Sie war nicht nicht einmal überrascht.
Nicht wirklich.
Sie war entsetzt, schockiert, verletzt wie niemals zuvor in ihrem Leben und hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, auf der Stelle herumzufahren und wegzulaufen, weg von ihm, weg von diesem schrecklichen Haus, so weit sie nur konnte, und dem, einfach hinunterzustürmen und dieses kleine Aas an den Haaren zu packen und auf der Stelle zu ertränken.
Sie hatte es gewußt, nicht erst seit ein paar Minuten, sondern schon länger, vielleicht seit dem Moment, in dem Stefan und das Mädchen zum ersten Mal zusammengekommen waren. Sie hatte keine Beweise, nicht einmal einen Anhaltspunkt gehabt, aber sie hatte es trotzdem gewußt. Die Frau in ihr hatte es gespürt. Sie hatte die Konkurrentin erkannt, im gleichen Augenblick, in dem sie sie zum ersten Mal gesehen hatte.
Sie hatte es nur nicht wahrhaben wollen.
Der See war ein ganz normaler See - das sumpfige Modderloch eben, das ihnen der Makler als »kostenlosen Swimmingpool direkt vor der Haustür« angepriesen hatte, nicht mehr der Mitternachtssee. Die Büsche und Bäume ringsum waren ganz normale Büsche und Bäume, keine Krallengnome mehr, der Himmel ein ganz normaler Himmel, kein Deckel aus Blei, der über die Landschaft gestülpt worden war, das Wasser Wasser, kein Dämonenblut, in dem sich namenlose Dinge suhlten. Aber die Moorhexe und Banshee waren da, nicht einmal zwanzig Meter von Liz entfernt, in der Gestalt eines fast zwei Meter großen, dunkelhaarigen Hünen und in der eines fünfzehnjährigen Kindes, das sich irgendwie den Körper einer Frau erschlichen hatte, und sie waren beide so vereint, wie ein Mann und eine Frau es nur sein konnten.
Wie lange es dauerte? Liz wußte nicht, wie lange sie dasaß und sich als Voyeurin des Entsetzens betätigte - auf jeden Fall sehr, sehr viel länger, als er jemals mit ihr geschlafen hatte; und ungefähr zwei hundertmal intensiver. Sie konnte die Lust der beiden ineinandergekrallten Körper wie ein elektrisches Knistern spüren, ein Kribbeln auf der Haut, das furchtbar - und auf entsetzliche Weise erregend zugleich war. Obwohl sie sich mit aller Gewalt dagegen wehrte, fühlte sie ein wohl bekanntes Kribbeln in den Lenden, und sie kam sich besudelt und schmutzig vor, allein weil sie dasaß und zusah.
Und das schlimmste war - sie spürte ganz genau, daß die beiden von ihrer Anwesenheit wußten. Eine Peep-Show, ganz persönlich für sie inszeniert. Irgendwann war es vorbei. Es mußte eine halbe Stunde oder länger gedauert haben, denn Liz konnte sich kaum noch bewegen. Ihre Wangenmuskeln waren verkrampft, und ihr Rücken schmerzte entsetzlich von der unnatürlichen Haltung, in der sie hinter dem Busch gehockt hatte. Stefan wälzte sich mit einem erschöpften Seufzer zur Seite, lag auf dem Rücken und starrte in den Himmel, während das Mädchen mit einer ungemein eleganten, fließenden Bewegung aufstand und zum See hin unterging. Für einen Moment wurde ihre Gestalt zu einem schwarzen Schatten vor der silbernen Wasseroberfläche; ein Windstoß bauschte ihr Haar und verwandelte es in ein Gorgonenhaupt, peitschende Tentakel, so dünn wie Fäden. Sie war eine Spinne und Stefan ihr Opfer.
Diese Erkenntnis stand plötzlich ganz klar vor Liz; so deutlich, daß kein Zweifel mehr möglich war. Ihr Zorn auf Stefan erlosch schlagartig. Es war nicht seine Schuld. Er war nicht mehr er selbst, vielleicht nicht einmal mehr körperlich. Der Mann dort unten war ein Fremder.
