Alar führte sie mit würdigverhaltenen Schritten vom Wegetor fort. Juin allerdings schien froh darüber zu sein. Mats Blick war nur nach vorn gerichtet, und Hurin schritt voller Vertrauen nebenher. Loial allerdings machte einen besorgten Eindruck. Er fürchtete wohl, Alar könne ihre Ansicht ändern und ihn doch nicht mitgehen lassen. Rand beeilte sich nicht. Er zog den Braunen an den Zügeln hinter sich her. Sein Zögern rührte daher, daß er nicht glaubte, Verin wolle selbst das Portal öffnen.
Die graue Steinsäule stand aufrecht neben einer beinahe hundert Fuß hohen und vier Fuß starken Buche. Rand hätte sie wohl für einen wirklich großen Baum gehalten —bevor er die Großen Bäume gesehen hatte. Hier gab es keine Vorwarnung durch eine Umrandung wie bei dem Wegetor; nur ein paar Blumen schoben ihre Köpfchen durch den von Blättern übersäten Humus des Waldbodens. Der Portalstein war verwittert, doch die Schriftzeichen darauf waren immer noch eindeutig zu entziffern.
Die berittenen schienarischen Soldaten schwärmten im Kreis um den Stein und die zu Fuß Einherschreitenden aus. »Wir haben ihn aufgestellt«, sagte Alar, »als wir ihn vor vielen Jahren fanden. Doch wir haben ihn nicht von seinem ursprünglichen Standort entfernt. Er... schien sich... einem Transport zu... widersetzen.« Sie ging zu dem Stein hin und legte eine große Hand darauf. »Ich habe ihn immer als Symbol des Verlorengegangenen betrachtet, des Vergessenen. Im Zeitalter der Legenden hätte man ihn untersucht und auch ein wenig davon verstanden. Für uns ist es nur ein Stein.«
»Ich hoffe, er ist mehr als nur das.« Verins Stimme klang nun energischer. »Älteste, ich danke Euch für Eure Hilfe. Vergebt uns die unhöflich kurz angebundene Weise, auf die wir Euch verlassen müssen, aber das Rad wartet nicht auf irgendeine Frau. Wenigstens werden wir nun den Frieden in Eurem Stedding nicht mehr stören.«
»Wir haben wohl die Steinwerker aus Cairhien zurückgeholt«, sagte Alar, »doch wir hören immer noch, was draußen in der Welt geschieht. Falsche Drachen. Die Wilde Jagd nach dem Horn. Wir vernehmen es, und es geht an uns vorbei. Ich glaube jedoch nicht, daß uns Tarmon Gai'don unberührt lassen oder gar an uns vorbeigehen wird. Lebt nun wohl, Verin Aes Sedai. Lebt wohl, Ihr alle, und mögt Ihr Zuflucht in der Hand des Schöpfers finden. Juin.« Sie sah Loial kurz an und warf Rand einen mahnenden Blick zu, und dann waren die Ogier unter den Bäumen verschwunden.
Mark hörte das Knarren der Sättel, als sich die Soldaten unruhig bewegten. Ingtar blickte sich in ihrem Kreis um. »Ist dies denn notwendig, Verin Sedai? Selbst wenn es möglich ist... Wir wissen noch nicht einmal, ob die Schattenfreunde wirklich das Horn zur Toman-Halbinsel mitgenommen haben. Ich glaube immer noch, daß ich Barthanes dazu bringen... «
»Wenn wir das nicht mit letzter Sicherheit wissen«, unterbrach ihn Verin in sanftem Tonfall, »dann ist die Toman-Halbinsel ein genauso gutes Ziel wie jedes andere. Mehr als einmal habe ich gehört, wie Ihr sagtet, des Hornes wegen würdet Ihr sogar zum Shayol Ghul selbst reiten. Schreckt Ihr nun davor zurück?« Sie deutete auf den Stein unter der mächtigen Buche.
Ingtar versteifte sich entrüstet. »Ich schrecke vor nichts zurück. Bringt uns zur Toman-Halbinsel oder auch zum Shayol Ghul. Falls am Ende das Horn von Valere auf uns wartet, werde ich Euch folgen.«
»Das ist gut, Ingtar. Also, Rand, Ihr seid in jüngerer Zeit als ich mit Hilfe eines Portalsteins gereist. Kommt.« Sie gab ihm einen Wink, und er führte den Braunen zu ihr hinüber an den Stein.
»Ihr habt bereits einen Portalstein benützt?« Er sah sich nach hinten um, ob sich jemand anders in Hörweite befand. »Dann verlangt Ihr also nicht von mir, daß ich es versuche.« Er zuckte erleichtert die Achseln.
