, Kind. Aber es ist gut, daß ich euch hier vorfinde. Ihr beide« — ihr Finger fuhr dolchartig auf Elayne und Min zu — »werdet gehen.«

»Ich komme später wieder.« Min erhob sich gelassen und zeigte deutlich, daß sie es nicht eilig hatte. Sie schlenderte grinsend an Liandrin vorbei, die jedoch keine Notiz von ihr nahm. Elayne warf Egwene und Nynaeve einen besorgten Blick zu, bevor sie erneut knickste und ging.

Nachdem Elayne die Tür hinter sich geschlossen hatte, musterte Liandrin Egwene und Nynaeve eingehend. Egwene wurde unter ihrem Blick sichtlich nervös, doch Nynaeve hielt sich aufrecht. Nur ihre Wangen wurden ein klein wenig roter.

»Ihr beiden stammt aus dem gleichen Dorf wie die Jungen, die mit Moiraine kamen. Stimmt das?« fragte Liandrin plötzlich.

»Habt Ihr etwas von Rand erfahren?« fragte Egwene übereifrig. Liandrin zog eine Augenbraue hoch. »Verzeiht mir, Aes Sedai. Ich habe mich vergessen.«

»Habt Ihr etwas von ihnen gehört?« fragte Nynaeve beinahe fordernd. Bei den Aufgenommenen gab es keine Vorschrift, daß sie eine Aes Sedai nur ansprechen durften, wenn sie dazu aufgefordert worden waren.

»Ihr seid um sie besorgt. Das ist gut. Sie sind in Gefahr, und ihr seid vielleicht in der Lage, ihnen zu helfen.«

»Woher wißt Ihr, daß sie in Gefahr sind?« Diesmal lag eine eindeutige Forderung in Nynaeves Worten.

Liandrins Knospenmund verzog sich, doch ihre Stimme klang genauso wie vorher. »Auch wenn du dessen nicht gewahr wurdest, hat Moiraine euretwegen Briefe an die Weiße Burg gerichtet. Moiraine Sedai sorgt sich um euch und eure jungen... Freunde. Diese Jungen, sie sind in Gefahr. Wollt ihr ihnen helfen oder sie ihrem Schicksal überlassen?«

»Ja«, sagte Egwene, und gleichzeitig fragte Nynaeve: »Welche Art von Schwierigkeiten? Wieso interessiert Ihr euch dafür?« Nynaeve betrachtete die roten Fransen an Liandrins Stola. »Und ich dachte, Ihr könntet Moiraine nicht ausstehen!«

»Setze nicht zuviel voraus, Kind«, sagte Liandrin in scharfem Ton. »Aufgenommen zu sein bedeutet noch nicht, daß du das Recht hast, dich als Schwester zu fühlen. Aufgenommene wie Novizinnen haben einer Schwester zuzuhören und zu tun, was man ihnen aufträgt.« Sie atmete tief durch und fuhr dann fort. Ihre Stimme klang wieder kalt und überlegen, doch auf ihren Wangen waren weiße Flecken zu sehen, so sehr ärgerte sie sich. »Eines Tages, da bin ich sicher, werdet auch ihr einer guten Sache dienen und lernen, daß ihr dazu selbst mit denen zusammenarbeiten müßt, die ihr nicht leiden könnt. Ich sage euch: Ich habe mit vielen zusammengearbeitet, mit denen ich bestimmt kein Zimmer teilen würde, wenn es an mir läge. Würdet ihr nicht auch mit jemandem gemeinsame Sache machen, den ihr am meisten haßt, wenn es eure Freunde retten könnte?«

Nynaeve nickte zögernd. »Aber Ihr habt uns immer noch nicht gesagt, in welcher Gefahr sie sich befinden. Liandrin Sedai.«

»Die Gefahr droht von Shayol Ghul her. Sie werden gejagt, und wie ich hörte, nicht zum ersten Mal. Wenn ihr mit mir kommt, könnten wenigstens ein paar dieser Gefahren ausgeschaltet werden. Fragt mich nicht wie, denn ich kann es euch nicht sagen, aber ich sage euch ganz eindeutig, daß es so ist und nicht anders.«

»Wir kommen mit, Liandrin Sedai«, sagte Egwene. »Wohin mitkommen?« fragte Nynaeve. Egwene warf ihr einen resignierenden Blick zu.