Sie beobachtete, wie Andy weiter in den See hineinging und schließlich mit ruhigen, überraschend kräftigen Zügen zu schwimmen begann; eine schmale, nackte Gestalt, die sich in einer unbeschreiblichen Mischung aus Ungeschick und Eleganz durch das glasklare Wasser bewegte und ab und zu hell auflachte; ein glockenklarer Ton, der selbst hier oben noch zu hören war. Stefan saß unweit davon am Ufer, jetzt rauchend, nackt, ganz in Betrachtung des schlanken Mädchenkörpers versunken. Sie sah, daß er schon wieder erregt war. Wenn das Mädchen aus dem Wasser kam, würde er wieder mit ihr schlafen. Liz empfand nicht die Spur von Eifersucht. Es spielte keine Rolle. Jetzt nicht mehr.
Lange, sehr lange, saß sie so reglos und in unverändert unbequemer Haltung da und starrte auf den See hinunter, aber sie sah weder das Wasser noch die beiden winzigen Gestalten. Es erschien ihr unendlich schwer, sich zu bewegen. Sie war gar nicht wirklich hier. Was sie erlebte, war eine Illusion, ein Videoclip in 3D und Dolby-Stereo, bei dem die Hölle Regie führte, dachte sie hysterisch. Sie empfand...nichts. Sie hatte keine Angst. Auch keinen Haß, keine Wut oder so etwas Albernes wie Eifersucht. In ihr war nur noch eine große Leere, eine Leere, hinter der irgend etwas lauerte, etwas, das sie nicht beschreiben, nicht einmal erahnen konnte und das sie trotzdem fast in den Wahnsinn trieb.
Schließlich schaffte sie es, die Lähmung, die sie nun in Form eines Muskelkrampfes - auch in Stereo, in beiden Waden zugleich nämlich - auch körperlich befallen hatte, wenigstens so weit abzuschütteln, daß sie aufstehen und sich umdrehen konnte, um zu gehen. Keine Szene. Sie würde dem Ungeheuer nicht den Gefallen tun, jetzt auszuflippen. Sie würde einfach gehen und verschwinden.
Gründlich und für immer.
In diesem Moment stand auch Stefan auf. Liz blieb noch einmal stehen - nun nicht mehr hinter dem Busch, sondern ganz offen, so daß er sie in ihrem beigefarbenen Kleid vordem schwarzen Hintergrund des Waldes deutlich sehen mußte, wenn er sich umdrehte, aber das war ihr vollkommen egal - und starrte auf ihn hinab. Wie das Mädchen zuvor ging nun auch Stefan ins Wasser, schnell und zielsicher und ohne offenbar auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, daß er nicht schwimmen konnte.
Trotzdem ging er nicht unter.
Unter ihm ... war etwas.
Schwarz.
Ein finsteres wabbelndes Ding, wie ein Klumpen schwarzen Froschlaichs, der im Wasser trieb, aber lebend, das ständig in schleimiger Bewegung war. Es griff nach Stefan, stützte ihn, wie eine große, klebrige Hand. Auch weiter hinten im See, wo das Mädchen schwamm, war jetzt diese Schwärze im Wasser, noch immer nicht deutlich zu erkennen, aber rasch wachsend. Die Dunkelheit breitete sich aus, wolkig und schnell, als hätte jemand schwarze Tinte ins Wasser gegossen, und dazwischen waren dünne, peitschende Linien wie schwebendes Haar.
Gelähmt von der Faszination des Grauens stand sie da und sah zu, was weiter geschah, sehr wohl wissend, daß auch dies Teil der Peep-Show war, auch dies nur zu dem einzigen Zweck inszeniert, daß sie es sah. Aber sie war unfähig, irgendeinen Nutzen aus diesem Wissen zu ziehen.
Die beiden schwammen weiter im See, ohne sich auch nur nahe zu kommen. Aber nach einer Weile glaubte Liz ein Muster in ihrer Bewegung zu erkennen, die Kreise und Schlangenlinien waren kein Zufall, nicht willkürlich gewählt. Jede einzelne Bewegung war präzise, voller Kraft und sehr gezielt.
Ein Ritus.