Verin blickte ihn ausdruckslos an. »Ich habe noch nie einen Stein benützt — aufgrund solcher Hilfe seid Ihr also in jüngerer Zeit weiter gekommen als ich. Ich kenne die Grenzen meiner Fähigkeiten. Ich wäre tot, bevor ich die Macht auch nur in annäherndem Maße lenken könnte, um den Portalstein benützen zu können. Aber wenigstens weiß ich darüber Bescheid. Genug, um Euch ein bißchen behilflich zu sein.«
»Aber ich weiß doch überhaupt nichts!« Er führte sein Pferd um den Stein herum und betrachtete ihn von oben bis unten. »Das einzige, woran ich mich erinnere, ist das Zeichen für unsere Welt. Selene hat es mir gezeigt, aber hier kann ich es nicht finden.«
»Natürlich nicht. Nicht auf einem Stein in unserer Welt. Die Schriftzeichen sind Hilfen dazu, auf eine Welt zu gelangen.« Sie schüttelte den Kopf. »Was würde ich nicht darum geben, mit diesem Mädchen zu sprechen, von dem Ihr mir erzählt habt! Oder noch besser — ihr Buch in die Hände zu bekommen. Man glaubt allgemein, daß kein Exemplar von SPIEGEL DES RADS die Zerstörung heil überstanden habe. Serafelle sagt immer, daß es viel mehr verlorengeglaubte Bücher gebe, als wir jemals wiederfinden können. Na ja, es hat keinen Zweck, sich über etwas Gedanken zu machen, was wir nicht wissen. Ich weiß doch wenigstens ein paar Dinge. Die Zeichen auf der oberen Hälfte des Steins stehen für bestimmte Welten. Nicht für alle Welten des Möglichen natürlich. Offensichtlich ist nicht jeder Stein mit allen Welten verbunden, und die Aes Sedai im Zeitalter der Legenden glaubten sogar, es gebe mögliche Welten, die von keinem der Steine berührt werden. Könnt Ihr nichts entdecken, das in Euch eine Erinnerung auslöst?«
»Nichts.« Wenn er nur das richtige Zeichen fände, könnte er es benützen, um Fain und das Horn aufzuspüren, um Mat zu retten, um Fain davon abzuhalten, Emondsfeld zu schaden. Wenn er das Zeichen fand, mußte er Saidin wieder gebrauchen. Er wollte Mat retten und Fain aufhalten, doch er wollte ganz bestimmt Saidin nicht mehr berühren. Er fürchtete sich davor, wieder die Macht einzusetzen, und gleichzeitig gierte er danach wie ein Verhungernder nach Nahrung. »Ich kann mich einfach an nichts erinnern.«
Verin seufzte. »Die Zeichen auf dem unteren Teil stehen für Steine an anderen Orten. Wenn Ihr den Bogen heraushabt, könnt Ihr uns nicht nur zum gleichen Stein in einer anderen Welt bringen, sondern zu einem von diesen Steinen, ja vielleicht sogar direkt zu einem anderen Stein auf unserer eigenen Welt. Das ist so ähnlich wie beim Reisen durch die Kurzen Wege, glaube ich. Aber da niemand mehr weiß, wie man das anstellt... Ohne dieses Wissen könnten wir bei einem Versuch alle getötet werden.« Sie deutete auf zwei wellenartige, parallel verlaufende Linien weit unten auf dem Stein, die von einem eigenartigen Schnörkel geschnitten wurden. »Das steht für den Stein auf der Toman-Halbinsel. Das ist einer der drei Steine, deren Symbole ich kenne, und der einzige von ihnen, bei dem ich schon war. Und was ich bei dieser Gelegenheit herausfand — nachdem mich in den Verschleierten Bergen beinahe der Schnee noch erwischt hätte und ich auf der Ebene von Almoth fast erfroren wäre —, war absolut nichts. Spielt Ihr manchmal mit Würfeln oder Karten, Rand al'Thor?«
»Mat ist unser Spieler. Warum?«
»Ja. Na ja, den werden wir besser aus dem Spiel lassen, denke ich. Ich kenne dann auch noch diese anderen Symbole.«
Mit einem Finger fuhr sie die Umrisse eines Vierecks nach, innerhalb dessen acht sehr ähnliche Zeichen eingeritzt waren: alles Kreise und Pfeile, doch in der einen Hälfte befand sich der Pfeil in dem Kreis, während er ihn in der anderen Hälfte von außen her durchbohrte. Die Pfeile zeigten nach links, rechts, oben und unten, und jeder Kreis wurde von etwas umgeben, das Rand für Schriftzeichen hielt, wenn auch in keiner ihm bekannten Sprache. Das waren fließende Wellenlinien, die plötzlich in scharfe Zacken ausliefen, dann aber wieder wie vorher weiterflossen.
