9 Eine Tasse Tee

Als Elayne endlich in ihrem Ankleidezimmer war, zog sie mithilfe von Essande, der weißhaarigen Ruheständlerin, die sie sich als Zofe ausgesucht hatte, schnell ihr Reitgewand aus. Die schlanke, würdevolle Frau bewegte sich etwas langsam, aber sie kannte ihre Arbeit und verschwendete keine Zeit mit unnützem Geplauder. Tatsächlich sagte sie nur selten etwas, das über einen Bekleidungsvorschlag hinausging, sowie die täglich erfolgende Bemerkung, dass Elayne wie ihre Mutter aussah. In dem breiten Marmorkamin am anderen Ende des Raums tanzten Flammen auf den dicken Holzscheiten, aber das Feuer konnte der Luft kaum etwas von ihrer beißenden Kälte nehmen. Rasch zog sie ein schönes Gewand aus blauem Tuch mit an dem hohen Kragen und den Ärmeln aufgestickten Zuchtperlen über, dazu kamen der mit Silber durchwirkte Gürtel mit einem kleinen Dolch in einer Silberscheide und mit silbernem Muster verzierte blaue Samtschuhe. Vermutlich würde keine Zeit mehr bleiben, sich vor der Audienz mit den Kaufleuten erneut umzuziehen, und sie mussten von ihrem Anblick beeindruckt sein. Außerdem würde sie dafür sorgen müssen, dass Birgitte dabei war. Birgitte sah in Uniform äußerst beeindruckend aus. Und Birgitte würde eine Unterredung mit Kaufleuten als Pause betrachten. Der feurigen Gereiztheit nach zu urteilen, die sich in Elaynes Hinterkopf bemerkbar machte, fand der Generalhauptmann der Königlichen Garde diese Berichte keine leichte Lektüre.

Sie legte Perlenohrringe an und entließ Essande dann zu ihrer eigenen Feuerstelle in den Quartieren der Pensionäre. Die Frau hatte es abgelehnt, einer Heilung unterzogen zu werden, aber Elayne hatte den Verdacht, dass ihre Gelenke schmerzten. Wie dem auch war, sie selbst war fertig. Allerdings würde sie nicht das Diadem der Tochter-Erbin tragen; es konnte oben auf dem kleinen Schmuckkästchen aus Elfenbein auf ihrem Ankleidetisch liegen bleiben. Sie besass nicht viel Schmuck; die meisten Juwelen waren versetzt worden und der Rest würde das Hofgeschirr begleiten, wenn es so weit war. Sinnlos, sich jetzt darüber zu sorgen. Sie hatte nur wenige Augenblicke für sich selbst, dann musste sie sich wieder auf ihre Pflichten stürzen.

Ihr Wohnzimmer mit der dunklen Holzvertäfelung und den breiten Vogelfriesen enthielt zwei große Kamine mit aufwendig gestalteten Einfassungen, einen an jedem Ende, die ihrer Aufgabe des Wärmens besser nachkamen als der im Ankleidezimmer. Allerdings waren auch hier die Teppiche auf dem weißen Fliesenboden unumgänglich. Zu ihrer Überraschung befand sich auch Halwin Norry in dem Raum. Es sah so aus, als hätte sich die Pflicht auf sie gestürzt.

Der Erste Sekretär erhob sich bei ihrem Eintreten von einem Stuhl mit niedriger Lehne, drückte eine Ledermappe an die schmale Brust und wankte um den am Rand mit Schnörkelornamenten verzierten Tisch in der Mitte des Raums, um einen unbeholfenen Kratzfuß zu machen. Norry war groß und schlank, hatte eine lange Nase, und der spärliche Haarwuchs hinter seinen Ohren sprang hervor wie weiße Federbüschel. Er erinnerte Elayne oft an einen Reiher. Eigentlich hantierte eine Vielzahl von Schreibern unter seiner Führung mit den Federn, dennoch wurde der Saum seines scharlachroten Wappenrocks von einem kleinen Tintenfleck verunstaltet. Der Fleck sah ziemlich alt aus, und sie fragte sich, ob die Mappe weitere verbarg. Er hatte die Gewohntheit, sie vor seine Brust zu halten, erst angenommen, als er die formelle Uniform angelegt hatte; zwei Tage nach Frau Harfor. Ob er es als Ausdruck der Loyalität getan hatte oder bloß, um es der Haushofmeisterin nachzutun, war noch immer ein Gegenstand der Diskussion.

»Verzeiht mir meinen Überfall, meine Lady«, sagte er, »aber ich glaube, meine Angelegenheiten sind von einiger Wichtigkeit, wenn nicht sogar von Eile.« Wichtig oder nicht, sein Tonfall war noch immer monoton.