Was sie sah, hatte sehr viel von einem Ritual an sich, ein düsteres, barbarisches Ritual, dessen Sinn sie nicht zu erkennen vermochte und auch nicht wollte und zu dem auch der morbide Liebesakt vorher gehörte. Ein dunkler, blasphemischer Ritus, wie ihn sich Lovecraft nicht schlimmer hätte ausdenken können. Die Luft stank nach Magie. Ohne zu wissen, warum, fühlte sich Liz plötzlich an ein Opfer erinnert. DAS STIMMT, wisperte eine Stimme in ihrem Kopf.
Es war wieder da. Die Stimme des Ungeheuers war in ihrem Kopf, so wie beim ersten Mal. Es hatte auf sie gewartet, mit der Geduld eines Wesens, das in Jahrmillionen zurechnen gewohnt war, für das Zeit vielleicht gar keine Bedeutung hatte. Liz wartete vergeblich auf den lähmenden Schrecken, der der Erkenntnis folgen sollte. Er kam nicht. Etwas in ihr war ausgebrannt. Sie fühlte nichts.
»Was willst du?« flüsterte sie. In der Stille des Sees waren ihre Worte deutlich zu hören; sie war sicher, daß Stefan die Stimme hören mußte, aber er reagierte nicht darauf. Er sah nicht zu ihr, sondern fuhr fort, seine Kreise und Zeichen ins Wasser zu malen. Das Ritual war noch nicht zu Ende ICH HABE DIR PROPHEZEIT, DASS DU ZURÜCKKOMMEN WÜRDEST, OPFER, sagte die Stimme. ICH HATTE RECHT!
Liz schwieg. Was immer sie sagen konnte, das DING würde es vorher in ihren Gedanken lesen. Aber sie war nicht sehr sicher, daß sie überhaupt dachte, in diesem Moment.
BALD, sagte die lautlose Stimme. BALD WIRST DU MIR GEHÖREN. »Warum ... sagst du mir das?« flüsterte Liz. Ihr Blick war starr auf den See gerichtet. Sie erkannte jetzt, um was es sich bei den schwarzen Fäden handelte, die sich zwischen Stefan und dem Mädchen spannten. Nerven. Schwarze, zuckende Nerven. Das Ungeheuer war nicht im See. Es war der See.
DU SOLLST ES WISSEN, antwortete es. DU WIRST ALLES WISSEN. BALD. ICH WERDE DICH TÖTEN, ABER VORHER WIRST DU ALLES ERFAHREN, OPFER.
Und leiden, dachte Liz. Das war es, wovon es lebte. Vom Schmerz. Das Grauen seiner Opfer, die namenlose Panik, die sie überfiel, wenn sie erkennen mußten, daß ein Entkommen nicht mehr möglich war, waren sein Lebenselixier. Es hatte etwas von einer Spinne an sich, die ein Netz wob, geduldig und lautlos, ein Netz, in das sich seine Opfer mehr und mehr verstrickten, ohne es zu merken, und es saugte sie aus, labte sich an ihrem Entsetzen. Angst war seine Nahrung.
Das war die Erklärung, warum sie noch lebte. Es tötete, so erbarmungslos und sicher wie eine Naturgewalt, aber es hatte nichts davon, seine Opfer mit einem schnellen sauberen Schlag zu erlegen. Seine Beute mußte leiden, wenn das Opfer einen Sinn machen sollte. »Ist es so?« fragte sie.
Ein leises, unendlich böses, gedankliches Lachen. JA.
»Und ... war ich ... gute Nahrung?«
VORZÜGLICH. EINE DELIKATESSE. Eine kurze Pause, dann: ABER WIR SIND NOCH NICHT FERTIG MITEINANDER, SCHÄTZCHEN.
»Nenn ... mich ... nicht... so«, sagte Liz mühsam. Es fiel ihr jetzt schwer, zu sprechen. Es war albern. Und trotzdem mußte es sein. Diese wenigen Worte, dieses trotzige kindische Auflehnen gegen das Unausweichliche erschienen ihr überlebenswichtig, wichtiger als alles. Wenigstens ihre Selbstachtung sollte er ihr nicht nehmen. O DOCH, kam die Antwort auf ihren Gedanken. DAS WERDE ICH. ABER JETZT NOCH NICHT. GENIESSE DEINEN STOLZ, SOLANGE DU NOCH KANNST. »Ich ... habe keine Angst«, sagte Liz mühsam. »Was willst du mir noch tun? Es gibt nichts mehr, was...«
O DOCH, DAS GIBT ES, antwortete das DING. EINE GANZE MENGE SOGAR. »Ich werde kämpfen!« sagte Liz trotzig. »Ich werde dich vernichten, du Miststück. Ich...« Sie begann zu stottern.