»Zur Toman-Halbinsel.«

Egwenes Mund klappte auf, und Nynaeve murmelte: »Es herrscht Krieg auf der Toman-Halbinsel. Hat diese Gefahr etwas mit dem Heer Artur Falkenflügels zu tun?«

»Schenkst du Gerüchten Glauben, Kind? Aber selbst, wenn sie sich bewahrheiten, kann euch das dann aufhalten? Ich glaubte, diese Männer seien eure Freunde.« An Liandrins Worten war etwas, das ihnen sagte, ihr könne das nicht passieren.

»Wir kommen mit«, sagte Egwene. Nynaeve öffnete den Mund noch mal, doch Egwene fuhr fort: »Wir gehen, Nynaeve. Wenn Rand unsere Hilfe braucht — und Mat und Perrin —, dann helfen wir auch.«

»Das ist klar«, meinte Nynaeve, »aber ich möchte wissen: warum gerade wir? Was können wir schon tun, das Moiraine oder Ihr, Liandrin, nicht fertigbringt?«

Die weißen Flecken auf Liandrins Wangen verstärkten sich. Egwene wurde bewußt, daß Nynaeve die Ehrenbezeichnung vergessen hatte, als sie Liandrin ansprach. Aber diese sagte nur: »Ihr beiden kommt aus dem gleichen Dorf. Auf irgendeine Art und Weise, die ich selbst nicht verstehe, besteht eine Verbindung zwischen euch. Darüber hinaus kann ich nichts sagen. Und ich werde keine weiteren dummen Fragen mehr beantworten. Kommt ihr nun ihretwegen mit mir?« Sie wartete auf ihre Zustimmung. Als sie nickten, entspannte sie sich sichtlich. »Gut. Ihr werdet mich eine Stunde vor Sonnenuntergang an der nördlichsten Ecke des Ogierhains treffen. Bringt eure Pferde mit und alles, was ihr für die Reise benötigt. Erzählt niemandem etwas davon.«

»Wir dürfen die Umgebung der Burg nicht ohne Erlaubnis verlassen«, sagte Nynaeve bedächtig.

»Ihr habt meine Erlaubnis. Sagt es niemandem. Absolut niemandem. In den Sälen der Weißen Burg wandeln Schwarze Ajah.«

Egwene schnappte nach Luft und hörte, wie Nynaeve genauso überrascht keuchte, doch Nynaeve erholte sich schneller. »Ich glaubte, alle Aes Sedai verleugneten deren Existenz.«

Liandrins Mund verzog sich spöttisch. »Viele verleugnen sie, aber Tarmon Gai'don kommt näher, und die Zeit zum Verleugnen ist verronnen. Die Schwarzen Ajah, das ist das Gegenteil von all dem, wofür die Weiße Burg steht, aber sie existieren, Kind. Sie sind überall. Jede Frau könnte ihnen angehören und dem Dunklen König dienen. Falls eure Freunde vom Schatten verfolgt werden, glaubt ihr dann, die Schwarzen Ajah würden euch in Freiheit und am Leben lassen, um ihnen zu helfen? Erzählt niemandem von unserem Plan — absolut niemandem! —, oder ihr erlebt vielleicht die Ankunft auf der Toman-Halbinsel nicht mehr. Eine Stunde vor Sonnenuntergang. Laßt mich nicht im Stich.« Damit war sie weg und schloß energisch die Tür hinter sich.