Verin fuhr fort: »Zumindest weiß ich folgendes: Jedes steht für eine Welt, deren Erforschung schließlich dazu führte, daß man die Kurzen Wege erschuf. Das sind nicht alle erforschten Welten, aber die einzigen, deren Symbole ich kenne. An dieser Stelle wird es zum Glücksspiel. Ich weiß nicht, wie es auf diesen Welten aussieht. Man glaubt allgemein, es gäbe darunter Welten, auf denen ein Jahr ablaufen kann, obwohl derweil bei uns nur ein Tag vergeht, aber auch andere, wo ein Tag bei uns ein Jahr bedeuten würde. Es gibt angeblich Welten mit giftiger Luft, auf denen ein Atemzug bereits den sicheren Tod für uns bedeuten würde, und Welten, die so weit von der Wirklichkeit entfernt sind, daß sie kaum noch zusammenhalten. Ich will erst gar nicht daran denken, was geschähe, fänden wir uns auf einer von denen wieder. Ihr müßt wählen. Wie mein Vater es ausgedrückt hätte: Es ist an der Zeit, die Würfel entscheiden zu lassen.«
Rand sah zu Boden und schüttelte den Kopf. »Ich könnte uns alle umbringen, wofür ich mich auch entscheide.«
»Wollt Ihr dieses Risiko nicht auf Euch nehmen? Für das Horn von Valere? Für Mat?«
»Warum seid Ihr denn so erpicht darauf? Ich weiß noch nicht einmal, ob ich es überhaupt schaffe. Es — es geht nicht jedesmal, wenn ich es versuche.« Er wußte, daß sich keiner der anderen ihnen genähert hatte, aber trotzdem sah er sich nun um. Alle standen im Kreis um den Stein herum und beobachteten sie, aber so weit entfernt, daß keiner ihre Worte verstehen konnte. »Manchmal ist Saidin einfach nur in der Nähe. Ich kann es fühlen, aber nicht berühren. Es könnte genausogut auf dem Mond sein, so weit ist jede Berührungsmöglichkeit entfernt.
Und auch wenn es gelingt — was geschieht, wenn ich uns auf eine Welt bringe, wo wir nicht atmen können? Was hat Mat dann davon? Oder das Horn?«
»Ihr seid der Wiedergeborene Drache«, sagte sie ruhig. »O ja, Ihr könnt auch sterben, aber ich glaube nicht, daß Euch das Muster sterben läßt, bevor Eure Aufgabe erfüllt ist. Aber natürlich liegt heutzutage das Große Muster unter dem Schatten, und wer weiß, wie dies das Weben beeinflußt? Ihr könnt eben nur Eurem Schicksal folgen.«
»Ich bin Rand al'Thor«, grollte er. »Ich bin nicht der Wiedergeborene Drache. Ich werde auch nicht zu einem falschen Drachen.«
»Ihr seid, was Ihr seid. Wählt Ihr nun oder bleibt Ihr hier stehen, bis Euer Freund stirbt?«
Rand merkte, daß er mit den Zähnen knirschte, und er zwang sich, seine Kiefer zu entspannen. Die Bildzeichen hätten auch alle gleich sein können — er verstand sie sowieso nicht. Die Schrift sah aus, als hätten hier Hühner gescharrt. Schließlich entschied er sich für ein Symbol mit einem nach links zeigenden Pfeil, der nach der TomanHalbinsel wies, und außerdem durchbrach der Pfeil den Kreis von innen her, als wolle er sich befreien, so wie er. Beinahe hätte er aufgelacht. Auf solche Kleinigkeiten verwettete er ihre Köpfe!
»Kommt näher!« befahl Verin den anderen. »Es ist am besten, wenn Ihr ganz nahe seid.« Sie gehorchten fast ohne zu zögern. »Es ist Zeit. Laßt uns beginnen«, sagte sie, nachdem sie sich zu ihnen gesellt hatten.
Sie warf ihren Umhang schwungvoll nach hinten und legte die Hände auf den Stein. Rand bemerkte, daß sie ihn aus den Augenwinkeln beobachtete. Er hörte nervöses Husten und Räuspern von den Männern, die den Stein umstanden. Uno fluchte über einen Mann, der weiter hinten stand, Mat riß einen schwächlichen Witz, und Loial schluckte vernehmlich. Er suchte das Nichts.
Es war mittlerweile so leicht. Die Flamme verschlang Angst und Leidenschaft und war schon weg, kaum daß er sie herbeigerufen hatte. Weg, nur noch Leere, und dahinter leuchtete Saidin, schwindelerregend, quälend, drehte ihm beinahe den Magen um, verführte ihn. Er... griff danach... und es erfüllte ihn, ließ ihn aufleben. Er zuckte mit keinem Muskel, doch er hatte das Gefühl, daß er unter dem Ansturm der Einen Macht erzitterte. Das Zeichen entstand vor ihm, ein Pfeil, der von innen her einen Kreis durchbohrte. Es schwebte gleich außerhalb des Nichts und schien genauso hart wie der Stoff, in den es eingemeißelt war. Er ließ die Eine Macht durch sich hindurch in das Zeichen strömen. Das Zeichen schimmerte, flackerte.
»Etwas geschieht«, sagte Verin. »Etwas... «
Die Welt flackerte.
Das eiserne Schloß rutschte über den Fußboden des Bauernhauses, und Rand ließ den heißen Teekessel fallen, als eine riesige Gestalt mit Hammelhörnern auf dem Kopf in der Tür aufragte. Dahinter lag nur die Dunkelheit der Winternacht.
