Mat war sich klar darüber, daß die Dächer von Tear in der Nacht kein geeigneter Aufenthaltsort für einen vernünftigen Mann waren. Er spähte in die Schatten, die der Mondschein zurückließ. Nur etwa fünfzig Schritt Entfernung über eine breite Straße oder einen kleinen Platz hinweg trennten das Ziegeldach, auf dem er sich befand, vom Stein. Er befand sich drei Stockwerke hoch über den Pflastersteinen. Aber seit wann bin ich ein vernünftiger Mann? Die einzigen vernünftigen Leute, die ich je kennenlernte, waren so langweilig, daß man schon vom Zusehen hätte einschlafen können. Ob nun Straße oder kleiner Platz, er war jedenfalls seit Einbruch der Nacht dort unten rund um den Stein marschiert. Nur ans Flußufer konnte man nicht gelangen, da wo der Erinin genau am Fuß der Festung entlangfloß. Ansonsten war die einzige Unterbrechung die Stadtmauer gewesen. Diese Mauer befand sich nur zwei Häuserblocks zu seiner Rechten. Wie auch immer, die Mauerkrone erschien ihm als der beste Weg zum Stein, aber es war keiner, den er mit viel Vergnügen angehen würde.
Er nahm seinen Bauernspieß wieder in die Hand und dazu eine kleine Blechschachtel mit Drahtgriff, und dann schob er sich vorsichtig zu einem Backsteinschlot hinüber, der ein bißchen näher an der Mauerkrone aufragte. Die Rolle mit Feuerwerkskörpern, oder zumindest was die Rolle mit Feuerwerkskörpern gewesen war, bevor er sie in seinem Zimmer bearbeitet hatte, rutschte an seinem Rücken entlang. Jetzt war es eher zu einem Bündel geworden, in dem alles so eng zusammengepreßt war, wie er es nur geschafft hatte, aber eigentlich war es immer noch zu sperrig, um damit in der Dunkelheit über die Dächer zu klettern. Vor einiger Zeit war er deshalb ausgerutscht, und ein Dachziegel war klappernd über die Kante geglitten und hinuntergefallen. Das hatte wohl einen Mann in einem Zimmer darunter aufgeweckt. Er hatte ›Dieb‹ geschrien, und Mat war davongerannt. Er rückte das Bündel gedankenverloren wieder im Schatten des Schornsteins zurecht. Einen Augenblick später stellte er die Blechschachtel ab. Der Drahtgriff wurde allmählich unangenehm warm.
Er fühlte sich hier ein wenig sicherer, als er den Stein aus dem Schatten heraus betrachtete, aber viel ermutigender wirkte das alles nicht. Die Stadtmauer war keineswegs so dick, wie er es in anderen Städten gesehen hatte, in Caemlyn oder in Tar Valon. Sie war nicht mehr als einen Schritt breit und von großen Steinstreben gestützt, die nun in Dunkelheit gehüllt waren. Ein Schritt Breite reichte natürlich leicht, um darauf zu gehen, aber die Fallhöhe nach beiden Seiten betrug beinahe zehn Spannen. Durch das Dunkel hinunter auf das harte Pflaster. Aber ein paar von diesen blutigen Häusern sind direkt angebaut. Ich kann leicht auf die Krone kommen, und die führt verdammt geradewegs zum verfluchten Stein!
Das stimmte schon, trug aber wenig zu seiner Beruhigung bei. Die Seiten des Steins wirkten wie Felsklippen. Er versuchte noch einmal, ihre Höhe abzuschätzen, und sagte sich, daß er eigentlich in der Lage sein sollte, dort hochzuklettern. Klar, kann ich das. Das ist wie die Felswände in den Verschleierten Bergen. Mehr als hundert Schritt gerade hoch, und dann kam die Festungsmauer. Etwas tiefer unten mußten sich Schießscharten befinden, aber jetzt in der Nacht konnte er sie nicht ausmachen. Und er konnte sich sowieso nicht durch eine Schießscharte zwängen. Hundert verfluchte Schritte. Vielleicht hundertzwanzig. Seng mich, selbst Rand würde nicht versuchen, da hochzuklettern. Aber es war der einzige Weg, den er finden konnte. Jedes Tor, das er bemerkt hatte, war abgeschlossen und schien stark genug, um eine Herde Büffel aufzuhalten. Ganz zu schweigen von dem Dutzend oder mehr Soldaten, die beinahe jedes davon bewachten und deren Helme, Brustpanzer und Schwerter durchaus bedrohlich wirkten.
Plötzlich blinzelte er und starrte mit zusammengekniffenen Augen auf die Flanke des Steins. Irgendein Narr kletterte tatsächlich dort empor. Er war gerade noch als beweglicher Schatten im Mondschein sichtbar und befand sich bereits mehr als zur Hälfte oben. Von ihm aus waren es mehr als siebzig Schritt bis hinunter auf die Pflastersteine. Ist das nicht ein Narr? Na ja, ich bin genauso einer, denn ich werde auch hinaufklettern. Seng mich, vielleicht löst er einen Alarm aus, und mich fangen sie dann? Er konnte den Kletternden nicht mehr erkennen. Wer beim Licht ist das denn? Was spielt es schon für eine Rolle, wer das ist? Seng mich, das ist ein verfluchter Weg, um eine Wette zu gewinnen. Ich werde mir zur Belohnung von allen einen Kuß holen, selbst von Nynaeve!
Er drehte sich ein wenig um, damit er die Mauer besser sah, und versuchte, einen Fleck zu finden, an dem er hochklettern könnte. Da plötzlich spürte er Stahl an der Kehle. Ohne nachzudenken, schlug er die Klinge und dem Mann mit seinem Stock die Füße unter dem Körper weg. Jemand anders zog ihm wieder die Füße weg und er stürzte beinahe auf den Mann, den er zu Fall gebracht hatte. Er rollte auf die Dachziegel und verlor sein Bündel Feuerwerkskörper. Wenn das auf die Straße fällt, breche ich ihnen das Genick! Sein Stock wirbelte durch die Luft. Er spürte, wie er auf Fleisch trat und hörte ein zweifaches Stöhnen. Dann hatte er zwei Klingen gleichzeitig an der Kehle.
Er erstarrte mit ausgestreckten Armen. Die Spitzen kurzer Speere, so matt, daß man sie im schwachen Mondschein kaum sehen konnte, senkten sich in seinen Hals. Sie hielten inne, ohne einen Tropfen Blut zu fordern. Sein Blick folgte ihnen bis zu den Gesichtern derer, die sie festhielten, doch ihre Köpfe waren verhüllt und ihre Gesichter schwarz verschleiert bis auf die Augen, die ihn anblickten. Seng mich, ich bin wohl auf echte Diebe gestoßen! Was ist mit meinem Glück passiert?
Er setzte ein Grinsen auf, bei dem seine Zähne im Mondschein gut sichtbar waren. »Ich habe nicht vor, Euch bei Eurer Arbeit zu stören. Wenn Ihr mich also gehen laßt, lasse ich Euch eurer Wege gehen und sage nichts.« Die Verschleierten rührten sich nicht und ihre Speere genausowenig. »Ich kann genausowenig Lärm gebrauchen wie Ihr. Ich werde Euch nicht verraten.« Sie standen da wie Standbilder und sahen ihn an. Seng mich, ich habe für so was keine Zeit. Ich muß die Würfel rollen lassen. Einen eisigen Augenblick lang kamen ihm die Worte in seinem Kopf eigenartig vor. Er verstärkte seinen Griff um den Bauernspieß, der an seiner Seite lag, und hätte beinahe aufgeschrien, als jemand hart auf sein Handgelenk trat.
