3 Die Augen einer Frau

Rand unterdrückte seine Gereiztheit und Lews Therins Gemurmel im Hintergrund seines Hirns, griff nach Saidin, warf sich in den vertrauten Kampf um die Herrschaft über die Macht und sein Überleben inmitten der Leere. Das süße Verderben durchströmte ihn, während er die Machtstränge zu verweben begann; sogar im Nichts spürte er, wie es bis in seine Knochen einsickerte, vielleicht auch in seine Seele. Er fand keine Worte, um zu beschreiben, was er machte. Am nächsten kam noch die Erklärung, er falte das Muster und öffne dann ein Loch durch diese Falte. Er hatte das von allein gelernt, und sein Lehrer war ohnehin meist kaum in der Lage gewesen, ihm zu erklären, was hinter den Dingen stand, die er ihm beibrachte. Eine strahlende, senkrechte Linie erschien in der Luft und erweiterte sich schnell zu einer Öffnung, so groß wie eine größere Tür. Während dieses Vorganges schien es sich zu drehen. Der Anblick auf der anderen Seite, eine sonnenbeschienene Lichtung unter von der Dürre ausgelaugten Bäumen, drehte sich mit und stand schließlich still.

Enaila und zwei weitere Töchter hoben ihre Schleier an und sprangen hindurch, kaum daß alles stillstand. Ein halbes Dutzend andere folgten; manche davon hatten bereits Pfeile bei ihren Hornbögen aufgelegt. Rand erwartete nicht, daß sich drüben etwas befand, wogegen man ihn beschützen müsse. Er hatte das andere Ende — falls man das überhaupt als ein anderes Ende bezeichnen konnte; er verstand es wohl nicht, aber eigentlich schien es nur ein Ende zu geben — in die Lichtung verlegt weil es immer gefährlich war, wenn sich ein Tor in unmittelbarer Nähe von Menschen öffnete, aber den Töchtern oder überhaupt den Aiel klarmachen zu wollen, daß keine Notwendigkeit für eine solche Wachsamkeit bestand, war, als wolle man einem Fisch beibringen, daß es nicht notwendig sei, zu schwimmen.

»Das ist ein Tor«, sagte er zu Taim. »Ich werde Euch zeigen, wie man eines webt, falls Ihr es jetzt noch nicht mitbekommen habt.« Der Mann starrte ihn mit großen Augen an. Hätte er genau zugeschaut, dann hätte er auch Rands Gewebe von Saidin erkennen können; jeder Mann, der mit der Macht umzugehen imstande war, konnte das.

Taim schloß sich ihm an, als er hindurch und auf die Lichtung hinausschritt. Sulin und die anderen Töchter folgten ihnen. Ein paar warfen dem Schwert an Rands Seite einen verächtlichen Blick zu, als sie an ihm vorbeischritten, und sie gaben sich gegenseitig lautlos Zeichen in der Fingersprache der Töchter. Zweifelsohne verabscheuten sie die Waffe. Enaila und die Vorhut schwärmten bereits unter den dürren Bäumen aus. Ihre Jacken und Hosen, der Cadin'sor, ließen sie mit den Schatten verschmelzen, ob sie nun Grün dem Grau und Braun hinzugefügt hatten oder nicht. Mit Hilfe der Macht, die ihn erfüllte, sah er jede abgestorbene Nadel an jeder einzelnen Kiefer. Es gab mehr abgestorbene als grüne. Er roch den sauren Saft der Lederblattbäume. Die Luft selbst roch nach Hitze, war trocken und voller Staub. Hier gab es keine Gefahr für ihn.

»Warte, Rand al'Thor«, erklang der eindringliche Ruf einer Frauenstimme von der anderen Seite des Tores her. Aviendhas Stimme.

Rand ließ das Gewebe und Saidin fallen, und augenblicklich verschwand das Tor, als habe es nie existiert. Es gab Gefahren der einen oder der anderen Art. Taim blickte ihn neugierig an. Einige der Töchter, ob verschleiert oder nicht, nahmen sich die Zeit, ihm auch einen gewissen Blick zuzuwerfen. Mißbilligende Blicke waren es. Finger zuckten hin und her in der Zeichensprache der Töchter. Sie waren aber vernünftig genug, den Mund zu halten. Da hatte er sich ganz energisch durchgesetzt.

Rand mißachtete sowohl Neugier wie Mißbilligung und schritt mit Taim an der Seite durch den Wald. Abgestorbene Blätter und kleine Äste raschelten und knackten unter ihren Stiefeln. Die Töchter, die sich in einem weiten Kreis um sie herum mitbewegten, machten mit ihren weichen, bis zu den Knien hochgeschnürten Stiefeln kein Geräusch. Ihre Mißbilligung verschwand hinter ihrer Wachsamkeit. Ein paar waren vorher schon mit Rand den gleichen Weg gegangen, immer ohne Zwischenfall, aber nichts konnte sie überzeugen, daß dieser Wald nicht doch ein guter Ort für einen Hinterhalt sei. Vor Rands Ankunft hatte das Leben in der Wüste aus dreitausend Jahren von Überfällen, Scharmützeln, Fehden und Kleinkriegen bestanden, die sich fast ohne Unterbrechung fortsetzten.

Es gab bestimmt Dinge, die er von Taim lernen konnte, wenn auch nicht annähernd so viele, wie Taim glaubte, aber der Lernprozeß würde beide Seiten betreffen, und es wurde Zeit für ihn, dem Älteren etwas beizubringen. »Früher oder später werdet Ihr auf die Verlorenen treffen, die mich verfolgen. Vielleicht noch vor der Letzten Schlacht. Wahrscheinlich vorher. Ihr scheint nicht überrascht?«

»Ich habe Gerüchte vernommen. Sie mußten ja schließlich freikommen, das war klar.«

Also breiteten sich die Nachrichten aus. Rand grinste unwillkürlich. Den Aes Sedai würde das nicht gefallen. Von allem anderen abgesehen, empfand er doch ein gewisses Vergnügen dabei, sie in die Nase zu zwicken. »Ihr müßt zu jeder Zeit auf alles gefaßt sein. Trollocs, Myrddraal, Draghkar, Graue Männer, Gholam...«

Er zögerte und strich mit der den Reiher tragenden Handfläche über das lange Heft seines Schwerts. Er hatte keine Ahnung, was ein Gholam war. Lews Therin hatte sich wohl nicht gerührt, aber ihm war klar, daß er die Quelle dieser Bezeichnung war. Bruchstücke solcher Informationen sickerten manchmal durch die dünne Barriere zwischen ihm und dieser Stimme und wurden zu einem Teil von Rands eigenen Erinnerungen, gewöhnlich ohne jeden Hinweis auf eine Erklärung. In letzter Zeit geschah das immer öfter. Gegen solche Bruchstücke von Erinnerungen konnte er sich nicht zur Wehr setzen, wie etwa gegen die Stimme des Mannes. Das Zögern dauerte nur einen Moment lang.