»Renn!« schrie Tam. Sein Schwert blitzte, und der Trolloc stürzte zu Boden. Doch im Fallen noch packte er Tam und riß ihn mit sich.
Weitere drängten sich an der Tür — in schwarze Rüstungen gehüllte Gestalten mit menschlichen Gesichtern, die durch Schnauzen und Schnäbel und Hörner entstellt wurden. Gekrümmte Schwerter hieben auf Tam ein, der sich bemühte, wieder auf die Beine zu kommen. Dornenäxte wurden geschwungen. An den Stahlschneiden leuchtete rotes Blut.
»Vater!« schrie Rand. Er riß sein Messer aus der Scheide und warf sich über den Tisch hinweg, um seinem Vater zu helfen, und dann schrie er noch einmal auf, denn das erste Schwert durchbohrte seine Brust.
Blut wallte in seinem Mund auf, und eine Stimme in seinem Kopf flüsterte: Ich habe wieder gewonnen, Lews Therin.
Flackern.
Rand bemühte sich, das Symbol im Blick zu behalten, und Verins Stimme drang ihm nur schwach ins Bewußtsein: »... ist nicht... «
Der Strom der Macht ergoß sich über ihn. Flackern.
Rand war glücklich, nachdem er Egwene geheiratet hatte. Er ließ sich auch nicht von der düsteren Stimmung überwältigen, die manchmal in ihm aufkam, wenn er daran dachte, daß es da noch etwas anderes geben müsse, etwas ganz anderes. Die Händler brachten Neuigkeiten aus der Welt außerhalb der Zwei Flüsse, und es kamen Kaufleute, um Wolle und Tabak zu erwerben. Immer kamen mit ihnen die Nachrichten von neuen Auseinandersetzungen, von Kriegen und falschen Drachen. Es kam ein Jahr ganz ohne Händler und Kaufleute, und als sie im nächsten zurückkehrten, erzählten sie, daß Artur Falkenflügels Heer zurückgekehrt sei, oder zumindest die Nachkommen seiner Soldaten. Die alten Länder waren zerschlagen, behaupteten sie, und die neuen Herrscher der Welt, die in der Schlacht angekettete Aes Sedai einsetzten, hatten die Weiße Burg geschleift und den Boden versalzen, wo Tar Valon gestanden hatte. Es gab keine Aes Sedai mehr.
Im Gebiet der zwei Flüsse war kein Unterschied zu spüren. Immer noch mußten die Felder bestellt, die Schafe geschoren und die Lämmer versorgt werden. Tam schaukelte Enkel auf den Knien, bevor er schließlich neben seiner Frau zur letzten Ruhe gebettet wurde. An das alte Bauernhaus wurden neue Räume angebaut. Egwene wurde zur Seherin gewählt, und die meisten waren davon überzeugt, daß sie besser sei als die vorherige Seherin, Nynaeve al'Meara. Das war auch gut so, denn ihre Heilmittel, die bei anderen so wunderbar wirkten, konnten Rand nur gerade eben am Leben halten. Eine geheimnisvolle Krankheit bedrohte ihn ohne Unterlaß. Seine Launen wurden schlimmer, düsterer, und er wütete oft, dieses Leben sei nicht das, was ihm vorherbestimmt gewesen sei. Wenn diese Launen ihn überkamen, fürchtete Egwene sich vor ihm, denn wenn es am schlimmsten war, geschahen manchmal eigenartige Dinge. Gewitter zogen auf, die sie nicht vorhergesehen hatte, Waldbrände flammten plötzlich auf... Aber sie liebte ihn und sorgte für ihn und erhielt seine geistige (Gesundheit, obwohl manch einer grollte, daß Rand al'Thor wahnsinnig sei und gefährlich dazu.
Als sie starb, saß er allein lange Zeit an ihrem Grab. Tränen flossen in seinen graumelierten Bart. Seine Krankheit kehrte zurück, und er siechte dahin. Er verlor die letzten beiden Finger seiner rechten Hand und einen an der linken. Seine Ohren wirkten wie Narben, und die Männer erzählten sich, er rieche faulig. Er wurde zu einer immer düstereren Gestalt.