Er verdrehte die Augen nach oben, um zu sehen, wer das gewesen war. Seng mich Narren, ich hatte den vergessen, auf den ich gefallen war. Aber er sah noch eine andere Gestalt, die sich hinter demjenigen bewegte, der auf seinem Handgelenk stand, und war dann doch der Meinung, es sei besser gewesen, den Stock nicht noch einmal ins Spiel zu bringen.
Es war ein weicher, bis zum Knie geschnürter Stiefel, der auf seinem Arm ruhte. Etwas zupfte an seinem Gedächtnis. Etwas von einem Mann, den sie in den Bergen getroffen hatten. Er beäugte den Rest der in Nacht gehüllten Gestalt und versuchte, den Schnitt und die Farben ihrer Kleidung auszumachen. Alles schien aus Schatten zu bestehen. Die Farben verschwammen derart in der Dunkelheit, daß er sie nicht klar erkennen konnte. An der Hüfte des Burschen hing ein Messer mit langer Klinge. Das Gesicht war von einem dunklen Schleier verhüllt. Ein schwarzverschleiertes Gesicht. Schwarzer Schleier!
Aiel! Seng mich, was machen denn verfluchte Aiel hier? Er hatte ein flaues Gefühl im Magen, als er sich daran erinnerte, daß sich die Aiel zum Töten verschleierten.
»Ja«, sagte eine Männerstimme, »wir sind Aiel.« Mat fuhr zusammen. Es war ihm nicht klar gewesen, daß er laut gesprochen hatte.
»Ihr tanzt gut für einen, der überrascht wurde«, erklärte die Stimme einer jungen Frau. Er glaubte, das müsse die sein, die auf seinem Handgelenk stand. »Vielleicht werde ich an einem anderen Tag Zeit haben, richtig mit Euch zu tanzen.«
Er begann zu lächeln. Wenn sie tanzen will, dann werden sie mich wohl wenigstens nicht töten. Doch dann runzelte er die Stirn. Er schien sich dunkel daran zu erinnern, daß die Aiel-Frauen damit etwas anderes meinten.
Die Speere wurden zurückgezogen, und Hände halfen ihm auf die Beine. Er schüttelte sie ab und strich sich die Kleidung glatt, als stünde er in einem Schankraum und nicht mit vier Aiel auf einem in Nacht gehüllten Dach. Es zahlte sich immer aus, wenn man den Gegner wissen ließ, daß man gute Nerven hatte. Die Aiel trugen an den Hüften außer ihren Messern auch Köcher und auf dem Rücken weitere dieser kurzen Speere neben Bögen in ihren Behältern. Die langen Speerspitzen ragten über ihre Schultern hinaus. Er ertappte sich dabei, wie er summte: ›Ich bin unten am Grund des Brunnens‹, und sofort hörte er wieder auf damit.
»Was macht Ihr hier?« fragte die Männerstimme. Wegen ihres Schleiers war sich Mat nicht ganz sicher, wer gerade gesprochen hatte. Die Stimme klang älter, selbstbewußt, befehlsgewohnt. Er glaubte nun wenigstens die Frau genauer erkennen zu können. Sie war als einzige kleiner als er, aber nicht viel. Die anderen waren alle mindestens einen Kopf größer. Verfluchte Aiel, dachte er. »Wir haben Euch eine Weile beobachtet«, fuhr der ältere Mann fort, »wie Ihr wiederum den Stein beobachtet habt. Ihr habt ihn von allen Seiten genau studiert. Warum?«
»Das gleich könnte ich Euch alle fragen«, sagte eine andere Stimme. Mat war der einzige, der zusammenzuckte, als ein Mann in Pumphosen aus den Schatten trat. Der Bursche schien barfuß zu sein, wohl um auf den Dachziegeln einen besseren Halt zu finden. »Ich hatte erwartet, Diebe anzutreffen und keine Aiel«, fuhr der Mann fort, »aber glaubt nicht, daß ich Eurer Anzahl wegen Angst habe.« Ein schmaler Stock, nicht länger, als der Mann groß war, wirbelte und summte durch die Luft. »Ich heiße Juilin Sandar und bin Diebfänger, und ich will wissen, warum Ihr euch auf den Dächern befindet und den Stein anstarrt.«
Mat schüttelte den Kopf. Verflucht, wie viele Leute sind denn heute nacht noch auf den Dächern? Alles, was jetzt noch nötig war, war das Auftreten Thoms mit seiner Harfe, oder irgend jemandes, der sie nach dem Weg zu einer Schenke fragte. Ein verfluchter Diebfänger! Er fragte sich, warum die Aiel einfach nur herumstanden.
»Ihr schleicht Euch für einen Stadtbewohner recht gut an«, sagte die Stimme des älteren Mannes. »Aber warum folgt Ihr uns? Wir haben nichts gestohlen. Warum habt Ihr heute nacht selbst so oft den Stein angesehen?«
Selbst im Mondschein konnte man Sandars offensichtliche Überraschung sehen. Er zuckte kurz, öffnete den Mund — und schloß ihn dann wieder, als sich vier weitere Aiel aus der Dunkelheit hinter ihm erhoben. Seufzend lehnte er sich auf seinen dünnen Stock. »Mir scheint, ich habe mich selbst gefangen«, knurrte er. »Mir scheint, nun muß ich Eure Fragen beantworten.« Er spähte zum Stein hinüber und schüttelte den Kopf. »Ich... habe heute etwas getan... das mich beunruhigt.« Es klang beinahe, als führe er ein Selbstgespräch und bemühe sich, etwas herauszufinden. »Ein Teil von mir sagt, es sei richtig gewesen, was ich tat, und ich müsse gehorchen. Sicherlich erschien es mir richtig, als ich es tat. Aber eine kleine Stimme sagt mir... daß ich etwas verraten habe. Ich bin sicher, daß diese Stimme sich täuscht, und sie ist sehr dünn, aber sie gibt nicht auf.« Er schwieg und schüttelte wieder den Kopf.
Einer der Aiel nickte und sprach mit der Stimme des älteren Mannes: »Ich bin Rhuarc von der Neun-TälerSeptime der Taardad Aiel, und einst war ich Aethan Dor, ein Angehöriger der Rotschilde. Manchmal übernehmen die Rotschilde die gleichen Aufgaben wie Eure Diebfänger. Ich erkläre Euch das, damit Ihr wißt, daß ich verstehe, was Ihr tut und welche Art von Mann Ihr seid. Ich will Euch nichts antun, Juilin Sandar von den Diebfängern, und auch nicht den Menschen in Eurer Stadt, aber ich kann nicht zulassen, daß Ihr einen Alarm auslöst. Wenn Ihr schweigt, lebt Ihr weiter, wenn nicht, dann nicht.«
»Ihr habt also keine bösen Absichten der Stadt gegenüber«, sagte Sandar bedächtig. »Warum seid Ihr dann hier?«
»Der Stein.« Aus Rhuarcs Tonfall konnte man entnehmen, daß er nichts weiter zu sagen gewillt war.