»Und nicht nur im Norden in der Nähe der Fäule. Hier und überall. Sie benutzen die Kurzen Wege.« Das war auch etwas, mit dem er sich auseinandersetzen mußte. Ursprünglich mit Hilfe Saidins geschaffen, waren die Wege nun zu etwas Dunklem geworden, genauso befleckt wie Saidin selbst. Die Schattenwesen konnten jene Gefahren, die innerhalb der Wege die Menschen töteten und noch Schlimmeres mit ihnen anstellten, auch nicht meiden, doch sie brachten es immerhin fertig, sie trotzdem zu benutzen, und wenn man auf diese Art auch nicht so schnell vorwärtskam wie durch die Tore beim Schnellen Reisen und nicht einmal so schnell wie beim Wegegleiten, so konnten sie doch noch an einem Tag mehrere hundert Meilen zurücklegen. Ein Problem, das er noch zurückstellen mußte. Zu viele Probleme, die er erst später in Angriff nehmen konnte. Es gab ja schon jetzt viel zu viele Probleme. Gereizt schlug er mit dem Drachenzepter nach dem Laub eines Lederblattbaums. Fetzen von breiten, zähen Blättern, die sich in der Dürre braun verfärbt hatten, fielen zu Boden. »Alles, was Ihr jemals in irgendwelchen Sagen gehört habt, solltet Ihr auch in Wirklichkeit erwarten. Sogar Schattenhunde. Falls die aber wirklich ein Teil der Wilden Jagd sind, ist wenigstens der Dunkle König, der hinter dieser Meute herreiten sollte, noch nicht frei. Sie sind auch so schlimm genug. Manche kann man auf genau die Art töten, wie es in den Sagen berichtet wird, aber andere wieder kann nichts außer vielleicht Baalsfeuer umbringen, jedenfalls soweit ich festgestellt habe. Kennt Ihr Baalsfeuer? Falls nicht, gehört es zu jenen Dingen, in denen ich Euch nicht unterrichten werde. Solltet Ihr es jedoch beherrschen, dann verwendet es für nichts anderes als gegen Schattenwesen. Und bringt es niemand anderem bei.

Die Quelle, aus der einige der Gerüchte stammen dürften, die Ihr vernommen habt ... nun, ich weiß nicht, als was ich sie bezeichnen soll. Ich nenne das ›Blasen des Bösen‹. Stellt sie Euch vor wie diese Blasen, die in einem Sumpf manchmal aufsteigen und platzen. Diese allerdings steigen vom Dunklen König auf, wenn die Siegel ihre Wirkung verlieren, und statt des fauligen Gestanks verbreiten sie eben ... das Böse. Sie steigen im Muster auf, und wenn sie platzen, kann alles mögliche passieren. Alles. Euer eigenes Spiegelbild könnte aus dem Spiegel treten und versuchen, Euch zu töten. Glaubt es mir nur!«

Falls Taim von dieser Predigt eingeschüchtert war, zeigte er es jedenfalls nicht. Er sagte lediglich: »Ich war schon in der Fäule. Ich habe bereits Trollocs getötet und auch Myrddraal.« Er schob einen weit herunterhängenden Zweig zur Seite und hielt ihn, damit Rand ebenfalls unbeschadet durchkam. »Ich habe noch nie etwas von diesem Baalsfeuer vernommen, aber wenn ein Schattenhund hinter mir her ist, werde ich schon eine Möglichkeit finden, ihn zu töten.«

»Gut.« Das galt sowohl Taims Unwissenheit wie auch seinem Selbstvertrauen. Baalsfeuer gehörte zu jenen Dingen, bei denen Rand nichts dagegen gehabt hätte, sollte das Wissen um sie vollständig verlorengehen. »Mit etwas Glück werdet Ihr hier draußen nichts dergleichen antreffen, aber man kann nie sicher sein.«

Der Wald nahm ein abruptes Ende und machte einem Bauernhof Platz. Das eine der beiden Gebäude war ein breites, strohgedecktes Wohnhaus mit zwei verwitterten Stockwerken, aus dessen einem Schornstein Rauch quoll, und das andere eine große, sichtlich schiefe Scheune. Auch hier war der Tag kein bißchen kühler als in der nur wenige Meilen entfernten Stadt, und die Sonne glühte genauso unbarmherzig. Hühner scharrten im Staub, zwei graubraune Kühe standen wiederkäuend auf einer kleinen, eingezäunten Weide, eine Herde angebundener schwarzer Ziegen kaute eifrig sämtliche Blätter in ihrer Reichweite von den Sträuchern ab, und im Schatten der Scheuer stand ein Karren mit hohen Rädern. Trotz allem vermittelte dies alles nicht den Eindruck bäuerlichen Lebens. Es waren keine Äcker zu sehen. Gleich hinter dem Hof begann der Wald, der nur durch eine kleine Lehmstraße unterbrochen war, die sich in Richtung Norden schlängelte. Die wurde sicherlich für gelegentliche Ausflüge zur Stadt benützt. Und dann befanden sich zu viele Menschen hier.

Vier Frauen, drei davon in ihren mittleren Jahren, hängten Wäsche an einer Doppelleine auf, und fast ein Dutzend Kinder, keines davon älter als neun oder zehn, spielten zwischen den Hühnern. Es waren auch einige Männer zu sehen, von denen die Mehrzahl mit irgendwelchen Arbeiten beschäftigt waren. Siebenundzwanzig insgesamt, wenn man manche darunter auch nur mit einiger Mühe als ›Männer‹ bezeichnen konnte. Eben Hopwil, der magere Bursche, der gerade einen Eimer Wasser aus dem Brunnen hochzog, behauptete wohl, zwanzig zu sein, war aber bestimmt vier oder fünf Jahre jünger. Das Größte an ihm waren seine Nase und die Ohren. Fedwin Morr, einer der drei Männer, die auf dem Dach schwitzten, während sie verrottete Strohbündel durch neue ersetzten, war ein ganzes Stück kräftiger, wies erheblich weniger Sommersprossen auf, war aber bestimmt auch nicht älter. Mehr als die Hälfte der anderen hatte den beiden höchstens drei oder vier Jahre voraus. Rand hätte beinahe ein paar von ihnen nach Hause zurückgeschickt, vor allem Eben und Fedwin, aber die Weiße Burg nahm ja auch genauso junge und noch jüngere als Novizinnen auf. Auf wenigen Köpfen zeigte sich bereits etwas Grau im dunklen Haar, und Damer Flinn mit dem runzligen Gesicht, der vor der Scheune die Rinde von Ästen abschälte, um zwei der jüngeren Burschen zu zeigen, wie man mit einem Schwert umging, hinkte und besaß nur noch einen dünnen Kranz weißer Haare. Damer war Mitglied der Königlichen Garde gewesen, bis er einen Speer eines Soldaten aus Murandy in die Hüfte abbekommen hatte. Er war wohl kein Schwertkämpfer, schien aber erfahren genug, um den anderen beizubringen, wie man sich wenigstens nicht in den eigenen Fuß stach. Die meisten Männer stammten aus Andor; nur ein paar aus Cairhien. Aus Tear hatte sich noch keiner eingefunden, obwohl auch dort die Amnestie verkündet worden war. Die Männer würden noch eine Weile brauchen, bis sie aus so großer Entfernung eintreffen konnten.