»Natürlich, Meister Norry. Ich würde Euch nicht zur Eile treiben wollen.« Er sah sie blinzelnd an, und sie versuchte, ein Seufzen zu unterdrücken. Nach der Art und Weise zu urteilen, wie er den Kopf leicht schiefhielt, um einen Ton besser aufschnappen zu können, war er mehr als nur etwas schwerhörig. Vielleicht war das der Grund, warum seine Stimme niemals ihre Tonlage veränderte. Sie sprach etwas lauter. Aber vielleicht war er auch einfach nur ein Langweiler. »Setzt Euch und berichtet mir von diesen wichtigen Angelegenheiten.«

Sie nahm sich einen der mit Schnitzereien versehenen Stühle vom Tisch und bedeutete ihm, sich ebenfalls einen zu nehmen, aber er blieb stehen. Das tat er immer. Sie lehnte sich zurück, um ihm zuzuhören, schlug die Beine übereinander und richtete ihre Röcke.

Er schaute nicht in seine Mappe. Alles, was dort auf dem Papier stand, befand sich auch in seinem Kopf; die Papiere waren nur für den Fall da, dass sie sie mit eigenen Augen sehen wollte. »Die dringlichste und vielleicht auch wichtigste Neuigkeit besteht darin, meine Lady, dass man auf Euren Gütern in Danabar große Vorkommen Alaun entdeckt hat. Alaun von erstklassiger Qualität. Ich glaube, dass die Bankiers meine Erkundigungen in Eurem Namen weniger ... zögerlich behandeln werden, sobald sie davon erfahren.« Er lächelte kurz, ein schnelles Verziehen dünner Lippen. Für ihn war das fast so viel wie ein Freudensprung.

Elayne setzte sich sofort aufrecht hin, als er Alaun erwähnte, und ihr Lächeln war sehr viel breiter. Sie verspürte selbst Lust auf einen Freudensprung. Hätte ihr jemand anderes als Norry gegenübergestanden, hätte sie es vielleicht sogar getan. Ihre Freude war so groß, dass Birgittes Gereiztheit einen Augenblick lang in den Hintergrund verdrängt wurde. Färber und Weber verschlangen Alaun förmlich, genau wie auch die Glasbläser und Papiermacher. Die einzige Quelle für erstklassiges Alaun war Ghealdan — oder war es zumindest bis jetzt gewesen —, und allein die Steuern für den Handel hatten ausgereicht, um den Thron von Ghealdan für Generationen zu stützen. Was aus Tear und Arafel kam, war nicht ganz so rein, aber es brachte den Schatztruhen dieser Länder fast genauso viele Münzen ein wie Olivenöl oder Edelsteine.

»Das ist eine wichtige Neuigkeit, Meister Norry. Die beste, die ich heute gehört habe.« Vermutlich die beste seit ihrer Ankunft in Caemlyn, aber mit Sicherheit die beste am heutigen Tag. »Wie schnell könnt Ihr das ›Zö-gern‹ der Bankiers überwinden?« Es war eher so gewesen, als hätte man ihr die Tür vor der Nase zugeschlagen, nur etwas höflicher. Die Bankiers wussten bis auf den letzten Mann genau, wie viele Bewaffnete im Moment hinter ihr standen und wie viele hinter ihren Gegnern. Trotzdem hatte sie keinen Zweifel, dass der mit Alaun verbundene Reichtum ihre Einstellung ändern würde. Genauso wenig wie Norry.

»Ziemlich schnell, meine Lady, und ich glaube, zu guten Bedingungen. Sollten ihre besten Angebote nicht ausreichend sein, werde ich ihnen sagen, dass ich mich an Tear oder Cairhien wende. Sie werden das Risiko nicht eingehen wollen, den Handel zu verlieren, meine Lady.«

Und das alles mit dieser trockenen, ausdruckslosen Stimme, in der nicht einmal ein Hauch von Zufriedenheit zu hören war, die jeder andere Mann verspürt hätte. »Es wird sich natürlich um Darlehen aufgrund zukünftiger Einkünfte handeln und es werden Kosten entstehen. Der Abbau in den Minen. Transport. Danabar ist bergiges Gelände und ein gutes Stück von der Lugardstraße entfernt. Aber es dürfte ausreichen, damit Ihr Eure Ambitionen für die Garde erfüllen könnt, meine Lady. Und für Eure Akademie.«