Egwene ließ sich auf das Bett fallen und umschlang ihre Knie. »Nynaeve, sie gehört zu den Roten Ajah. Sie kann doch gar nichts von Rand wissen. Wenn sie etwas... «

»Sie kann es nicht wissen«, stimmte Nynaeve ihr zu. »Ich möchte nur gern wissen, wieso eine Rote ihre Hilfe anbietet. Oder warum sie mit Moiraine zusammenarbeiten will. Ich hätte schwören können, daß keine der beiden der anderen Wasser gäbe, wenn sie am Verdursten wäre.«

»Glaubst du, sie lügt?«

»Sie ist eine Aes Sedai«, entgegnete Nynaeve trocken. »Ich verwette meine beste Silberspange gegen eine Heidelbeere, daß jedes Wort wahr ist, was sie gesagt hat. Aber ich frage mich, ob wir wirklich hörten, was wir zu hören glaubten.«

»Die Schwarzen Ajah.« Egwene schauderte. »Was sie darüber sagte, war völlig unmißverständlich, Licht, steh uns bei.«

»Eindeutig«, sagte Nynaeve. »Und damit hat sie auch verhindert, daß wir irgend jemanden um Rat fragen, denn wem können wir unter diesen Umständen noch vertrauen? Licht, steh uns wirklich bei!«

Min und Elayne kamen hereingestürzt und schlugen laut die Tür hinter sich zu. »Geht ihr wirklich mit?« fragte Min, und Elayne deutete auf das winzige Loch in der Wand über Egwenes Bett und sagte: »Wir haben von meinem Zimmer aus mitgehört. Wir haben alles gehört.«

Egwene und Nynaeve sahen einander an, und Egwene fragte sich, wieviel sie wirklich gehört hatten. An Nynaeves Gesicht konnte sie dieselbe Frage ablesen. Wenn sie etwas über Rand ausplaudern... »Ihr müßt das für euch behalten«, warnte Nynaeve. »Ich denke, daß Liandrin bei Sheriam die Erlaubnis eingeholt hat, uns mitzunehmen, aber falls das nicht der Fall ist und sie wegen uns morgen die ganze Burg auf den Kopf stellen, dürft ihr kein Wort verraten.«

»Es für uns behalten?« fragte Min. »Keine Angst. Ich komme sowieso mit euch. Den ganzen Tag muß ich der einen oder anderen Braunen Schwester etwas zu erklären versuchen, was ich selbst nicht verstehe. Ich kann noch nicht einmal spazierengehen, ohne daß die Amyrlin auftaucht und mich bittet, die Zukunft von jeder, die wir gerade sehen, zu lesen. Wenn diese Frau dich um etwas bittet, dann führt kein Weg daran vorbei. Ich muß für sie etwas über das Schicksal der halben Burg herausfinden, und dann will sie immer noch mehr wissen. Alles, was ich brauchte, war einen Vorwand, um abzuhauen, und den habe ich nun.« In ihrem Gesicht stand eine Entschlossenheit, die keinen Widerspruch duldete.

Egwene fragte sich, warum Min so scharf darauf war, mit ihnen zu kommen. Sie hätte ja auch auf eigene Faust verschwinden können. Aber bevor sie länger darüber nachdenken konnte, sagte Elayne: »Ich komme auch mit.«

»Elayne«, meinte Nynaeve sanft, »Egwene und ich sind durch unsere gemeinsame Heimat Emondsfeld mit den Jungen verbunden. Du bist die Tochter-Erbin von Andor. Wenn du aus der Weißen Burg verschwindest, könnte das sogar einen Krieg auslösen.«

»Mutter würde keinen Krieg gegen Tar Valon anfangen, und wenn sie mich teerten und federten, was durchaus geschehen könnte. Wenn ihr drei wegrennen und auf Abenteuer ausziehen könnt, dann glaubt ja nicht, daß ich hierbleibe und Geschirr abwasche und den Boden schrubbe und mich von irgendeiner Aufgenommenen schlagen lasse, weil ich das Feuer nicht genauso eingelegt habe, wie sie es wollte. Gawyn wird vor Neid erblassen, wenn er das hört.« Elayne grinste und faßte hinüber, um mit Egwenes Haar zu spielen. »Außerdem, falls ihr Rand lange genug frei herumlaufen laßt, habe ich vielleicht eine Chance, ihn mir zu greifen.«

»Ich glaube nicht, daß eine von uns Rand bekommt«, sagte Egwene traurig.