Ihre Gedanken überschlugen sich. Sie redete - dachte - Unsinn. »Ich... ich werde diesen verdammten See in die Luft sprengen. Ich werde Säure hin einleiten lassen. Ich werde....« Sie brach ab, krümmte sich und begann haltlos zu schluchzen, als sie begriff, daß sie genau das tat, was das DING von ihr erwartete. Sie wäre eine fade Mahlzeit, würde sie sich nicht wehren. Trotzdem wimmerte sie: »Du hast noch nicht gewonnen, du Scheusal! Ich... ich habe Freunde, die mir helfen werden!« Keine Antwort. ES wartete. ES fraß. Sie glaubte, so etwas wie ein Schmatzen zu hören.
»Ich werde es allen sagen!« keuchte sie. »Ich ... ich werde dafür sorgen, daß man von deiner Anwesenheit erfährt. Allen werde ich es sagen. Allen, verstehst du! Sie werden dich auslöschen. Sie ... sie werden dich in kleine Gläser verpacken, und auf dem Jahrmarkt ausstellen, in kleinen Portionen. Ich ... ich werde ...«
EINE ATOMBOMBE AUF DEN SEE WERFEN? kicherte die STIMME. MACH DICH NICHT LÄCHERLICH, OPFER. DEINE FREUNDE WERDEN DIR NICHT HELFEN. ABGESEHEN DAVON, fügte sie nach einer winzigen Pause und bewußt lakonisch hinzu, DASS DU KEINE FREUNDE MEHR HAST. SIEH HINUNTER.
Gegen ihren Willen gehorchte sie.
Und schrie auf. Noch vor Augenblicken hatte sie geglaubt, die Grenzen ihrer Leidensfähigkeit erreicht zu haben, aber das stimmte nicht. Wie gestern bei Carrys Tod überschritt sie eine Grenze, aber nur, um dahinter eine weitere Facette des Grauens zu entdecken; ein Terror, der sie auf der Stelle um den Verstand und wahrscheinlich auch ums Leben gebracht hätte, hätte das DING im See sie nicht geschützt. Es half ihr;es war ein Meister der Folter, aber kein Schlächter. Es war fünftausend Millionen Jahre alt, und es hatte Erfahrung darin, die Qualen seiner Opfer zu verlängern, ohne sie zu töten. Es war ein Gourmet.
Liz kreischte vor Entsetzen, als sie das fürchterliche Bild sah, und sie konnte ganz konkret und körperlich spüren, wie ihr die Augen aus den Höhlen traten. Stefan und das Mädchen hatten aufgehört, ihre kabbalistischen Kreise zu schwimmen, und wateten an Land. Der Mond schien sehr hell, und er beleuchtete die beiden wie ein silberfarbenes Spotlicht: Etwas umgab sie. Schwarz und dünn und nervig, ein glitzerndes zuckendes Netz, großmaschig, aber nicht unterbrochen, wie schwarzes nasses Haar. Aber nicht nur sie. Es setzte sich fort, reichte in den See hinein und weiter, tiefer, eine pulsierende Nabelschnur, die die beiden mit dem unsagbaren DING im See verband und von der Wasser oder Schleim oder beides tropfte.
ODER MEINST DU VIELLEICHT DEINE NÄRRISCHE KLEINE FREUNDIN, DIE MIT DINGEN SPIELT, VON DENEN SIE NICHTS VERSTEHT?
»Nein«, wimmerte Liz. »Bitte ... nicht. Bitte... bitte...hör... auf...«
ES fraß. Es saugte sie aus, labte sich an ihrem Entsetzen, fraß ihre Lebensenergie, bis sie das Nahen des Todes spürte, und brach abrupt ab. Liz fiel keuchend auf die Knie herab und krümmte sich. O JA, DAS HÄTTE ICH FAST VERGESSEN, kicherte die STIMME in ihrem Kopf. DA IST JA NOCH EINER, DER DIR HELFEN WOLLTE, NICHT WAHR? SIEH DICH UM.