»Ausreichend ist kaum das richtige Wort, falls Ihr versuchen wollt, mir meine Pläne für die Akademie auszureden, Meister Norry«, sagte sie und hätte beinahe gelacht. Er hütete Anders Staatsschatz so eifersüchtig wie eine Mutterhenne ihr einziges Küken, und er war strikt dagegen gewesen, dass sie die Schule übernommen hatte, die auf Rands Befehl hin in Caemlyn gegründet worden war, und er hatte seine Argumente so lange wiederholt, bis sich seine Stimme in einen Bohrer verwandelt zu haben schien, der sich in ihren Schädel fräste. Bis jetzt bestand die Schule aus ein paar Dutzend Gelehrten mit ihren Schülern, die in der Neustadt auf ein paar Gasthäuser verteilt waren, aber selbst im Winter kamen jeden Tag ein paar hinzu, und sie hatten angefangen, lautstark nach Räumen zu verlangen. Sie hatte nicht vorgeschlagen, ihnen einen Palast zu überlassen, das mit Sicherheit nicht, aber sie brauchten eine Unterkunft. Norry versuchte Andors Gold sparsam zu verwalten, aber sie sah in Andors Zukunft. Tarmon Gai'don näherte sich, aber sie musste fest daran glauben, dass es danach noch eine Zukunft gab, ob nun Rand die Welt zerstörte oder nicht. Ansonsten war es sinnlos, mit allem weiterzumachen, und sie konnte sich nicht einfach hinsetzen und abwarten.

Selbst wenn sie genau gewusst hätte, dass die Letzte Schlacht allem ein Ende bereiten würde, wäre sie keinesfalls tatenlos geblieben. Rand hatte die Schulen für den Fall gegründet, dass er am Ende die Welt zerstörte, in der Hoffnung, etwas zu retten, aber diese Schule würde Andor gehören und nicht Rand al'Thor. Die Akademie der Rose, der Erinnerung an Morgase Trakand gewidmet. Es würde eine Zukunft geben und diese Zukunft würde sich an ihre Mutter erinnern. »Oder seid Ihr zu dem Schluss gekommen, dass man das Gold aus Cairhien doch zum Wiedergeborenen Drachen zurückverfolgen kann?«

»Ich halte das Risiko noch immer für sehr gering, meine Lady, aber nach allem, was ich aus Tar Valon erfahren habe, lohnt es sich nicht länger, es einzugehen.« Sein Tonfall veränderte sich nicht, aber offensichtlich war er aufgeregt. Er trommelte mit den Fingern gegen die Ledermappe vor seiner Brust, sie waren wie tanzende Spinnen, die dann wieder erstarrten. »Die ... äh ... Weiße Burg hat eine Proklamation veröffentlicht, in der sie ... äh ... Lord Rand als den Wiedergeborenen Drachen anerkennt und ihm ... äh ... Schutz und Anleitung anbietet. Des weiteren wird jeder, der sich ihm außer der Burg nähert, mit einem Bannfluch belegt. Es ist klug, sich vor Tar Valons Zorn zu hüten, meine Lady, aber das wisst Ihr ja selbst.« Er sah bedeutungsvoll auf den Großen Schlangenring an ihrer Hand, die auf der Stuhllehne lag. Natürlich wusste er von der Spaltung der Burg — vielleicht hatte es sich nicht bis zu jedem Kleinpächter in Seleisin herumgesprochen, aber alle anderen konnten es mittlerweile unmöglich ignorieren —, aber er war zu diskret gewesen, um sie zu fragen, auf welcher Seite sie stand. Obwohl er offensichtlich »der Amyrlin-Sitz« hatte sagen wollen statt »die Weiße Burg«. Und das Licht allein wusste, was er statt »Lord Rand« hatte sagen wollen. Sie nahm ihm das nicht übel.

Er war ein vorsichtiger Mann, eine Eigenschaft, die er auf seinem Posten brauchte.

Doch Elaidas Proklamation verblüffte sie. Mit gerunzelter Stirn fuhr sie mit dem Daumen über den Schlangenring. Elaida hatte diesen Ring länger getragen, als sie überhaupt lebte. Die Frau war arrogant, verbohrt und blind gegenüber jedem anderen Standpunkt, aber sie war nicht dumm. Im Gegenteil. »Glaubt sie allen Ernstes, er wird ein solches Angebot akzeptieren?«, sagte sie nachdenklich. »Schutz und Führung? Ich kann mir keinen besseren Weg vorstellen, um ihn abspenstig zu machen!« Führung? Rand konnte man nicht einmal mit einer Bootsstange führen!

»Möglicherweise hat er sich bereits einverstanden erklärt, meine Lady, zumindest laut meiner Brieffreundin aus Cairhien.« Norry hätte sich geschüttelt, hätte man ihn als Anführer eines Netzes von Spionen bezeichnet. Nun, zumindest hätte er angewidert den Mund verzogen. Der Erste Sekretär verwaltete den Staatsschatz, überwachte die Sekretäre, die die Hauptstadt verwalteten, und beriet den Thron in Staatsangelegenheiten. Er verfügte mit Sicherheit über kein Netzwerk aus Augen-und-Ohren so wie die Ajah und sogar ein paar der Schwestern. Aber er führte einen regen Briefwechsel mit gut informierten und einflussreichen Leuten aus anderen Hauptstädten, damit sein Rat auch dem Stand der Dinge entsprach. »Sie schickt einmal die Woche eine Brieftaube und es hat den Anschein, als hätte kurz vor Abfassung ihrer letzten Nachricht jemand den Sonnenpalast mit der Einen Macht angegriffen.«

»Mit der Macht?«, rief sie aus und beugte sich ruckartig vor.