Nach einem Augenblick des Nachdenkens nickte Sandar und grollte leise: »Ich wünschte beinahe, Ihr hättet die Macht, den Stein zu nehmen, Rhuarc. Ich werde den Mund halten.«
Rhuarc wandte nun Mat sein verschleiertes Gesicht zu. »Und Ihr, namenloser Jüngling? Werdet Ihr mir nun sagen, warum Ihr den Stein so genau beobachtet?«
»Ich wollte nur einen Mondscheinspaziergang machen«, sagte Mat leichthin. Die junge Frau preßte ihm sofort die Speerspitze wieder an die Kehle. Er bemühte sich, nicht zu schlucken. Na ja, vielleicht kann ich ihnen doch etwas sagen. Er durfte sie aber nicht wissen lassen, daß er Angst hatte. Wenn der Gegner das wußte, verlor man jeden Vorteil, den man möglicherweise noch hatte. Sehr vorsichtig schob er mit zwei Fingern die Speerspitze von seinem Hals weg. Es schien ihm, daß sie leise lachte. »Ein paar Freunde von mir befinden sich im Stein«, sagte er und bemühte sich, das Ganze nebensächlich klingen zu lassen. »Gefangene. Ich habe vor, sie herauszuholen.«
»Allein, Namenloser?« fragte Rhuarc.
»Na ja, es scheint ja wohl sonst niemand dazusein«, sagte Mat trocken. »Oder wollt Ihr mir helfen? Ihr scheint doch selbst genug Interesse am Stein zu haben. Wenn Ihr hineinwollt, könnten wir vielleicht zusammen gehen. Wie man es auch anschaut, die Würfel werden entscheiden, und ich habe eine Glückssträhne.« Jedenfalls bisher. Ich habe schwarzverschleierte Aiel getroffen und sie haben mir nicht die Kehle durchgeschnitten. Viel besser kann es doch nicht kommen. Seng mich, es wäre nicht gerade übel, da drinnen ein paar Aiel dabeizuhaben. »Euch könnte schlimmeres passieren, als auf mein Glück zu setzen.«
»Wir sind nicht Gefangener wegen hier, Spieler«, sagte Rhuarc.
»Es wird Zeit, Rhuarc.« Mat wußte nicht, welcher der Aiel gesprochen hatte, aber Rhuarc nickte.
»Ja, Gaul.« Er blickte erst Mat und dann Sandar und wiederum Mat an. »Löst keinen Alarm aus.« Er wandte sich um, und nach zwei Schritten hatte ihn die Nacht verschluckt.
Mat fuhr zusammen. Auch die anderen Aiel waren weg und hatten ihn mit diesem Diebfänger alleingelassen. Oder haben sie jemand hiergelassen, uns zu beobachten? Seng mich, wie könnte ich das wissen, wenn es so wäre? »Ich hoffe, Ihr wollt mich doch wohl nicht auch aufhalten, oder?« sagte er zu Sandar, als er sich das Bündel mit den Feuerwerkskörpern wieder überhängte und den Bauernspieß in die Hand nahm. »Ich werde jedenfalls hineingehen — an Euch vorbei oder durch Euch hindurch, so oder so.« Er ging zum Schornstein hinüber und hob die Blechschachtel auf. Der Drahtgriff war nun mehr als nur warm.
»Diese Freunde, die Ihr erwähnt habt«, sagte Sandar. »Sind das drei Frauen?«
Mat runzelte die Stirn und wünschte, daß bessere Lichtverhältnisse herrschten, damit er das Gesicht des Mannes genauer sehen könne. Die Stimme des Burschen klang eigenartig. »Was wißt Ihr von ihnen?«
»Ich weiß, daß sie sich im Stein befinden. Ich kenne ein kleines Seitentor in der Nähe des Flusses, das ein Diebfänger mit einem Gefangenen passieren darf, wenn er ihn zu den Zellen bringt. Und in den Zellen dürften sie wahrscheinlich zu finden sein. Wenn Ihr mir vertraut, Spieler, dann kann ich uns so weit bringen. Was danach geschieht, hängt vom Zufall ab. Vielleicht bringt Euer Glück uns wieder lebendig heraus.«
»Ich habe schon immer Glück gehabt«, sagte Mat bedächtig. Traue ich meinem Glück soweit, daß ich ihm traue? Der Einfall, den Gefangenen zu spielen, gefiel ihm nicht besonders. Es schien zu leicht geschehen zu können, daß aus dem Vorwand Wirklichkeit wurde. Aber das Risiko schien ihm auch wieder nicht größer zu sein, als zu versuchen, im Dunkel dreihundert Fuß oder mehr steil hochzuklettern.
Er blickte zur Stadtmauer hinüber und riß die Augen auf. Schatten glitten darauf entlang, und undeutliche Gestalten kletterten darüber. Aiel — da war er sicher. Sie verschwanden, aber nun konnte er auf der steilsten Felswand unterhalb des Steins von Tear Schatten sehen, die sich langsam hochbewegten. Das wär's also gewesen mit diesem möglichen Weg. Dieser eine Kletterer zuvor hatte es vielleicht in die Festung hinein geschafft, ohne einen Alarm auszulösen, aber hundert oder mehr Aiel würden ja wohl alle Glocken läuten lassen. Allerdings konnten sie auch als Ablenkung nützlich sein. Wenn sie irgendwo im Stein ein Durcheinander verursachten, dann würden diejenigen, die das Gefängnis bewachten, einem Diebfänger mit einem Dieb im Schlepptau nicht soviel Aufmerksamkeit schenken.
Ich könnte genausogut selbst ein wenig zum Durcheinander beitragen. Ich habe hart genug daran gearbeitet. »Also gut, Diebfänger. Entschließt Euch nur nicht in letzter Sekunde, daß ich wirklich Euer Gefangener sei. Wir können zu Eurem Tor losgehen, sobald ich den Ameisenhaufen ein bißchen aufgestört habe.« Er glaubte zu sehen, daß Sandar die Stirn runzelte, aber er wollte dem Mann nicht mehr sagen, als sein mußte.
Sandar folgte ihm über die Dächer und kletterte genauso leichtfüßig wie er höher hinauf. Das letzte Dach befand sich nur ein wenig unterhalb der Mauerkrone und war direkt daran angebaut. Er konnte sich leicht daran hochziehen und brauchte nicht einmal mehr zu klettern.
»Was macht Ihr da?« flüsterte Sandar.
»Wartet hier auf mich.«
Mat trug die Blechschachtel vorsichtig mit einer Hand an ihrem Drahtgriff, und mit der anderen hielt er seinen Bauernspieß waagerecht vor sich. Er atmete tief durch und ging los in Richtung des Steins. Er bemühte sich, nicht daran zu denken, wie tief es bis zum Pflaster dort unten hinunterging. Licht, das verfluchte Ding ist drei Fuß breit! Darauf könnte ich doch mit verbundenen Augen im Schlaf laufen! Drei Fuß breit — im Dunkeln — und fünfzig Fuß über der Straße. Er bemühte sich auch, nicht daran zu denken, was er machen würde, wenn Sandar bei seiner Rückkehr verschwunden war und vielleicht weitere Männer holte, um ihn wirklich gefangenzunehmen. Nicht daran denken. Nur einfach das tun, was gerade ansteht. Wenigstens werde ich jetzt endlich sehen, wie es aussieht.