»Dann müssen wir feststellen, wen er haben will, und ihr das Leben zur Hölle machen. Aber so blöd ist er nicht, daß er sich eine andere aussucht, wenn er eine von uns haben kann. Ach, lächle doch mal wieder, Egwene. Ich weiß, daß er dir gehört. Ich fühle mich nur« — sie zögerte und suchte nach dem passenden Ausdruck — »frei. Ich habe noch nie ein Abenteuer erlebt. Ich wette, keine von uns wird sich in den Schlaf weinen, wenn wir etwas Tolles erleben. Und falls doch, werden wir sichergehen, daß die Geschichtenerzähler diesen Teil auslassen.«

»Das ist doch alles Quatsch«, sagte Nynaeve. »Wir reiten zur Toman-Halbinsel. Du hast die Neuigkeiten und die Gerüchte gehört. Es wird gefährlich. Du mußt hierbleiben.«

»Ich habe auch gehört, was Liandrin Sedai über die —die Schwarzen Ajah gesagt hat.« Elayne flüsterte beinahe, als sie diese Bezeichnung aussprach. »Wie sicher werde ich hier sein, wenn die sich hier befinden? Wenn Mutter auch nur ahnte, daß es wirklich Schwarze Ajah gibt, würde sie mich lieber mitten in eine Schlacht hineinschicken, nur um mich von hier wegzubringen.«

»Aber Elayne... «

»Es gibt nur eines, um mich davon abzuhalten, daß ich mitkomme. Ihr müßt es eben Sheriam erzählen. Wir werden ein schönes Bild abgeben, wenn wir in ihrem Büro in einer Reihe stehen. Wir vier. Ich glaube nicht, daß Min sich da noch ausschließen könnte. Aber da ihr es Sheriam nicht erzählen werdet, komme ich auch mit.«

Nynaeve hob abwehrend die Hände. »Vielleicht fällt dir etwas ein, um sie noch zur Vernunft zu bringen«, wandte sie sich an Min.

Min hatte sich an die Tür gelehnt und Elayne angeblinzelt, und nun schüttelte sie den Kopf. »Ich glaube, sie muß genauso mitkommen wie ihr beiden. Wie wir alle. Ich kann jetzt die Gefahr um euch alle herum deutlicher erkennen. Nicht deutlich genug, um festzustellen, was es ist, aber ich denke, es hat etwas mit eurer Entscheidung zu tun, hier wegzugehen. Deshalb ist sie jetzt klarer umrissen und eindeutiger.«

»Das ist noch kein Grund dafür, daß sie mitkommen muß«, sagte Nynaeve, aber Min schüttelte erneut den Kopf.

»Sie ist mit — mit diesen Jungen genauso verbunden wie du oder Egwene oder ich. Sie gehört dazu, Nynaeve, gleich, was es ist. Ein Teil des Musters, würde eine Aes Sedai vermutlich dazu sagen.«

Elayne schien von ihren Worten überrascht, aber auch interessiert. »Tatsächlich? Welcher Teil, Min?«

»Ich kann es nicht klar erkennen.« Min blickte zu Boden. »Manchmal wünsche ich mir, ich könnte überhaupt nichts erkennen. Den meisten Leuten gefällt das, was ich sehe, sowieso nicht.«

»Wenn wir schon alle gehen«, sagte Nynaeve, »dann sollten wir uns jetzt ans Planen machen.« Wie viele Einwände sie auch vorher gemacht haben sollte: Wenn die Entscheidung gefallen war, wandte sich Nynaeve sofort den praktischen Problemen zu — was sie mitnehmen mußten und wie kalt es sein würde, wenn sie die TomanHalbinsel erreichten, und wie sie ihre Pferde aus den Ställen holen konnten, ohne aufgehalten zu werden.

Während sie ihr lauschte, fragte Egwene sich doch immer noch, welche Gefahr Min auf sie lauern sah und was Rand bedrohte. Ihr fiel nur eines ein, was Rand bedrohen konnte, und bei dem Gedanken überlief es sie kalt. Halt aus, Rand. Halt aus, du wollköpfiger Idiot. Irgendwie werde ich dir helfen.

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