Norry nickte einmal. Er hätte genauso gut über den gegenwärtigen Zustand der Straßenreparaturen berichten können. »Das hat meine Brieffreundin berichtet, meine Lady. Vielleicht Aes Sedai oder Asha'man oder sogar die Verlorenen. Ich fürchte, hier hat sie Gerüchte weiterverbreitet. Der Flügel, in denen sich die Gemächer des Wiedergeborenen Drachen befinden, wurde größtenteils zerstört, und er selbst ist verschwunden. Es wird weithin angenommen, dass er sich nach Tar Valon begeben hat, um vor dem Amyrlin-Sitz niederzuknien. Einige glauben zwar, dass er bei dem Angriff getötet wurde, aber das sind nicht viele. Ich rate Euch, gar nichts zu tun, bis Ihr ein klareres Bild habt.« Er hielt inne, legte nachdenklich den Kopf schief. »Meine Lady, nach dem zu urteilen, was ich von ihm gesehen habe«, sagte er langsam, »würde ich nicht glauben, dass er tot ist, bevor ich drei Tage neben seinem Leichnam gesessen habe.«

Um ein Haar hätte sie ihn ungläubig angestarrt. Das war ja beinahe eine witzige Bemerkung gewesen. Oder zumindest ein grober Scherz. Von Halwin Norry! Sie glaubte auch nicht an Rands Tod. Und was den Kniefall vor Elaida betraf, dieser Mann war zu stur, um sich irgendjemandem zu unterwerfen. Viele Schwierigkeiten hätten ausgeräumt werden können, hätte Rand sich nur überwinden können, vor Egwene zu knien, aber er wollte es nicht tun, und sie war seine Kindheitsfreundin. Elaida hatte ungefähr so viel Chancen wie eine Ziege auf einem Hofball, erst recht, nachdem er von ihrer Proklamation erfuhr. Aber wer hatte ihn angegriffen? Die Macht der Seanchaner konnte doch nicht bis nach Cairhien reichen. Falls sich die Verlorenen zu einem offenen Angriff entschieden hatten, würde das noch größeres Chaos und Zerstörungen bedeuten, als sich die Welt bereits gegenübersah, aber am schlimmsten würden die Asha'man sein. Falls sich seine eigene Schöpfung gegen ihn gewandt hatte ... nein! Sie konnte ihn nicht beschützen, so sehr er es auch gebraucht hätte. Er würde sich eben um sich selbst kümmern müssen.

Dieser Narr! dachte sie. Vermutlich marschiert er mit der Fahne voraus voran, als würde ihm keiner nach dem Leben trachten! Du solltest lieber auf dich aufpassen, Rand al'Thor, oder ich prügle dich windelweich, wenn du mir in die Hände fällst!

»Was haben Eure Brieffreunde sonst noch zu berichten, Meister Norry?«, fragte sie laut und schob den Gedanken an Rand beiseite. Noch stand er nicht vor ihr, und sie musste sich darauf konzentrieren, Andor zu halten.

Seine Brieffreunde hatten eine Menge zu sagen, aber einiges war schon lange bekannt. Nicht alle Schreiber benutzten Brieftauben, und Briefe, die man nur den vertrauenswürdigsten Händlern mitgab, konnten manchmal Monate lang unterwegs sein — wenn man Glück hatte. Unzuverlässige Kaufleute strichen das Postgeld ein und machten sich nicht die Mühe, den Brief zu befördern. Nur wenige Leute konnten sich Kuriere leisten. Elayne spielte mit dem Gedanken, eine Königliche Post zu gründen, falls es die Situation jemals zuließ. Norry beklagte die Tatsache, dass seine letzten Neuigkeiten aus Ebou Dar und Amador bereits von Geschehnissen überholt worden waren, über die man seit Wochen auf der Straße sprach.

Es waren auch nicht alle Neuigkeiten wichtig. Seine Brieffreunde waren keine richtigen Augen-und-Ohren; sie schrieben lediglich, was in ihrer Stadt passiert war und was am Hof geredet wurde. In Tear sprach man von der ständig zunehmenden Zahl von MeervolkSchiffen, die sich ohne Navigatoren einen Weg durch die Drachenfinger gebahnt hatten und nun vor der Stadt den Fluss verstopften; von Gerüchten, denen zufolge die Schiffe auf See gegen die Seanchaner gekämpft hatten, aber das waren wirklich nur Gerüchte. Illian war friedlich und voll von Rands Soldaten, die sich von einer Schlacht gegen die Seanchaner erholten; es war fraglich, ob Rand überhaupt in der Stadt gewesen war. Die Königin von Saldaea befand sich noch immer in ihrem freiwilligen Exil auf dem Land, was Elayne bekannt war, aber es hatte den Anschein, als hätte man auch die Königin von Kandor schon seit Monaten nicht mehr in Chachin gesehen, und der König von Schienar befand sich angeblich noch immer auf einer ausgedehnten Inspektionsreise entlang der Grenze zur Großen Fäule, obwohl es in der Fäule ruhiger als seit Menschengedenken zuging. In Lugard versammelte König Roedran jeden Adligen um sich, der Soldaten mitbringen konnte, und eine Stadt, die sich bereits wegen zweier großer Heere sorgte — von denen das eine voller Aes Sedai und das andere voller Andoraner war —, die in der Nähe der Grenze zu Andor kampierten, hatte nun noch die neue Sorge, was ein liederlicher Tunichtgut wie Roedran im Sinn hatte.