Damer war natürlich der erste, der die Töchter bemerkte, seinen Ast fallen ließ und die Aufmerksamkeit seiner Schüler auf Rand lenkte. Dann ließ Eben mit einem Schrei seinen Eimer fallen. Das Wasser spritzte ihn gründlich naß. Danach rannte alles schreiend zum Haus und drückte sich ängstlich hinter Damer herum. Von drinnen erschienen zwei weitere Frauen, mit Schürzen angetan und die Gesichter rot von der Hitze der Feuer in den Herden, und sie halfen den übrigen, die Kinder schnell hinter die Männer zu treiben.

»Da sind sie«, sagte Rand zu Taim. »Ihr habt noch fast den halben Tag. Wie viele könnt Ihr heute noch überprüfen? Ich will sobald wie möglich wissen, wer im Gebrauch der Macht ausgebildet werden kann.«

»Dieser Haufen stammt ja wohl aus dem Abschaum von...«, fing Taim verächtlich an, doch dann blieb er mitten auf dem Hühnerhof stehen und blickte Rand an. Hühner scharrten im Staub zu seinen Füßen. »Ihr habt keinen von denen überprüft? Warum, im Namen des...? Ihr könnt das nicht, oder? Ihr beherrscht das Schnelle Reisen, aber Ihr wißt nicht, wie man jemanden auf das Talent hin überprüft.«

»Manche wollen die Macht überhaupt nicht gebrauchen.« Rand lockerte den Griff am Heft seines Schwerts. Es paßte ihm überhaupt nicht, diesem Mann gegenüber Lücken in seinen Kenntnissen zuzugeben. »Manche haben nicht weiter darüber nachgedacht und sehen nur ihre Chance, Ruhm oder Reichtum oder Macht zu erwerben. Doch ich will jeden Mann behalten, der den Gebrauch der Macht erlernen kann, gleich aus welchen Motiven.«

Die Schüler — diejenigen, die das erlernen wollten —beobachteten ihn und Taim von ihrem Platz vor der Scheuer aus mit relativ gut gespielter Gelassenheit. Schließlich waren sie ja in der Hoffnung nach Caemlyn gekommen, vom Wiedergeborenen Drachen vieles lernen zu können. Zumindest glaubten sie das. Es waren aber vor allem die Töchter, die einen Ring um den Hof gebildet hatten und in Haus und Scheune herumstöberten, die sie mißtrauisch, aber fasziniert mit sogar bewundernden Blicken verfolgten. Die Frauen drückten die Kinder etwas enger an sich, die Blicke auf Taim und Rand gerichtet, und ihre Mienen zeigten alles, von ausdruckslos starren Augen bis hin zu nervösem Lippenkauen.

»Kommt weiter«, sagte Rand. »Es ist Zeit, daß Ihr eure Schüler kennenlernt.«

Taim zögerte noch. »Ist das wirklich alles, was Ihr von mir wollt? Soll ich lediglich versuchen, diesem armseligen Haufen etwas beizubringen? Falls überhaupt einer von ihnen lernfähig ist. Was erwartet Ihr wirklich —wie viele hofft Ihr in einer Handvoll zu finden, die sich zu Euch verirrt hat?«

»Das ist eine wichtige Aufgabe, Taim! Ich würde es selbst machen, wenn ich könnte und die nötige Zeit hätte.« Der Schlüssel zu allem lag in der Zeit. Immer zu wenig. Und nun hatte er das zugegeben, so sehr es ihm auch zuwider war. Es war ihm klar, daß er für Taim nicht viel übrig hatte, aber er mußte ihn ja nicht unbedingt sympathisch finden. Rand wartete nicht, und nach einigen Augenblicken holte ihn der andere mit langen Schritten ein. »Ihr habt das Wort Vertrauen gebraucht. Dies hier vertraue ich Euch an.« Vertraut ihm nicht! Lews Therin keuchte in den düsteren Winkeln seines Hirns. Vertraut niemals jemandem! Vertrauen ist Tod! »Überprüft sie und beginnt mit dem Unterricht, sobald Ihr wißt, wer lernfähig genug ist.«

»Wie der Lord Drache wünscht«, murmelte Taim trocken, als sie die Gruppe der Wartenden erreichten. Verbeugungen und Knickse, alles recht ungeübt, begrüßte sie.

»Das ist Mazrim Taim«, verkündete Rand. Kinnladen klappten herunter und Augen wurden aufgerissen —natürlich. Einige der jüngeren Männer starrten sie an, als erwarteten sie, er und Taim würden aufeinander losgehen. Ein paar schienen sich sogar auf den Kampf zu freuen. »Stellt Euch ihm vor. Von heute an wird er Euch unterrichten.« Taim verzog leicht den Mund, als er Rand noch einen Blick zuwarf, aber dann hatten sich die Schüler vor ihm versammelt und begannen mit ihrer Vorstellung.

Die Reaktionen der Männer waren natürlich sehr unterschiedlich. Fedwin schob sich ungeduldig nach vorn gleich neben Damer, während Eben mit bleichem Gesicht ganz hinten blieb. Die anderen befanden sich dazwischen, zögerten, wirkten unsicher, meldeten sich aber schließlich auch zu Wort. Rands Eröffnung bedeutete für einige von ihnen das Ende einer wochenlangen Warterei, für andere vielleicht das Ende jahrelang andauernder Träume. Heute begann die Wirklichkeit, und die Wirklichkeit könnte sehr wohl einen Gebrauch der Macht mit sich bringen und alles, was dies für einen Mann bedeuten mochte.

Ein untersetzter Mann mit dunklen Augen, sechs oder sieben Jahre älter als Rand, beachtete Taim nicht weiter und sonderte sich von der Gruppe ab. Mit einer groben Bauernjoppe angetan trat Jur Grady nervös vor Rand von einem Fuß auf den anderen und drehte eine Stoffmütze in seinen grobschlächtigen Händen hin und her. Er blickte auf die Kappe hinab oder auf den Boden unter seinen Füßen, und nur gelegentlich wagte er, seinen Blick zu Rand zu erheben. »Ah ... mein Lord Drache, ich ... habe mir gedacht ... äh ... also, mein Vater schaut ja nach meinem Hof ... das ist ein schönes Stück Land, wenn der Bach nicht austrocknet ... es könnte sogar noch eine Ernte geben, falls es regnet, und ... und ...« Er zerknüllte die Kappe und glättete sie darauf wieder sorgfältig. »Ich habe daran gedacht, wieder zurück nach Hause zu gehen.«

Die Frauen hatten sich nicht den Männern um Taim angeschlossen. Sie standen schweigend und mit besorgten Blicken in einer Reihe, hielten ihre Kinder fest und beobachteten, was vorging. Die Jüngste, eine mollige Frau mit hellem Haar und einem etwa vierjährigen Jungen, der mit ihren Fingern spielte, war Sora Grady. Diese Frauen waren ihren Männern hierher gefolgt, aber Rand vermutete, daß es in der Hälfte aller Gespräche zwischen den Frauen und ihren Männern darum gehe, nach Hause zurückzukehren. Fünf Männer waren bereits weggegangen, und obwohl niemand als Grund seine Ehe angegeben hatte, waren sie eben doch alle verheiratet gewesen. Welche Frau konnte sich auch dabei wohl fühlen, wenn sie zusah, wie ihr Mann den Umgang mit der Macht erlernte? Das mußte etwa so sein, als beobachte man seine Vorbereitungen auf den Selbstmord. Einige würden meinen, dies sei einfach kein Aufenthaltsort für Familien, aber höchstwahrscheinlich würden die im gleichen Atemzug sagen, daß sich die Männer eigentlich genausowenig hier befinden sollten. Rands Meinung nach hatten die Aes Sedai den Fehler begangen, sich ganz von der übrigen Welt abzukapseln. Nur wenige außer eben Aes Sedai betraten die Weiße Burg: Frauen, die selbst Aes Sedai werden wollten, und diejenigen, die ihnen dienten. Nur eine Handvoll anderer kam, um Hilfe zu suchen, und auch das nur unter großem Druck, wie sie es empfanden. Wenn Aes Sedai die Burg verließen, dann hielten sie sich von anderen fern, kapselten sich ab, und manche verließen die Burg überhaupt nicht mehr. Für die Aes Sedai waren die Menschen bloße Spielfiguren und die ganze Welt ein Spielbrett, aber kein Ort, an dem man wirklich lebte. Für sie war nur die Weiße Burg real. Doch kein Mann konnte die Welt um sich herum und all die normalen Menschen vergessen, wenn er seine Familie bei sich hatte.