Wie er vermutet hatte, befand sich eine Schießscharte in der Mauer des Steins, wo die Stadtmauer auf sie traf. Es war ein tiefer Einschnitt im Fels, in dem sich ein hoher, enger Schlitz befand, durch den ein Bogenschütze seine Pfeile schicken konnte. Falls der Stein angegriffen wurde, brauchten die Soldaten drinnen eine Möglichkeit, diesen Mauerpfad zu verteidigen. Hinter der Schießscharte war es jetzt dunkel. Es schien niemand aufzupassen. Auch daran hatte er bisher lieber nicht denken wollen.
Schnell stellte er die Blechschachtel hin, lehnte den Bauernspieß an die Wand des Steins und ließ das Bündel von seinem Rücken gleiten. Hastig stopfte er es in die Schießscharte, so tief er konnte. Er wollte den entstehenden Lärm möglichst auf drinnen beschränken. Als er eine Ecke des Öltuchs wegzog, konnte er die verknoteten Zündschnüre sehen. In seinem Zimmer hatte er darüber nachgedacht und schließlich die längeren Lunten ein Stück abgeschnitten, damit sie genauso lang waren wie die kürzeren. Mit den abgeschnittenen Stücken hatte er alle zusammengebunden. Auf diese Art sollten sie eigentlich alle auf einmal hochgehen, und ein Knallen und Blitzen von dieser Größenordnung sollte wohl jeden alarmieren, der nicht gerade taub war.
Der Deckel der Blechschachtel war nun so heiß, daß er zweimal auf seine Finger anpusten mußte, bis er ihn schließlich entfernt hatte. Er wünschte sich, Aludras Trick zu kennen, mit dem sie die Laterne so leicht und schnell entzündet hatte. In der Schachtel befand sich glühende Holzkohle auf einer Schicht Sand. Der Drahtgriff ließ sich leicht entfernen, und damit hatte er einen Schürhaken, und nach einem bißchen Pusten glühte die Holzkohle wieder hellrot. Er hob mit der improvisierten Drahtzange die Holzkohle an die verknoteten Lunten, ließ dann beides einfach über die Mauer hinunterfallen, während die Lunten zu zischen begannen, schnappte sich den Bauernspieß und rannte über die Mauerkrone zurück.
Das ist verrückt, dachte er im Laufen. Es ist mir gleich, wie stark es knallt. Ich könnte mir meinen dummen Hals brechen... !
Das Donnern hinter ihm war lauter als alles, was er je in seinem Leben gehört hatte. Eine riesige Faust krachte ihm in den Rücken, nahm ihm die Luft, warf ihn zu Boden, und er landete hart auf der Mauerkrone. Seinen Stock konnte er gerade noch festhalten, sonst wäre er hinuntergefallen. Einen Augenblick lang lag er da und rang nach Luft. Er bemühte sich, nicht erst daran zu denken, wie sehr er sein Glück nun wohl überstrapaziert hatte, da er nicht von der Mauer gestürzt war. In seinen Ohren klang es wie alle Glocken Tar Valons auf einmal.
Vorsichtig stützte er sich hoch und blickte sich nach dem Stein um. Eine Rauchwolke hing über der Schießscharte. Hinter dem Rauch schien sich die Schießscharte selbst verändert zu haben. Sie war größer geworden. Er verstand nicht, wie und warum, aber sie schien ihm größer.
Er überlegte aber nur einen Moment lang. Am Ende dieses Teils der Mauer wartete wahrscheinlich Sandar auf ihn, um ihn als falschen Gefangenen in den Stein zu bringen, oder vielleicht eilte er auch schon mit einigen Soldaten herbei. Aber an diesem Ende der Mauer gab es möglicherweise einen Weg nach innen, der Sandar gar keine Möglichkeit ließ, ihn zu verraten. So hetzte er den Weg zurück, den er gerade genommen hatte, und dachte ganz einfach nicht mehr an die Dunkelheit und den tiefen Sturz auf die Straße.
Die Schießscharte war tatsächlich größer geworden. Die Mitte, wo der Stein dünner gewesen war, war zum größten Teil verschwunden, als habe jemand stundenlang mit einem Schmiedehammer drauflosgeschlagen. Die Öffnung war groß genug, daß ein Mann durchschlüpfen konnte. Wie beim Licht ist das geschehen? Er hatte keine Zeit zum Staunen.
Er schob sich durch die gezackte Öffnung, hustete wegen des beißenden Qualms, sprang innen auf den Fußboden hinunter und war bereits ein Dutzend Schritte drinnen, als schließlich Verteidiger des Steins erschienen. Es waren mindestens zehn und sie schrien verwirrt durcheinander. Die meisten waren nur in Hemdsärmeln, und keiner trug Helm oder Brustpanzer. Ein paar hatten Laternen in der Hand. Ein paar andere allerdings hatten die Schwerter gezückt.
Narr! schrie ihm seine innere Stimme zu. Deswegen hast du doch überhaupt das verfluchte Zeug gezündet! Lichtblinder Narr!
Er hatte keine Zeit mehr, wieder auf die Mauer hinaus zu flüchten. Mit wirbelndem Bauernspieß warf er sich auf die Soldaten, bevor die eine Gelegenheit hatten, sich überhaupt richtig zu orientieren. Er war in einem Sekundenbruchteil mitten unter ihnen, hieb den Stock gegen Köpfe, Schwerter, Knie, was auch immer er erreichen konnte, und wußte doch, daß es zu viele für ihn allein waren. Es war ihm klar, daß dieser idiotische Wurf Egwene und die anderen jede Chance gekostet hatte, die sonst vielleicht geblieben wäre.
Plötzlich befand sich Sandar neben ihm. Im Lichtschein der Laternen, die von den Männern fallengelassen wurden, als sie nach ihren Schwertern griffen, sah Mat, wie Sandars dünner Stock noch schneller wirbelte als sein Bauernspieß. Die Soldaten, die nun von zwei Stockkämpfern überrascht und in die Enge getrieben wurden, stürzten wie die Kegel zu Boden.
Sandar blickte die am Boden liegenden Männer an und schüttelte den Kopf. »Verteidiger des Steins. Ich habe die Verteidiger angegriffen! Das wird mich meinen Kopf kosten! Was habt Ihr da eigentlich getan, Spieler? Dieser Lichtblitz und Donner, und dann brach hier der Stein! Habt Ihr einen Blitz herabgerufen?« Seine Stimme senkte sich zu einem Flüstern: »Habe ich mich einem Mann angeschlossen, der die Macht gebraucht?«
»Feuerwerkskörper«, sagte Mat kurz angebunden. In seinen Ohren klang es immer noch, aber er hörte rennende Stiefelschritte auf dem Steinboden hallen. »Die Zellen, Mann! Zeigt mir den Weg zu den Zellen, bevor noch mehr hierherkommen!«
Sandar schüttelte sich. »Hier herüber!« Er eilte einen Seitengang hinunter — weg von den sich nähernden Schritten. »Wir müssen uns beeilen! Wenn sie uns hier finden, töten sie uns!« Irgendwo weiter oben hallten Gongschläge. Echos dröhnten durch die Gänge, als immer mehr Gongs den Alarm weitergaben.