Doch als der furchtbare Ruf erschallte, weigerte sich niemand, ihn an seiner Seite zu dulden. Aus der Großen Fäule waren Trollocs und Blasse und andere Alptraumgestalten hervorgebrochen, und die neuen Herrscher der Welt wurden zurückgeworfen, trotz all ihrer Macht. Also nahm Rand den Bogen auf, den er mit seinen übriggebliebenen Fingern gerade noch benützen konnte, und er humpelte mit denen mit, die nach Norden zum Taren marschierten; es waren Männer aus jedem Dorf, von jedem Hof und aus jedem Winkel der Zwei Flüsse, Männer mit Bogen und Axt und Spieß und mit Schwertern, die schon lange in den Speichern vor sich hingerostet waren. Auch Rand trug ein Schwert mit einem Reiher auf der Klinge. Er hatte es gefunden, nachdem Tam gestorben war, doch er wußte es nicht zu gebrauchen. Es kamen auch Frauen mit, die Waffen, die sie irgendwo gefunden hatten, über die Schultern gelegt, und sie marschierten neben den Männern her. Einige lachten und meinten, sie hätten das seltsame Gefühl, all dies schon einmal erlebt zu haben. Und am Taren trafen die Menschen von den Zwei Flüssen auf die Invasoren: endlose Reihen von Trollocs, die unter einer toten, schwarzen Flagge, die das Licht zu fressen schien, von alptraumhaften Blassen angeführt wurden. Rand sah diese Flagge und glaubte, der Wahnsinn habe ihn gepackt, denn ihm schien es, daß er dazu bestimmt gewesen war, dieses Banner zu bekämpfen. Er schoß jeden seiner Pfeile auf die Flagge, so gerade, wie es sein Geschick und das Nichts erlaubten, und er machte sich keine Gedanken über die Trollocs, die sich ihren Weg über den Fluß hinweg bahnten, oder über die Männer und Frauen, die an seiner Seite starben. Einer dieser Trollocs schließlich durchbohrte ihn, bevor er vor Kampfeswut heulend weiter in das Gebiet der Zwei Flüsse hineinhetzte. Und als er so am Ufer des Taren lag und sah, wie der Mittagshimmel sich verdunkelte, und als sein Atem immer schwächer wurde, da hörte er eine Stimme sagen: Ich habe wieder gewonnen, Lews Therin. Flackern.
Das Pfeil-und-Kreissymbol verzerrte sich zu parallel verlaufenden Wellenlinien, und er zwang sie nur mühsam in ihre alte Form zurück.
Verins Stimme: »... richtig. Etwas...«
Die Macht wütete.
Flackern. Tam bemühte sich, Rand zu trösten, als Egwene gerade eine Woche vor ihrer Hochzeit krank wurde und starb. Auch Nynaeve bemühte sich, aber sie war selbst völlig durcheinander, denn trotz all ihrer Fähigkeiten hatte sie keine Ahnung, woran das Mädchen gestorben war. Rand hatte draußen vor ihrem Haus gesessen, als Egwene starb, und es schien in Emondsfeld keinen Fleck zu geben, an dem ihm nicht immer noch ihre Schreie in den Ohren klangen. Ihm war klar, daß er nicht hierbleiben konnte. Tam gab ihm ein Schwert mit einer durch einen Reiher gekennzeichneten Klinge mit. Er erklärte Rand nicht, wie ein Schäfer von den Zwei Flüssen an eine solche Waffe gekommen war, doch er brachte Rand bei, wie man damit umging. Am Tage von Rands Abreise gab er ihm einen Brief und sagte, mit dessen Hilfe könne Rand in die Armee von Illian aufgenommen werden. Dann umarmte er ihn und sagte noch: »Ich hatte nie einen anderen Sohn und wollte auch keinen. Komm zurück und bringe dir eine Frau mit, so wie ich damals, Junge, aber komm auf jeden Fall zurück.«
Rand wurde aber in Baerlon sein ganzes Geld gestohlen und auch noch der Brief und beinahe das Schwert. Er traf dort eine Frau namens Min, die ihm so verrückte Sachen erzählte, daß er schließlich die Stadt verließ, um ihr zu entkommen. Irgendwann führte ihn seine Wanderung nach Caemlyn, und dort brachte ihm sein geschickter Umgang mit dem Schwert einen Platz in der königlichen Garde ein. Manchmal sah er die Tochter-Erbin, Elayne, an, und dabei dachte er so ungereimtes Zeug wie: dies sei alles nicht so, wie es in Wirklichkeit sein sollte und es müßte eigentlich in seinem Leben vieles anders laufen. Doch Elayne bemerkte ihn natürlich überhaupt nicht. Sie heiratete einen Prinzen aus dem Tarengebiet, schien aber in der Ehe nicht glücklich zu sein. Rand war nur ein Soldat, der einst Schafhirte gewesen war und aus einem kleinen Dorf so weit weg an der westlichen Grenze stammte, daß nur die Striche auf einer Landkarte es noch mit Andor verbanden. Außerdem hatte er den Ruf eines düsteren Mannes, der schnell aufbrauste.