Das alles mußte ja nur bis Tarmon Gai'don so weitergehen — wie lange noch? Ein Jahr? Zwei? —, aber die Frage war, ob es überhaupt solange weitergehen konnte. Irgendwie würde es diese Zeit überdauern müssen. Er mußte dafür sorgen. Die Familien erinnerten die Männer immerzu daran, wofür sie eigentlich kämpften.

Soras Blick war auf Rand gerichtet. »Geht, wenn Ihr wollt«, sagte er zu Jur. »Ihr könnt zu jeder Zeit gehen, bevor Ihr mit dem eigentlichen Erlernen des Umgangs mit der Macht begonnen habt. Sobald Ihr allerdings diesen Schritt getan habt, seid Ihr wie ein Soldat. Ihr wißt, daß wir jeden Soldaten brauchen, den wir auftreiben können, bevor die Letzte Schlacht beginnt, Jur. Der Schatten verfügt dann über neue Schattenlords, die bereitstehen, für ihn die Macht zu lenken, darauf könnt Ihr wetten. Aber die Entscheidung liegt bei Euch. Vielleicht werdet Ihr das auf Eurem Hof überstehen. Es muß ja wohl ein paar Orte auf der Welt geben, die dem entgehen, was auf uns zukommt. Ich hoffe es jedenfalls. Natürlich werden wir anderen alles tun, was in unserer Macht steht, um sicherzustellen, daß soviel wie möglich unbeschadet davonkommt. Ihr könnt aber wenigstens Taim Euren Namen angeben. Es wäre schade, wenn Ihr uns verließet, ohne überhaupt zu wissen, ob Ihr den Gebrauch der Macht erlernen könnt oder nicht.« Er wandte sich von Jurs verwirrter Miene ab und mied den Blick in Soras Augen. Und du verurteilst die Aes Sedai, weil sie andere Menschen manipulieren, dachte er bitter. Er tat, was er tun mußte.

Taim ließ sich immer noch aus dem unruhigen Rudel heraus die Namen nennen und warf Rand gelegentlich einen nur mühsam unterdrückten Blick zu. Doch mit einemmal schien Taim mit seiner Geduld am Ende. »Genug jetzt; die Namen können auch später drankommen und dann nur bei denen, die sich auch morgen noch hier befinden werden. Wer macht den Anfang bei den Überprüfungen?« Das ließ sie augenblicklich verstummen. Einige wagten offensichtlich nicht einmal mehr einen Wimpernschlag, während sie ihn anblickten. Taim zeigte mit dem Finger auf Damer. »Ich kann genausogut mit Euch anfangen. Kommt her.« Damer rührte sich nicht, bis Taim ihn am Arm packte und ein paar Schritte weit von den anderen wegzerrte.

Rand trat näher heran und beobachtete Taim aufmerksam.

»Je mehr Macht man anwendet«, sagte Taim zu Damer, »desto leichter wird es, eine Resonanz festzustellen. Andererseits könnte eine zu starke Resonanz Eurem Verstand Schaden zufügen, Euch sogar vielleicht töten; also beginne ich ganz schwach.« Damer blinzelte. Offensichtlich hatte er kaum ein Wort verstanden, außer vielleicht jenen Teil über Schaden Zufügen und Töten. Rand allerdings wußte, daß die Erklärung für ihn bestimmt gewesen war. Taim deckte lediglich sein Unwissen den anderen gegenüber.

Plötzlich erschien eine winzige Flamme, nur zwei Fingerbreit hoch, die mitten in der Luft in gleichem Abstand zwischen den drei Männern tanzte. Rand spürte die Macht in Taim, wenn auch nur eine geringe Menge, und er sah den dünnen Strang aus Feuer, den der Mann webte. Die Flamme ließ überraschend deutliche Erleichterung in Rand aufsteigen, überraschend vor allem deshalb, weil sie der Beweis dafür war, daß Taim wirklich mit der Macht umzugehen in der Lage war. Basheres ursprüngliche Zweifel hatten ihm wohl noch im Hinterkopf gesteckt.

»Konzentriert Euch auf die Flamme«, sagte Taim. »Ihr seid die Flamme; die Welt ist in dieser Flamme; es gibt nichts außer dieser Flamme.«

»Ich spüre nichts, nur einen Schmerz, der von meinen Augen ausgeht«, murmelte Damer und wischte sich mit dem Rücken einer schwieligen, raunen Hand den Schweiß von der Stirn.

»Konzentriert Euch!« fuhr ihn Taim an. »Sprecht nicht, denkt nicht nach, bewegt Euch nicht. Konzentriert Euch.« Damer nickte, blickte unglücklich Taims zornig gerunzelte Stirn an und erstarrte. Dann sah er schweigend die kleine Flamme an.

Taim schien sich ebenfalls zu konzentrieren, wenn auch Rand nicht wußte, worauf. Es war, als lausche der Mann angestrengt. Er hatte von einer Resonanz gesprochen. Rand konzentrierte sich ebenfalls, lauschte und fühlte hinaus nach — irgend etwas Spürbarem.

Die Minuten dehnten sich, während keiner von ihnen sich rührte. Fünf, sechs, sieben endlose Minuten, und Damer wagte kaum, mit den Wimpern zu zucken. Der alte Mann atmete schwer, und er schwitzte, als habe jemand einen Eimer Wasser über seinen Kopf geleert. Zehn Minuten.

Doch dann spürte Rand etwas. Die Resonanz. Sie war nur ganz schwach spürbar, ein winziger Strang der Macht, der in Taim hochpulsierte, doch er schien von Damer auszugehen. Das mußte es sein, was Taim gemeint hatte, aber Taim selbst rührte sich nicht. Vielleicht mußte doch noch mehr kommen, oder aber es war doch nicht das, was Rand glaubte.