Ich komme, dachte Mat, als er hinter dem Diebfänger herrannte. Ich hole euch raus, oder ich sterbe! Das verspreche ich Euch!
Die Gongschläge des Alarms dröhnten durch den Stein, aber Rand achtete genausowenig darauf wie vorher auf das Krachen, das ihn wie gedämpfter Donner von irgendwo unten erreicht hatte. Seine Seite schmerzte. Es war die alte Wunde, die so brannte. Sie war bei der Kletterei die Steilwand der Festung hoch beinahe wieder aufgeplatzt. Doch er achtete auch nicht auf den Schmerz. Ein schiefes Lächeln war auf seinem Gesicht festgefroren, ein erwartungsvolles Lächeln, aber auch von Grauen erfüllt. Selbst wenn er wollte, hätte er es nicht mehr aus seinem Gesicht verbannen können. Es war jetzt ganz nahe. Das Ziel seiner Träume: Callandor.
Ich werde es endlich zu Ende bringen. So oder so wird es zu Ende sein. Die Träume beendet. Die Köder, die Herausforderungen, die Jagd. Das werde ich nun alles beenden!
Er lachte in sich hinein und eilte durch die dunklen Gänge des Steins von Tear.
Egwene berührte mit einer Hand ihr Gesicht und verzog es vor Schmerzen. In ihrem Mund hatte sie einen bitteren Geschmack, und sie war durstig. Rand? Was? Warum habe ich wieder von Mat geträumt und dazwischen von Rand, und jemand rief, er komme? Was?
Sie öffnete die Augen, starrte die grauen Steinwände an, an denen nur eine qualmende Fackel hing, die flackernde Schatten auf die Wände warf, und dann schrie sie, als ihre Erinnerungen zurückkehrten. »Nein! Ich lasse mich nicht wieder anketten! Ich lasse mir kein Halsband anlegen! Nein!«
Einen Augenblick später waren Nynaeve und Elayne an ihrer Seite. Ihre zerschrammten Gesichter waren allerdings zu besorgt und verängstigt, als daß man den beruhigenden Lauten, die sie von sich gaben, viel Glauben hätte schenken können. Doch allein die Tatsache, daß sie bei ihr waren, reichten, um ihre Schreie verklingen zu lassen. Sie war nicht allein. Gefangen, aber nicht allein. Und ohne Halsband.
Sie versuchte, sich aufzusetzen, und die anderen waren ihr behilflich. Sie mußten ihr helfen, denn ihr tat jeder Muskel im Körper weh. Sie erinnerte sich an jeden dieser unsichtbaren Schläge, die sie beinahe zum Wahnsinn getrieben hatten, als ihr klar wurde... Ich werde nicht daran denken. Ich muß überlegen, wie wir hier wieder herauskommen. Sie rutschte ein Stück nach hinten, bis sie sich an die Wand lehnen konnte. Schmerz und Erschöpfung kämpften in ihr. Dieser Kampf, in dem sie absolut nicht nachgeben wollte, hatte sie jedes bißchen ihrer Kraft gekostet, und die blauen Flecken und Schwellungen schienen ihr noch mehr davon zu rauben.
Die Zelle war bis auf sie und die Fackel völlig leer. Der Fußboden war blank und kalt und hart. Die einzige Öffnung in den Wänden war eine aus dicken, rauhen Brettern gezimmerte Tür. Die Bretter hatten abgesplitterte Kanten, als hätten unzählige Finger umsonst daran gerissen. In den Stein der Wände waren Botschaften eingeritzt, meist sehr unsicher und krakelig. Einmal stand da: ›Licht sei mir gnädig und laß mich sterben.‹ Sie verdrängte das sofort wieder aus ihrem Bewußtsein.
»Sind wir immer noch abgeschirmt?« brachte sie zwischen wunden Lippen hervor. Selbst das Sprechen tat weh. In dem Moment, als Elayne nickte, wurde ihr klar, daß sie gar nicht hätte fragen brauchen. Die angeschwollene Wange, die geplatzte Lippe und das blaue Auge der goldhaarigen Frau waren Antwort genug, ganz abgesehen von ihren eigenen Schmerzen. Wenn Nynaeve in der Lage gewesen wäre, Kraft aus der Wahren Quelle zu ziehen, hätte sie natürlich die anderen sofort geheilt.
»Ich habe es versucht«, sagte Nynaeve resignierend. »Ich habe es immer und immer wieder versucht.« Sie riß hart an ihrem Zopf, und trotz der hoffnungslosen Furcht in ihrer Stimme kam auch wieder etwas Zorn durch. »Eine von denen sitzt draußen. Amico, diese milchgesichtige Schlampe, falls sie die Wache nicht ausgetauscht haben, seit wir hier drinnen sind. Ich denke, eine reicht, um die Abschirmung aufrecht zu erhalten, sobald sie einmal fest gewoben wurde.« Sie lachte bitter. »Und trotz all der Mühe, die sie sich gaben, und der Schmerzen, die sie uns zufügten, könnte man jetzt glauben, wir seien völlig unwichtig. Es ist schon Stunden her, daß sie die Tür hinter uns zuschlugen, und seitdem ist niemand gekommen, um uns zu befragen oder nachzusehen oder wenigstens einen Tropfen Wasser zu bringen. Vielleicht wollen sie uns hierlassen, bis wir verdurstet sind.«
»Köder.« Elaynes Stimme schwankte, obwohl sie sich ganz offensichtlich bemühte, ihre Angst nicht zu zeigen. Und wie schlecht sie sich fühlte. »Liandrin sagte, wir seien ein Köder.«
»Für wen denn?« fragte Nynaeve mit ebenfalls zittriger Stimme. »Für wen sollen wir als Köder herhalten? Wenn ich ein Köder sein soll, möchte ich mich am liebsten denen in den Hals schieben, bis sie an mir ersticken.«
»Rand.« Egwene mußte erst einmal schlucken. Selbst ein einziger Tropfen Wasser hätte ihr schon gut getan. »Ich habe von Rand geträumt und von Callandor. Ich glaube, er kommt hierher.« Aber warum habe ich von Mat geträumt? Und Perrin? Es war wohl ein Wolf, aber ich bin sicher, daß dahinter Perrin steckte. »Habt nicht soviel Angst«, sagte sie im Bemühen, sicher zu erscheinen. »Wir entkommen ihnen schon irgendwie. Wenn wir mit den Seanchan fertig wurden, dann werden wir auch mit Liandrin fertig.«
Nynaeve und Elayne tauschten über ihr einen Blick. Dann sagte Nynaeve: »Liandrin sagte, daß dreizehn Myrddraal kämen, Egwene.«
Sie ertappte sich dabei, daß sie wieder diese Botschaft an der Wand anblickte: ›Licht sei mir gnädig und laß mich sterben.‹ Ihre Hände verkrampften sich zu Fäusten. Ihr Kiefer schmerzte, so heftig biß sie die Zähne aufeinander, um die Worte nicht herauszuschreien. Lieber sterben! Lieber der Tod, als zum Schatten bekehrt zu werden und dem Dunklen König zu dienen!