Manche behaupteten sogar, er sei verrückt, und zu normalen Zeiten hätte wahrscheinlich nicht einmal sein Geschick mit dem Schwert ausgereicht, um ihm den Platz in der Garde zu erhalten, aber dies waren eben keine normalen Zeiten. Falsche Drachen schossen wie Unkraut aus dem Boden. Jedesmal, wenn einer besiegt war, tauchten zwei oder gar drei neue auf, bis alle Nationen schließlich von Kriegen geschüttelt wurden. Und Rands Stern war im Aufgehen, denn er hatte das Geheimnis seiner scheinbaren Verrücktheit gelöst — ein Geheimnis, das er allerdings anderen gegenüber sorgfältig wahrte. Er konnte die Macht lenken. Es gab immer Zeitpunkte und Orte, wo ihm ein klein wenig der Macht — nicht genug, um in all dem Durcheinander aufzufallen — Glück brachte. Manchmal klappte es damit; manchmal auch nicht, aber eben oft genug. Er wußte, daß er wahnsinnig sein mußte, aber es war ihm gleich. Eine Krankheit zehrte ihn allmählich aus, aber auch das war ihm gleich und allen anderen auch, denn man hatte erfahren, daß Artur Falkenflügels Heer zurückgekehrt war und das Land für sich beanspruchte.
Rand führte tausend Gardesoldaten der Königin über die Verschleierten Berge. Er dachte nicht daran, einen Umweg zu machen und die Zwei Flüsse zu besuchen; er dachte überhaupt nur noch selten an die Heimat. Er war Kommandant der Garde, als ihre zerschlagenen Reste den Rückzug über die Berge antraten. Überall in ganz Andor kämpfte er und zog sich inmitten der Massen von Flüchtlingen zurück, bis er schließlich nach Caemlyn kam. Viele Bewohner der Stadt waren bereits geflohen, und man riet dem Heer, noch weiter zurückzuweichen, doch nun war Elayne Königin, und sie wollte Caemlyn nicht verlassen. Sie sah sein von der Krankheit zernarbtes Gesicht nicht an, aber er konnte sie trotzdem nicht verlassen, und so bereiteten sich die Reste der königlichen Garde darauf vor, die Königin zu beschützen, während ihre Untertanen flohen.
Während der Schlacht um Caemlyn kam die Macht über ihn, und er schleuderte Blitze und Feuer auf die Eindringlinge, spaltete die Erde unter ihren Füßen und hatte doch das Gefühl, er sei zu etwas anderem berufen. Trotz seiner Taten waren es zu viele Feinde, und auch unter ihnen waren einige, die die Macht lenken konnten. Schließlich traf ein Blitz Rand und schleuderte ihn von der Palastmauer. Zerbrochen, blutend und verbrannt lag er da, und während der letzte Atemzug in seiner Kehle rasselte, hörte er eine Stimme flüstern: Ich habe wieder gewonnen, Lews Therin. Flackern.
Rand kämpfte darum, das Nichts zu erhalten, denn es erzitterte unter den Hammerschlägen des Flackerns der ganzen Welt. Er mußte das eine Symbol im Geist festhalten, auch wenn tausend davon über die Oberfläche des Nichts schrammten. Er hielt es mit aller Kraft fest.
»... ist falsch!« schrie Verin.
Die Macht war überall und alles.
Flackern. Flackern. Flackern. Flackern. Flackern. Flackern. Er war Soldat. Er war Schafhirte. Er war Bettler, und er war König. Er war Bauer, Gaukler, Seilmacher, Zimmermann. Er wurde geboren, lebte und starb als Aiel. Er starb, dem Wahnsinn verfallen, verfaulend, er starb an einer Krankheit, bei einem Unfall oder im hohen Alter. Er wurde hingerichtet, und die Massen bejubelten seinen Tod. Er erklärte sich zum Wiedergeborenen Drachen, und seine Flagge bedeckte den Himmel. Er lief vor der Macht weg und versteckte sich und starb, ohne jemals etwas über sich selbst zu erfahren. Er kämpfte jahrelang gegen den Wahnsinn und die Krankheit an, und er unterlag ihnen binnen zweier Winter. Manchmal kam Moiraine und holte ihn von den Zwei Flüssen weg, entweder allein oder mit denjenigen seiner Freunde, die die Winternacht überlebt hatten. Manchmal kam sie nicht. Gelegentlich waren es andere Aes Sedai, die ihn holten. Manchmal auch Rote Ajah. Egwene heiratete ihn. Egwene saß mit ernstem Gesicht in die Stola der Amyrlin eingehüllt vor ihm und ließ ihn von den anderen Aes Sedai einer Dämpfung unterziehen. Egwene stieß ihm mit Tränen in den Augen einen Dolch ins Herz, und er dankte ihr dafür, als er starb. Er liebte andere Frauen, heiratete andere Frauen. Elayne und Min und eine blonde Bauerntochter, die er auf dem Weg nach Caemlyn kennenlernte, und Frauen, die er noch nie gesehen hatte, bevor er all diese Leben lebte. Hundert Leben. Mehr. So viele, daß er sie nicht mehr zählen konnte. Und am Ende jedes Lebens, als er im Sterben lag, als er den letzten Atemzug tat, flüsterte ihm eine Stimme ins Ohr: Ich habe wieder gewonnen, Lews Therin. Flackern. Flackern. Flackern. Flackern. Flackern. Flackern. Flackern. Flackern. Flackern. Flackern. Flackern. Flackern.