Ein oder zwei weitere Minuten vergingen, und dann schließlich nickte Taim und ließ Flamme und Saidin los. »Ihr könnt es erlernen ... Damer, so heißt Ihr doch?« Er schien überrascht. Zweifellos hatte er nicht erwartet, daß gleich der erste Mann seine Prüfung überstehen würde, und noch dazu ein beinahe glatzköpfiger alter Mann. Damer grinste schwach. Er machte den Eindruck, als müsse er sich übergeben. »Ich schätze, ich sollte mich nicht wundern, falls jeder dieser Einfaltspinsel die Prüfung besteht«, knurrte der Mann mit der Adlernase und blickte Rand dabei an. »Ihr scheint genug Glück für zehn Männer zu haben.«

Unruhiges Stiefelscharren machte sich unter dem Rest der ›Einfaltspinsel‹ breit. Bestimmt hofften ein paar bereits jetzt, sie würden nicht bestehen. Sie konnten nun keinen Rückzieher mehr machen, aber immerhin würden sie dann in dem Bewußtsein nach Hause zurückkehren, daß sie es versucht hatten und die Folgen, die ein Bestehen mit sich brachte, nicht mehr erdulden mußten.

Auch Rand war ein wenig überrascht. Es war schließlich nicht mehr als ein Echo gewesen, und er hatte es vor Taim wahrgenommen, dem Mann, der wußte, wonach er suchte.

»Mit der Zeit werden wir schon merken, wie stark Ihr eigentlich werden könnt«, sagte Taim, als Damer in die Gruppe der anderen zurückschlüpfte. Sie hielten aber nun ein wenig Abstand von ihm und mieden jeden Blick in seine Augen. »Vielleicht stellt Ihr euch als stark genug heraus, um sogar mir oder dem Lord Drache hier ebenbürtig zu werden.« Der freie Raum um Damer herum wurde schlagartig noch etwas breiter. »Das wird die Zeit erweisen. Paßt gut auf, während ich die anderen überprüfe. Wenn Ihr hellwach seid, bekommt Ihr möglicherweise den Trick heraus, sobald ich einmal vier oder fünf andere gefunden habe.« Ein schneller Blick in Rands Richtung sagte diesem, die Bemerkung sei nur ihn bestimmt gewesen. »Also, wer ist der nächste?« Keiner rührte sich. Der Mann aus Saldaea strich sich über das Kinn. »Ihr.« Er deutete auf einen molligen Burschen deutlich jenseits der Dreißig, einen dunkelhaarigen Weber namens Kely Huldin. In der Gruppe der Frauen stöhnte Kelys Ehefrau hörbar auf.

Sechsundzwanzig weitere Überprüfungen würden den ganzen Rest des Tageslichts über in Anspruch nehmen und vielleicht noch länger dauern. Heiß oder nicht, jedenfalls wurden die Tage immer noch kürzer, als nähere sich der Winter tatsächlich, und eine nicht bestandene Prüfung dauerte eindeutig ein paar Minuten länger als eine bestandene, denn man mußte ja sichergehen. In der Zwischenzeit wartete Bashere, und er mußte noch Weiramon besuchen, und dann...

»Macht Ihr nur damit weiter«, sagte Rand zu Taim. »Ich komme morgen wieder, um zu sehen, wie weit Ihr gekommen seid. Denkt daran, welches Vertrauen ich in Euch setze.« Vertrau ihm nicht! stöhnte Lews Therin.

Die Stimme schien von einer Gestalt herzurühren, die in den Schatten von Rands Verstand aufgeregt hin und her hüpfte. Vertraut niemandem. Vertrauen ist der Tod. Tötet ihn. Tötet sie alle. Ach, sterben und alles ist vorbei, schlafen ohne Alpträume, ohne diese Träume von Ilyena, vergib mir, Ilyena, keine Vergebung, nur der Tod verdiene es, endlich zu sterben... Rand wandte sich ab, bevor sich der Kampf in seinem Innern auf seiner Miene widerspiegeln konnte. »Morgen, wenn ich es schaffe.«

Taim holte ihn ein, bevor er noch mit den Töchtern den halben Weg zurück zum Wald geschafft hatte. »Wenn Ihr noch eine kleine Weile bleibt, lernt Ihr selbst, wie man diese Burschen auf das Talent hin überprüft.« Seine Stimme klang ein wenig frustriert. »Falls ich überhaupt noch vier oder fünf weitere finde. Es würde mich aber wirklich nicht überraschen. Ihr scheint tatsächlich das Glück des Dunklen Königs gepachtet zu haben. Ich schätze doch, daß Ihr es lernen wollt. Falls Ihr nicht alles auf meine Schultern abladen wollt. Ich warne Euch aber, denn ich werde Zeit benötigen. So sehr ich es auch vorantreibe: bei diesem Damer beispielsweise wird es Tage oder Wochen dauern, bis er überhaupt Saidin spüren wird, geschweige denn die Macht ergreifen kann. Und auch dann wird er sie zunächst nur ergreifen, aber noch nicht einmal selbständig einen Funken hervorbringen können.«

»Ich habe die Prüfung bereits begriffen«, erwiderte Rand. »Es war nicht schwierig. Und ich habe tatsächlich vor, alles auf Eure Schultern abzuladen, so lange, bis Ihr genug weitere findet, die Euch wiederum bei der Suche helfen können. Denkt daran, was ich Euch gesagt habe, Taim. Bringt Ihnen schnell alles bei, was möglich ist.« Darin lagen durchaus Gefahren. Wenn man lernte, mit der weiblichen Hälfte der Wahren Quelle zu arbeiten, war das wie eine Umarmung, hatte Rand erfahren. Man lernte, sich dem zu ergeben, und sobald man sich ihr hingab, gehorchte sie der betreffenden Frau. Es war wie eine überragende, führende Kraft, die ihren Anwenderinnen keinen Schaden zufügte, solange man sie nicht mißbrauchte. Für Elayne und Egwene stellte das etwas ganz Natürliches dar, während Rand es kaum zu glauben vermochte. Die männliche Hälfte zu lenken war wie ein andauernder Krieg, ein ständiges Ringen um Herrschaft und Überleben. Wenn man zu weit, zu schnell darin eintauchte, dann war man wie ein Junge, den man nackt in eine Schlacht gegen schwer gerüstete Gegner schickt. Auch wenn man es richtig gelernt hatte, konnte Saidin einen Mann immer noch vernichten, ihn töten oder seinen Verstand zerstören, falls es nicht einfach nur die Fähigkeit, die Macht zu beherrschen, ausbrannte. Die gleiche Strafe, mit der die Aes Sedai die von ihnen gefangenen Männer bedachten, die mit der Macht umgehen konnten, erlitt ein solcher Mann nach einem einzigen Moment der Unachtsamkeit, einem winzigen Augenblick, in dem er vergaß, sich vor Saidin in acht zu nehmen. Einige der Männer vor der Scheune wirkten bereit dazu, gleich jetzt in dieser Minute genau diesen Preis zu bezahlen. Kely Huldins Frau mit ihrem freundlichen, runden Gesicht hatte ihren Mann an der Hemdbrust gepackt und redete eindringlich auf ihn ein. Kely wackelte unsicher mit dem Kopf, während die anderen verheirateten Männer nervös zu ihren Frauen hinüberblickten. Doch sie befanden sich in einem Krieg, und in Kriegen gab es nun einmal Verluste, selbst unter verheirateten Männern. Licht, er verhärtete sich dermaßen, daß ihm schon übel wurde. Er wandte sich ein wenig zur Seite, damit er Sora Gradys Blick besser meiden konnte. »Geht bis an die Grenze bei ihnen«, sagte er zu Taim. »Bringt ihnen soviel bei, wie sie nur aufnehmen können, und das so schnell, wie es nur geht.«