»Und was ratet Ihr mir dazu?«, fragte sie, als er geendet hatte, obwohl sie seinen Rat nicht brauchte. In Wahrheit hatte sie ihn bei den anderen Dingen auch nicht gebraucht. Die Geschehnisse waren zu weit weg, um Andor zu betreffen, oder unwichtig, lediglich ein Überblick, was in anderen Ländern passierte. Aber es wurde von ihr erwartet, dass sie fragte, selbst wenn beide wussten, dass sie die Antwort bereits kannte — »Tut nichts« —, und er hatte prompt geantwortet. Murandy war jedoch weder weit weg noch unwichtig, aber diesmal zögerte er und schürzte die Lippen. Norry war langsam und methodisch, aber selten zögerlich.

»Was das angeht, nichts, meine Lady«, sagte er schließlich. »Normalerweise würde ich vorschlagen, Roedran einen Botschafter zu schicken, der seine Ziele und Beweggründe ergründen soll. Er mag die Geschehnisse im Norden fürchten oder die Überfalle der Aiel, von denen wir so viel hören. Andererseits, auch wenn er nie irgendwelche Ambitionen gezeigt hat, könnte er ein Unternehmen im nördlichen Altara planen. Oder unter diesen Umstände auch in Andor. Unglücklicherweise ...«Er drückte die Ledermappe weiterhin an die Brust, spreizte leicht die Hände und seufzte, vielleicht als Entschuldigung, vielleicht auch aus Besorgnis.

Leider war sie noch keine Königin und kein von ihr geschickter Botschafter würde auch nur in Roedrans Nähe gelangen. Falls sie mit ihrem Thronanspruch scheitern sollte und er ihren Botschafter empfangen hatte, könnte der erfolgreiche Thronfolger ein Stück aus Murandy herausschneiden, um ihm eine Lektion zu erteilen, und Lord Luan und die anderen hatten sich bereits Territorien genommen. Allerdings verfügte sie über bessere Informationen als der Erste Sekretär, und zwar von Egwene. Sie hatte nicht vor, ihre Quelle zu verraten, entschied sich aber, seine Sorgen zu beschwichtigen. Das musste der Grund gewesen sein, warum er den Mund so verzogen hatte: er wusste, was getan werden musste, sah aber keine Möglichkeit, es zu tun.

»Ich kenne Roedrans Ziele, Meister Norry, und er zielt auf Murandy selbst. Die Andoraner in Murandy haben Treueide von murandianischen Adligen im Norden entgegengenommen, und das macht den Rest nervös. Und da ist eine große Söldnerbande — in Wahrheit sind es Drachenverschworene, aber Roedran hält sie für Söldner —, die er im Geheimen angeheuert hat und die eine Bedrohung darstellen sollen, nachdem die anderen Heere abgezogen sind. Er will diese Bedrohungen dazu benutzen, die Adligen eng an sich zu binden, dass jeder von ihnen Angst bekommt, sich nach dem Ende aller Bedrohungen als Erster von ihm abzuwenden. Falls sein Plan Erfolg hat, könnte er in der Zukunft ein Problem darstellen, schließlich will er die nördlichen Ländereien zurückhaben, aber im Moment ist er für Andor keine unmittelbare Bedrohung.«

Norrys Augen weiteten sich und er legte den Kopf erst auf die eine und dann auf die andere Seite und musterte sie. Er befeuchtete sich die Lippen, bevor er sprach. »Das würde viel erklären, meine Lady. Ja, das würde es.« Seine Zunge fuhr erneut über die Lippen. »Mein Brieffreund in Cairhien hat noch einen anderen Punkt erwähnt, den ich ... äh, zu erwähnen vergaß. Wie Ihr vielleicht wisst, ist Eure Absicht, den Sonnenthron zu beanspruchen, dort wohlbekannt und findet auch breite Unterstützung. Anscheinend sprechen viele Cairhiener offen davon, nach Andor zu kommen und Euch bei der Erringung des Löwenthrons zu helfen, damit Ihr den Sonnenthron früher bekommt. Ich glaube nicht, dass Ihr meinen Rat braucht, was solche Angebote betrifft?«

Sie nickte und zwar unter diesen Umständen ziemlich gnädig, wie sie fand. Hilfe von Cairhien wäre schlimmer als die Söldner, denn es hatte zu viele Kriege zwischen Andor und Cairhien gegeben. Er hatte das nicht vergessen. Halwin Norry vergaß nie etwas. Warum hatte er sich dazu entschieden, es ihr zu sagen, statt sie eine Überraschung erleben zu lassen, vielleicht durch die Ankunft ihrer cairhienischen Anhänger? Hatte ihr Wissen ihn beeindruckt? Oder hatte es in ihm die Furcht geschürt, sie könnte erfahren, dass er es für sich behielt? Er wartete geduldig, ein vertrockneter Reiher, der auf einen ... Fisch von ihr wartete?