Lächerlich, sich widersetzen zu wollen. Auch sie hing in diesem schwarzen Netz, nur daß die Fäden, die ihren Geist hielten, unsichtbar waren. Sie hob den Kopf, drehte sich wimmernd herum - und schrie so gellend und laut, daß etwas in ihrer Kehle zerriß und bitteres Blut ihr Kreischen erstickte.
Es war Ohlsberg, und er war tot.
Er mußte es sein, denn jemand hatte ein Stück von seinem Kopf abgebissen. Drei Finger breit über seinen Augen war sein Schädel fort, entlang einer blutig weißen Linie säuberlich entfernt, so daß sein Gehirn sichtbar war. Es sah aus, als trüge er eine zuckende rot graue Krone. Blut, unglaubliche Mengen von Blut hatten seine Jacke schwer werden lassen, und seine Hände hatten keine Finger mehr, denn als das Etwas seinen Kopf gepackt hatte, mußte er sich an die Schläfen gegriffen haben, und es hatte sie einfach mit abgebissen.
Aber zumindest war es schnell gegangen, dachte Liz hysterisch. Er war keine Hauptmahlzeit gewesen. Ohlsberg als Aperitif, den es mit einem einzigen Schmatzen verschlungen hatte, nur den Bruchteil einer Sekunde Schmerz, wenn auch sehr viel Angst, denn er hatte gewußt, was ihn erwartete.
Dann sah sie, daß er noch lebte.
Wie eine menschengroße Puppe stand er aufrecht gegen den Baum gelehnt, stand da mit seinem halbierten Kopf und seinen abgefressenen Händen, und die Augen in seinem blutbesudelten Gesicht standen weit offen. Aber es war nicht die Totenstarre, die sie aufhielt - ihr Blick war trüb, aber nicht gebrochen, er lebte, lebte, LEBTE!!! - und starrte auf sie herab, ohne einen Laut, aber mit einem Ausdruck ungeheuerlichen Leidens in den Augen, und ließ sie wissen, daß es ihre Schuld war, was ihm angetan wurde.
Etwas bewegte sich unter seiner Jacke, ein doppelt faustgroßer Klumpen, der den nassen schweren Stoff ausbeulte, hierhin und dorthin glitt und wieder zurück, wie eine gefangene Ratte, die keinen Ausweg aus der Falle fand. Dann öffnete er den Mund, seine zerfetzten blutenden Lippen, aber dahinter waren keine Zähne mehr, keine Zunge, sondern eine schwarze glitzernde Masse. Plötzlich war er der Ohlsberg aus ihrem Traum, der kein Traum, sondern nur eine weitere Warnung gewesen war, und der Laut, der aus seiner Brust drang, war kein menschlicher Laut, sondern der Schrei der Banshee, dieser gläserne hohe Ton, der direkt auf ihren Nerven gezupft wurde, ein Schrei, der lauter und lauter wurde, in ihren eigenen überging und immer noch anschwoll.
Dann bewegte sich das, was einmal Ohlsberg gewesen war. Er machte einen Schritt. Seine verstümmelten Hände hoben sich, aber es war kein Angriff, sondern eine Geste des Vorwurfs, ein sieh mich an, das hast du mir getan, das ist mir geschehen, nur weil ich dir helfen wollte, nur weil ich Mitleid mit dir hatte!, das sie schlimmer traf, als es jedweder körperliche Schmerz hätte tun können. Das DING torkelte auf sie zu, fiel dicht vor ihr auf die Knie und streckte die Arme aus.
Sein Gesicht platzte auseinander. Schwarz gewordenes Blut eruptierte aus seinen Wangen, etwas Finsteres, Feuchtes quoll aus seinem Mund, kleinen beinlosen Käfern des Entsetzens gleich, die Augen, zwei bunt bemalte Glaskugeln, die nicht mehr gebraucht wurden, kollerten aus den Höhlen, gefolgt von einem Geflecht dünner schwärzlicher Fäden, die wie Haar im Wind peitschten.
Liz verlor das Bewußtsein.