Taim verzog leicht den Mund bei Rands ersten Worten. »Soviel sie nur aufnehmen können«, wiederholte er mit unbewegter Stimme. »Aber was? Dinge, die man als Waffen benutzen kann, nehme ich an?«

»Waffen«, stimmte Rand zu. Sie mußten Waffen darstellen, allesamt, ihn selbst eingeschlossen. Konnten sich Waffen Familien leisten? Konnte eine Waffe sich leisten, zu lieben? Und wo stammte dieser Gedanke nun wieder her? »Alles, was sie zu lernen in der Lage sind, aber vor allem das.« Es waren so wenige. Siebenundzwanzig, und falls auch nur ein einziger außer Damer dabei war, der den Umgang mit der Macht lernen konnte, hatte Rand es seiner Eigenschaft als Ta'veren zu verdanken, daß sie diesen Mann zu ihm geführt hatte. Aes Sedai fingen nur Männer, die tatsächlich die Macht lenkten, und unterzogen sie der Dämpfung, aber sie hatten das während der letzten dreitausend Jahre sehr gründlich getan. Manche Aes Sedai glaubten mittlerweile, sie erreichten langsam aber sicher etwas, was sie gar nicht beabsichtigt hatten, nämlich das Talent zum Lenken der Macht aus der ganzen Menschheit herauszuzüchten. Man hatte die Weiße Burg so groß gebaut, daß sie zu jeder Zeit dreitausend Aes Sedai beherbergen konnte, und sogar noch viele mehr, falls einmal alle dort zusammengerufen werden mußten. Es waren Räume vorhanden, um Hunderte von Mädchen auszubilden, doch vor der Spaltung hatte es in der Burg lediglich etwa vierzig Novizinnen gegeben und weniger als fünfzig Aufgenommene. »Ich brauche eine größere Anzahl, Taim. Wie auch immer, spürt mir weitere auf! Bringt ihnen vor allem schnell bei, wie man andere Männer auf das Talent hin überprüft.«

»Ihr wollt also versuchen, es den Aes Sedai gleichzutun, ja?« Taim schien das nicht weiter zu beeindrucken, sogar dann, wenn das wirklich Rands Plan sein sollte. Der Blick aus seinen dunklen, schräg gestellten Augen, war gelassen.

»Wie viele Aes Sedai gibt es insgesamt? Tausend?« »Nicht so viele, glaube ich«, antwortete Taim vorsichtig.

Eigenschaften aus der menschlichen Rasse herauszüchten. Verdammt sollten sie sein, selbst wenn sie glaubten, gewichtige Gründe dafür zu haben. »Nun, es wird auf jeden Fall genug Feinde für alle geben.« Etwas, woran er keinen Mangel litt, waren Feinde. Der Dunkle König und die Verlorenen, Schattenwesen und Schattenfreunde. Sicherlich die Weißmäntel und höchstwahrscheinlich die Aes Sedai, oder zumindest einige davon, diejenigen, die zu den Schwarzen Ajah gehörten und andere, die ihn beherrschen wollten. Diese letzten zählte er zu seinen Feinden, auch wenn sie das selbst nicht so sahen. Dann würde es bestimmt neue Schattenlords geben, so wie er das ja auch behauptet hatte. Und weitere darüber hinaus. Genügend Feinde, um alle seine Pläne zu zerstören, um alles zu zerstören. Sein Griff an dem geschnitzten Schaft des Drachenszepters verkrampfte sich. Die Zeit war der größte Feind überhaupt und seine Chancen, gerade diesen Feind zu besiegen, standen schlecht. »Ich werde sie besiegen, Taim. Allesamt. Sie glauben, alles niederreißen zu können. Immer reißen sie alles nieder, bauen niemals etwas auf! Ich werde etwas Neues bauen, etwas hinterlassen. Was auch geschehen mag, das werde ich auf jeden Fall erreichen! Ich werde den Dunklen König besiegen! Und ich werde Saidin reinigen, damit die Männer nicht mehr fürchten müssen, dem Wahnsinn zu verfallen, und damit die Welt Männer nicht mehr fürchten muß, die mit der Macht umgehen können. Ich werde... «

Die grünen und weißen Troddeln schwangen herum, als er den Speer zornig hochriß. Es war unmöglich. Hitze und Staub hielten ihn zum Narren. Einiges davon mußte erreicht werden, und doch war das alles unmöglich. Das Beste, worauf sie alle hoffen durften, war, zu gewinnen und dann zu sterben, bevor sie wahnsinnig wurden, und im Augenblick hatte er noch nicht einmal eine Ahnung, wie er auch nur das erreichen sollte. Alles, was ihm blieb, war es immer wieder zu versuchen. Es sollte doch aber einen Weg geben. Wenn es so etwas wie Gerechtigkeit gab, mußte es doch möglich sein.

»Saidin reinigen«, wiederholte Taim leise. »Ich glaube, dafür würdet Ihr mehr Macht benötigen, als Ihr euch vorstellen könnt.« Nachdenklich schloß er die Augen ein wenig. »Ich habe von Dingen gehört, die man Sa'Angreal nennt. Besitzt Ihr einen davon, von dem Ihr annehmen könnt...«

»Kümmert Euch nicht darum, was ich habe oder nicht habe«, fuhr ihn Rand an. »Ihr unterrichtet jeden, der die Fähigkeit hat, den Umgang mit der Macht zu lernen, Taim. Dann spürt noch mehr auf und unterrichtet auch sie. Der Dunkle König wartet nicht auf uns! Licht! Wir haben nicht genug Zeit, Taim, aber wir müssen es irgendwie schaffen. Wir müssen!«

»Ich werde mir Mühe geben. Erwartet aber nicht von Damer, daß er morgen bereits eine Stadtmauer zum Einstürzen bringt.«

Rand zögerte. »Taim? Seid wachsam jedem Eurer Schüler gegenüber, der zu schnell lernt. Laßt es mich in einem solchen Fall sofort wissen. Es könnte sein, daß sich einer der Verlorenen unter Eure Schüler zu mischen versucht.«

»Einer der Verlorenen!« Das kam beinahe als Flüstern heraus. Zum zweitenmal wirkte Taim erschüttert. Diesmal war er wohl wirklich ins Mark getroffen worden. »Warum sollte...?«

»Wie stark seid Ihr?« unterbrach ihn Rand. »Ergreift Saidin. Jetzt auf der Stelle. Soviel Ihr nur halten könnt!« Einen Augenblick lang sah ihn Taim nur ausdruckslos an, und dann strömte die Macht in ihn ein. Es gab kein Glühen, so wie es die Frauen bei anderen sahen, die gerade die Macht in sich aufnahmen. Nur ungeheure Kraft und Bedrohung lagen darin. Rand spürte alles ganz deutlich und konnte es auch recht gut einschätzen. Taim hatte nun genug Saidin in sich, um den Bauernhof und alle, die sich hier aufhielten, innerhalb von Sekunden zu vernichten und auch noch alles auf Sichtweite zu verwüsten. Es war nicht viel weniger, als Rand ohne Hilfe bewältigen konnte. Andererseits konnte es sein, daß sich der Mann zurückhielt. Rand spürte nichts von Anstrengung, und möglicherweise wollte der Mann Rand nicht seine ganze Kraft vorführen. Wie konnte er auch ahnen, wie Rand darauf reagieren würde?