»Lasst ein Schreiben für meine Unterschrift und mein Siegel vorbereiten, Meister Norry, das jedem wichtigen Haus in Cairhien zugestellt werden soll. Stellt zu Beginn mein Recht als Tochter von Taringail Damodred auf den Sonnenthron dar, und führt aus, dass ich meinen Anspruch anmelden werde, sobald in Andor wieder etwas Ruhe eingekehrt ist. Schreibt, dass ich keine Soldaten mitbringen werde, da ich weiß, dass andoranische Soldaten auf cairhienischem Boden ganz Cairhien gegen mich aufbringen würde und das mit Recht. Endet damit, dass ich die mir von vielen Cairhienern angebotene Unterstützung zu schätzen weiß und dass ich hoffe, dass jegliche Zerwürfnisse innerhalb Cairhiens auf friedliche Weise beigelegt werden können.« Die Intelligenten würden die Botschaft zwischen den Zeilen erkennen und mit etwas Glück denjenigen erklären, die nicht klug genug waren.

»Eine geschickte Erwiderung, meine Lady«, sagte Norry und krümmte die Schultern zu etwas, das so ähnlich wie eine Verbeugung aussah. »Ich werde es wie gewünscht in die Wege leiten. Darf ich meine Lady fragen, ob Ihr Zeit hattet, die Haushaltsbücher abzuzeichnen? Ah. Das macht nichts. Ich werde später jemanden schicken.« Er verbeugte sich richtig, wenn auch kaum weniger unbeholfen als zuvor, schickte sich an zu gehen, verharrte dann aber. »Verzeiht mir meine Offenheit, meine Lady, aber Ihr erinnert mich sehr an Eure Mutter, die verstorbene Königin.«

Elayne sah zu, wie sich hinter ihm die Tür schloss, und sie fragte sich, ob sie ihn zu ihrem Lager zählen konnte. Caemlyn oder gar Andor ohne Sekretäre zu verwalten war unmöglich, und der Erste Sekretär hatte die Macht, die Königin auf die Knie zu zwingen, wenn man nicht auf der Hut war. Ein Kompliment war nicht das Gleiche wie ein Treueschwur.

Sie konnte nicht lange über diese Fragen nachsinnen, denn nur Augenblicke nachdem er gegangen war, traten drei livrierte Dienerinnen ein, die mit Silberschüsseln bestückte Tabletts trugen, die sie in einer Reihe auf die lange Anrichte an der Wand abstellten.

»Die Haushofmeisterin sagte, die Lady hätte vergessen, nach ihrem Mittagessen zu schicken«, erklärte eine rundliche, grauhaarige Frau und machte einen Hofknicks, während sie ihren jüngeren Begleiterinnen das Zeichen gab, die Schüsseln abzudecken. »Also hat sie der Lady eine Auswahl bringen lassen.«

Eine Auswahl. Elayne schüttelte den Kopf, als sie die Tafel betrachtete und ihr einfiel, dass sie seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte, und das war bei Sonnenaufgang gewesen. Da waren ein Hammelrücken in Senfsauce und gebratener Kapaun mit getrockneten Feigen, Kalbsbries mit Piniennüssen und eine cremige Kartoffelsuppe, Kohlrouladen mit Rosinen und Pfeffer und ein Kürbiskuchen, ganz zu schweigen von einer kleinen Platte Apfeltörtchen und einer weiteren mit Mandelküchlein mit Sahnehäubchen. Aus zwei silbernen Weinkrügen stieg Dampf auf, nur für den Fall, dass sie eine Würzung der anderen vorzog. Ein dritter Krug enthielt heißen Tee. Und verächtlich in die Ecke eines Tabletts geschoben stand die Mahlzeit, die sie sonst immer Mittags bestellte, klare Brühe und Brot. Reene Harfor missbilligte das; sie behauptete, Elayne sei »so dünn wie eine Geländerstrebe«.