Ihr wurde bewußt, daß sich ihre eine Hand um den Beutel an ihrem Gürtel geschlossen hatte. Sie fühlte die beiden Ringe darin, den kleineren mit der Großen Schlange und den größeren verdrehten Steinring.
»Sie haben mir den Ter'Angreal nicht abgenommen«, sagte sie erstaunt. Sie zog ihn aus dem Beutel. Er lag schwer auf ihrer Handfläche mit all seinen Streifen und Farbflecken — ein Ring mit einer einzigen Oberfläche.
»Wir waren noch nicht einmal wichtig genug, uns zu durchsuchen«, seufzte Elayne. »Egwene, bist du sicher, daß Rand hierherkommt? Ich würde uns viel lieber selbst befreien, als darauf zu warten, daß er es tut, aber wenn es überhaupt jemanden gibt, der Liandrin und die anderen besiegt, dann eben nur ihn. Der Wiedergeborene Drache ist dazu bestimmt, Callandor zu führen. Er muß einfach in der Lage sein, mit ihnen fertigzuwerden.«
»Nicht, wenn wir ihn auch noch unfreiwillig in solch einen Käfig locken«, knurrte Nynaeve. »Nicht, wenn sie für ihn eine Falle aufgebaut haben, die er nicht sieht. Warum starrst du diesen Ring so an, Egwene? Tel'aran'rhiod kann uns jetzt nicht helfen. Außer, du träumst uns einen Weg hier heraus.«
»Vielleicht kann ich das«, sagte sie bedächtig. »In Tel'aran'rhiod konnte ich die Macht benützen. Und ihre Abschirmung wird mich nicht daran hindern, es zu erreichen. Alles, was ich tun muß, ist, zu schlafen, aber nicht, die Macht hier zu benützen. Und ich bin ganz sicher müde genug, um einzuschlafen.«
Elayne runzelte die Stirn und zog scharf die Luft ein, doch selbst diese Bewegung schmerzte. »Ich will ja gerne alles tun, aber wie kannst du selbst in einem Traum die Macht gebrauchen, obwohl du von der Wahren Quelle abgeschnitten bist? Und falls doch, wie kann uns das dann hier helfen?«
»Ich weiß es nicht, Elayne. Doch nur, weil ich hier abgeschirmt bin, muß ich in der Welt der Träume noch lange nicht abgeschirmt sein. Es ist zumindest einen Versuch wert.«
»Vielleicht«, sagte Nynaeve besorgt. »Ich würde auch alles tun, aber beim letztenmal, als du den Ring benützt hast, bist du doch auf Liandrin und die anderen getroffen. Und du hast gesagt, sie hätten dich auch bemerkt. Was wird, wenn sie wieder dort sind?«
»Hoffentlich sind sie das«, sagte Egwene grimmig. »Hoffentlich sind sie das.«
Sie schloß ihre Hand um den Ter'Angreal und dann ihre Augen. Sie spürte, wie ihr Elayne über das Haar strich und wie sie ihr ganz sanft etwas ins Ohr murmelte. Nynaeve begann, wieder dieses Schlaflied aus ihrer Kindheit zu summen. Diesmal ärgerte sie das überhaupt nicht. Die leisen Töne und die Berührungen beruhigten sie. Sie ergab sich der Erschöpfung und fühlte den Schlaf kommen.
Diesmal trug sie blaue Seide, aber mehr bemerkte sie auch nicht. Eine sanfte Brise streichelte ihr unverletztes Gesicht und wirbelte die Schmetterlinge über den Blüten hoch. Ihr Durst und ihre Schmerzen waren verschwunden. Sie fühlte mit dem Geist hinaus und spürte Saidar und wurde erfüllt von der Einen Macht. Doch selbst der Triumph, den sie ob dieses Erfolgs empfand, ging unter in dem Rausch der sie durchdringenden Macht.
Zögernd brachte sie sich dazu, Saidar wieder loszulassen. Sie schloß die Augen und füllte die Leere mit einem vollkommenen Abbild des Herz des Steins. Das war der einzige Raum im Stein, von ihrer Zelle abgesehen, den sie bisher gesehen hatte. Als sie die Augen öffnete, befand sie sich dort. Doch sie war nicht allein.
Die Gestalt Joyia Byirs stand vor Callandor. Sie war so geisterhaft, daß das strahlende Licht des Schwerts durch ihren Körper hindurchleuchtete. Das Kristallschwert glitzerte nicht mehr nur durch reflektiertes Licht. Nein, es glühte und pulsierte, als werde ein inneres Licht enthüllt, abgeschirmt und wieder enthüllt. Die Schwarze Schwester fuhr überrascht zusammen und wirbelte zu Egwene herum. »Wie? Ihr seid abgeschirmt! Eure Träume sind beendet!«
Bevor noch die ersten Worte ausgesprochen waren, griff Egwene wieder nach Saidar, webte das komplizierte Muster des Elements Geist, so wie es gegen sie verwandt worden war und blockierte Joyias Verbindung zu der Wahren Quelle. Die Dienerin des Schattens riß die Augen auf, diese grausamen Augen, die so wenig in dieses schöne, freundliche Gesicht paßten. Doch Egwene webte bereits ein Muster aus purer Luft um sie. Die Gestalt der anderen Frau war wohl durchscheinend wie feiner Dunst, aber die Bande hielten sie fest. Es schien Egwene, als mache es überhaupt keine Mühe, beide Ströme in ihrem Muster zu halten und zu kontrollieren. Auf der Stirn Joyia Byirs stand Schweiß, als sie näher trat.
»Ihr habt einen Ter'Angreal !« Dem Gesicht der Frau war deutlich die Angst anzusehen, aber sie war bemüht, das durch ihre Stimme zu überspielen. »Das muß es sein. Ein Ter'Angreal , der uns entging und bei dem Ihr die Macht nicht braucht. Glaubt Ihr, daß Euch das irgendwie helfen wird, Mädchen? Was immer Ihr auch hier tut, wird die Ereignisse in der wirklichen Welt nicht beeinflussen. Tel'aran'rhiod ist ein Traum! Wenn ich aufwache, nehme ich Euch persönlich den Ter'Angreal ab. Überlegt Euch gut, was Ihr hier tut, damit ich keinen Grund habe, Euch böse zu sein, wenn ich in Eure Zelle komme!«
Egwene lächelte sie an. »Seid Ihr sicher, daß Ihr aufwachen werdet, Schattenfreundin? Wenn Euer Ter'Angreal mit Hilfe der Macht funktioniert, warum seid Ihr dann nicht sofort erwacht, als ich Euch abgeschirmt habe? Vielleicht könnt Ihr gar nicht erwachen, solange Ihr hier abgeschirmt seid?« Ihr Lächeln verflog. Es machte mehr Mühe, diese Frau anzulächeln, als sie aufbringen konnte. »Eine Frau hat mir einst eine Narbe gezeigt, die sie in Tel'aran'rhiod empfangen hatte, Schattenfreundin. Was hier geschieht, ist immer noch Wirklichkeit, wenn Ihr erwacht!«
Jetzt rollten Schweißtropfen über das glatte, alterslose Gesicht der Schwarzen Schwester. Egwene fragte sich, ob sie fürchte, sterben zu müssen. Sie wünschte sich beinahe, sie könne genug Grausamkeit aufbringen, um sie zu töten. Die meisten der unsichtbaren Schläge, die sie empfangen hatte, waren von dieser Frau gekommen. Fäuste hatten auf sie eingetrommelt, als sie lediglich versucht hatte wegzukriechen, also nur, weil sie nicht aufgegeben hatte.