Saidin und das Gefühl, das es auslöste, verblaßten in Taim, und jetzt erst wurde Rand bewußt, daß er selbst von der männlichen Hälfte der Wahren Quelle erfüllt war, von einer rasenden Flut. Jedes bißchen, das er durch den Angreal in seiner Tasche an sich ziehen konnte, durchtobte ihn. Töte ihn, flüsterte Lews Therin. Töte ihn jetzt! Einen Augenblick lang packte Rand eisiger Schrecken. Die ihn umgebende Leere kam ins Wanken, Saidin tobte und schwoll an, und er war gerade noch in der Lage, die Macht loszulassen, bevor sie sowohl das Nichts wie auch ihn selbst verschlang. Hatte er nach der Quelle gegriffen oder Lews Therin? Töte ihn! Töte ihn!

In einem Wutausbruch schrie Rand in seinem Kopf: Halt den Mund! Zu seiner Überraschung verstummte die andere Stimme tatsächlich.

Schweiß rann ihm über das Gesicht, und er wischte ihn mit einer Hand weg, die ständig zu zittern versuchte. Er hatte selbst nach der Quelle gegriffen; es konnte gar nicht anders sein. Die Stimme eines toten Mannes brachte so etwas nicht fertig. Unbewußt hatte er Taim nicht getraut, wenn dieser eine solche Menge Saidins in sich aufnahm. Er hatte nicht hilflos danebenstehen wollen. So war es gewesen.

»Gebt nur auf jeden acht, der zu schnell lernt«, knurrte er. Vielleicht sagte er Taim gegenüber zuviel, aber die Menschen hatten ein Recht darauf, zu erfahren, was ihnen möglicherweise widerfahren könnte. Soweit sie das jedenfalls wissen mußten. Er wagte es nicht, Taim oder irgend jemand anderem zu gestatten, herauszufinden, wo er den größten Teil seines Wissens erworben hatte. Falls sie erfuhren, daß er einen der Verlorenen gefangengehalten und entkommen lassen hatte... Die Gerüchte würden schnell den Teil mit dem Gefangenen weglassen, falls alles herauskam. Die Weißmäntel behaupteten ohnehin, er sei ein falscher Drache und außerdem wahrscheinlich noch ein Schattenfreund. Das sagten sie allerdings von jedem, der die Eine Macht berührte. Sollte die Welt etwas von Asmodean erfahren, würden vielleicht eine Menge Leute dasselbe glauben. Dann spielte es keine Rolle, daß Rand jemanden gebraucht hatte, um ihm den Umgang mit Saldin richtig beizubringen. Keine Frau hätte das gekonnt, genausowenig, wie sie seine Stränge sehen konnten oder er ihre. Männer glauben bereitwillig immer das Schlimmste, und Frauen glauben, daß sich dahinter noch etwas Schlimmeres verberge, so sagte man von altersher an den Zwei Flüssen. Er würde selbst mit Asmodean fertigwerden, falls der Mann jemals wieder auftauchte. »Beobachtet sie nur alle recht gut. Und heimlich.«

»Wie mein Lord Drache befiehlt.« Der Mann verbeugte sich sogar leicht und ging dann zurück auf den Hof, wo seine Schüler warteten.

Rand bemerkte, daß die Töchter ihn anblickten. Enaila und Somara, Sulin und Jalani und all die anderen. In ihren Augen stand die Sorge um ihn. Sie akzeptierten ja fast alles, was er tat, alle jene Dinge, die ihn vor sich selbst zurückschrecken ließen, wenn er sie vollbrachte, alle jene Dinge, vor denen jeder bis auf die Aiel zurückschreckte, und was sie dann doch auf die Palme brachte, waren für gewöhnlich Anlässe, die er überhaupt nicht bemerkenswert fand. Sie akzeptierten ihn und machten sich Sorgen seinetwegen.

»Ihr sollt Euch nicht so ermüden«, sagte Somara ruhig. Rand sah sie an und die Wangen der Frau mit dem flachsblonden Haar röteten sich. Dies zählte sie vielleicht nicht als ›Öffentlichkeit‹, denn Taim war bereits zu weit entfernt, um lauschen zu können, aber die Bemerkung ging trotzdem etwas zu weit.

Und dann zog auch noch Enaila eine Reserveschufa hinter ihrem Gürtel hervor und reichte sie ihm. »Zuviel Sonne tut Euch nicht gut«, sagte sie leise.

Eine der anderen murmelte: »Er braucht eine Frau, die auf ihn aufpaßt« Er wußte nicht, wer das gesagt hatte; selbst Somara und Enaila wagten höchstens, solche Dinge hinter seinem Rücken auszusprechen. Er wußte aber sehr wohl, wer damit gemeint war: Aviendha.

Wer wäre besser geeignet, den Sohn einer Tochter des Speers zu heiraten, als gerade eine Tochter, die den Speer aufgegeben hatte, um eine Weise Frau zu werden?

Er unterdrückte seinen aufsteigenden Zorn, wickelte sich die Schufa um den Kopf und war ganz dankbar dafür. Die Sonne brannte wirklich heiß herab, und der graubraune Stoff hielt die Hitze überraschend gut ab. Sein Schweiß ließ die Schufa bereits nach kurzer Zeit an der Stirn kleben. Hatte Taim irgendeine Ahnung, wie beispielsweise die Aes Sedai es schafften, daß sie von Hitze oder Kälte kaum berührt wurden? Saldaea befand sich weit im Norden, und doch schien es, daß der Mann nicht einmal leicht schwitzte, so wie die Aiel. Trotz seiner Dankbarkeit sagte Rand lediglich: »Ich darf aber nicht einfach hier herumstehen und Zeit verschwenden.«

»Zeit verschwenden?« fragte die junge Jalani in viel zu unschuldigem Tonfall, wobei sie ihre Schufa frisch wickelte und dabei einen Augenblick lang kurz geschnittenes Haar enthüllt, das beinahe genauso rot war wie das Enailas. »Wie könnte denn der Car'a'carn Zeit verschwenden? Das letzte Mal, als ich so schwitzte wie er jetzt, war ich von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang gerannt.«

Grinsen und offenes Gelächter machten sich unter den anderen Töchtern breit. Die rothaarige Maira, mindestens zehn Jahre älter als Rand, klatschte sich auf die Schenkel, während die goldhaarige Desora ihr Lächeln hinter der vorgehaltenen Hand verbarg, wie sie es immer zu tun pflegte. Liah mit dem vernarbten Gesicht hüpfte auf Zehenspitzen auf und ab, und Sulin krümmte sich vor Lachen. Der Humor der Aiel war schon im günstigsten Fall eigenartig. Über die Helden der Legenden machte sich niemand jemals lustig, nicht einmal auf solch seltsame Weise, und man spielte ihnen keine Streiche. Mit Königen hielt man es wohl ebenso. Ein Teil des Problems lag natürlich darin, daß ein Aielhäuptling, selbst ein Car'a'carn, kein König war. Er mochte wohl in vielen Dingen die Autorität eines Königs besitzen, doch jeder Aiel durfte und würde auch an ihn herantreten und genau das aussprechen, was er dachte oder fühlte. Der größere Teil des Problems allerdings lag auf einem ganz anderen Gebiet begründet.