Die Haushofmeisterin hatte ihre Meinung weiterverbreitet. Die grauhaarige Frau setzte eine tadelnde Miene auf, als sie Brühe, Brot und Tee zusammen mit einer weißen Leinenserviette auf einen Tisch in der Mitte des Raums aufdeckte, dazu kamen noch eine Tasse aus dünnem blauen Porzellan mit der dazugehörigen Untertasse und ein Silbertopf mit Honig. Und ein paar Feigen auf einem kleinen Teller. Ein voller Magen zur Mittagszeit sorgte für einen trägen Kopf am Nachmittag, wie Lini immer zu sagen pflegte. Allerdings wurden Elaynes Ansichten nicht geteilt. Die Dienerinnen waren sämtlich gut gepolsterte Frauen, und selbst die jüngeren von ihnen sahen enttäuscht aus, als sie mit den restlichen Gerichten wieder gingen.

Es war eine ausgezeichnete Brühe, heiß und leicht gewürzt, und der Tee schmeckte angenehm minzig, aber sie fragte sich, ob sie nicht vielleicht doch ein kleines Mandelküchlein hätte nehmen sollen. Aber sie konnte ihre Mahlzeit nicht lange ungestört einnehmen. Sie hatte noch keine zwei Löffel heruntergeschluckt, als Dyelin wie ein Wirbelwind in einem grünen Reitgewand hereinstürmte und nach Atem rang. Elayne legte den Löffel beiseite und bot ihr Tee an, bevor ihr bewusst wurde, dass es nur die eine Tasse gab, die sie bereits benutzte, aber Dyelin winkte sowieso ab; auf ihrem Gesicht zeichnete sich ein Unheil verkündendes Stirnrunzeln ab.

»Im Braem-Wald steht ein Heer«, verkündete sie, »wie man es seit dem Aielkrieg nicht mehr gesehen hat. Ein Händler aus Neu-Braem brachte heute Morgen die Nachricht mit. Dieser Tormon, ein Illianer, ist ein verlässlicher Mann; er phantasiert nicht herum und hat auch keine Angst vor Schatten. Er sagte, er hätte an verschiedenen Orten Arafelianer, Kandori und Schienarer gesehen. Zusammen waren es Tausende. Zehntausende.« Sie ließ sich auf einen Stuhl fallen und fächelte sich mit einer Hand Luft zu. Ihr Gesicht war gerötet, als wäre sie gelaufen. »Was beim Licht tun Grenzländer nahe der Grenze zu Andor?«

»Ich wette, es ist Rand«, sagte Elayne. Sie unterdrückte ein Gähnen, trank ihren Tee aus und schenkte sich nach. Der Morgen war ermüdend gewesen, aber genug Tee würde sie wieder munter machen.

Dyelin hörte auf zu fächern und setzte sich aufrecht hin. »Ihr glaubt doch nicht, dass er sie Euch geschickt hat, oder? Um Euch ... zu helfen?«

Diese Möglichkeit war Elayne gar nicht in den Sinn gekommen. Manchmal bereute sie, dass sie der älteren Frau ihre Gefühle für Rand anvertraut hatte. »Ich kann nicht glauben, dass er so ... dumm war ... ich meine, er würde doch nicht...«

Licht, war sie müde! Manchmal benahm sich Rand, als wäre er der König der Welt, aber bestimmt würde er nicht... ihr schien zu entgleiten, was er nicht tun würde.

Sie verbarg ein weiteres Gähnen, und plötzlich weiteten sich ihre Augen über der Hand, und sie starrte die Teetasse an. Ein kühler, minziger Geschmack. Sorgfältig stellte sie die Tasse ab, das heißt, sie versuchte es. Beinahe hätte sie die Untertasse ganz verfehlt und die Tasse kippte und verschüttete Tee auf die Tischplatte. Mit Spaltwurzel versetzter Tee. Sie griff nach der Quelle, obwohl sie wusste, dass es sinnlos war, wollte sich mit dem freudigen Leben von Saidar füllen, aber sie hätte genauso gut versuchen können, den Wind mit einem Netz zu fangen. Birgittes Gereiztheit, nun weniger heiß als zuvor, lauerte noch immer in einer Ecke ihres Bewusstseins. Völlig außer sich versuchte sie Furcht oder Panik zu empfinden. Ihr Kopf schien mit Wolle voll gestopft zu sein, alles erschien ihr wie durch einen Schleier. Hilf mir, Birgitts! dachte sie. Hilf mir!

»Was ist los?«, wollte Dyelin wissen und beugte sich abrupt nach vorn. »Euch ist etwas eingefallen und Eurem Gesichtsausdruck nach zu urteilen ist es furchtbar.«

Elayne schaute sie verständnislos an. Sie hatte vergessen, dass die andere Frau da war. »Geht!«, sagte sie undeutlich und schluckte mühsam, um den Hals freizubekommen. Ihre Zunge fühlte sich doppelt so dick wie sonst an. »Holt Hilfe! Ich... bin vergiftet worden!« Erklärungen würden zu viel Zeit in Anspruch nehmen. »Geht!«

Dyelin starrte sie an, dann sprang sie auf die Füße und griff nach dem Gürteldolch.