»Eine Frau, die eine andere so schlagen kann«, sagte sie, »sollte nichts dagegen haben, selbst ein wenig abzubekommen.« Sie webte schnell ein weiteres Muster aus reiner Luft. Joyia Byirs Augen quollen ungläubig heraus, als der erste Schlag ihre Hüfte traf. Egwene sah nun auch, wie sie das Gewebe einrichten mußte, um es erst gar nicht weiter bewußt aufrechterhalten zu müssen. »Das wird Euch eine Lehre sein und Ihr werdet es noch spüren, wenn Ihr erwacht. Wenn ich Euch das Erwachen gestatte! Erinnert Euch auch daran. Wenn Ihr jemals wieder auch nur versucht, mich zu schlagen, werde ich Euch hierher zurückschicken, und Ihr werdet den Rest Eures Lebens hier verbringen!« Die Augen der Schwarzen Schwester starrten sie haßerfüllt an, aber nun stand auch bereits eine Andeutung von Tränen darin.
Einen Moment lang schämte sich Egwene. Allerdings nicht dessentwegen, was sie Joyia antat — die Frau hatte jeden Schlag verdient und wenn nicht deshalb, weil sie sie selbst geschlagen hatte, dann wegen der Morde in der Weißen Burg. Nein, sie schämte sich, weil sie hier Zeit für ihre eigene Rache verschwendete, während Nynaeve und Elayne in einer Zelle saßen und trotz aller Aussichtslosigkeit einen Funken Hoffnung bewahrten, daß sie etwas zu ihrer Rettung unternehmen könne. Sie verknotete ihre Gewebe, bevor ihr selbst klar war, was sie tat, und dann hielt sie inne und betrachtete die Wirkung ihrer Handlungen. Es waren drei separate Gewebe, und es war nicht nur ganz leicht gewesen, sie alle gleichzeitig aufrechtzuerhalten, sondern sie hatte nun auch fertiggebracht, daß sie sich selbst erhielten. Sie glaubte auch, daß sie in der Lage sein werde, das später zu wiederholen. Es könnte einmal nützlich sein.
Einen Augenblick später löste sie eines der Gewebe wieder, und die Schwarze Schwester schluchzte auf, vor Erleichterung ebenso wie der Schmerzen wegen. »Ich bin nicht wie Ihr«, sagte Egwene. »Dies ist das zweite Mal, daß ich so etwas getan habe, und es gefällt mir nicht. Ich werde wohl lernen müssen, statt dessen Kehlen durchzuschneiden.« Ihrem Gesichtsausdruck nach glaubte die Schwarze Schwester, Egwene wolle gleich mit ihr beginnen.
Egwene gab einen angeekelten Laut von sich und ließ sie an diesem Fleck gefangen und abgeschirmt zurück. Dann eilte sie in den Wald der glänzenden Sandsteinsäulen hinein. Es mußte irgendwo einen Weg hinunter zu den Gefängniszellen geben.
Es wurde still in dem steinernen Korridor, als der letzte Todesschrei unter den mächtigen Kiefern des Jungen Bullen erstarb, die sich um den Hals des Zweibeiners schlossen. Das Blut schmeckte bitter auf seiner Zunge.
Er wußte, daß dies der Stein von Tear war, obwohl er nicht sagen konnte, woher dieses Wissen stammte. Die Zweibeiner, die um sie herum lagen — einer zuckte noch einmal mit dem Bein, als sich Springers Zähne in seinen Hals bohrten —, hatten beim Kampf nach Furcht gestunken. Und verwirrt. Er glaubte, daß sie noch nicht einmal gewußt hatten, wo sie sich befanden. Sie gehörten auch sicher nicht in einen Wolfstraum. Doch man hatte sie ausgesandt, um ihn von der hohen Tür mit dem Eisenschloß fernzuhalten oder es zumindest zu verteidigen. Sie schienen überrascht gewesen zu sein, daß Wölfe ihre Gegner waren. Er glaubte auch, sie waren überhaupt überrascht gewesen, sich selbst hier wiederzufinden.
Er wischte sich den Mund ab und betrachtete dann seine Hand einen Moment lang verständnislos. Er war wieder ein Mann. Er war Perrin. Wieder in seinem eigenen Körper, angetan mit der Lederweste des Schmieds, und an seiner Seite hing der schwere Hammer.
Wir müssen uns beeilen, Junger Bulle. Etwas Böses nähert sich.
Perrin zog den Hammer aus der Gürtelschlaufe, während er zur Tür ging. »Faile muß hier drinnen sein.«
Ein harter Schlag zerschmetterte das Schloß. Er trat die Tür auf.
Der Raum war leer bis auf einen langen Steinblock in der Mitte. Darauf lag Faile, als schliefe sie. Ihr schwarzes Haar war ausgebreitet und ihr Körper so von Ketten bedeckt, daß er einen Augenblick brauchte, um zu erkennen, daß sie unbekleidet war. Jede Kette war mit einem dicken Bolzen am Stein befestigt.
Er war sich kaum bewußt, daß er den Raum durchquerte, bis seine Hand ihr Gesicht berührte und er mit einem Finger ihren Backenknochen streichelte.
Sie öffnete die Augen und lächelte zu ihm hoch. »Ich habe geträumt, daß du kommen würdest, Schmied.«
»Ich werde dich sofort befreien, Faile.« Er hob den Hammer und zerschmetterte einen der Bolzen, als bestünde er nur aus Holz.
»Ich habe nicht daran gezweifelt, Perrin.«
Als sein Name verklang, wurde auch sie durchscheinend und verschwand. Klappernd fielen die Ketten auf den Stein, wo sie sich befunden hatte.
»Nein!« schrie er. »Ich habe sie doch gefunden!«
Der Traum ist nicht wie die Welt des Fleisches, Junger Bulle. Hier kann die gleiche Jagd auf viele verschiedene Arten enden.
Er drehte sich nicht zu Springer um. Er wußte, daß dieser die Zähne gefletscht hatte. Wieder hob er den Hammer und ließ ihn mit aller Kraft auf die Ketten niedersausen, die Faile gefesselt hatten. Unter seinem Schlag zerbrach der Steinblock in zwei Teile. Der Stein von Tear aber dröhnte wie eine Glocke.
»Dann werde ich wieder jagen«, grollte er.
Mit dem Hammer in der Hand schritt Perrin aus dem Raum. Springer lief neben ihm her. Der Stein war ein Ort für Menschen. Und Menschen, das wußte er aus Erfahrung, waren grausamere Jäger, als dies Wölfe jemals sein konnten.
Volltönende Gongschläge hallten ihr Alarmsignal durch den Korridor, doch auch sie konnten das Klingen von Metall auf Metall und die Schreie kämpfender Männer in der Nähe nicht übertönen. Mat vermutete, daß dort die Aiel und die Verteidiger gegeneinander kämpften. Der Gang, in dem er sich befand, wurde von goldenen Lampen beleuchtet, von denen sich immer vier auf einem hohen, goldenen Ständer befanden. An den matt glänzenden Steinwänden hingen Seidengobelins, die Schlachtenszenen zeigten. Auch auf dem Boden lagen Seidenteppiche — dunkelrot auf dunkelblau, im Stil von Tear gewoben. Mat war zu beschäftigt, um zu überlegen, was das alles kosten mochte.