Das Nichts löste sich auf, die Verbindung zu Saidin verschwand, und Rand stürzte mit einem dumpfen Schlag, der ihm den Atem geraubt hätte, wäre er nicht sowieso schon halb betäubt gewesen. Unter seiner Wange und seinen Händen fühlte er rauhen Stein. Es war kalt.
Er war sich Verins Gegenwart bewußt, die versuchte, aus der Rückenlage auf die Knie zu kommen. Er hörte, wie sich jemand laut übergab und hob den Kopf. Uno kniete am Boden und rieb sich den Mund mit dem Handrücken. Alle waren am Boden, und die Pferde standen mit steifen Beinen und wild rollenden Augen da. Ingtar hatte sein Schwert gezogen und den Griff so hart gepackt, daß die Klinge zitterte. Sein Blick ging ins Leere. Loial saß breitbeinig da. Er hatte die Augen aufgerissen und wirkte wie betäubt. Mat hatte sich beinahe zu einer Kugel zusammengerollt und dabei die Arme um den Kopf geschlungen. Perrins Finger gruben sich in sein Gesicht ein, als wolle er das herausreißen, was er gesehen hatte, oder vielleicht auch die Augen, die es gesehen hatten. Keinem der Soldaten ging es besser. Masema weinte unverhohlen. Tränen liefen ihm übers Gesicht. Hurin sah sich um, als suche er nach einer Zuflucht.
»Was...?« Rand hielt inne und schluckte schwer. Er lag auf einem rauhen, verwitterten Felsen, der halb im Boden vergraben war. »Was ist geschehen?«
»Ein Schwall der Einen Macht.« Die Aes Sedai taumelte hoch und zog schaudernd ihren Umhang um sich zusammen. »Es war, als zwänge man uns... schob... Es schien aus dem Nichts zu kommen. Ihr müßt lernen, das besser zu beherrschen. Unbedingt! Soviel der Einen Macht könnte Euch einmal wie Zunder verbrennen.«
»Verin, ich... Ich lebte... Ich war... « Ihm wurde bewußt, daß der Fels unter ihm abgerundet war. Der Portalstein. Hastig und zittrig raffte er sich hoch. »Verin, ich lebte und starb — ach, ich weiß nicht, wie oft. Jedesmal war es anders, aber ich war es trotzdem. Jedesmal ich.«
»Die Verbindungslinien zwischen den Welten des Möglichen, von jenen angelegt, die die Zahl des Tieres kannten.« Verin schauderte und schien eher mit sich selbst zu sprechen. »Ich habe niemals Genaueres darüber gehört, doch es gibt keinen Grund, warum wir nicht auf diesen Welten geboren werden könnten. Aber die dort ablaufenden Leben wären dann ganz anders als unseres hier. Ganz klar. Verschiedene Leben wegen der verschiedenen Möglichkeiten, wie die Dinge abgelaufen sein könnten.«
»Das ist es also? Ich... wir... sahen, wie unser Leben hätte verlaufen können?« Ich habe wieder gewonnen, Lews Therin. Nein! Ich bin Rand al'Thor! Verin schüttelte sich und sah ihn an. »Überrascht es Euch, daß Euer Leben anders ablaufen würde, wenn Ihr Euch anders entscheidet oder wenn andere Ereignisse Euch beeinflussen? Obwohl, ich habe auch niemals geglaubt, daß ich — ach! Das Wichtigste ist, daß wir hier sind. Wenn auch nicht auf die erhoffte Weise.«
»Wo sind wir hier?« wollte er wissen. Die Wälder des Steddings Tsofu waren verschwunden und von einer Ebene abgelöst worden. Unweit von ihnen, im Westen, gab es Wälder und ein paar Hügel. Als sie sich im Stedding um den Stein versammelt hatten, hatte die Sonne hoch am Himmel gestanden, doch hier stand sie tief an einem grauen Nachmittagshimmel. Die wenigen Bäume in ihrer Nähe waren kahl oder wiesen gerade noch ein paar leuchtend bunte Blätter auf. Ein kalter Wind wehte böig vom Osten her und wirbelte Blätter vom Boden auf.
»Auf der Toman-Halbinsel«, sagte Verin. »Das ist der Stein, den ich schon einmal besuchte. Ihr hättet nicht versuchen sollen, uns direkt hierher zu bringen. Ich weiß nicht, was schief gegangen ist; das werde ich wohl auch nie erfahren, aber den Bäumen nach zu schließen würde ich sagen, daß es bereits Herbst ist. Rand, wir haben keine Zeit gewonnen, sondern verloren. Ich denke, wir haben bestimmt vier Monate gebraucht, um hierher zu gelangen.«
»Aber ich habe nicht... «
»Ihr müßt Euch in solchen Fragen von mir beraten lassen. Es ist wahr, ich kann Euch nicht unterrichten, aber vielleicht kann ich Euch wenigstens davon abhalten, Euch selbst umzubringen — und dazu noch uns andere —, indem Ihr zuviel der Macht auf einmal anwendet. Und selbst wenn Ihr Euch nicht umbringt, der Wiedergeborene Drache jedoch ausbrennt wie eine heruntergebrannte Kerze, na, wer wird dann dem Dunklen König gegenüberstehen?« Sie wartete nicht darauf, daß er protestierte, sondern ging statt dessen zu Ingtar hinüber.