Die Tür öffnete sich, ein Diener steckte zögernd den Kopf hinein. Elayne verspürte eine Flut der Erleichterung. Dyelin würde sie nicht vor einem Zeugen erstechen. Der Mann befeuchtete sich die Lippen, seine Blicke huschten zwischen den beiden Frauen hin und her. Dann trat er ein. Zog ein Messer mit langer Klinge aus dem Gürtel. Zwei weitere Männer in rotweißen Livreen folgten ihm; jeder von ihnen zog ein langes Messer.

Ich werde nicht wie ein Kätzchen in einem Sack sterben, dachte Elayne grimmig. Mühsam stemmte sie sich hoch. Ihre Knie zitterten, und sie musste sich mit einer Hand auf dem Tisch abstemmen, aber mit der anderen zog sie den Dolch. Die mit eingeätzten Mustern versehene Klinge war kaum so lang wie ihre Hand, aber sie würde ausreichen. Oder hätte es zumindest, wenn sich ihre Finger, die den Griff hielten, nicht taub angefühlt hätten. Ein Kind konnte ihr die Waffe abnehmen. Nicht ohne Gegenwehr, dachte sie. Es war, als würden ihre Bewegungen von einer öligen Flüssigkeit gehemmt, aber sie war trotzdem voller Entschlossenheit. Nicht ohne Gegenwehr!

Seltsam wenig Zeit schien vergangen zu sein. Dyelin wandte sich gerade ihren Komplizen zu, als der Letzte hinter sich die Tür schloss.

»Mörder!«, kreischte Dyelin. Sie stemmte ihren Stuhl hoch und warf ihn den Männern entgegen. »Wachen! Mörder! Wachen!«

Die drei Männer versuchten, dem Stuhl auszuweichen, aber einer war zu langsam und wurde an den Beinen getroffen. Mit einem Aufschrei stürzte er gegen den Mann neben ihm und beide gingen zu Boden. Der dritte, ein schlanker, strohblonder junger Mann mit hellblauen Augen, wich ihnen aus und näherte sich mit gezücktem Messer.

Dyelin stellte sich ihm mit ihrer Klinge entgegen, hieb und stach zu, aber er bewegte sich so flink wie ein Frettchen und wich ihrem Angriff mühelos aus. Seine lange Klinge sauste durch die Luft, Dyelin stolperte mit einem Aufschrei zurück und presste eine Hand auf den Leib. Er tänzelte behände heran, stach zu, und sie schrie auf und fiel wie eine Stoffpuppe zu Boden. Er trat über sie hinweg und kam auf Elayne zu.

Für sie existierte nur noch der Mann und das Messer in seiner Hand. Er stürzte sich nicht auf sie. Die großen blauen Augen studierten sie sorgfältig, während er langsam näher kam. Natürlich. Er wusste, dass sie eine Aes Sedai war. Er musste sich fragen, ob der Trank seine Wirkung getan hatte. Sie versuchte gerade zu stehen, ihn finster anzustarren, ein paar Augenblicke mit einem Bluff zu gewinnen, aber er nickte nur und wog das Messer in der Hand. Hätte sie irgenderwas tun können, wäre es mittlerweile geschehen. Auf seinem Gesicht stand keine Freude zu lesen. Er war bloß ein Mann, der einen Auftrag zu erledigen hatte.

Plötzlich blieb er stehen, starrte erstaunt an sich herunter. Elayne starrte ebenfalls. Auf die dreißig Zentimeter Stahl, die aus seiner Brust herausragten. Blut sprudelte aus seinem Mund, als er gegen den Tisch krachte und ihn zur Seite schob.

Elayne fiel auf die Knie, erwischte gerade noch rechtzeitig die Tischkante, um zu verhindern, dass sie weiter fiel. Erstaunt starrte sie den Mann an, der auf den Teppichen verblutete. Ein Schwertgriff ragte aus seinem Rücken. Ihre bleiernen Gedanken schweiften ab. Bei all dem Blut würde man die Teppiche wohl nie wieder richtig sauber kriegen. Langsam hob sie den Blick, sah an Dyelins regloser Gestalt vorbei. Sie schien nicht zu atmen. Schaute weiter in Richtung Tür. Der offen stehenden Tür. Einer der beiden anderen Attentäter lag davor; sein nur noch zur Hälfte mit dem Körper verbundener Kopf war in einem seltsamen Winkel verdreht. Der andere kämpfte mit einem Mann, der einen roten Mantel trug; die beiden grunzten und wälzten sich am Boden, versuchten, denselben Dolch zu erreichen. Der Möchtegern-Mörder bemühte sich, mit der freien Hand die Faust des Gegners zu lösen, die sich um seinen Hals gekrallt hatte. Sein Gegner. Ein Mann mit einem Gesicht wie eine Axt. Der den mit einem weißen Kragen versehenen Mantel eines Gardisten trug.

Beeil dich, Birgitte, dachte sie benommen. Bitte beeil dich.

Dann hüllte Dunkelheit sie ein.

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