Dieser verfluchte Bursche ist gut, mußte er anerkennen, als er einen weiteren Schwertstoß gerade noch ablenken konnte. Sein Schlag mit dem anderen Ende des Stocks nach dem Kopf des Mannes wurde blitzschnell zu einer weiteren Abwehraktion, um sich die flinke Klinge des anderen vom Leibe zu halten. Ist der vielleicht einer der verfluchten Hochlords? Er brachte fast einen harten Schlag zum Knie des Gegners durch, doch der sprang rechtzeitig zurück und hob sein gerades Schwert zu einer Achtungsbezeugung.
Der blauäugige Mann trug tatsächlich die Jacke mit Puffärmeln, gelb mit drei Goldlitzen, aber sie stand offen, das Hemd steckte nur halb in der Hose, und die Füße waren bloß. Sein kurzgeschnittenes, dunkles Haar war wirr wie das eines Mannes, der im Schlaf überrascht worden war, aber er kämpfte hellwach. Vor fünf Minuten war er aus einer der hohen, mit Schnitzereien versehenen Türen geschossen, die für diesen Gang typisch waren, nur ein blankes Schwert in der Hand, und nun war Mat dankbar dafür, daß der Bursche vor ihm erschienen war und nicht hinter ihm. Er war zwar nicht der erste Mann in unvollständiger Kleidung, dem Mat gegenübergestanden hatte, doch er war ganz sicher der beste.
»Könnt Ihr an mir vorbei, Diebfänger?« rief Mat, wobei er aber genau darauf achtete, den mit gezückter Klinge auf ihn wartenden Mann nicht aus den Augen zu lassen. »Ich kann nicht!« rief Sandar von hinten. »Wenn Ihr ausweicht, um mich vorbeizulassen, habt Ihr nicht mehr genug Platz, um dieses Ruder zu schwingen, das Ihr als Stab bezeichnet, und dann wird er Euch wie einen Grunt in Stücke hauen!«
Wie was? »Dann laßt Euch gefälligst was einfallen! Dieser Schurke geht mir auf die Nerven!«
Der Mann in dem Mantel mit Goldlitzen lachte höhnisch. »Es wird eine Ehre für Euch sein, durch die Klinge des Hochlords Darlin zu sterben, Bauer, falls ich das zulasse.« Es war das erstemal, daß er sich herabgelassen hatte, etwas zu sagen. »Ich glaube, ich werde Euch beide statt dessen an den Fersen aufhängen lassen und zuschauen, wenn man Euch die Haut bei lebendigem Leibe abzieht... «
»Ich glaube nicht, daß mir das gefiele«, sagte Mat.
Das Gesicht des Hochlords rötete sich empört ob dieser Unterbrechung, doch Mat ließ ihm keine Zeit für einen zornigen Kommentar. Der Bauernspieß wirbelte in einer engen Doppelschleife so schnell durch die Luft, daß die Enden verschwammen, und dann sprang er vor. Der vor Anstrengung keuchende Darlin konnte sich nur mit größter Mühe zur Wehr setzen. Im Augenblick jedenfalls.
Mat wußte, daß er diese Schnelligkeit nicht mehr lange durchhalten konnte. Wenn er dann Glück hatte, würde das alte Spiel von Angriff und Abblocken weitergehen. Falls er Glück hatte. Aber diesmal hatte er nicht die Absicht, sich auf sein Glück zu verlassen. Sobald der Hochlord sich auf seine Defensivtaktik festgelegt hatte, änderte Mat mitten in der wirbelnden Bewegung seinerseits die Taktik. Das Stockende, von dem Darlin erwartet hatte, es werde auf seinen Kopf zielen, kippte statt dessen nach unten und schlug ihm die Beine weg. Dann traf das andere Ende seinen Kopf, als er bereits stürzte. Der scharfe Aufschlag ließ ihn die Augen verdrehen.
Schwer atmend lehnte sich Mat über dem bewußtlosen Hochlord auf seinen Stock. Seng mich, wenn ich, Verflucht noch mal, gegen ein oder zwei von dieser Sorte kämpfen muß, falle ich blutig vor Erschöpfung um. In den Sagen wird nicht erzählt, daß es soviel Mühe macht, ein Held zu sein. Nynaeve hat sich doch immer etwas einfallen lassen, damit ich arbeiten muß.
Sandar trat neben ihn und blickte mit gerunzelter Stirn auf den zusammengebrochenen Hochlord hinunter. »Wenn er so daliegt, sieht er gar nicht mehr mächtig aus«, stellte er staunend fest. »Er sieht auch nicht viel eindrucksvoller aus als ich.«
Mat fuhr zusammen und spähte den Gang hinunter, wo gerade ein Mann durch den nächsten Quergang gelaufen und schon wieder verschwunden war. Seng mich, wenn ich nicht wüßte, daß so was verrückt ist, könnte ich schwören, es war Rand!
»Sandar, sucht jetzt diese...«, begann er und wollte seinen Stock mit einer ausholenden Bewegung auf die Schulter schwingen. Doch er brach ab, als der Stock dumpf auf etwas knallte.
Herumfahrend sah er sich einem weiteren halb angezogenen Hochlord gegenüber. Dieser aber ließ sein Schwert auf den Boden fallen. Seine Knie gaben nach und er hielt sich mit beiden Händen den Kopf, wo Mat ihm eine tiefe Platzwunde beigebracht hatte. Schnell schlug ihm Mat das eine Ende seines Stocks in den Magen, damit er die Hände herunternahm, und dann gab er ihm noch eines über den Kopf, was ihn über seinem Schwert zusammenbrechen ließ.
»Glück, Sandar«, murmelte er. »Glück ist eben durch nichts zu ersetzen. Jetzt sucht aber gefälligst diesen verfluchten Geheimgang, den die Hochlords zu den Zellen hinunter benützen.« Sandar hatte darauf bestanden, daß eine solche Treppe existiere, und wenn man sie benützte, blieb einem ein langer Umweg durch den größten Teil des Steins erspart. Mat hatte nicht viel für Männer übrig, die es so eilig damit hatten, Gefangene zu verhören, daß sie eine direkte Verbindung von ihren Wohnungen zum Gefängnis bauten.
»Seid nur froh, daß Ihr soviel Glück hattet«, sagte Sandar leicht erschüttert, »oder der hier hätte uns beide getötet, bevor wir ihn auch nur zu Gesicht bekommen hätten. Ich weiß, daß sich die Tür hier irgendwo befindet. Kommt Ihr nun? Oder wollt Ihr warten, bis der nächste Hochlord erscheint?«
»Geht voran.« Mat stakste über den bewußtlosen Hochlord. »Ich bin kein verdammter Held.«
Im Laufschritt folgte er dem Diebfänger, der jede der hohen Türen genau betrachtete, an denen sie vorbeikamen. Ständig murmelte er vor sich hin, daß er wisse, die Tür müsse sich hier irgendwo befinden.