Der Schienarer fuhr zusammen, als sie seinen Arm berührte. Er sah sie mit Verzweiflung im Blick an. »Ich wandle im Licht«, sagte er heiser. »Ich werde das Horn von Valere finden und die Macht von Shayol Ghul stürzen. Das werde ich!«
»Sicher werdet Ihr das«, sagte sie in beruhigendem Ton. Sie nahm sein Gesicht in die Hände, und er atmete schwer auf. Offensichtlich erholte er sich nun von dem, was ihn gelähmt hatte. Nur die Erinnerung daran lag immer noch in seinem Blick. »So«, sagte sie. »Das wird für Euch genügen. Ich muß sehen, wie ich den anderen helfe. Wir können das Horn noch immer zurückgewinnen, aber der Weg dahin ist nicht einfacher geworden.«
Während sie sich um die anderen kümmerte und bei jedem kurz innehielt, ging Rand zu seinen Freunden. Als er versuchte, Mat aufzurichten, zuckte dieser und starrte ihn an. Dann packte er Rands Mantel mit beiden Händen. »Rand, ich würde niemals jemandem davon erzählen —von dir, meine ich. Ich würde dich nicht verraten. Das mußt du mir glauben!« Er sah schlechter aus als je zuvor, aber Rand schrieb das vor allem seiner offensichtlichen Furcht zu.
»Das glaube ich ja auch«, sagte Rand. Er fragte sich, welche Leben Mat gelebt und was er dabei getan hatte. Er muß es jemandem gesagt haben, sonst hätte er jetzt nicht soviel Angst. Er konnte es ihm nicht übelnehmen. Das waren andere Mats gewesen und nicht er selber. Außerdem, wenn er nach einigen der Alternativen ging, die er selbst erlebt hatte... »Ich glaube dir. Perrin?«
Der Jüngling mit dem lockigen Haar ließ mit einem Seufzer die Hände sinken. Rote Stellen an Stirn und Wangen zeigten, wo sich seine Fingernägel in die Haut gebohrt hatten. Seine gelben Augen verschleierten seine Gedanken. »Wir haben wirklich fast keine Wahl, Rand, stimmt's? Was auch geschieht, was wir auch tun, manche Dinge bleiben doch immer gleich.« Er atmete langgezogen aus. »Wo sind wir? Ist das eine der Welten, von denen ihr gesprochen habt, Hurin und du?«
»Wir sind auf der Toman-Halbinsel«, teilte ihm Rand mit. »Auf unserer Welt. Das behauptet jedenfalls Verin. Und es ist Herbst.«
Mat sah bekümmert aus. »Wie konnten... ? Nein, ich will gar nicht wissen, wie das geschah. Aber wie sollen wir nun Fain und den Dolch finden? Nach so langer Zeit kann er doch überall sein.«
»Er ist hier«, versicherte ihm Rand. Er konnte nur hoffen, recht zu behalten. Fain hatte Zeit gehabt, sich zu jedem beliebigen Ort hin einzuschiffen. Zeit genug, um nach Emondsfeld zu reiten. Oder nach Tar Valon. Bitte, Licht, laß ihn nicht des Wartens müde geworden sein. Falls er Egwene etwas angetan hat oder jemandem in Emondsfeld, dann werde ich... Licht noch mal, ich habe mich doch bemüht, zur rechten Zeit anzukommen. »Die größeren Städte der Toman-Halbinsel befinden sich alle westlich von hier«, verkündete Verin so laut, daß alle es hören konnten. Alle waren wieder auf den Beinen, bis auf Rand und seine beiden Freunde. Sie kam her und legte Mat die Hände auf. Dabei sagte sie: »Nicht, daß es hier viele Dörfer gibt, die groß genug sind, um sich Stadt zu nennen. Aber wenn wir irgendeine Spur der Schattenfreunde finden wollen, müssen wir mit der Suche im Westen beginnen. Und ich glaube, wir sollten kein weiteres Tageslicht verschwenden, indem wir hier herumsitzen.«
Als Mat dann blinzelte und aufstand — er wirkte wohl noch krank, seine Bewegungen waren aber energisch —, legte sie Perrin die Hände auf. Rand wich zurück, als sie anschließend nach ihm faßte.
»Seid kein Narr«, schalt sie ihn.
»Ich wünsche Eure Hilfe nicht«, sagte er ruhig. »Oder die Hilfe irgendeiner Aes Sedai.«
Ihre Lippen verzogen sich. »Wie Ihr wünscht.«
Sie saßen nun sofort auf und ritten nach Westen. Der Portalstein blieb hinter ihnen zurück. Keiner protestierte; am allerwenigsten Rand. Licht, laß es nicht zu spät sein!