Obwohl er ja an den Zwei Flüssen von Tarn al'Thor und Tams Frau Kari — bis zu ihrem Tod, als er gerade fünf war —, aufgezogen worden war, war Rands wirkliche Mutter eine Tochter des Speers gewesen, die bei seiner Geburt am Hang des Drachenberges gestorben war. Allerdings war sie keine Aiel gewesen — nur sein Vater war einer —, doch trotzdem Tochter des Speers. Daher war er von Aielsitten berührt worden, die stärker waren als die Gesetze anderer. Nein, nicht berührt: erdrückt. Keine Tochter konnte heiraten und trotzdem den Speer behalten. Wenn sie also den Speer nicht aufgab, wurde jedes Kind, das sie gebar, von den Weisen Frauen einer anderen Frau zugeteilt, und zwar so geheim, daß die betreffende Tochter niemals erfuhr, wer diese Ersatzmutter war. Ein solches von einer Tochter geborene Kind galt als Zeichen des Glücks, als Glücksbringer, sowohl, was es selbst betraf, wie auch für diejenigen, die es großzogen. Und doch wußten nur die Frau, bei der es aufwuchs, und ihr Ehemann, daß es nicht ihr eigenes Kind war. Darüber hinaus sagten die Prophezeiungen von Rhuidean den Aiel, der Car'a'carn werde ein solches Kind sein, aber von Feuchtländern aufgezogen. Für die Töchter des Speers versinnbildlichte Rand all jene Kinder, und er war somit das erste Kind einer Tochter, das jeder als solches kannte.

Die meisten, ob sie nun älter als Sulin waren oder so jung wie Jalani, hießen ihn wie einen lange verschollenen Bruder willkommen. In der Öffentlichkeit gewährten sie ihm denselben Respekt wie jedem Häuptling, auch wenn das gelegentlich nur recht wenig war, doch wenn sie mit ihm allein waren, hätte er genausogut jener Bruder sein können. Das Alter der Frau schien nicht das Geringste damit zu tun zu haben, ob sie ihn nun als jüngeren oder älteren Bruder behandelten. Er war aber doch froh, daß sich nur eine Handvoll wie Enaila und Somara verhielten. Ob allein oder in der Öffentlichkeit machte es ihn gleichermaßen verrückt, wenn eine Frau, die nicht älter war als er selbst, sich benahm, als sei er ihr Sohn.

»Dann sollten wir uns irgendwohin begeben, wo ich nicht schwitze«, sagte er und brachte sogar ein Grinsen zustande. Er war es ihnen schuldig. Einige von ihnen waren bereits für ihn gestorben, und es würden noch viel mehr, bis alles vorbei war. Die Töchter unterdrückten ihre Heiterkeit schnell, immer bereit, zu gehen, wohin der Car'a'carn wünschte, immer bereit, ihn zu beschützen.

Die Frage war nur, wohin? Bashere wartete auf seinen so sorgfältig als bloße Höflichkeit getarnten Besuch, doch sollte Aviendha davon erfahren haben, würde sie sich möglicherweise bei Bashere befinden. Rand hatte sie soweit wie möglich gemieden, und vor allem wollte er nicht allein mit ihr sein. Denn er wünschte sich so sehr, allein mit ihr zu sein. Er hatte es bisher geschafft, diese Gefühle vor den Töchtern zu verbergen. Falls sie das jemals auch nur vermuteten, würden sie ihm das Leben zur Hölle machen. Es war eben so, daß er sich einfach von ihr fernhalten mußte. Er trug den Tod mit sich wie eine ansteckende Krankheit; er war das Ziel und die Menschen in seiner Nähe starben. Er mußte sein Herz verhärten und Töchter sterben lassen — das Licht sollte ihn für alle Ewigkeit für dieses unselige Versprechen bestrafen! —, doch Aviendha hatte den Speer aufgegeben, um sich von den Weisen Frauen ausbilden zu lassen. Er war sich nicht sicher, was er eigentlich für sie empfand, nur, wenn sie durch seine Schuld starb, würde auch etwas in ihm sterben. Es war gut, daß es für sie keine gefühlsmäßigen Verwirrungen gab, wo es ihn betraf. Sie bemühte sich lediglich, in seiner Nähe zu bleiben, weil die Weisen Frauen sie beauftragt hatten, ihn für sie zu beobachten, und weil sie ihn in Elaynes Namen bewachte. Keiner dieser beiden Gründe machte die Lage für Rand leichter zu ertragen; ganz im Gegenteil.

Die Entscheidung fiel ihm aber in diesem Falle wirklich leicht. Bashere würde warten müssen, damit er Aviendha meiden konnte, und der Besuch bei Weiramon, der im Palast seinen Anfang nehmen und nach Heimlichtuerei aussehen sollte, um die besondere Beachtung von wachsamen Augen zu finden, würde eben als nächstes kommen. Ein törichter Grund für eine solche Entscheidung, aber was konnte ein Mann schon tun, wenn eine Frau einfach nichts einsehen wollte? Auf diese Art würde vielleicht sogar etwas herauskommen. Diejenigen, die von diesem Besuch erfahren sollten, würden es auch so erfahren und möglicherweise umso eher glauben, was er sie glauben machen wollte, denn so sah es noch mehr nach echter Geheimhaltung aus. Vielleicht würde dann der Besuch bei Bashere und den anderen aus Saldaea noch unwichtiger wirken, weil er ihn auf später an diesem Tag hinausschob. Ja. Ränke innerhalb weiterer Ränke, die sogar der Adligen Cairhiens würdig wären, wenn sie das Spiel der Häuser spielten.

So ergriff er Saidin und öffnete ein Tor. Der Lichtstreifen verbreiterte sich und zeigte das Innere eines geräumigen, grüngestreiften Zeltes, leer bis auf eine dicke Schicht bunter Teppiche in der typischen Labyrinth Webart der Tairener. In diesem Zelt konnte man bestimmt keinen Hinterhalt legen, noch weniger als in der Gegend des Bauernhofs, aber trotzdem verschleierten sich Enaila und Maira und die anderen vorsichtshalber.

Dann huschten sie durch das Tor ins Zelt hinein. Rand blieb noch einen Moment stehen, um sich nach hinten umzublicken.

Kely Huldin ging mit gesenktem Kopf zum Wohnhaus zurück, während seine Frau die beiden Kinder neben ihm herführte. Sie faßte immer mal wieder zu ihm herüber und tätschelte ihn tröstend. Selbst auf diese Entfernung konnte Rand ihr strahlendes Gesicht deutlich erkennen. Offensichtlich war Kely durchgefallen. Taim stand vor Jur Grady, und beide starrten eine winzige Flamme an, die zwischen ihnen in der Luft flackerte. Sora Grady hatte ihren Sohn an die Brust gedrückt und die Augen von ihrem Mann abgewandt. Ihr Blick galt vielmehr immer noch Rand. »Die Augen einer Frau schneiden tiefer als ein Messer«, so lautete ein anderes Sprichwort an den Zwei Flüssen.

Er trat durch das Tor und wartete, bis der Rest der Töchter ihm gefolgt war. Dann ließ er die Quelle los. Er tat, was sein mußte.

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